Gorlin-Goltz-Syndrom
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 26. Februar 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Das Gorlin-Goltz-Syndrom ist eine sehr seltene genetisch bedingte Erkrankung, die sich durch ein gehäuftes Auftreten von Basaliomen (weißer Hautkrebs) auszeichnet. Abgesehen vom ständigen Entstehen neuer Hauttumoren, ist der Verlauf dieses Leidens bei jedem Patienten anders. Zur Diagnostik des Gorlin-Goltz-Syndroms werden verschiedene Haupt- und Nebenkriterien herangezogen.
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Was ist das Gorlin-Goltz-Syndrom?
Das Gorlin-Goltz-Syndrom ist aufgrund seiner extremen Seltenheit eine weitgehend unbekannte Erkrankung. Hauptsymptom ist das Auftreten mehrerer gut- und bösartiger Hauttumoren im Laufe des Lebens. Zu den weiteren Symptomen gehören Kiefern- und Skelettanomalien, Lippen-Kiefer-Gaumenspalten oder ungewöhnliche Schädelformen.
Nach vorläufigen Erhebungen ist circa eine von 56.000 Personen von dieser Krankheit betroffen. In Deutschland sind derzeit circa 100 Patienten bekannt. Es wird jedoch eine größere Dunkelziffer vermutet. Erstmalig wurde das Gorlin-Goltz-Syndrom im Jahre 1960 von dem US-amerikanischen Humangenetiker Robert James Gorlin und dem Hautarzt Robert William Goltz beschrieben.
Andere Bezeichnungen für die Erkrankung sind Gorlin-Syndrom, Hermans-Grosfeld-Spaas-Valk-Syndrom oder Ward’s Syndrom II. Bezüglich der Symptomatik wird auch von Basalzellnävus-Syndrom oder Naevus epitheliomatodes multiplex gesprochen. Beide Geschlechter sind von der Erkrankung gleichermaßen betroffen.
Manchmal gibt es in den Beschreibungen Verwechslungen mit dem sogenannten Goltz-Gorlin-Syndrom, welches auch eine genetisch bedingte Hautkrankheit darstellt, aber einen völlig anderen Verlauf nimmt. Außerdem sind beim Goltz-Gorlin-Syndrom nur Frauen betroffen, weil männliche Föten bereits im Mutterleib absterben. Aus der Tatsache, dass bei beiden Erkrankungen ein ähnlicher Name verwendet wird, kann es in der Literatur bei der Beschreibung zu Irritationen kommen.
Ursachen
Für das Gorlin-Goltz-Syndrom können mehrere Genmutationen verantwortlich sein. Bekannt ist eine Mutation des Tumorsuppressorgens PTCH1 auf Chromosom 9. Dieses Gen sorgt für die Kontrolle der Profilerationsrate bestimmter Zellen (unter anderem der Basalzellen). Entfällt diese Kontrolle durch eine Mutation des Gens, können sich ständig neue Basaliome entwickeln.
Da auch die Profileration anderer Zellen kontrolliert wird, bilden sich während der Embryogenese Skelett- und Kiefernanomalien aus. Des Weiteren können sich im Erwachsenenalter auch dauernd Kieferzysten neu bilden, die dann behandelt werden müssen. Im Mutterleib ist für eine normale Entwicklung des Embryos der sogenannte Hedgehog-Signalweg verantwortlich.
Dieser Signalweg ist aber bei Erwachsenen normalerweise abgeschaltet, weil eine erhöhte Profilerationsrate der Zellen nicht mehr notwendig ist. Durch ein genetisch verändertes PTCH1-Gen kann es jedoch passieren, dass dieser Signalweg weiterhin aktiv ist. In der Folge bleibt eine erhöhte Zellbildungsrate insbesondere der Basalzellen erhalten. Es bilden sich ständig neue Hauttumoren. Das Gorlin-Goltz-Syndrom wird autosomal-dominant weitervererbt.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Das Gorlin-Goltz-Syndrom ist im Wesentlichen durch das Auftreten immer neuer Basaliome gekennzeichnet. Die ersten Hauttumoren können bereits vor dem 18. Lebensjahr auftreten. Hauptmanifestationsalter ist jedoch das 30. bis 50. Lebensjahr.
Von diesem Zeitpunkt an kommt es ständig zu neuen Tumoren, die zwar keine Metastasen bilden, aber zerstörerisch auf das benachbarte Knochen- und Knorpelgewebe einwirken. Unbehandelt kommt es zu erheblichen Entstellungen an den betroffenen Stellen. Es gibt Patienten, die mehrere Tausend Tumoren während ihres Lebens entwickeln.
Hauptsächlich befinden sich die Tumoren im Gesicht, auf dem Kopf oder auf dem Rücken. In der Regel bestehen Anomalien bei Wirbel und Rippen. Kiefernzysten entwickeln sich sehr häufig im Laufe des Lebens. Polydaktylie (überzählige Finger oder Zehen), Augenanomalien, Fibrome des Herzens oder der Eierstöcke, Lippen-Kierfern-Gaumen-Spalten, Deformationen des Gesichtsschädels, Zysten des Brustfells oder ein Medulloblastom (bösartiger Tumor des Kleinhirns) bei Kindern können auftreten. In der Falx cerebri finden sich Verkalkungen.
Diagnose & Verlauf
Die Diagnose Gorlin-Goltz-Syndrom kann aufgrund bestimmter klinischer Kriterien gestellt werden. Dabei gibt es Haupt- und Nebenkriterien. Zur gesicherten Diagnose müssen entweder zwei Hauptkriterien oder ein Hauptkriterium und zwei Nebenkriterien erfüllt sein.
Zu den Hauptkriterien zählen mindestens fünf Basaliome oder ein Basaliom vor dem 30. Lebensjahr, ständiges Auftreten von Kiefernzysten, Dellen an Hand- oder Fußinnenfläche, Anomalien an Rippen, Hirnhautverkalkungen oder das familiäre Auftreten des Syndroms.
Nebenkriterien sind großer Kopfumfang, Lippen-Kiefern-Gaumen-Spalte, Anomalien an Knochen und Wirbelsäule, Fibrome an Eierstöcken oder Herz sowie das Medulloblastom. Des Weiteren kann durch eine humangenetische Untersuchung die Diagnose durch den Nachweis einer Mutation auf Gen PTCH1 gestellt werden.
Komplikationen
Durch das Gorlin-Goltz-Syndrom kommt es in den meisten Fällen zur Ausbildung von Hautkrebs. Dieser Krebs kann dabei zu unterschiedlichen Beschwerden und Komplikationen führen, welche stark von der betroffenen Region und von der Ausbreitung der Tumorerkrankung abhängen. Der Tumor kann sich ebenso auf Knochen und auf das umliegende Gewebe ausbreiten und dieses zerstören.
Dabei kommt es zu starken Schmerzen und zu Bewegungseinschränkungen. Durch die Tumore im Gesicht können verschiedene Fehlbildungen auftreten. Oft sind auch die Augen betroffen, sodass der Patient durch das Gorlin-Goltz-Syndrom erblinden oder einen erheblichen Teil seiner Sehstärke verlieren kann. Der Schädel wird deformiert und es bilden sich Zysten an unterschiedlichen Stellen des Körpers aus.
Die Behandlung des Gorlin-Goltz-Syndroms erfolgt in der Regel durch die operative Entfernung des Tumors an den jeweiligen Stellen. Weiterhin werden dem Patienten Medikamente verabreicht. Es kann allerdings nicht garantiert werden, dass der Krebs nicht nochmals im weiteren Verlauf des Lebens auftreten wird.
Der Patient ist ebenso auf den Besuch von Vorsorgeuntersuchungen angewiesen, damit es nicht zu einer verringerten Lebenserwartung kommt. Bei der Behandlung des Gorlin-Goltz-Syndroms ergibt sich in den meisten Fällen ein stets positiver Krankheitsverlauf.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Bei ungewöhnlichen Hautauffälligkeiten oder Veränderungen des gewohnten Hautbildes, muss ein Arzt aufgesucht werden. Kommt es zu einer Fleckenbildung auf der Haut, entstehen Schwellungen, Wucherungen oder Knoten, ist ein Arztbesuch notwendig. Breiten sich die Beschwerden aus oder nehmen sie an Umfang zu, sollte schnellstmöglich ein Arzt konsultiert werden. Bei dem Gorlin-Goltz-Syndrom sind insbesondere das Gesicht, der Kopf und der Rücken von Unregelmäßigkeiten betroffen.
Ein Arztbesuch ist erforderlich sobald es zu Beschwerden der Knochen, der Rückenwirbel oder des Knorpelgewebes kommt. Setzen Schmerzen ein oder kommt es zu Beeinträchtigungen der Bewegungen, wird die Abklärung der Beschwerden durch einen Arzt benötigt. Kommt es zu offenen Wunden am Körper, ist eine sterile Wundversorgung vonnöten. Kann diese nicht gewährleistet werden, sollte ein Arzt um Hilfe gebeten werden. Bei Juckreiz, einem Spannungsgefühl auf der Haut oder einer inneren Unruhe sollte ein Arzt konsultiert werden. Kommt es aufgrund der körperlichen Beschwerden zu psychischen Problemen, ist ebenfalls ein Arztbesuch ratsam.
Depressive Phasen, Stimmungsschwankungen sowie anhaltende Melancholie gelten als ungewöhnlich. Ein aggressives Verhalten, Veränderungen der Persönlichkeit oder ein sozialer Rücksicht sind Warnhinweise, denen nachgegangen werden sollte. Ein Therapeut wird benötigt, sobald das Verhalten über mehrere Wochen oder Monate anhält oder es sich verschlimmert.
Behandlung & Therapie
Die Therapie des Gorlin-Goltz-Syndroms besteht in der Entfernung der Basaliome, orthopädischen Behandlungen bei Knochen- und Wirbelanomalien, chirurgischen Entfernungen von Kiefernzysten sowie in onkopsychologischen Beratungen. Für die Behandlung von Basaliomen gibt es mehrere Möglichkeiten.
Die Therapie der ersten Wahl ist die chirurgische Entfernung des Tumors. Diese Operation wird unter örtlicher Betäubung vorgenommen. Dabei wird vom Rand des Tumors in einem Sicherheitsabstand noch gesundes Gewebe operiert, um möglichst alle Tumorzellen entfernen zu können. Weiterhin wird auch bei einigen Tumoren die sogenannte Kryotherapie angewendet.
Hierbei handelt es sich um eine Vereisung des Tumors mithilfe von flüssigem Stickstoff. Es wird ein extrem kaltes Spray auf den Tumor gesprüht, der danach unter Krustenbildung abstirbt. Als medikamentöse Alternativen wird Imiquimod-Creme oder 5-Fluorouracil-Creme mehrfach auf den Tumor aufgetragen.
Die Imiquimod-Creme aktiviert das Immunsystem, sodass sie lokal den Tumor zum Absterben bringen kann. Die Behandlung mit 5-Fluorouracil-Creme stellt eine lokale Chemotherapie dar. Bei der fotodynamischen Therapie schließlich wird der Tumor mit einer Creme eingerieben, welche die Krebszellen sehr lichtempfindlich macht.
Aussicht & Prognose
Das Gorlin-Goltz-Syndrom hat eine relativ schlechte Prognose. Die Erkrankung führt in den meisten Fällen zu Hautkrebs, der oft tödlich verläuft. Begleitend dazu treten oft schwerwiegende Komplikationen und gesundheitliche Probleme auf, welche die Lebensqualität und das Wohlbefinden des Betroffenen stark reduzieren. So kann es zu einer Ausbreitung des Tumors auf die Knochen oder das benachbarte Gewebe kommen, wodurch Bewegungseinschränkungen, Schmerzen und Nervenstörungen auftreten können. Meist erblinden die Betroffenen auch und erleiden im Verlauf verschiedene Lähmungen.
Wird der Tumor frühzeitig erkannt, kann er unter Umständen entfernt werden, bevor sich ernste Komplikationen einstellen. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass der Patient sich einer langwierigen Strahlentherapie oder einer komplizierten Operation unterzieht, die wiederum mit Risiken verbunden ist. Der Patient ist auch bei einer erfolgreichen Behandlung ein Leben lang auf Vorsorgeuntersuchungen und eine medikamentöse Therapie angewiesen.
Aussicht und Prognose hängen also in erster Linie davon ab, wann das Gorlin-Goltz-Syndrom festgestellt wird und welche Maßnahmen ergriffen werden, um den Tumor zu entfernen. Grundsätzlich ist die Prognose besser, je früher im Leben der Tumor auftritt. Ältere und kranke Menschen haben eine etwas schlechtere Prognose, da der Körper als Folge der Behandlung oftmals weiter abbaut.
Vorbeugung
Da das Gorlin-Goltz-Syndrom autosomal-dominant vererbt wird, sollten betroffene Familien eine humangenetische Beratung in Anspruch nehmen. Bei einer pränatalen Untersuchung kann das Gorlin-Goltz-Syndrom festgestellt werden.
Nachsorge
Die Möglichkeiten zur Nachsorge sind beim Gorlin-Goltz-Syndrom extrem starke eingeschränkt. Dabei ist der Patient in erster Linie auf eine direkte medizinische Behandlung angewiesen, damit weitere Komplikationen verhindert werden. Eine Selbstheilung kann nicht eintreten.
Weiterhin kann auch eine vollständige Heilung nicht garantiert werden, sodass es eventuell auch zu einer verringerten Lebenserwartung des Betroffenen kommen kann. Eine frühe Diagnose und eine frühe Behandlung spielen beim Gorlin-Goltz-Syndrom daher eine sehr wichtige Rolle. Die Behandlung des Syndroms erfolgt dabei meist mit Hilfe von operativen Eingriffen.
Nach solchen Eingriffen sollten sich Betroffene immer ausruhen und den eigenen Körper schonen. Dabei sollte von anstrengenden Tätigkeiten oder von stressigen Betätigungen möglichst abgesehen werden. Weiterhin können auch Medikamente gegen die Beschwerden des Syndroms eingenommen werden.
Dabei ist auf eine regelmäßige Einnahme und mögliche Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln zu achten. In einigen Fällen sind die Betroffenen auch auf eine Chemotherapie angewiesen. Dabei ist auch die Unterstützung durch die Freunde oder die Familie sehr hilfreich und kann die Heilung beschleunigen. Auch der Kontakt zu anderen Betroffenen kann dabei sehr sinnvoll sein.
Das können Sie selbst tun
Beim Gorlin-Goltz-Syndrom stehen dem Patienten keine besonderen Möglichkeiten zur Selbsthilfe zur Verfügung. Die Tumore müssen dabei in der Regel immer durch eine ärztliche Behandlung entfernt werden. Da sich das Gorlin-Goltz-Syndrom allerdings vererbt, sollten sich die Patienten oder ihre Eltern immer einer genetischen Beratung unterziehen. Dadurch kann eventuell das Auftreten des Syndroms bei den weiteren Generationen vermieden werden.
Die Tumore werden durch einen operativen Eingriff entfernt. In einigen Fällen können auch verschiedene Cremes verwendet werden, die den Tumor bekämpfen. Häufig sind die Betroffenen auf eine psychologische Unterstützung angewiesen. Diese sollte vor allem durch einen Therapeuten oder enge Freunde und durch die Familie erfolgen.
Ebenso kann sich auch eine Unterstützung im Alltag positiv auf den Verlauf der Erkrankung auswirken. Hierbei kann der Betroffene zu ärztlichen Untersuchungen oder Behandlungen begleitet oder bei längeren Aufenthalten in einem Krankenhaus ebenso unterstützt werden.
Im Falle von psychischen Beschwerden sind immer Gespräche mit den engeren Verwandten und Freunden sehr hilfreich. Dabei kann sich auch der Kontakt zu anderen Patienten des Gorlin-Goltz-Syndroms als hilfreich zeigen. Kinder sollten über die möglichen Folgen und Komplikationen der Erkrankung immer aufgeklärt werden.
Quellen
- Dirschka, T., Hartwig, R.: Klinikleitfaden Dermatologie. Urban & Fischer, München 2011
- Murken, J., Grimm, T., Holinski-Feder, E., Zerres, K. (Hrsg.): Taschenlehrbuch Humangenetik. Thieme, Stuttgart 2011
- Plötz, G., Ring, J., Hein, R.: Häufige Hauttumoren in der Praxis. Springer, Berlin 2012