Hunter-Glossitis

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Krankheiten Hunter-Glossitis

Die Hunter-Glossitis ist durch eine Veränderung der Zunge gekennzeichnet, welche durch einen Mangel an Vitamin B12 hervorgerufen wird. Meist stellt sie lediglich ein Symptom einer zugrunde liegenden Erkrankung dar. Ihre Behandlung erfolgt im Rahmen der Therapie der Grundkrankheit.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Hunter-Glossitis?

Die eigentliche Ursache der Hunter-Glossitis ist ein Vitamin-B12-Mangel. Vitamin B12 übt im Organismus wichtige Funktionen aus. So spielt es beim Zellwachstum, bei der Blutbildung, bei der Zellreifung sowie im Gesamtstoffwechsel von Aminosäuren, Fetten und Kohlenhydraten eine herausragende Rolle.
© bit24 – stock.adobe.com

Die Hunter-Glossitis gehört zum großen Bereich der Erkrankungen des Zungenkörpers, welcher mit dem Sammelbegriff Glossitis belegt ist. Sie zeichnet sich durch eine brennende, glatte und lackrote Zunge aus. Es handelt sich dabei lediglich um ein Symptom einer anderen zugrunde liegenden Erkrankung.

Dieses Symptom ist auch unter den Namen Möller-Hunter-Glossitis oder Möller-Glossitis bekannt. Ursprünglich wurde die Hunter-Glossitis nur im Zusammenhang mit der sogenannten perniziösen Anämie erwähnt. Hier stellt sie lediglich ein Begleitsymptom dar.

Heute findet dieser Begriff jedoch allgemeinere Anwendung bei der Beschreibung von verschiedenen Erkrankungen wie Eisenmangelanämie, Avitaminosen, Folsäuremangel, Beriberi oder anderen systemischen Erkrankungen. Bei allen diesen Erkrankungen führt ein Mangel an Vitamin B12 zu den typischen Merkmalen der Hunter-Glossitis.

Die Erkrankung wurde erstmalig im Jahre 1851 von Julius Otto Ludwig Möller, einem deutschen Chirurgen, beschrieben. Unabhängig davon findet sich eine Beschreibung durch den schottischen Arzt William Hunter aus dem Jahre 1900.

Ursachen

Die eigentliche Ursache der Hunter-Glossitis ist ein Vitamin-B12-Mangel. Vitamin B12 übt im Organismus wichtige Funktionen aus. So spielt es beim Zellwachstum, bei der Blutbildung, bei der Zellreifung sowie im Gesamtstoffwechsel von Aminosäuren, Fetten und Kohlenhydraten eine herausragende Rolle. Ein Vitamin-B12-Mangel kann aber wiederum mehrere Ursachen haben.

Dabei muss beachtet werden, dass dieses Vitamin in der Leber gespeichert wird, wobei sich ein direkter Mangel frühestens nach circa zwei Jahren bemerkbar macht. Vitamin B12 ist besonders in tierischen Produkten und dort hauptsächlich in der Leber enthalten. Veganer oder Vegetarier können daher im Laufe der Zeit einen Vitamin-B12-Mangel entwickeln.

Es gibt aber auch Erkrankungen, welche die Aufnahme von Vitamin B12 im Darm verhindern. Das bekannteste Beispiel ist die perniziöse Anämie. So sorgt der sogenannte Intrinsic Factor für die Resorption dieses Vitamins in der Darmmukosa. Bei Fehlen dieses Faktors kann der Körper kein Vitamin B12 mehr aufnehmen. Die Blutbildung und die Zellteilungsprozesse werden gestört. Es kommt zu einer schweren Anämie, die noch mit anderen Symptomen wie unter anderem mit einer Veränderung des Zungenkörpers verbunden ist.

Der Intrinsic Factor wird im Duodenum (Zwölffingerdarm) produziert und kann bei Magen- und Dünndarmerkrankungen ausfallen. Auch durch Autoimmunreaktionen gegen den Intrinsic Factor ist seine Zerstörung möglich. Andere Ursachen für eine Aufnahmestörung von Vitamin B12 stellen eine Malabsorption bei Zöliakie, Alkoholismus, bakterielle Fehlbesiedlung des Dickdarms, der Fischbandwurm.

Auch ein erhöhter Bedarf an Vitamin B12, genetische Vorbedingungen, verstärkte Bildung von Stickstoffmonoxid oder Verdrängung durch chemisch analoge Medikamente dar kommen als Auslöser in Frage. Auch während einer Schwangerschaft kann sich ein latenter Vitamin-B12-Mangel einstellen. Bei all diesen Zuständen ist dabei unter anderem auch die Entwicklung einer Hunter-Glossitis möglich.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Die Hunter-Glossitis ist durch ein heftiges Brennen im Mund und besonders auf der Zunge gekennzeichnet. Die Zunge erscheint besonders an der Zungenspitze oder auf dem Zungenrücken rot, glatt und lackartig. Sprechen und Kauen fallen sehr schwer.

Die Zungenschleimhaut zieht sich aufgrund der verzögerten Zellteilungsprozesse zusammen. Dieses Merkmal wird auch als Atrophie der Zungenschleimhaut bezeichnet. Die Glossitis kommt aber nicht isoliert vor, sondern ist ein Begleitsymptom einer zugrunde liegenden Erkrankung.

Allerdings ist es auch möglich, dass dieses Symptom gegenüber allen anderen Krankheitserscheinungen dominiert und daher als Einzelsymptom wahrgenommen wird. Gegenüber anderen Formen der Glossitis kann die Hunter-Glossitis gut abgegrenzt werden. Es fehlen unter anderem Blasen, Aphten oder weißliche Zungenbeläge.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Die Diagnose erfolgt immer aufgrund der typischen Merkmale und im Zusammenhang mit den möglichen zugrunde liegende Erkrankungen. Differenzialdiagnostisch muss die Hunter-Glossitis abgegrenzt werden gegenüber bakteriellen und viralen Infektionen, mechanischen Beeinflussungen durch Zähne oder Zahnersatz, toxischen Einflüssen durch Alkohol oder Nikotin, der sogenannten Himbeerzunge bei Scharlach oder anderen Erkrankungen.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Wenn sich das charakteristische Brennen im Mund einstellt, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Weitere Anzeichen der Hunter-Glossitis, die einer Abklärung bedürfen, sind Sprachstörungen und eine rote, lackartige Zungenspitze. Zusätzlich kommt es zu einer Atrophie der Zungenschleimhaut, manchmal verbunden mit einem Ausschlag im Mundraum. Begleitend dazu kann der ursächliche Vitamin-B12-Mangel weitere Symptome hervorrufen. Typisch sind Müdigkeit und Abgeschlagenheit, Schwindel und eine generelle Abnahme der geistigen und körperlichen Leistungsfähigkeit.

Sollten diese Anzeichen auftreten, muss umgehend mit dem Hausarzt gesprochen werden. Vor allem Menschen, die aufgrund einer Mangelernährung an einem Vitamin-B12-Mangel leiden, sind anfällig für die Hunter-Glossitis. Vegetarier und Veganer sollten besonders gut auf etwaige Symptome und Beschwerden achten und im Zweifelsfall mit einem Fachmann sprechen. Selbiges gilt für Menschen, die an chronischem Durchfall oder einer anderen chronischen Erkrankung leiden, durch die möglicherweise ein Mangel an Vitamin B12 zustande kommt. Bei starken Beschwerden ist ein Krankenhausbesuch angezeigt. Erkrankte sollten außerdem mit dem Hausarzt und einem Facharzt für innere Medizin sprechen und die Ursache für die Hunter-Glossitis zweifelsfrei abklären lassen.

Behandlung & Therapie

Die Therapie der Hunter-Glossitis richtet sich nach der zugrunde liegenden Ursache. Zunächst muss die Ursache für den Mangel an Vitamin B12 gefunden werden. Wenn dieser ernährungsbedingt ist, kann Vitamin B12 über Nahrungsergänzung einfach zugeführt werden. Auch eine mehrmalige intramuskuläre Injektion im Jahr ist möglich.

Die Symptome der Hunter-Glossitis verschwinden in diesen Fällen schnell. Schwieriger wird es allerdings, wenn der Vitamin-B12-Mangel resorptionsbedingt ist. Das kann durch den sogenannten Schillingtest geprüft werden, bei welchem radioaktiv markiertes Vitamin B12 verabreicht und dessen Ausscheidungsmenge über den Urin untersucht wird.

Da die Resorptionsstörungen durch vielfältige Ursachen hervorgerufen werden, muss die zugrunde liegende Erkrankung ermittelt und behandelt werden. Bewährt hat sich auch die Erhöhung der oralen Dosis auf das 1000-Fache der normalen Aufnahme. So können statt Mikrogrammmengen unter anderem Milligramm-Mengen verabreicht werden, um eine dauerhafte Injektion zu vermeiden. Wichtig ist dabei jedoch immer die Gabe von Vitamin B12 zusammen mit Folsäure.


Aussicht & Prognose

Die Hunter-Glossitis stellt eine Folgeerscheinung einer vorhandenen gesundheitlichen Beeinträchtigung dar und ist keine eigenständige Krankheit. Daher ist die Prognose abhängig von der Heilbarkeit der ursächlichen Erkrankung. Der Auslöser der Veränderung der Zunge ist ein Mangel an B12. Wird dieser durch eine Alkoholerkrankung verursacht, muss die Schwere der Sucht sowie die Bereitschaft des Patienten zur Mitarbeit für eine Prognosestellung betrachtet werden. Schafft es der Betroffene, die Abhängigkeit des Alkohols zu besiegen, besteht eine gute Aussicht für die Linderung der Hunter-Glossitis. Bei einem Rückfall zum Alkoholkonsum kommt es erneut zur Veränderung des Zungenkörpers. Zudem steigt das Risiko eines frühzeitigen Ablebens, da der Organismus insgesamt geschwächt ist und Organschäden eintreten.

Wird der Vitaminmangel durch eine andere Lebererkrankung ausgelöst, ist ebenfalls die Heilbarkeit der Organschädigung maßgebend für eine Verbesserung der Gesundheit. In einigen Fällen kann nur eine Lebertransplantation zu einer Veränderung führen. Der operative Eingriff ist risikoreich. Zudem muss das Spenderorgan vom Organismus angenommen werden. Verläuft die Behandlung erfolgreich, bestehen gute Aussichten auf eine Linderung der Hunter-Glossitis. Eine lebenslange Kontrolle der Gesundheit ist notwendig, damit durch die Überwachung der körperlichen Funktionen und Blutwerte schnellstmöglich bei Auffälligkeiten reagiert werden kann. Es muss zudem mit einer Umstellung der bisherigen Lebensführung gerechnet werden.

Vorbeugung

Da die Hunter-Glossitis auf einem Mangel an Vitamin B12 beruht, betrifft die Vorbeugung alle Maßnahmen, die diesen Vitamin-B12-Mangel verhindern. Durch eine ausgewogene Ernährung sollte ausreichend Vitamin B12 zugeführt werden. Auch zur Vorbeugung vor den Erkrankungen, die eine Hunter-Glossitis auslösen können, ist eine gesunde Lebensweise und der Verzicht auf Alkohol und Rauchen wichtig.

Genetisch bedingte Resorptionsstörungen können durch Ernährungsanpassung ausgeglichen werden. So dürfen bei einer einer Zöliakie nur glutenfreie Nahrungsmittel konsumiert werden.

Nachsorge

Nachdem die Hunter-Glossitis ursächlich und symptomatisch behandelt wurde, treten in aller Regel keine weiteren Beschwerden auf. Typische Symptome wie das Brennen und Stechen im Bereich der Zunge sowie der charakteristische Juckreiz auf der Zungenspitze klingen innerhalb weniger Tage ab. Die Nachsorge umfasst eine abschließende Verlaufskontrolle durch den zuständigen Arzt.

Der Mediziner wird eine körperliche Untersuchung durchführen. Im Rahmen einer Anamnese erfragt er beim Patienten etwaige Komplikationen und den allgemeinen Krankheitsverlauf. Zuletzt kann ein sanftes Schmerzmittel wie Aspirin verordnet werden, falls noch ein leichtes Brennen oder Ziehen besteht. Bei einem positiven Verlauf müssen keine weiteren Arztbesuche stattfinden.

Allerdings sollte der Patient auf etwaige Warnsignale des Körpers achten und den Arzt darüber informieren. Die weiteren Nachsorge-Maßnahmen konzentrieren sich darauf, die Zunge noch einige Tage zu kühlen und die Ernährungsumstellung beizubehalten. Scharfe oder andere, besonders reizende Speisen, sollten nach einer Hunter-Glossitis zunächst gemieden werden.

Besser sind Schonkost sowie Kamillen- oder Melissentee. Zur Beseitigung von Juckreiz können homöopathische Mittel wie Salbeiextrakte oder Aloe Vera verwendet werden. Liegt der Atrophie eine ernste Erkrankung zugrunde, müssen nach der Genesung die notwendigen Nachsorge-Maßnahmen mit dem Facharzt besprochen werden.

Das können Sie selbst tun

Welche Maßnahmen Hunter-Glossitis-Patienten selbst ergreifen können, hängt von der Ursache der Beschwerden ab. Liegt ein ernährungsbedingter Mangel an Vitamin B12 zugrunde, kann das B-Vitamin in der Regel über eine Umstellung der Diät zugeführt werden. In schweren Fällen müssen die diätetischen Maßnahmen durch Nahrungsergänzungsmittel oder eine intramuskuläre Injektion unterstützt werden.

Ist der Vitamin-B12-Mangel auf eine ernste Erkrankung zurückführen, muss diese zunächst ermittelt werden. Der Betroffene kann die ärztliche Diagnose unterstützen, indem er ein Beschwerdetagebuch führt und darin etwaige Symptome und Auffälligkeiten festhält. Bei den meisten Ursachen ist eine ärztliche Behandlung angezeigt, die von den Betroffenen durch Schonung und Bettruhe unterstützt werden kann.

Nachdem das Grundleiden behandelt wurde, geht im Normalfall auch die Hunter Glossitis zurück. Voraussetzung für einen länger andauernden Heilungserfolg ist eine Umstellung der Lebensgewohnheiten, die die Grunderkrankung ausgelöst haben. Im Allgemeinen wird eine gesunde Lebensweise empfohlen. Hunter-Glossitis-Patienten sollten regelmäßig Sport treiben, Stress vermeiden und nach Möglichkeit auf Genussmittel wie Alkohol und Zigaretten verzichten. Begleitend dazu sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen angeraten. So kann eine erneute Erkrankung frühzeitig erkannt und zielgerichtet behandelt werden.

Quellen

  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • I care Krankheitslehre. Thieme, Stuttgart 2015
  • Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013

Das könnte Sie auch interessieren