Kaiserschnitt
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 28. Mai 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Obwohl Kaiserschnitt oder Schnittentbindung genannt, hatte doch nichts mit dem ehemaligen gekrönten Häuptern zu tun. Die Bezeichnung Kaiserschnitt oder Sectio caesarea stammt vielmehr von dem lateinischen Wort caedere, was soviel wie schneiden bedeutet, dessen Ableitung uns bereits verrät, dass es sich bei diesem operativen Eingriff um eine Schnittentbindung handelt.
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Was ist ein Kaiserschnitt?
Dieser korrekte Begriff hat sich in den letzten Jahren auch weit gehend durchgesetzt. Er besagt ganz richtig, dass das Kind unter Umgehung der natürlichen Wege durch Schnitt aus dem Leib der Mutter entwickelt wird.
Die Geschichte der Schnittentbindung gezeigtes in das Mittelalter zurück. Angeblich war sie schon den alten Ägyptern bekannt. Auch im jüdischen Schrifttum wird von einem Wendeschnitt an der lebenden Frau berichtet. Und wie uns durch Justinian bekannt ist, ordnete der römische König Numa Pompilius (715-673 vor unserer Zeit) an, dass keine Frau, die unter der Geburt gestorben ist, beerdigt werden dürfe, ohne vor durch Schnitt entbunden zu sein.
Bis ins Mittelalter hinein fehlten jede exakte Überlieferung. Erste Schnittentbindung in Deutschland wird im Wittenberger Chirurgen Jeremias Trautmann im Jahre 1610 zugeschrieben, wobei die Frau allerdings starb. Noch bis Ende des 19. Jahrhunderts war der Kaiserschnitt ein sehr großes Wagnis mit einer hohen Sterblichkeit verbunden.
Geschichte & Entwicklung
Der Kaiserschnitt, auch Sectio caesarea genannt, hat eine lange und vielschichtige Geschichte. Bereits im antiken Rom wurde der Kaiserschnitt praktiziert, jedoch nur post mortem, also nach dem Tod der Mutter, um das Leben des Kindes zu retten. Ein frühes Beispiel findet sich in der römischen Gesetzgebung: Das Lex Caesarea ordnete an, dass eine Frau, die während der Geburt starb, aufgeschnitten werden musste, um das Kind zu retten.
Im Mittelalter und in der frühen Neuzeit war der Kaiserschnitt meist eine Verzweiflungsmaßnahme, die nur selten die Mutter überlebte. Dies lag an fehlenden antiseptischen Verfahren und unzureichender medizinischer Kenntnis. Eine der ersten dokumentierten erfolgreichen Kaiserschnitte, bei denen Mutter und Kind überlebten, fand 1500 in der Schweiz statt. Der Schweinehirt Jakob Nufer führte den Eingriff an seiner Frau durch.
Erst im 19. Jahrhundert führte die Einführung von Narkosemitteln und antiseptischen Verfahren durch Ärzte wie Ignaz Semmelweis und Joseph Lister zu einer signifikanten Reduzierung der Mortalität bei Kaiserschnitten. Mitte des 20. Jahrhunderts wurde der Kaiserschnitt durch Fortschritte in der Anästhesie, Chirurgie und Antibiotikatherapie zu einem relativ sicheren Verfahren. Die Entwicklung der modernen Medizin hat dazu beigetragen, dass der Kaiserschnitt heute weltweit eine häufig durchgeführte Operation ist, die in vielen Fällen das Leben von Mutter und Kind rettet.
Einsatz & Indikation
Ein Kaiserschnitt wird aus verschiedenen medizinischen Gründen durchgeführt und kann entweder geplant oder notfallmäßig erforderlich sein. Zu den häufigsten Gründen gehört die falsche Lage des Kindes, beispielsweise eine Beckenendlage, bei der das Kind mit den Füßen oder dem Gesäß voran liegt. Auch Mehrlingsschwangerschaften können eine Indikation für einen Kaiserschnitt sein, um Komplikationen während der vaginalen Geburt zu vermeiden.
Ein weiterer häufiger Grund ist ein vorhergehender Kaiserschnitt. Obwohl eine vaginale Geburt nach einem Kaiserschnitt möglich ist, entscheiden sich viele Ärzte und Mütter aus Sicherheitsgründen für einen erneuten Kaiserschnitt. Plazentakomplikationen wie eine Placenta praevia, bei der die Plazenta den Geburtskanal blockiert, machen ebenfalls oft einen Kaiserschnitt notwendig.
Mütterliche Gesundheitsprobleme, wie schwere Präeklampsie oder Herzerkrankungen, können ebenfalls eine Indikation sein, da eine vaginale Geburt zu belastend sein könnte. Auch fetale Notlagen, wie eine akute Unterversorgung des Kindes mit Sauerstoff (fetale Hypoxie), erfordern oft einen sofortigen Kaiserschnitt, um das Leben des Kindes zu retten.
Ein Kaiserschnitt wird ebenfalls in Erwägung gezogen, wenn die Geburt nicht voranschreitet, das heißt, wenn die Wehen nicht stark genug sind oder der Muttermund sich nicht ausreichend öffnet. Schließlich gibt es auch Wunschkaiserschnitte, bei denen die Mutter ohne medizinische Indikation die operative Geburt wählt, oft aus Angst vor Schmerzen oder aus organisatorischen Gründen.
Vorteile & Nutzen
Ein Kaiserschnitt bietet mehrere Vorteile gegenüber der vaginalen Geburt, insbesondere in Situationen, die das Leben von Mutter und Kind gefährden könnten. Einer der Hauptvorteile ist die Möglichkeit, das Leben des Kindes zu retten, wenn Komplikationen auftreten, wie etwa eine Plazentaablösung, Plazenta praevia oder ein Nabelschnurvorfall, bei denen eine schnelle Geburt notwendig ist. In solchen Fällen kann ein Kaiserschnitt schneller und sicherer durchgeführt werden als eine vaginale Geburt.
Ein weiterer Vorteil ist die Verringerung des Risikos für das Kind bei einer Beckenendlage oder anderen ungünstigen Lagen. Bei Mehrlingsgeburten kann ein Kaiserschnitt ebenfalls helfen, Komplikationen zu vermeiden, die bei einer vaginalen Geburt mehrerer Kinder auftreten könnten. Für Frauen, die bereits einen Kaiserschnitt hatten, kann ein weiterer Kaiserschnitt das Risiko einer Gebärmutterruptur minimieren, die bei einer vaginalen Geburt nach Kaiserschnitt (VBAC) auftreten kann.
Für Mütter mit bestimmten gesundheitlichen Problemen, wie schwere Herzerkrankungen oder unkontrollierte Diabetes, kann ein Kaiserschnitt sicherer sein, da er eine kürzere und kontrolliertere Geburtszeit bietet. Auch in Fällen von schwerer Präeklampsie ist ein Kaiserschnitt oft die sicherste Option, um das Risiko für beide, Mutter und Kind, zu minimieren.
Schließlich kann ein Kaiserschnitt bei geplanten Eingriffen eine gewisse Planbarkeit und Kontrolle bieten, was einigen Frauen psychologische Sicherheit gibt, besonders bei Angst vor der vaginalen Geburt oder bei traumatischen vorherigen Geburtserfahrungen.
Wann wird ein Kaiserschnitt angewendet?
Erst die Einführung der Asepsis, die verbesserte Nahttechnik auf und die Verlegung des Eröffnungsabschnittes aus dem Gebärmutterkörper zum Gebärmutterhals, konnte seine Gefährlichkeit soweit herabmindern, dass er heute keine höhere Mortalität hervorruft als andere aseptische Operationen der Bauchhöhle auch.
Eine Entbindung muss unter anderem in folgenden Fällen vorgenommen werden: bei Bestehen eines Missverhältnisses zwischen kindlichem Kopf und mütterlichem Becken, bei wegverlegenden Tumoren, günstiger Lage und Einstellung des Kindes, drohender Zerreißung der Gebärmutter, oder wenn der Mutterkuchen vor dem Muttermund legt. Außer diesen aufgezählten Fällen der mütterlichen Indikation macht auch die nachstehende kindliche Indikation eine Schnittentbindung notwendig: Nabelschnurvorfall, schlechte kindliche Herztöne und Wehenschwäche.
In der Praxis kommt die Indikation meist gemischt vor, das heißt sowohl die mütterliche als auch die kindliche. Dem Geburtshelfer obliegt es, zu entscheiden, ob und wann eine Schnittentbindung vorgenommen wird. Er muss das Risiko abwägen, dass bei diesem operativen Eingriff für Mutter und Kind besteht, im Gegensatz zu anderen Entbindungen, beispielsweise Spontan-, Zangenentbindungen, Wendungen, die meist auch möglich sind, allerdings oft unter erhöhter Gefährdung des Kindes.
Ist ein Kaiserschnitt zu empfehlen?
Trotz Senkung der Sterblichkeit ist die Schnittentbindung auch heute noch die für die Mutter gefährlichster Operation. Deshalb sind die Geburtshelfer sehr zurückhaltend mit ihrer Anwendung.
Trotzdem hat sie aber - zusammen mit anderen Verbesserungen in der Geburtshilfe - entscheidend dazu beigetragen, dass die Sterblichkeit der Mütter und Kinder unter der Geburt in den letzten Jahrzehnten wesentlich herab gemindert werden konnte.
Durchführung & Ablauf
Ein Kaiserschnitt beginnt mit der Vorbereitung der Mutter im Operationssaal. Zunächst wird ein intravenöser Zugang gelegt, und die Mutter erhält eine Regionalanästhesie, meist eine Spinal- oder Epiduralanästhesie, um den Unterleib zu betäuben. In seltenen Fällen, wenn es sich um einen Notfall handelt oder die Anästhesie nicht ausreicht, wird eine Vollnarkose verwendet.
Sobald die Anästhesie wirkt, wird der Bauch der Mutter desinfiziert und steril abgedeckt. Der Chirurg macht einen horizontalen Schnitt im unteren Bauchbereich, etwa oberhalb der Schamhaargrenze, der sogenannte "Bikinischnitt". Dieser Zugang durch die Haut und das darunterliegende Gewebe ermöglicht das Erreichen der Gebärmutter. Manchmal wird ein vertikaler Schnitt verwendet, besonders in Notfällen.
Nach dem Durchtrennen der Haut und des Unterhautfetts sowie der Muskelschichten, erreicht der Chirurg die Gebärmutter. Ein kleiner horizontaler Schnitt wird in die Gebärmutterwand gemacht, um das Baby herauszuholen. Sobald das Baby entnommen ist, wird es von einem Geburtshelfer oder Kinderarzt untersucht und betreut.
Die Plazenta wird anschließend entfernt, und die Gebärmutter wird sorgfältig vernäht. Danach schließt der Chirurg die Schichten des Bauchgewebes und der Haut mit Nähten oder Klammern. Der gesamte Vorgang dauert in der Regel etwa 45 bis 60 Minuten. Nach dem Eingriff wird die Mutter in einen Aufwachraum gebracht, wo sie überwacht wird, bis die Anästhesie nachlässt und sie sich stabilisiert hat.
Gefahren & Risken
Ein Kaiserschnitt, obwohl eine häufige und in der Regel sichere Geburtsmethode, birgt wie jeder chirurgische Eingriff bestimmte Gefahren und Risiken sowohl für die Mutter als auch das Kind. Zu den möglichen Komplikationen für die Mutter zählen Infektionen der Wunde oder des Uterus, Blutungen, Blutgerinnsel in den Beinen oder der Lunge, Verletzungen benachbarter Organe wie der Blase oder des Darms, und Probleme mit der Anästhesie. Eine längere Erholungszeit im Vergleich zur vaginalen Geburt ist ebenfalls ein Faktor, der das Risiko für postpartale Depressionen erhöhen kann.
Zudem besteht die Gefahr von Adhäsionen, Narbengewebe, das sich nach der Operation bildet und zu Verwachsungen führt, was bei zukünftigen Schwangerschaften Komplikationen verursachen kann, einschließlich Plazenta-Problemen. Frauen, die einen Kaiserschnitt hatten, haben bei nachfolgenden Schwangerschaften ein erhöhtes Risiko für einen erneuten Kaiserschnitt.
Für das Neugeborene können Atemprobleme, insbesondere bei geplanten Kaiserschnitten vor der 39. Schwangerschaftswoche, ein Risiko darstellen, da die Lungenentwicklung noch nicht abgeschlossen sein könnte. Auch Schnittverletzungen sind, obwohl selten, möglich.
Es ist wichtig, dass die Entscheidung für einen Kaiserschnitt sorgfältig abgewogen wird, unter Berücksichtigung der gesundheitlichen Situation der Mutter, der Position und des Zustands des Babys sowie anderer individueller Faktoren.
Alternativen
Wenn ein Kaiserschnitt nicht möglich oder nicht erwünscht ist, gibt es alternative Verfahren zur Geburtshilfe, die in Abhängigkeit von den spezifischen Umständen der Schwangerschaft und des Geburtsverlaufs angewendet werden können.
Eine wichtige Alternative ist die operative vaginale Entbindung, bei der Instrumente wie eine Geburtszange (Forceps) oder ein Vakuumextraktor verwendet werden. Diese Methoden können bei Problemen während der letzten Phase der Geburt, wie einer langen Austreibungsphase oder bei Anzeichen von fetaler Not, eingesetzt werden. Die Geburtszange wird um den Kopf des Babys gelegt, um es durch den Geburtskanal zu führen, während der Vakuumextraktor einen Saugbecher verwendet, der am Kopf des Babys haftet, um es herauszuziehen.
Eine weitere Alternative ist die äußere Wendung, eine manuelle Methode zur Drehung des Babys aus der Beckenendlage in die Kopfposition. Diese Technik wird in der Regel zwischen der 36. und 38. Schwangerschaftswoche durchgeführt und kann in vielen Fällen eine vaginale Geburt ermöglichen.
Induktion der Wehen ist ebenfalls eine Möglichkeit, insbesondere wenn es medizinische Gründe gibt, die eine schnellere Geburt notwendig machen. Dabei werden Medikamente wie Oxytocin oder Prostaglandine verwendet, um die Wehen zu starten oder zu verstärken.
Bei bestimmten Komplikationen kann eine intensive Überwachung und Unterstützung der natürlichen Geburt durch ein spezialisiertes Team von Geburtshelfern und Hebammen notwendig sein. Diese Fachleute können Techniken anwenden, um die Geburt zu erleichtern und die Sicherheit von Mutter und Kind zu gewährleisten. In einigen Fällen können alternative Positionen oder Techniken wie die Wassergeburt genutzt werden, um die natürlichen Geburtsprozesse zu unterstützen.
Quellen
- Beckermann, M.J.: Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Schwabe, Basel 2004
- Feige, A., Rempen, A., Würfel, W., Jawny, J., Rohde, A. (Hrsg.): Frauenheilkunde – Fortpflanzungsmedizin, Geburtsmedizin, Onkologie, Psychosomatik. Urban & Fischer, München 2005
- Stauber, M., Weyerstrahl, T.: Gynäkologie und Geburtshilfe. Thieme, Stuttgart 2013