Hartnup-Krankheit

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 9. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Hartnup-Krankheit ist eine seltene und autosomal-rezessiv erbliche Stoffwechselkrankheit, die den Transport von Aminosäuren in den Zellmembranen durch eine Allelmutation blockiert. Die Krankheit ist äußerst variabel und kann sich auf die Haut, die Nieren, die Leber, aber auch das zentrale Nervensystem auswirken.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Hartnup-Krankheit?

Auf der Haut zeigen sich während eines Schubs erythematösen Ekzemen, also spezielle Hautläsionen. Der Magen-Darm-Trakt ist von Beschwerden wie wiederkehrendem oder gar anhaltendem Durchfall betroffen.
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Unter der Hartnup-Krankheit oder auch dem Hartnup-Syndrom versteht die Medizin eine Stoffwechselstörung, die den Transport von Aminosäuren durch die Zellmembranen betrifft. Es handelt sich dabei um eine erbliche Erkrankung, die autosomal-rezessiv weitergegeben wird. Das heißt, dass beide homologe Chromosome das defekte Allel tragen müssen, damit es zum Krankheitsausbruch kommt. Daher ist die Hartnup-Krankheit eher selten.

Nicht alle Träger des Gens entwickeln überhaupt Symptome. Weil bis zu sechs verschiedene Genvarianten von der Krankheit betroffen sind, ist die Stoffwechselstörung extrem variabel. Die Erkrankung kann sich so zum Beispiel ausschließlich in einer Transportschwierigkeit von Aminosäure in den Nieren äußern, allerdings ebenso ausschließlich den Darm betreffen.

Häufig wird die Erkrankung mit der sogenannten Pellagra verglichen, einer Hypovitaminose durch Mangelernährung, die ähnliche Symptome hervorruft. Erstmals dokumentierte man die Erkrankung 1956 bei Kindern der Londoner Familie Hartnup. Heute gehen Experten davon aus, dass bereits Julius Cäsar an der Stoffwechselstörung gelitten hat.

Ursachen

Die Ursache für das Hartnup-Syndrom ist eine Genmutation. Die Medizin geht in diesem Zusammenhang von insgesamt 21 verschiedenen Mutationen des SLC6A19 in Chromosom Fünf Genlocus p15.33 aus, die je unterschiedliche Auswirkungen auf den Transport von Aminosäuren im Körper haben.

In der Regel leiden Patienten des Hartnup-Syndroms an zwei unterschiedlichen Mutationen, wobei ein Großteil von ihnen das Allel D173N als Genträger inne hat. Mutationen der Allele D173N oder P265L weisen Transportkanäle in direkter Abhängigkeit des ACE2 im Darm oder des Tmem27 in den Nieren auf.

Durch den Gendefekt kommt es im Körper zu einem Mangel an bestimmten Membranproteinen, die beim gesunden Menschen als neutrale Aminosäuretransporter in Erscheinung treten. Diese Aminosäuretransporter schleusen sowohl neutrale als auch aromatische Aminosäuren durch die Körperzellen. In Körpergewebe verstärkter Aminosäurenaufnahme treten die Effekte des Gendefekts am deutlichsten in Erscheinung, obgleich sie grundsätzlich nicht auf diese Gewebe begrenzt sind.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Die Hartnup-Krankheit äußert sich je nach Schwere in verschiedensten Symptomen und verläuft schubartig. Insbesondere Fieber, Stress und Medikamente können einen Schub auslösen. Auf der Haut zeigen sich während eines Schubs erythematösen Ekzemen, also spezielle Hautläsionen. Der Magen-Darm-Trakt ist von Beschwerden wie wiederkehrendem oder gar anhaltendem Durchfall betroffen.

Unter Umständen treten begleitet von psychiatrischen Störungen auch neurologische Symptome auf, so zum Beispiel Ataxien oder Lähmungen, die sich in der Regel aber wieder zurückbilden. Meist nimmt vor allem das Immunsystem auf Dauer Schaden, sodass Betroffene des Hartnup-Syndroms beispielsweise schneller krank werden.

Davon abgesehen kann eine Überempfindlichkeit gegen Insulin symptomatisch für die Erkrankung sein. Dasselbe gilt für anatomische Schäden an den Nebennieren oder der Leber. Unter Umständen können auch Kopfschmerzen und Photosensitivität während eines Krankheitsschubs auftreten.

Diagnose & Verlauf

Da die Hartnup-Krankheit variabel ist, lässt sich pauschal nur schwer etwas über den Krankheitsverlauf aussagen. Letztlich betrifft die Stoffwechselstörung vor allem den oberen Dünndarm und bestimmte Zellen der Nieren. Die Effekte der Hartnup-Krankheit auf die Nieren bestehen meist in verminderter Resorption, also einem Unvermögen, Aminosäuren in der Blutbahn zu halten. Die Aminosäuren gehen so verloren, da sie sich statt im Blut im Harn ansammeln.

Wenn der Betroffene allerdings ausreichend Proteine aufnimmt, dann ist dieser Verlust nicht weiter von Bedeutung und verursacht keinerlei Symptome. Da bei Betroffenen der Hartnup-Krankheit aber oft auch eine Resorptionsstörung im Dünndarm vorliegt, stellen sich insgesamt meist schwerwiegende Verluste ein, denn für den Lebenserhalt sind bestimmte essentielle Aminosäuren schlichtweg notwendig und ein Großteil dieser lebensnotwendigen Stoffe gewinnt ein gesunder Körper im Darm durch Aminosäure-Recycling.

Unbehandelt führt das Hartnup-Syndrom daher oft zu schwerwiegenden Schäden und kann sogar tödliche Folgen haben. Trotzdem geht die Medizin heute im Großen und Ganzen von einem eher gutartigen Verlauf der Krankheit aus, da zur Kompensierung des Aminosäurenverlusts sogar für schwere Fälle des Harntup-Syndroms geeignete Behandlungsmethoden zur Verfügung stehen. Die Erkrankung nachzuweisen ist aufgrund der vielen Mutationen relativ schwer.

Meist ordnen Ärzte bei Verdacht auf den Gendefekt eine Urinanalyse an, die eventuell das Vorhandensein von Aminosäuren im Urin bestätigt und somit den ersten Verdacht sichert. Lässt sich der erste Verdacht über die Urinprobe nicht bestätigen, gilt die Erkrankung damit allerdings nicht zwingend als ausgeschlossen. Auch über Blutwerte ist eine zuverlässige Diagnostik in diesem Fall schwierig bis unmöglich.

Unter Umständen kann allerdings ein Test auf Porphyrogene Hinweise liefern, bei dem zum Morgenurin Salzsäure hinzugefügt wird. Wird der Urin danach erwärmt, so bilden Porphyrogene eine rote Farbe, was einem positiven Testergebnis entspricht. Allerdings ist auch dieser Test eher unspezifisch.

Komplikationen

Die Hartnup-Krankheit kann sich auf verschiedene innere Organe des Körpers auswirken und an diesen zu Beschwerden oder zu Komplikationen führen. In den meisten Fällen sind allerdings Leber, Nieren und die Haut von der Hartnup-Krankheit betroffen. Weiterhin kann es auch zu Einschränkungen und Beschwerden am zentralen Nervensystem kommen. Der Patient leidet in erster Linie an Stress und an Fieber.

Ebenso tritt Durchfall auf, welcher nicht selten mit Erbrechen und einer starken Übelkeit einhergehen kann. Durch die Beeinträchtigungen des zentralen Nervensystems kommt es mitunter zu Lähmungen oder zu Sensibilitätsstörungen beim Patienten. Diese können weiterhin auch zu psychischen Beschwerden und zu Depressionen führen. Das Immunsystem des Patienten ist durch die Hartnup-Krankheit in der Regel geschwächt, sodass es öfter zur Ausbildung von Entzündungen und verschiedenen Infektionen kommt.

Es treten Schäden an der Leber und an den Nieren auf. Im schlimmsten Falle erleidet der Patient dabei eine vollständige Niereninsuffizienz und ist dadurch auf die Dialyse oder auf ein Spenderorgan angewiesen. Die Beschwerden der Hartnup-Krankheit werden mit Hilfe von Medikamenten behandelt. Es treten dabei keine weiteren Komplikationen auf. Ebenso sind für Gewöhnlich auch psychologische Maßnahmen notwendig.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Leider sind die Symptome der Hartnup-Krankheit nicht besonders spezifisch, sodass keine allgemeine Voraussage darüber gegeben werden kann, wann ein Arzt aufzusuchen ist. Die Beschwerden treten häufig in Schüben auf, welche auf die Krankheit hindeuten können. Dabei kommt es in der Regel zu starkem Durchfall oder zu anderen Beschwerden im Bereich des Magens und des Darms. Auch Hautbeschwerden können auf die Hartnup-Krankheit hindeuten und sollten untersucht werden.

Weiterhin sind auch Lähmungen ein typisches Symptom der Krankheit, deren Ausprägung kann sehr unterschiedlich sein. Häufig leiden die Betroffenen auch an einem geschwächten Immunsystem und werden relativ oft krank oder leiden an Infektionen und Entzündungen.

In einigen Fällen kann die Hartnup-Krankheit auch zu einer hohen Empfindlichkeit gegenüber Insulin führen, welche ebenso untersucht werden sollte. Die erste Untersuchung kann durch einen Kinderarzt oder durch einen Allgemeinarzt erfolgen. Da die Krankheit nicht vollständig geheilt werden kann und nur symptomatisch behandelt wird, kann in der Regel auch der Allgemeinarzt diese Behandlung durchführen.

Behandlung & Therapie

Patienten der Hartnup-Krankheit werden in der Regel mit einer Substitutionstherapie behandelt. Das heißt, dass sie mit einer täglichen Nahrungsergänzung in Form von Niacin versorgt werden. Täglich nehmen sie in der Erstphase bis zu drei Gramm der Substanz zu sich, wobei die Dosis in der Erhaltungsphase auf 500 Milligramm pro Tag geregelt wird. Eine besonders proteinreiche Diät mit viel Tryptophan ergänzt diese Therapiemethode.

Milchprodukte, Geflügel, Kartoffeln und Nüsse bilden das Herzstück der Diätmaßnahmen. Bei schweren Verläufen der Krankheit reichen diese Methoden nicht zur Kompensierung des Transportdefekts aus, sodass intravenöse Substitutionen mit chemisch abgewandelter Aminosäure Einsatz finden müssen. Je nachdem, welche Symptome ein Krankheitsschub hervorruft, kommen neben Salben gegen die Hautsymptome unter Umständen auch physiotherapeutische Maßnahmen zur Bekämpfung der Lähmungserscheinungen zum Einsatz.

Aussicht & Prognose

Die Aussichten bei der Hartnup-Krankheit sind unterschiedlich. Sie hängen vom Ausmaß des Verlustes neutraler und essenzieller Aminosäuren ab. Wenn nur die Nieren von der Störung betroffen sind, kann der Verlust durch die Ernährung gut ausgeglichen werden. Die Hartnup-Krankheit ist genetisch bedingt. Aber sie entwickelt eine große Variabilität.

So werden mehrere mögliche Mutationen vermutet. Dadurch besteht eine große Bandbreite der Erkrankung, die von Symptomlosigkeit bis zu schwersten Krankheitszeichen reicht. Die meisten Betroffenen entwickeln keine Beschwerden und erreichen auch ohne Behandlung eine normale Lebenserwartung.

Die schweren Formen der Hartnup-Krankheit führen jedoch unbehandelt oft zum Tod. Dabei können viele Organe des Körpers vom Verfall betroffen sein. Neutrale und aromatische Aminosäuren werden aufgrund mangelnder Transportproteine nur noch unzureichend oder gar nicht durch die Zellen geschleust. Sie gehen dem Körper durch Ausscheidung mit dem Urin verloren.

In schweren Fällen können Aminosäuren aus abgebauten Körperzellen überhaupt nicht mehr verwendet werden. Das kann so weit führen, dass auch durch die Nahrung zugeführte essenzielle und nichtessenzielle Aminosäuren für die Aufrechterhaltung der Lebensfunktionen nicht mehr ausreichen. Viele Organe und Organsysteme wie Leber, Bauchspeicheldrüse, Nebennieren, Haut, Darm, Zentralnervensystem oder Immunsystem werden geschwächt.

Die Gabe von Niacin kann in einigen Fällen die Transportprobleme verbessern. In besonders schweren Fällen der Hartnup-Krankheit müssen die wichtigen Aminosäuren lebenslang intravenös substituiert werden, um die Lebenserwartung zu erhöhen.


Vorbeugung

Der Hartnup-Krankheit lässt sich nicht vorbeugen, da es sich bei der Stoffwechselkrankheit um einen erblichen Gendefekt handelt. Bei einer Prävalenz von 1:24.000 ist die Erkrankung aber relativ selten.

Nachsorge

Bei der Hartnup-Krankheit stehen dem Patienten nur sehr wenige Maßnahmen einer direkten Nachsorge zur Verfügung. Bei dieser Krankheit ist allerdings eine frühzeitige Erkennung und Behandlung der Krankheit sehr wichtig, damit es nicht zu weiteren Komplikationen oder zu Beschwerden kommt. Der Betroffene sollte bei der Hartnup-Krankheit schon bei den ersten Symptomen und Anzeichen einen Arzt aufsuchen, um eine weitere Verschlechterung der Beschwerden zu verhindern.

Es kann nicht zu einer selbstständigen Heilung kommen. Die Behandlung dieser Krankheit erfolgt daher in den meisten Fällen durch die Einnahme von verschiedenen Medikamenten. Der Patient sollte dabei immer auf eine richtige Dosierung und auch auf eine regelmäßige Einnahme achten, um die Beschwerden zu lindern. In vielen Fällen ist die Umstellung der Ernährung notwendig, wobei auch ein Arzt einen Ernährungsplan erstellen kann.

Weiterhin sind bei der Hartnup-Krankheit einige Betroffene auf die Maßnahmen einer Physiotherapie angewiesen, um die Beschwerden zu behandeln. Viele Übungen aus einer solchen Therapie können dabei auch im eigenen Zuhause durchgeführt werden. Dabei wirkt sich auch die liebevolle Pflege und Unterstützung der Betroffenen positiv auf den Verlauf dieser Krankheit aus. Vor allem Depressionen oder psychische Verstimmungen können dadurch verhindert werden.

Das können Sie selbst tun

Da es sich bei der Hartnup-Krankheit um einen erblichen Defekt handelt, kann die Erkrankung in der Regel nicht verhindert werden. Die Betroffenen sind dabei immer auf eine Behandlung durch einen Arzt angewiesen. Eine direkte Möglichkeit der Selbsthilfe steht aus diesem Grund bei der Erkrankung nicht zur Verfügung.

In den meisten Fällen sind die Betroffenen auf eine Substitutionstherapie angewiesen, um die Beschwerden zu lindern. Dabei muss auf eine regelmäßige und richtig dosierte Einnahme geachtet werden. Im Zweifelsfall muss immer ein Arzt konsultiert werden.

Weiterhin kann sich auch eine Diät mit Tryptophan sehr gut auf die Hartnup-Krankheit auswirken. Aus diesem Grund eignen sich vor allem Kartoffeln, Geflügel und Milchprodukte. Auch Nüsse stellen dabei einen wichtigen Teil dieser Diät dar. Sollte es zu Lähmungen oder zu Gefühlsstörungen kommen, so werden diese in der Regel therapeutisch behandelt. Diese Übungen können häufig auch zu Hause durchgeführt werden, um die Heilung der Hartnup-Krankheit zu beschleunigen.

Bei starken Lähmungen sind die Betroffenen allerdings auf eine liebevolle Unterstützung in ihrem Alltag angewiesen. Der Kontakt mit anderen Betroffenen der Erkrankung kann eventuell psychische Beschwerden vermeiden.

Quellen

  • Braun, J., Dormann, A .J.: Klinikleitfaden Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2013
  • Emminger, H., Kia, T. (Hrsg.): Exaplan – Das Kompendium der klinischen Medizin. Urban & Fischer, München 2010
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016

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