Medulloblastom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 18. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das Medulloblastom ist eine neurologische Erkrankung, die vorwiegend im Kindesalter auftritt. Der bösartige Hirntumor tritt vorwiegend im Bereich des Hinterkopfes auf, hat aber gute Heilungschancen. Die Erforschung der Ursachen ist noch nicht hinreichend abgeschlossen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist ein Medulloblastom?

Schematische Darstellung zur Lage eines Gehirntumores im Gehirn. Klicken, um zu vergrößern.

Das Medulloblastom gilt als der am häufigsten vorkommende bösartige Hirntumor bei Kindern bis zum 15. Lebensjahr. Er entwickelt sich als bösartiger Tumor im Bereich des Kleinhirns, wächst von dort aus meist bis an eine angrenzende Hirnkammer heran und breitet sich weiter auf gesundes Gewebe aus.

Häufig ist auch der Hirnstamm vom Medulloblastom betroffen. Metastasen bilden sich vorrangig an den Stellen, die mit dem Nervenwasser in Kontakt stehen. Neben den Hirnkammern selbst gehören dazu auch Bereiche um das Gehirn herum, die Hirnhäute sowie das Rückenmark.

Pro Jahr erkranken durchschnittlich etwa 90 Kinder neu an einem Medulloblastom. Jungen sind dabei etwa anderthalb mal so häufig betroffen, wie Mädchen. Das Alter der Erkrankung liegt in der Regel zwischen fünf und acht Jahren.

Ursachen

Das Medulloblastom entsteht meist spontan, das heißt, dass Vererbungen als Ursachen des Tumors unwahrscheinlich sind. Dennoch sind die Ursachen der Erkrankung bisher nicht hinreichend erforscht. Es ist jedoch bekannt, dass das Medulloblastom aus unreifen, embryonalen Zellen entartet, sich also Zellen des Nervengewebes bösartig verändern.

Bei Erkrankungen im Erwachsenenalter konnte wiederholt ein Zusammenhang zwischen Strahlentherapien im Kindesalter, beispielsweise im Zuge der Behandlung von Leukämie, und der Entwicklung des Tumors im späteren Alter festgestellt werden.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Ein Medulloblastom nimmt schnell an Größe zu und ruft relativ früh erste Symptome hervor. Zunächst führt der Tumor zu einem erhöhten Druck im Schädelinneren. Daraus resultieren eine Reihe von unspezifischen Beschwerden, zum Beispiel Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen oder Schwindel. Typischerweise treten die Krankheitszeichen morgens nach dem Aufstehen auf und schwächen sich im Lauf des Tages ab.

Die Übelkeit tritt vorwiegend morgens und auf nüchternem Magen auf. Die Betroffenen verspüren außerdem ein zunehmendes Unwohlsein und eine schleichende Verschlechterung der körperlichen und geistigen Verfassung. Es stellen sich beispielsweise Erschöpfung, Konzentrationsstörungen und Schlafbeschwerden ein. Ist der Tumor im Bereich hinter den Augen lokalisiert, kann es zu Sehstörungen kommen.

Dann nimmt der Erkrankte Doppelbilder wahr, schielt oder leidet an Augenzittern. Ein Medulloblastom verdrängt zudem die Kleinhirnstrukturen. Dies ruft Bewegungsstörungen und andere neurologische Beschwerden hervor. Mögliche Begleitsymptome sind Taubheitsgefühle oder Kribbeln. Im schlimmsten Fall treten Lähmungen in den Armen und Beinen auf.

Mit dem Wachstum des Tumors kann sich das Wesen des Patienten verändern, der in der späteren Krankheitsstadien häufig gereizt, unruhig oder verwirrt erscheint. Zudem bildet sich als Folge der Abflussstörungen des Nervenwassers ein Wasserkopf. Weitere äußerliche Anzeichen können Geschwülste im Rückenmarkskanal und im Bereich der Schädeldecke sein.

Diagnose & Verlauf

Zahlreiche Symptome, die ein Medulloblastom mit sich bringt, sind uncharakteristisch, treten also häufig auch bei anderen Erkrankungen auf und können eine harmlose Ursache haben.

Von Kopfschmerzen über Übelkeit, Schwindel und Sehstörungen bis hin zu Taubheitsgefühlen ist die Liste an Symptomen lang. Auch Koordinationsschwierigkeiten können im Zuge der Erkrankung auftreten. Denkbar sind alle Symptome, die durch den steigenden Druck im Hirn ausgelöst oder aber durch Metastasen, insbesondere im Bereich des Rückenmarks, verursacht werden.

Bei besonders jungen Patienten lässt sich im fortgeschrittenen Stadium häufig auch eine verstärkte Zunahme des Kopfumfanges und der sogenannte Wasserkopf feststellen.

Die Diagnose gründet auf eine eingehende Anamnese. Darauf folgen die Bild gebenden Verfahren. Mittels Computertomografie und Magnetresonanztomografie werden erste Untersuchungsergebnisse eingeholt. Bei begründetem Verdacht auf ein Medulloblastom wird operativ eine Gewebeprobe entnommen, die einer feingeweblichen Untersuchung unterzogen wird.

Auch eine Entnahme und Untersuchung des Nervenwasser ist notwendig. Auf der Basis der Untersuchungsergebnisse wird die Art des Tumors, die Lage und Größe sowie die Streuung diagnostiziert.

Komplikationen

Da es sich beim Medulloblastom um einen Tumor im Gehirn handelt, führt dieser zu den gewöhnlichen Beschwerden einer Krebserkrankung. In der Regel kann sich der Krebs in einem sehr ungünstigen Fall auch in andere Regionen des Körpers ausbreiten und auch dort gesundes Gewebe befallen. Dadurch wird die Lebenserwartung des Betroffenen verringert. Aus diesem Grund hängen die weiteren Komplikationen oder Heilungschancen sehr stark vom Zeitpunkt der Diagnose und von der Ausprägung des Medulloblastoms ab.

Die Betroffenen leiden dabei in erster Linie an starken Kopfschmerzen und Schwindelgefühlen. Weiterhin kommt es auch zu Erbrechen oder zum Schielen. Die Patienten erfahren Störungen der Sensibilität oder Lähmungen an verschiedenen Körperstellen. In vielen Fällen kommt es auch zu Störungen der Koordination oder der Konzentration. Auch Sehbeschwerden können auftreten und dadurch die Lebensqualität des Patienten deutlich verringern.

Die Behandlung des Medulloblastoms kann operativ erfolgen und ist nicht mit Komplikationen verbunden. Weiterhin sind die Patienten allerdings auf eine Chemotherapie angewiesen, welche zu verschiedenen Nebenwirkungen führen kann. Auch weitere Kontrolluntersuchungen sind nach der Behandlung notwendig. Ob es durch das Medulloblastom zu einer Verringerung der Lebenserwartung kommt, kann in der Regel nicht universell vorausgesagt werden.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Das Medulloblastom tritt in den meisten Fällen im Kindesalter auf. Daher sind insbesondere Heranwachsende von der Erkrankung betroffen und sollten bei den ersten Anzeichen untersucht werden. Klagt das Kind über Schwindel, Kopfschmerzen oder Schlafbeschwerden, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Bei Beeinträchtigungen der Konzentration, einer Auffälligkeit beim Lernen oder wiederholtem Erbrechen besteht Anlass zur Besorgnis. Charakteristisch für das Medulloblastom ist eine starke Symptomatik zu Beginn des Tages. In den nächsten Stunden lässt die Intensität der Beschwerden meist nach. Oftmals stellt sich zum Ende des Tages das Gefühl einer Genesung ein, bis am folgenden Morgen alle Beschwerden erneut auftreten.

Kinder, die unter plötzlichen Störungen der Sehkraft, Gangunsicherheiten und einer erhöhten Unfall- sowie Verletzungsgefahr leiden, sind einem Arzt vorzustellen. Bei Sensibilitätsstörungen der Haut, Taubheitsgefühlen oder einem kribbelnden Gefühl auf der Haut wird ein Arzt benötigt. Bewegungsstörungen, eine Verminderung des Wohlbefindens und Verhaltensauffälligkeiten sind ärztlich abklären zu lassen. Zeigt das Kind ungewöhnliche Stimmungsschwankungen, nehmen die schulischen Leistungen ab und kommt es zu einem Rückzugsverhalten, sollte ein Arztbesuch erfolgen. Geschwulste am Rücken entlang der Wirbelsäule, Schwellungen oder andere Veränderungen des Hautbildes sind Anzeichen einer vorliegenden Störung, die eine ärztliche Konsultation erforderlich machen. Ein besonderer und unverzüglich zu untersuchender Warnhinweis ist eine unnatürliche Zunahme des Kopfumfangs.

Behandlung & Therapie

Die Behandlungschancen stehen bei frühzeitiger Erkennung des Medulloblastom günstig. So können heute bereits mehr als 70 Prozent der Patienten geheilt werden, wenn der Tumor rechtzeitig erkannt und behandelt wird.

Zunächst wird der Tumor möglichst komplett entfernt. Dazu wird die Schädeldecke operativ geöffnet und das erkrankte Gewebe herausgeschnitten. Dieses wird, wenn möglich, im mikro- oder laserchirurgischen Verfahren durchgeführt, um die anschließenden körperlichen Beschwerden möglichst gering zu halten. Zusätzlich wird eine Therapie mit radioaktiver Bestrahlung durchgeführt, da die Tumorzellen besonders strahlenempfindlich sind.

Alternativ wird eine Chemotherapie durchgeführt. Je nach Alter des Patienten und dessen Entwicklung müssen mögliche Nebenwirkungen beider Therapieformen abgewogen werden.

Bei besonders großen Tumoren oder liegt der Medulloblastom an einer sehr schwer zugänglichen Stelle, kann das kranke Gewebe zunächst auch operativ nur zum Teil entfernt und anschließend mit Strahlen- und Chemotherapie verkleinern werden. So kann in einem zweiten operativen Eingriff schließlich das restliche Material entfernt werden.

Zusätzlich kann es nötig sein, Begleiterscheinungen einzudämmen. Durch das Medulloblastom kann der Abfluss des Nervenwassers verschlossen oder umgelegt werden. Über ein Schlauchsystem muss diese Fehlstellung dann behoben werden. Dabei wird häufig eine sogenannte externe Drainage gelegt, mit der das Nervenwasser nach außen hin abgeleitet wird.


Aussicht & Prognose

Die Prognose ist abhängig von der Größe des Geschwulsts und dem Ausmaß der Tumorentfernung. Grundsätzlich ergeben sich schlechte Aussichten, wenn sich Metastasen gebildet haben. Nach einem Eingriff sind etwa die Hälfte aller Patienten tumorfrei. Sie können ein normales Leben weiterführen. Es ist allerdings nicht auszuschließen, dass der Tumor wiederauftritt. Deswegen kommt der Nachsorge eine große Bedeutung zu.

Das Medulloblastom tritt bei Kindern im Vergleich zu Erwachsenen häufiger auf. Gut jeder fünfte Hirntumor geht bei den Minderjährigen auf diese Erkrankung zurück; bei den Volljährigen ist es nur etwa ein Prozent. 10 Jahre nach Behandlungsbeginn leben noch 70 Prozent aller erkrankten Kinder. Am häufigsten sind Kinder zwischen dem vierten und neunten Lebensjahr und Erwachsene um das 30. Lebensjahr betroffen. Die Varianten des Geschwulsts haben unterschiedliche Erwartungswerte. Die Mehrzahl aller Patienten überlebt ein desmoplastisches Medulloblastom. Schlechtere Heilungsaussichten ergeben sich bei einem anaplastischen oder großzelligen Medulloblastom.

Ohne Behandlung riskieren Patienten, dass sich das Medulloblastom vergrößert und weiter in das Gehirn eindringt. Nur eine konsequente Therapie kann zu einer Beschwerdefreiheit führen. Die Lebenserwartung ist ohne Behandlung deutlich verkürzt.

Vorbeugung

Grundsätzlich ist es empfehlenswert, sich und seine Kinder vor Strahleneinwirkungen und Schadstoffbelastung zu schützen. Auch der Kontakt mit krebserregenden Chemikalien sollte vermieden werden. Zusätzlich stärkt eine gesunde, ausgewogene Ernährung und ausreichend Bewegung das Immunsystem. Dennoch gibt es keine allgemeinen Maßnahmen, die die Entstehung eines Medulloblastom verhindern.

Nachsorge

Wie bei allen tumorösen Erkrankungen steht nach erfolgter Behandlung des Medulloblastom eine zunächst engmaschige Nachsorge an. Diese hat das Ziel, eventuell neu auftretende Tumore oder Metastasen sehr frühzeitig zu erkennen. Bei einem Hirntumor finden deswegen in der Nachsorge Kontrollen mehrmals im Jahr im Abstand von einigen Monaten statt.

Werden hierbei keine Auffälligkeiten gefunden, vergrößern sich die Abstände zur nächsten Kontrolle. Ob es eventuelle neue Wucherungen gibt, wird meistens via MRT oder CT überprüft. Gerade weil bösartige Hirntumoren oft trotz zunächst erfolgreicher Behandlung ein hohes Risiko eines Rezidivs aufweisen, ist es wichtig, dass Betroffene ihre Termine zur Nachsorge regelmäßig wahrnehmen.

Die Prognose bei neuen Tumoren ist umso günstiger, je früher diese entdeckt werden. Nicht immer führen neue Hirntumore sofort zu Symptomen, die den Patienten warnen sollten. Oftmals werden behandlungsbedürftige Befunde eher zufällig bei der Nachsorge entdeckt.

Fallen außerhalb der Kontrollen zur Nachsorge aber ungewöhnliche Schmerzen auf, ist dies immer ein Grund, sich zeitnah beim behandelnden Arzt vorzustellen. Dieser kann entscheiden, ob der nächste Termin zur Nachsorge vorgezogen werden sollte, um zeitnah ausschließen zu können, dass sich neue Tumore gebildet haben.

Das können Sie selbst tun

Wurde ein Medulloblastom diagnostiziert, ist auf jeden Fall eine operative Entfernung des Tumors angezeigt. Welche Maßnahmen die Betroffenen selbst ergreifen können, hängt von der Ausprägung des Tumors und etwaigen Begleitsymptomen ab. Die einzelnen Beschwerden lassen sich im Prinzip selbst behandeln.

Gegen die typischen Kopfschmerzen helfen kühle Auflagen auf Stirn und Nacken. Auch sanfte Naturheilmittel wie zum Beispiel Belladonna oder Arnika können helfen. Übelkeit und Erbrechen lassen sich meist durch eine reichhaltige Mahlzeit lindern. Treten ernste Beschwerden wie Sehstörungen oder Gleichgewichtsstörungen auf, sollte der Arzt eingeschaltet werden. Von einer Selbstbehandlung mittels Hausmitteln wird dann am besten abgesehen.

Nach einem operativen Eingriff sollte sich der Betroffene für einige Wochen schonen. Parallel dazu sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen durch den Arzt notwendig, um etwaige Rezidive oder anderweitige Probleme frühzeitig erkennen zu können. Sollten sich infolge der Strahlenbehandlung körperliche Beschwerden entwickeln, ist ebenfalls medizinischer Rat gefragt. Gegen typische Folgeerscheinungen wie Müdigkeit und Abgeschlagenheit helfen allgemeine Maßnahmen wie Sport und eine gesunde und ausgewogene Ernährung. Begleitend zu diesen Maßnahmen kann ein Therapeut hinzugezogen werden, der den Patienten im Umgang mit der Krebserkrankung unterstützt.

Quellen

  • Grehl, H., Reinhardt, F.: Checkliste Neurologie. Thieme, Stuttgart 2012
  • Korinthenberg, R., Panteliadis, C.P., Hagel, C. (Hrsg.): Neuropädiatrie – Evidenzbasierte Therapie. Urban & Fischer, München 2014
  • Mattle, H., Mumenthaler, M.: Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013

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