Grisel-Syndrom
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 18. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Beim Grisel-Syndrom handelt es sich um eine Form der Subluxation, die im Bereich der Wirbelsäule des Halses auftritt. Eine Subluxation liegt vor, wenn ein Gelenk unvollständig ausgerenkt ist. Im Rahmen des Grisel-Syndroms ist das sogenannte Atlantoaxialgelenk von der Ausrenkung betroffen. Die Ursache der Krankheit liegt in den meisten Fällen in einer Schonhaltung, die sich oft aus entzündlichen Prozessen im Bereich von Hals oder Rachen ergibt.
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Was ist das Grisel-Syndrom?
Das Grisel-Syndrom wird von einigen Ärzten mit dem synonymen Krankheitsnamen Watson-Jones-Krankheit bezeichnet. Die Erkrankung wurde zum ersten Mal durch einen Franzosen, Doktor Grisel, beschrieben. Im Rahmen der Krankheit nehmen die betroffenen Patienten eine Schonhaltung der Wirbelsäule im Bereich des Halses ein.
Im überwiegenden Teil der Fälle findet sich der auslösende Faktor des Grisel-Syndroms in einer Entzündung im Rachenraum, der Nase oder dem Hals. Das kennzeichnende Symptom des Grisel-Syndroms besteht in einer Subluxation der Wirbelsäule des Halses. Insbesondere ist das sogenannte Atlantoaxialgelenk von der unvollständigen Ausrenkung betroffen, die während der Erkrankung auftritt.
Ursachen
Die Ursachen des Grisel-Syndroms sind vergleichsweise gut erforscht und bekannt. In den meisten Fällen entwickelt sich die Erkrankung in der Folge von Traumata. Dabei kommen verschiedene Faktoren infrage, zum Beispiel eine Entzündung von Weichgewebe im Bereich von Nase, Hals und Rachen oder eine Entzündung der Mandeln. Zudem kommen Krankheiten rheumatischer Natur als potenzielle Ursache des Grisel-Syndroms in Betracht.
Bei einem Teil der Patienten entwickelt sich die Krankheit auch nach chirurgischen Eingriffen im entsprechenden Bereich, zum Beispiel nach einer operativen Entnahme der Tonsillen (medizinischer Fachbegriff Tonsillektomie). Im überwiegenden Teil der Fälle sind die genannten Entzündungen für die Entstehung des Grisel-Syndroms verantwortlich. Hingegen kommt Rheuma als Ursache für die Krankheit weitaus seltener vor.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Leidet eine Person am Grisel-Syndrom, so sind eine Reihe von Beschwerden und Symptomen typisch und treten gehäuft auf. Dazu gehört in erster Linie eine Schonhaltung der Wirbelsäule im Bereich des Halses. Die Ursache dieser Fehlhaltung liegt in der Regel in Schmerzen, die aus der Gegend des Nackens ausstrahlen.
In der Folge davon kommt es zu einer unvollständigen Ausrenkung des Atlantoaxialgelenks, welches sich in der Wirbelsäule des entsprechenden Bereichs befindet. Da der Atlas zu einem gewissen Teil verlagert und seitlich verschoben wird, entstehen intensive Schmerzen im Nackenbereich. Darüber hinaus halten die am Grisel-Syndrom erkrankten Patienten ihrem Kopf derartig schief, dass die Fehlhaltung leicht ersichtlich ist.
Diagnose & Verlauf
Eine Diagnose des Grisel-Syndroms erfolgt anhand der vorliegenden klinischen Symptome und Beschwerden, die in der Regel mit verschiedenen Methoden der Untersuchungstechnik überprüft werden. Zeigen mehrere Untersuchungsverfahren die gleichen Ergebnisse, so ist das Grisel-Syndrom mit relativer Sicherheit zu diagnostizieren. Leiden Personen unter den ausschlaggebenden Beschwerden der Krankheit, empfiehlt es sich nicht, lange auf Besserung zu warten.
Stattdessen ist umgehend ein geeigneter Arzt aufzusuchen, dem die Symptome dargelegt werden. Mitunter wird der Hausarzt den Patienten an einen Facharzt überweisen. Bei jeder Untersuchung steht die Anamnese an erster Stelle. Dabei beschreibt der betroffene Patient seine Symptomatik sowie seinen Lebensstil und mögliche Aktivitäten, die eventuell zur Entstehung der Erkrankung beigetragen haben.
Wichtig für den Arzt ist vor allen, kurze Zeit zurückliegende Entzündungen des Hals- oder Rachenbereichs in Erfahrung zu bringen. Denn auf diesem Weg lässt sich zum Teil bereits eine Verdachtsdiagnose stellen. Ist das Patientengespräch beendet, setzt der Arzt diverse Untersuchungstechniken ein. Obligatorisch ist in der Regel eine Untersuchung mittels Röntgentechnik. Der Arzt fokussiert hierbei auf den Bereich der Halswirbelsäule.
Die Bildgebung liefert bedeutende Hinweise auf das Vorliegen des Grisel-Syndroms. Gewissheit bringt eine MRT-Untersuchung, die in zahlreichen Fällen zusätzlich durchgeführt wird. Bevor das Grisel-Syndrom endgültig diagnostiziert wird, ist eine Differentialdiagnostik durchzuführen. Der Arzt überprüft, ob die Beschwerden womöglich infolge anderer Krankheiten auftreten.
In Betracht gezogen werden zum Beispiel Morbus Bechterew, das Klippel-Feil-Syndrom, Verspannungen der Muskulatur in der Gegend des Nackens sowie ein kongenitaler Schiefhals. Zudem wird überprüft, ob eine Torticollis vorliegt, wobei die Patienten eine Schwerhörigkeit auf einem Ohr aufweisen und das Gleichgewichtsorgan lädiert ist.
Komplikationen
Durch das Grisel-Syndrom kommt es zu für den Patienten zu starken Schmerzen. Aufgrund dieser Schmerzen nehmen die meisten Betroffenen eine Schonhaltung ein, die sich sehr negativ auf den Rücken und auf die Wirbelsäule auswirkt. Weiterhin können sich die Schmerzen auch in andere Regionen ausbreiten, sodass zum Beispiel auch der Nacken betroffen sein kann.
Der Kopf wird dabei sehr schief gehalten, da ein gerades Halten zu starken Schmerzen führen würde. Aus diesem Grund ist eine relativ einfache und schnelle Diagnose möglich, sodass auch die Behandlung frühzeitig eingeleitet werden kann. Ohne Behandlung bleiben die Schmerzen und Beschwerden beim Grisel-Syndrom bestehen und es tritt keine spontane Heilung oder Besserung auf.
Nicht selten führen die starken und dauerhaften Schmerzen zu Bewegungseinschränkungen und damit auch zu Depressionen und weiteren psychischen Beschwerden. Die Behandlung des Grisel-Syndroms erfolgt in jedem Fall kausal und richtet sich dabei nach der Grunderkrankung. In der Regel werden dabei Medikamente eingesetzt, wobei es nicht zu weiteren Beschwerden oder Komplikationen kommt. Es kommt in den meisten Fällen zu einem positiven Krankheitsverlauf.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Da das Grisel-Syndrom in den meisten Fällen mit sehr spezifischen Symptomen und Beschwerden verbunden ist, kann es schon früh erkannt und behandelt werden. Eine Behandlung durch einen Arzt ist in jedem Fall notwendig, da es bei diesem Syndrom nicht zu einer Selbstheilung und in den meisten Fällen zu einer Verschlechterung der Beschwerden kommt. Ein Arzt ist dann aufzusuchen, wenn es zu starken Schmerzen im Bereich des Halses oder der Wirbelsäule kommt.
Die Schmerzen können auch in die benachbarten Regionen des Körpers ausstrahlen. Weiterhin nehmen die Betroffenen häufig eine Schonhaltung ein, um die Schmerzen zu reduzieren. Diese Fehlhaltung ist meistens ersichtlich, sodass auch andere Menschen den Betroffenen auf das Grisel-Syndrom hinweisen können.
Sollten die Schmerzen daher über einen längeren Zeitraum anhalten und nicht mit besonderen Aktivitäten verbunden sein, so sollte ein Orthopäde aufgesucht werden. Bei sehr starken Schmerzen oder in Notfällen kann auch das Krankenhaus aufgesucht werden. In der Regel kann das Grisel-Syndrom gut behandelt werden.
Behandlung & Therapie
Zur Therapie des Grisel-Syndroms kommen verschiedene behandlungstechnische Ansätze in Betracht. Grundsätzlich richten sich die Maßnahmen jedoch nach der zu Grunde liegenden Ursache, die sich im Einzelfall teilweise unterscheidet. So besteht das erste Ziel der Therapie des Grisel-Syndroms darin, die jeweilige Grunderkrankung zu behandeln.
In manchen Fällen erhalten die betroffenen Patienten sogenannte Analgetika. Beim überwiegenden Teil der Personen zeigen konservative Verfahren der Therapie relativ gute Erfolge. Wenn sich Abszesse bilden, werden diese in der Regel im Rahmen von chirurgischen Eingriffen entfernt.
Eine zeitige Diagnose des Grisel-Syndroms ermöglicht einen raschen Beginn der Behandlung, sodass der Heilungsprozess der Erkrankung beziehungsweise der zu Grunde liegende Ursachen beschleunigt wird. Auf diesem Weg wird die Lebensqualität der am Grisel-Syndrom erkrankten Personen deutlich erhöht.
Aussicht & Prognose
Das Grisel-Syndrom kann gut behandelt werden. Werden die Bewegungseinschränkungen und Schmerzen frühzeitig einer Ursache zugeordnet, kann eine individuelle Therapie eingeleitet werden, durch welche die Beschwerden rasch abklingen. Die Aussicht auf eine rasche Genesung ist gut, wenn der Erkrankte keine Vorerkrankungen hat und gut auf die medikamentöse Behandlung reagiert.
Etwaige Verspannungen oder Muskelschmerzen können durch Krankengymnastik und Physiotherapie ebenso effektiv gelindert werden. Wird das Grisel-Syndrom im Anfangsstadium festgestellt und behandelt, klingen die Symptome innerhalb weniger Tage bis Wochen vollständig wieder ab. Spätfolgen oder ernste Komplikationen treten in aller Regel nicht auf.
Schlechter ist die Prognose, wenn keine oder eine unzureichende Behandlung erfolgt. Dann nehmen die beschriebenen Krankheitszeichen an Intensität zu und schränken den Betroffenen erheblich ein. Lebensqualität und Wohlbefinden nehmen im Verlauf der Erkrankung ab und es kann zur Entstehung von psychischen Erkrankungen kommen.
In Einzelfällen können sich Abszesse bilden, die operativ entfernt werden müssen. Sind die Wucherungen an der Wirbelsäule lokalisiert, ist auch eine Lähmung denkbar. Die Prognose ist grundsätzlich jedoch positiv. Das Grisel-Syndrom schreitet normalerweise sehr langsam voran und kann anhand der Symptome eindeutig diagnostiziert und anschließend effektiv werden.
Vorbeugung
Eine Prävention des Grisel-Syndroms ist möglich, indem die ursächlichen Faktoren beachtet und vermieden werden. Bei Entzündungen im Bereich des Halses ist zeitnah eine Therapie erforderlich, um die Entstehung des Grisel-Syndroms nicht zu begünstigen. Ähnliches gilt für rheumatische Erkrankungen.
Nachsorge
Beim Grisel-Syndrom erweist sich die Nachsorge in der Regel als relativ schwierig, da das Syndrom nicht vollständig behandelt werden kann. In erster Linie ist der Patient daher auf eine medizinische Untersuchung angewiesen, um weitere Komplikationen zu verhindern und Beschwerden zu lindern. Dabei kann nicht universell vorausgesagt werden, ob eine vollständige Heilung möglich ist.
Die Therapie richtet sich sehr stark nach der Grunderkrankung. Der Betroffene ist dabei meist auf die Einnahme von Medikamenten angewiesen. Dabei ist auf eine regelmäßige Einnahme zu achten, wobei auch Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln ebenfalls zu beachten sind. In Zweifelsfällen sollte dabei immer ein Arzt konsultiert werden.
Oftmals können die Beschwerden des Grisel-Syndroms relativ gut mit Hilfe der Medikamente eingeschränkt werden. In einigen Fällen bilden sich allerdings auch Abszesse, sodass ein operativer Eingriff notwendig ist. Dabei sollte sich der Betroffene nach einem solchen Eingriff immer ausruhen und den Körper schonen.
Von anstrengenden Tätigkeiten oder sportlichen Betätigungen ist dabei abzusehen, um die Heilung zu beschleunigen. Im Allgemeinen wirkt sich auch eine gesunde Lebensweise mit einer ausgewogenen Ernährung sehr gut auf den weiteren Verlauf der Krankheit aus. Die Lebenserwartung des Betroffenen wird durch das Grisel-Syndrom meist nicht verringert.
Das können Sie selbst tun
Welche Maßnahmen Menschen mit Grisel-Syndrom selbst ergreifen können, hängt von der zugrundeliegende Ursache und der Art der ärztlichen Behandlung ab. Grundsätzlich besteht die wichtigste Maßnahme darin, die Vorgaben des Arztes bezüglich der verordneten Arzneimittel und etwaiger physiotherapeutischer Übungen einzuhalten.
Sollten sich Abszesse bilden, muss auf eine ausreichende Hygiene geachtet werden, um Entzündungen zu vermeiden. Bei starken Schmerzen wird der Mediziner meist ein Schmerzmittel verschreiben. Gelegentlich kann auch ein milderes Präparat aus der Naturheilkunde eingesetzt werden, um Nackenschmerzen und Entzündungen zu reduzieren. Dies sollte allerdings zunächst mit dem Arzt abgesprochen werden.
Sollte das Grisel-Syndrom trotz dieser Maßnahmen bestehen bleiben, ist ein Arztbesuch angezeigt. Meist muss dann eine Operation durchgeführt werden. Nach einem operativen Eingriff gelten Bettruhe und Schonung. Vor allem der Hals-Nacken-Bereich muss geschont werden, da ein gewisses Risiko besteht, dass sich die Wunde erneut öffnet.
Aus diesem Grund empfiehlt es sich, den Nacken mit Hilfe eines Kissens oder einer Nackenstütze zu stützen. Ergänzend dazu muss ein Arzt den Heilungsverlauf überwachen und sicherstellen, dass die eingesetzten Arzneimittel keine Neben- oder Wechselwirkungen hervorrufen.
Quellen
- Breusch, S., Clarius, M., Mau, H., Sabo, D. (Hrsg.): Klinikleitfaden Orthopädie, Unfallchirurgie. Urban & Fischer, München 2013
- Niethard, F., Pfeil, J., Biberthaler, P.: Orthopädie und Unfallchirurgie. Thieme, Stuttgart 2014
- Witkowski R., Prokop O., Ullrich E.: Lexikon der Syndrome und Fehlbildungen. Springer, Berlin 2003