Hoffa-Kastert-Syndrom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das Hoffa-Kastert-Syndrom äußert sich in einer Verdickung (Hypertrophie) des Hoffa-Fettkörpers, der sich innerhalb der Kniegelenkkapsel vom unteren Rand der Kniescheibe bis zum Schienbeinkopf erstreckt. Er ist als weich-elastische Struktur von außen gut tastbar. Die Hypertrophie des Hoffa-Fettkörpers ist keine eigenständige Krankheit, sondern stellt meist eine Entzündungsreaktion auf wiederkehrende oder einmalige traumatische Einwirkungen auf das Knie oder auf entzündliche Prozesse im Kniegelenk dar.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Hoffa-Kastert-Syndrom?

Entzündungsreaktionen im Corpus adiposum infrapatellare und die damit verbundene Hypertrophie der Struktur führen zu einer Bewegungseinschränkung des Knies, wobei besonders die Beugung betroffen ist. Es entsteht ein weicher Widerstand gegen eine Abwinklung des Knies.
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Das Hoffa-Kastert-Syndrom ist durch eine Hypertrophie des Hoffa-Fettkörpers im Kniegelenk gekennzeichnet. Der Hoffa-Fettkörper (Corpus adiposum infrapatellare) befindet sich innerhalb der Kniegelenkkapsel und reicht vom unteren Rand der Kniescheibe (Patella) bis zum Schienbeinkopf. Die Struktur dient nicht nur – ähnlich wie bei Schleimbeuteln - der Polsterung, sondern erfüllt mannigfache sensomotorische Aufgaben.

Sie wird deshalb intensiv durchblutet und von einem Geflecht schnell leitender C-Fasern innerviert. Der Orthopäde Albert Hoffa beschrieb 1904 erstmals eine Hypertrophie des Fettkörpers als eigenständige Krankheit. Erst 50 Jahre später postulierte der Chirurg Josef Kastert, dass eine Hypertrophie des Fettkörpers in der Regel mit Läsionen im Knie wie Meniskus- oder Knorpelschäden oder mit Entzündungen bestimmter Strukturen im Knie assoziiert ist.

Die ursprüngliche Bezeichnung Hoffasche Krankheit für eine Hypertrophie des Corpus adiposum infrapatellare wurde durch den Begriff Hoffa-Kastert-Syndrom substituiert, der den medizinischen Sachverhalt treffender repräsentiert.

Ursachen

Die Vielzahl der sensomotorischen Aufgaben des Hoffa-Fettkörpers, die ihm neben seiner mechanischen Polster- und Verschiebefunktion obliegen, bedingt seine komplexe und empfindliche Feinstruktur. Der Fettkörper gibt ständig Rückmeldungen an das Gehirn über Bewegungsabläufe im Knie, so dass aufgrund der Meldungen unbewusst motorische Korrekturanweisungen an die betreffenden Muskelpartien erfolgen.

Hinsichtlich seiner sensomotorischen Aufgaben unterstützt der Hoffa-Fettkörper auch das propriozeptive System, das die Wahrnehmung und Koordinierung der Lage des Körpers und seiner Gliedmaßen im dreidimensionalen Raum ermöglicht. Sehr empfindlich reagiert der Corpus adiposum infrapatellare auf wiederkehrende äußere Druckreize und auf ungewöhnliche Bewegungsabläufe oder Verletzungen im Knie.

Häufig werden dadurch Entzündungsreaktionen ausgelöst. Zu Entzündungsreaktionen kann es auch kommen, wenn andere Strukturen im Kniegelenk entzündet sind. Der Fettkörper ist von Immunzellen durchsetzt, die durch Botenstoffe anderer Immunzellen in umliegenden Strukturen aktiviert werden können. Entzündungsreaktionen im Fettkörper führen zu seiner Hypertrophie.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Entzündungsreaktionen im Corpus adiposum infrapatellare und die damit verbundene Hypertrophie der Struktur führen zu einer Bewegungseinschränkung des Knies, wobei besonders die Beugung betroffen ist. Es entsteht ein weicher Widerstand gegen eine Abwinklung des Knies. Hierin unterscheiden sich die Symptome deutlich von Meniskusschäden, die zu einer härteren und stärker akzentuierten Blockade des Gelenks führen.

Die Symptome werden von zunehmenden Schmerzen im Knie begleitet. Vor allem zeigen sich Spannungsschmerzen beim Versuch der Beugung. Typischerweise sind auf beiden Seiten des Patellabandes wulstige Anschwellungen mit weicher bis derber Struktur zu sehen.

Die sicht- und tastbaren Schwellungen sind druckschmerzempfindlich. In vielen Fällen, aber nicht immer, schwillt das Knie insgesamt an, so dass die typischen Symptome des Hoffa-Kastert-Syndroms weniger deutlich zu erkennen sind.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Zu Beginn einer zu stellenden Diagnose steht die Erfassung der sicht- und tastbaren Symptome und der Schmerzmuster im Vordergrund (klinische Untersuchung). Wichtig ist dabei auch die Anamnese, die Aufschluss über den Beginn und die Verursachung der Beschwerden geben kann.

Falls die so gestellte Diagnose Fragen offen lässt, die vor Festlegung einer Therapie abgeklärt werden müssen, kommen bildgebende Verfahren wie Röntgen, Magnetresonanztomografie (MRT) und Computertomografie (CT) in Frage. Je nach Befund kann sich eine Kniearthroskopie anbieten, in deren Verlauf eine Diagnose präzisiert werden kann und gleichzeitig ein minimalinvasiver chirurgischer Eingriff erfolgt.

Der Krankheitsverlauf des Hoffa-Kastert-Syndroms richtet sich vor allem nach der verursachenden Grunderkrankung, die häufig in einer Läsion bestimmter Strukturen im Knie besteht. Falls die Hypertrophie des Fettkörpers über längere Zeit erhalten bleibt, findet in der Struktur zunächst ein fibröser Umbau statt.

Es kommt zum verstärkten Einbau kollagener Fasern, die den Corpus adiposum härten und zu deutlicher Funktionseinschränkung führen. Im weiteren Verlauf kann es sogar zu Kalkeinlagerungen oder Verknöcherungen innerhalb des Fettkörpers kommen, was die Gelenkfunktion des Knies stark einschränken kann.

Komplikationen

Durch das Hoffa-Kastert-Syndrom kommt es zu verschiedenen Beschwerden und Symptomen, die im Bereich des Knies auftreten können. Dabei bilden sich verschiedene Entzündungen und Infektionen aus, die den Alltag und die Bewegung des Patienten stark einschränken können. Vor allem das gewöhnliche Beugen ist durch das Hoffa-Kastert-Syndrom nicht mehr möglich oder in der Regel mit relativ starken Schmerzen verbunden.

Der Betroffene ist nicht mehr belastbar und kann auch keine sportlichen Aktivitäten mehr durchführen. Die Schmerzen können ebenfalls in Form von Ruheschmerzen auftreten und dabei auch nachts zu Schlafproblemen führen. Nicht selten kommt es auch zu Schwellungen und durch die ständigen Schmerzen zur Ausbildung von negativen psychischen Beschwerden. Die Patienten können somit an Depressionen und an weiteren psychischen Verstimmungen erkranken.

Die Behandlung des Hoffa-Kastert-Syndroms erfolgt immer kausal und ist nur selten mit Komplikationen verbunden. Dabei wird vor allem die Grunderkrankung behandelt, wobei in einigen Fällen auch ein operativer Eingriff notwendig ist. Dieser ist mit den gewöhnlichen Komplikationen und Risiken einer Operation verbunden. Die Lebenserwartung des Patienten wird durch das Hoffa-Kastert-Syndrom nicht beeinflusst. Nach der Behandlung treten in der Regel keine weiteren Beschwerden ein.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Beim Hoffa-Kastert-Syndrom ist immer ein Besuch bei einem Arzt notwendig. Es kommt bei dieser Erkrankung nicht zu einer Selbstheilung und in der Regel auch zu einer Verschlechterung der Beschwerden, falls keine Behandlung eingeleitet wird. Die Patienten müssen beim Hoffa-Kastert-Syndrom dann einen Arzt aufsuchen, wenn es im Bereich der Knie zu starken Schmerzen und zu Schwellungen kommt. Diese werden in der Regel auch von Bewegungseinschränkungen begleitet, wobei es auch zu Gefühlsstörungen kommen kann.

Häufig deuten vor allem dauerhafte Schmerzen in den Knien auf das Hoffa-Kastert-Syndrom hin, welche Anlass für einen Arztbesuch sein sollten. Die Schwellungen verschwinden nicht von alleine und sind häufig mit dem bloßen Auge zu erkennen. Vor allem nach einer Gewalteinwirkung von Außen oder nach einem Unfall ist eine ärztliche Untersuchung notwendig. In akuten Notfällen kann beim Hoffa-Kastert-Syndrom das Krankenhaus aufgesucht werden. Weiterhin kann auch der Allgemeinarzt oder ein Orthopäde das Hoffa-Kastert-Syndrom identifizieren und eine Behandlung einleiten. Es kommt in der Regel zu einem positiven Krankheitsverlauf.

Behandlung & Therapie

Die Behandlung des Hoffa-Kastert-Syndroms zielt in erster Linie auf die Verbesserung der verursachenden Grunderkrankung ab. Grunderkrankungen können beispielsweise Beschädigungen des Meniskus oder Läsionen eines oder mehrerer Bänder sein. Auch Frakturen oder Erkrankungen des Gelenkknorpels können der Auslöser für eine Entzündungsreaktion des Fettkörpers sein.

In den Fällen, in denen ein Primärschaden im Knie erkannt und erfolgreich behandelt werden konnte, bildet sich das Hoffa-Kastert-Syndrom selbständig zurück. Dabei kommt es nicht zu nachhaltigen Funktionsminderungen. In Ausnahmefällen, in denen sich bereits faserige Strukturen in Form von Zotten gebildet haben und den Gelenkspalt einklemmen, wird eine Teilresektion des Fettkörpers vorgenommen, um die Beweglichkeit des Knies wieder herzustellen.

In einigen Fällen ist es auch notwendig, eine Teilresektion vorzunehmen, weil der Fettkörper den Zugang zu der Struktur behindert, deren Schaden per Arthroskopie behoben werden soll. Generell werden Resektionen oder Teilresektionen des Fettkörpers im Gegensatz zu früher zurückhaltender vorgenommen, um die vielfältigen Funktionen des Corpus adiposum infrapatellare möglichst wenig zu beeinträchtigen.


Aussicht & Prognose

Die Prognose des Hoffa-Kastert-Syndroms ist im Allgemeinen günstig. In einer Vielzahl der Fälle kann die vorliegende Grunderkrankung vollständig geheilt werden. Das führt gleichzeitig zu einer Heilung des Hoffa-Kastert-Syndroms. Damit eine gute Heilungsaussicht besteht, wird eine frühzeitige und treffende Diagnosestellung benötigt. Ist diese gegeben, kann bei einer optimalen Therapie innerhalb einiger Wochen oder Monate eine Beschwerdefreiheit erreicht werden. Treten keine weiteren Komplikationen auf, ist nach Abschluss der Behandlung mit keinen Folgeschäden zu rechnen. Es gibt keine Beeinträchtigungen und das Knie kann allmählich wieder voll belastet werden.

Kommt es innerhalb des Genesungsverlaufs zu einer Einschränkung der Bewegungsmöglichkeiten, verschlechtert sich die sonst sehr günstige Prognose. Bei einigen Patienten können sich faserartige Strukturen am Knie ausbilden. Diese müssen in einer weiteren Behandlung entfernt werden, damit eine vollständige Beweglichkeit des Gelenkes wiederhergestellt wird. Darüber hinaus kann die zugrunde liegende Erkrankung zu einer Notwendigkeit eines operativen Eingriffs führen. Da jede Operation Risiken birgt, besteht die Möglichkeit von weiteren Verletzungen oder Schäden. Im Optimalfall kommt es nach einem Eingriff zu einer schnellen Wundheilung sowie Genesung des Patienten. Ist dies gegeben, bildet sich das Hoffa-Kastert-Syndrom selbständig zurück.

Bei einer erneuten Knieverletzung kann sich das Syndrom im Verlauf des Lebens ausbilden. Die Prognose ist bei einer Wiederkehr ebenfalls günstig.

Vorbeugung

Weil das Hoffa-Kastert-Syndrom meist durch Läsionen oder Entzündungen an anderen Strukturen des Knies verursacht wird, existieren keine direkt vorbeugenden Verhaltensweisen, die ein Auftreten der Krankheit verhindern könnte. Die beste Vorbeugung besteht in einem Schutz des Knies vor Verletzungen, Fehlbelastungen und Überlastungen.

Nachsorge

Beim Hoffa-Kastert-Syndrom sind die Maßnahmen der Nachsorge sehr stark eingeschränkt oder sogar gar nicht möglich. Dabei ist der Betroffene in erster Linie auf eine schnelle und auf eine frühzeitige Diagnose und Behandlung angewiesen. Nur so können weitere Komplikationen oder eine weitere Verschlechterung der Beschwerden verhindert werden.

Nicht immer können die Beschwerden des Hoffa-Kastert-Syndroms dabei vollständig gelindert werden, sodass es nicht immer zu einer vollständigen Heilung kommen kann. In der Regel muss dabei zuerst die zugrundeliegende Krankheit erkannt werden, welche für die entzündliche Reaktion verantwortlich ist. Nur dann können die Beschwerden gelindert werden. In vielen Fällen ist beim Hoffa-Kastert-Syndrom daher auch ein operativer Eingriff notwendig.

Nach einem solchen Eingriff sollte sich der Betroffene schone und keine anstrengenden Tätigkeiten durchführen. Auch stressige Tätigkeiten sollten dabei vermieden werden. Nicht selten sind auch Maßnahmen einer Physiotherapie sinnvoll. Dabei können viele Übungen auch im eigenen Zuhause durchgeführt werden, wodurch die Beweglichkeit wieder gesteigert wird.

Dabei sind einige Betroffene auch auf die Hilfe und die Unterstützung durch Freunde und durch Bekannte angewiesen. Das Hoffa-Kastert-Syndrom verringert dabei nicht die Lebenserwartung des Betroffenen. Auch der Kontakt zu anderen Patienten kann sinnvoll sein, da es dabei zu einem Austausch an Informationen kommt.

Das können Sie selbst tun

Die ärztliche Behandlung des Hoffa-Kastert-Syndroms kann von den Betroffenen durch Schonung und moderate Bewegung unterstützt werden. Begleitend dazu wird meist auch eine physiotherapeutische Behandlung eingeleitet, welche die Patienten zu Hause um individuelle Übungen ergänzen können. Welche Maßnahmen im Detail zu ergreifen sind, kann der zuständige Sportmediziner oder Physiotherapeut beantworten.

Neben diesen allgemeinen Therapiemaßnahmen, die auf die Linderung der Beschwerden abzielen, können die Begleitsymptome selbst gelindert. Bei Schmerzen im Knie empfehlen sich gezielte Massagen sowie Schonung und Kühlung. Manchmal helfen auch natürliche Schmerzmittel wie Ringelblumensalbe oder Extrakte aus der Teufelskralle. Diese Mittel helfen auch bei Spannungsschmerzen und ähnlichen Beschwerden im Bereich des Knies. Bei Schwellungen und Blutergüssen haben sich Wickel und kühlende Auflagen bewährt. Sollten Bewegungseinschränkungen auftreten, bieten sich Hilfsmittel wie Krücken oder ein Rollstuhl an. In weniger schweren Fällen genügt es meist, die Belastung auf das betroffene Bein zu reduzieren.

Sollten weitere Beschwerden hinzukommen oder die genannten Maßnahmen keine Wirkung zeigen, sollte noch einmal mit dem Arzt gesprochen werden. Das Hoffa-Kastert-Syndrom stellt zwar meist keine schwerwiegende Erkrankung dar, dennoch müssen ungewöhnliche Symptome abgeklärt werden.

Quellen

  • Breusch, S., Clarius, M., Mau, H., Sabo, D. (Hrsg.): Klinikleitfaden Orthopädie, Unfallchirurgie. Urban & Fischer, München 2013
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Wülker, N., Kluba, T., Roetman, B., Rudert, M.: Taschenlehrbuch Orthopädie und Unfallchirurgie. Thieme, Stuttgart 2015

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