Hodenatrophie
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Bei der Hodenatrophie handelt es sich um krankhaft verkleinerte Hoden (Schrumpfhoden). Stark verkleinerte Hoden sind in der Regel nicht mehr funktionsfähig, d.h. es werden weder Hormone noch intakte Spermien gebildet. Als Ursache kommen z.B. jahrelanger Missbrauch von Anabolika in Frage, aber auch genetische Defekte, z.B. das Klinefelter-Syndrom oder aber eine Entzündung der Hoden.
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Was ist eine Hodenatrophie?
Unter einer Hodenatrophie versteht der Mediziner auffällig verkleinerte Hoden. Während normal große Hoden etwa ein Volumen von drei Kubikzentimetern aufweisen, sind Schrumpfhoden mitunter nur etwa einen Kubikzentimeter groß.
Schrumpfhoden sind in der Regel nicht mehr funktionsfähig - der Mann leidet an Azoospermie und ist - sofern beide Hoden betroffen sind - zeugungsunfähig. Die in den Hoden produzierten Sexualhormone - insbesondere das Testosteron - werden nicht mehr produziert.
Ursachen
Als weitere Ursache kommen verschiedene angeborene Gendefekte hinzu, etwa das Klinefelter-Syndrom. Außerdem kann eine nicht behandelte und nicht vollständige ausgeheilte Entzündung des Hodens zu einem Schrumpfhoden führen. Im Rahmen einer geschlechtsumwandelnden Therapie können transsexuelle Männer durch eine begleitende Einnahme von weiblichen Geschlechtshormonen (Östrogenen) Schrumpfhoden herbei führen, um so die Hoden an der ungewollten Ausschüttung des männlichen Sexualhormons Testosteron zu hindern.
Seltener kommen als Ursache für eine Hodenatrophie Durchblutungsstörungen (Varikozele) oder eine allgemeines Trauma in Frage.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Optisch ist eine Hodenatrophie an der deutlichen Verkleinerung des Hodenvolumens zu erkennen. Hinzu kommen manchmal Schmerzen und ein unangenehmes Druckgefühl im Bereich der Hoden. Es kann zu Verfärbungen am Skrotum kommen, die im Verlauf der Erkrankung zunehmen und eindeutig auf eine Atrophie der Hoden hinweisen. Eine Hodenatrophie ist außerdem mit Unfruchtbarkeit und Erektionsstörungen verbunden.
Liegt der Hodenatrophie eine Entzündung zugrunde, schreitet sie meist schleichend und unbemerkt voran. Die Betroffenen bemerken sie oft erst, wenn wiederholt Erektionsprobleme auftreten oder ein Kinderwunsch über einen längeren Zeitraum unerfüllt bleibt. Sind Medikamente oder Wachstumshormone ursächlich, entwickelt sich ein Schrumpfhoden in der Regel recht schnell und frei von Schmerzen.
Die Hodenatrophie selbst hat keine weiteren körperlichen Beschwerden zur Folge. Allerdings kann sie mitunter zu starken psychischen Problemen führen. Bedingt durch die Verkleinerung der Hoden und die damit verbundene Unfruchtbarkeit können sich Minderwertigkeitskomplexe, soziale Ängste und Depressionen einstellen. Oft sind auch die Partner von den psychischen Beschwerden betroffen. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, bei ersten Symptomen einer Hodenatrophie einen Arzt aufzusuchen. Durch eine frühzeitige Behandlung kann die Atrophie oft umgekehrt und eine drohende Unfruchtbarkeit abgewendet werden.
Diagnose & Verlauf
Ein Urologe kann einen Schrumpfhoden relativ leicht diagnostizieren, da er deutlich sichtbar ist. Zur Abklärung von der genauen Größe kann der Urologe eine Sonographie (Ultraschalluntersuchung) durchführen.
Sofern die Ursachen für die Hodenatrophie nicht offensichtlich sind - etwa bei einer geschlechtsumwandelnden Therapie transsexueller Männer oder bei Vorliegen des Klinefelter-Syndroms - wird der Urologe im Rahmen der Diagnostik die Ursachen abklären, etwa das Vorliegen einer Varikozele oder einer Entzündung.
Außerdem kann der Urologe die Funktionsfähigkeit der Hoden überprüfen, in dem er ein Spermiogramm anfertigt. Liegt eine Azoospermie vor, befinden sich im Ejakulat keinerlei Spermien. In diesem Fall haben die Hoden ihre Funktion eingestellt und der Mann ist zeugungsunfähig. Der Verlauf bzw. die Ausbildung eines Schrumpfhodens ist je nach Ursache sehr unterschiedlich.
Während ein durch eine Entzündung hervorgerufene Hodenatrophie meist schleichend und unbemerkt voranschreitet und erst dann bemerkt wird, wenn sich ein Kinderwunsch nicht erfüllt, bildet sich ein durch Medikamenten- oder Anabolikaeinnahme ausgebildeter Schrumpfhoden recht schnell. Das Ausbilden einer Hodenatrophie verläuft meist schmerzfrei.
Komplikationen
Nicht selten sind auch die Partner von psychischen Beschwerden betroffen und leiden damit auch an der Hodenatrophie. Weiterhin hat die Hodenatrophie keine besonderen negativen Auswirkungen auf die Gesundheit des Betroffenen. In vielen Fällen können die psychischen Beschwerden durch einen Psychologen ohne Komplikationen behandelt werden. Auch die Lebenserwartung des Patienten wird durch die Krankheit in der Regel nicht beeinflusst und damit auch nicht verringert.
Sollte die Hodenatrophie durch eine Durchblutungsstörung auftreten, so wird diese in der Regel zuerst behandelt. Weiterhin können bei der Partnerin auch andere Möglichkeiten zur Schwangerschaft verwendet werden. Nicht selten tritt das Symptom auch bei Menschen auf, die sich einer Geschlechtsumwandlung umziehen möchten. Dabei wird die Hodenatrophie allerdings nicht behandelt. Weitere Komplikationen treten durch diese Krankheit nicht auf.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Eine Hodenatrophie bedarf nicht immer einer ärztlichen Behandlung. Weniger stark ausgeprägte Schrumpfhoden bilden sich von selbst zurück, sobald das ursächliche Präparat abgesetzt wurde. Eine krankheitsbedingte Hodenatrophie sollte von einem Facharzt abgeklärt werden. So bedürfen Kinder, die am Klinefelter-Syndrom oder einer vergleichbaren Erkrankung leiden, in jedem Fall einer medizinischen Behandlung. Die Eltern sollten bei ersten Anzeichen einer Hodenatrophie einen Arzt konsultieren und die Beschwerden untersuchen und gegebenenfalls behandeln lassen.
Sollten die Schrumpfhoden mit Schmerzen oder anderweitigen Symptomen einhergehen, ist ebenfalls eine ärztliche Behandlung erforderlich. Männer, die aufgrund einer Hodenatrophie unfruchtbar sind, sprechen am besten mit dem Hausarzt. Begleitend dazu kann auch der Besuch bei einem Therapeuten sinnvoll sein. In jedem Fall müssen krankhaft verkleinere Hoden untersucht werden, um die möglichen Ursachen einzugrenzen und geeignete Gegenmaßnahmen ergreifen zu können. Personen, die von Geburt an an einer Hodenatrophie leiden, sprechen am besten mit einem Facharzt. Oft ist es möglich, Implantate einzusetzen oder die Schrumpfhoden durch hormonelle Maßnahmen zu vergrößern.
Behandlung & Therapie
Je nach Ursache ist die Behandlung eines Schrumpfhoden sehr unterschiedlich. Ist der Schrumpfhoden gewollt - was bei transsexuellen Männern, die sich einer Geschlechtsumwandlung unterziehen wollen, der Fall ist - wird ein Schrumpfhoden nicht behandelt.
Ist der Schrumpfhoden durch die Einnahme von Anabolika ausgelöst worden, wird geraten, auf eine weitere Einnahme der Präparate zu verzichten. Mitunter bilden sich nach Absetzen der Präparate die Schrumpfhoden zurück. Gleiches gilt bei Vorliegen einer Durchblutungsstörung - nach dem chirurgischen Entfernen der Varikozele kann der Blutfluss normalisiert werden.
Die Folgen eines Schrumpfhodens können durch die Gabe verschiedener testosteronhaltiger Medikamente entgegen gewirkt werden. Leidet der Mann bereits unter einer Azoospermie, kann mittels einer künstlichen Befruchtung mit gleichzeitiger TESE versucht werden, bei der Partnerin eine Schwangerschaft herbei zu führen.
Verursacht der Schrumpfhoden Schmerzen oder leidet der Mann unter dem Aussehen, kann über eine Entfernung des Schrumpfhodens und Einsetzen eines Implantats nach gedacht werden.
Aussicht & Prognose
Bei einer Hodenatrophie sind die Hoden deutlich verkleinert. Daneben treten Schmerzen und ein unangenehmes Druckgefühl in der Hodenregion auf. Außerdem können Verfärbungen oder Sensibilitätsstörungen hinzukommen. Eine Hodenantrophie geht meist mit Erektionsstörungen oder sogar einer Unfruchtbarkeit einher. Ist eine Entzündung ursächlich für die Schrumpfhoden, werden die Krankheitszeichen zunehmend stärker. Die Atrophie wird oft erst bemerkt, wenn wiederholt Erektionsprobleme auftreten oder die Hoden bereits deutlich kleiner geworden sind. Die Schmerzen können mit dem Fortschreiten der Erkrankung bis in das Gesäß- und in den Unterleib ausstrahlen und rufen dadurch bei den Patienten ein starkes Unwohlsein hervor.
Eine unbehandelte Hodenatrophie kann zum einen zum Verlust von einem oder beiden Hoden führen. Zum anderen entwickeln sich seelische Beschwerden, etwa Depressionen oder Minderwertigkeitskomplexe. Liegt der Hodenatrophie ein Medikamentenmissbrauch zugrunde, können vielgestaltige Begleitsymptome hinzukommen. Mögliche Symptome, die im Zusammenhang mit Schrumpfhoden auftreten, sind Verdauungsprobleme, Herz-Kreislauf-Beschwerden wie Herzrasen oder Blutdruckschwankungen sowie Hautveränderungen wie Akne oder Rötungen.
Wird die Ursache für die Hodenatrophie nicht behoben, schreitet die Erkrankung progressiv voran und kann, je nach Auslöser, zu Organstörungen, Unfruchtbarkeit und geistigen Störungen führen. Eine frühzeitig behandelte Atrophie klingt oftmals ohne Spätfolgen ab.
Vorbeugung
Schrumpfhoden selbst können nicht vorgebeugt werden. Das Risiko, einen (ungewollten) Schrumpfhoden auszubilden, kann jedoch jeder Mann minimieren. Dazu gehört der Verzicht auf die Einnahme von Anabolika ebenso wie der Gang zum Urologen, sobald der Betroffene Schmerzen, die auf eine Entzündung des Hodens schließen lassen, verspürt.
Ertastet der Mann eine Krampfader (Varikozele) sollte er ebenso einen Arzt aufsuchen. In der Regel kann bei frühzeitiger Behandlung eines Schrumpfhodens die Folge der Azoospermie mit Zeugungsunfähigkeit verhindert werden.
Nachsorge
Die Nachsorge einer Hodenatrophie richtet sich nach der Erkrankungsursache und der erfolgten Therapie. Lag ein Anabolika-Missbrauch zugrunde dürfen auch nach Abschluss der Therapie keine Anabolika mehr konsumiert werden, da sonst die Gefahr einer erneuten Atrophie besteht. Sofern eine Durchblutungsstörung aufgrund einer Krampfader ursächlich war und die Therapie durch chirurgische Entfernung dieser Varikozele erfolgte, muss der Patient seinen Hodensack für die ersten 24 Stunden nach dem Eingriff mit Eis kühlen um Blutungen und Schwellungen vorzubeugen.
Am Folgetag erfolgt eine Kontrolluntersuchung mittels Ultraschall sowie eine Wundkontrolle, mit anschließender Entlassung des Patienten. Während der ersten Woche darf der Betroffene weder schwere körperliche Arbeiten durchführen, noch Sport betreiben. Anschließend ist ein Kontrolltermin beim örtlichen Urologen angezeigt, welchem das Entlassungsschreiben der Klinik zu überreichen ist. Sechs Wochen nach der Operation erfolgt die Abschlusskontrolle in der behandelnden Klinik. Hierbei können störende Reste des selbst auflösenden Nahtmaterials entfernt werden.
Wird durch die verordnete Testosterontherapie dauerhaft kein signifikanter Rückgang der Atrophie auf die ursprüngliche Größe erzielt, kann über die Entfernung des Hodens und das Einsetzen eines Implantats nachgedacht werden. Befürwortet wird dies bei vorliegenden Schmerzen oder psychischem Leiden infolge der Ästhetik. Nach sechs bis zwölf Monaten kann mittels einer Samenuntersuchung eine Aussage über die verbliebene Zeugungsfähigkeit getroffen werden.
Das können Sie selbst tun
Was Betroffene bei einer Hodenatrophie selbst tun können, hängt von der Ursache der Erkrankung ab. Ist ein bestimmtes Medikament für die Hodenatrophie verantwortlich, besteht die Behandlung darin, das verantwortliche Präparat abzusetzen bzw. die Medikation umzustellen. Wenn die Schrumpfhoden nach der Einnahme von Anabolika auftreten, sollte auf das ursächliche Präparat verzichtet werden. Begleitend dazu ist immer auch eine ärztliche Abklärung der Hodenatrophie notwendig. Meist müssen Medikamente eingenommen werden, um die Genesung zu fördern. Eine individuelle Diät kann unter Umständen helfen, die Schrumpfhoden zu behandeln. Abhängig ist dies immer davon, wie stark die Hodenatrophie ausgeprägt ist und ob Begleitsymptome auftreten.
Eine Hodenatrophie, die im Zusammenhang mit einer Geschlechtsumwandlung auftritt, ist von den Betroffenen erwünscht und muss deshalb nicht behandelt werden.
Im Falle einer Azoospermie kann der Hodenatrophie nicht mehr entgegengewirkt werden. Die wichtigste Selbsthilfe-Maßnahme besteht darin, etwaige seelische Leiden zu reduzieren, indem frühzeitig eine Selbsthilfegruppe aufgesucht wird. Manchmal ist auch der Gang zu einem Therapeuten sinnvoll. Schmerzen können, begleitend zur medikamentösen Behandlung, durch verschiedene Naturheilmittel gelindert werden. Dies sollte jedoch zuvor mit dem behandelnden Arzt abgesprochen werden.
Quellen
- Gasser, T.: Basiswissen Urologie. Springer, Berlin 2011
- Hautmann, R.: Urologie. Springer, Berlin Heidelberg 2014
- Sökeland, J., Schulze, H., Rübben, H.: Urologie. Thieme, Stuttgart 2004