Oxytocin
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 24. Oktober 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Oxytocin ist ein vieldiskutierter Stoff, nicht zuletzt im Zusammenhang mit seiner wichtigen Funktion im sozialen Gefüge. Umgangssprachlich ist das Oxytocin als "Bindungshormon" bekannt.
Was ist Oxytocin?
Oxytocin (auch Oxitozin genannt) ist sowohl ein Hormon als auch ein Neurotransmitter, das eine zentrale Bedeutung beim Geburtsvorgang hat. Es wird im Hypothalamus produziert und in die Blutbahn freigesetzt, wo es die Wehen während der Geburt auslöst, indem es die Kontraktionen der Gebärmutter stimuliert. Nach der Geburt fördert Oxytocin die Milchproduktion und unterstützt das Stillen, indem es die Kontraktion der Milchgänge anregt. Diese Prozesse helfen nicht nur physisch bei der Geburt und beim Stillen, sondern fördern auch die emotionale Bindung zwischen Mutter und Kind.
Zugleich beeinflusst Oxytocin das Verhalten zwischen Menschen (und Tieren) untereinander auf entscheidende Weise. Es wird oft als „Bindungshormon“ oder „Kuschelhormon“ bezeichnet, da es bei körperlicher Nähe, Berührung und sozialen Interaktionen ausgeschüttet wird. In romantischen Beziehungen stärkt Oxytocin das Gefühl der Nähe und des Vertrauens zwischen Partnern. Auch bei der Mutter-Kind-Beziehung spielt es eine zentrale Rolle und trägt zur emotionalen Bindung nach der Geburt bei.
Es spielt eine große Rolle bei der sozialen Interaktion, da es das Vertrauen zwischen Menschen fördert und Empathie sowie die Fähigkeit zur Kooperation erhöht. Oxytocin hilft, Angst zu reduzieren und soziale Bindungen zu stärken, indem es die positiven Gefühle im Zusammenhang mit menschlicher Interaktion verstärkt. Auch bei Tieren wurde gezeigt, dass Oxytocin ähnliche Effekte auf das Sozialverhalten hat, etwa bei der Bindung zwischen Haustieren und ihren Haltern.
Wofür braucht der Körper Oxytocin?
Oxytocin, ein Hormon und Neurotransmitter, spielt eine entscheidende Rolle in verschiedenen physiologischen und sozialen Prozessen des Körpers. Es wird im Hypothalamus produziert und über die Hypophyse freigesetzt. Eine der bekanntesten Funktionen von Oxytocin ist seine Rolle bei der Geburt. Es löst Uteruskontraktionen aus, die für die Wehentätigkeit notwendig sind, und unterstützt den Geburtsvorgang. Nach der Geburt fördert es die Milchfreisetzung, indem es die Kontraktion der Milchgänge während des Stillens stimuliert.
Darüber hinaus ist Oxytocin auch für soziale Bindungen und emotionale Prozesse von Bedeutung. Es fördert die Mutter-Kind-Bindung unmittelbar nach der Geburt und spielt eine Rolle in zwischenmenschlichen Beziehungen, indem es Vertrauen, Empathie und Bindungsgefühle verstärkt. Dieses Hormon ist besonders wichtig für die Entwicklung und Aufrechterhaltung von sozialen Bindungen, sei es zwischen Partnern oder innerhalb von Gruppen.
Auch im Bereich des Stressmanagements hat Oxytocin eine Wirkung. Es kann helfen, die physiologischen Reaktionen auf Stress zu reduzieren, indem es das sympathische Nervensystem beruhigt und die Ausschüttung von Stresshormonen wie Cortisol senkt. Es trägt somit zur Entspannung und Förderung des Wohlbefindens bei und wird deshalb manchmal als „Kuschelhormon“ bezeichnet.
Produktion, Herstellung & Bildung
Oxytocin wird im Hypothalamus gebildet, genauer gesagt im Nucleus paraventricularis und außerdem, wenn auch weniger, im Nucleus supraopticus. Dort wird es über so genannte Axone zur Neurohypophyse der Hypophyse (Hirnanhangsdrüse) geschleust, hier zwischengelagert und bei Bedarf ausgeschüttet. Die Ausschüttung von Oxytocin erfolgt durch angenehme Reize, vor allem durch angenehmen Kontakt.
Beim Stillen löst der Saugreflex des Säuglings die Ausschüttung aus, außerdem wird sie durch Wärme, Massage und Streicheln angeregt, sofern der Kontakt als angenehm empfunden wird. Neuronale Netzwerke des Gehirns werden durch die Ausschüttung angeregt.
Das Hirnareal, in welchem dieser Vorgang stattfindet, hat auch die Aufgabe, das Fluchtverhalten und den Herzkreislauf zu regeln. Oxytocin spielt eine wesentliche Rolle bei der Handhabung von Stress. Unter dem Einfluss bestimmter Drogen wie Ecstasy sind die Oxytocin-Spiegel meist erhöht, daher wird unter Drogeneinfluss die positive Wahrnehmung anderer Menschen erklärbar.
Funktion, Wirkung & Eigenschaften
Die biologische Wirkung des Oxytocin ist vor allem wichtig für die Geburt eines Säuglings, denn sie löst die Wehen aus. Bei einer Wehenschwäche etwa wird während des Geburtsvorganges Oxytocin als Tablette, Nasenspray oder intravenös verabreicht. Auch die Nachwehen werden durch Oxytocin ausgelöst, die eine Rolle bei der Blutstillung und der Rückbildung des Gebärmuttermuskels spielen. Außerdem sorgt das Oxytocin nach der Geburt für den Milchfluss mittels Stimulation der Milchdrüse.
Des Weiteren wirkt Oxytocin blutdurcksenkend und beruhigend. Es senkt den Kortisolspiegel, verbessert die Wundheilung und kann auch eine Gewichtszunahme bewirken. Durch eine Einwirkung auf die so genannte HPA-Achse verringert Oxytocin die Auswirkungen von Stress. Es kann zudem in hoher Dosierung ähnlich wirken wie Adiuretin.
Ferner gibt es Hinweise darauf, dass das Oxytocin auch krebshemmend wirkt. Die wichtigste Rolle spielt das Oxytocin bei der Brutpflege. Kurz vor der Geburt nimmt die Dichte der Oxytocinrezeptoren im Uterus zu. Bei einer stillenden Mutter wird die Oxytocin-Ausschüttung schon durch das Schreien des Säuglings ausgelöst. Zugleich wird das Stress-Hormon gesenkt und versetzt die Mutter in eine lustvolle Stimmung. Diese Wirkung stellt eine emotionale Bindung zwischen Mutter und Kind her. Denn auch im Säugling wird durch das Nuckeln Oxytocin freigesetzt. Allgemein wird in der Forschung das Oxytocin mit mentalen Zuständen wie Liebe, Ruhe und Vertrauen in Zusammenhang gebracht.
Experimente mit Menschen haben ergeben, dass Spieler, denen man zuvor Oxytocin verabreicht hatte, ein höheres Vertrauen in ihre Spielpartner setzten als die Vergleichsgruppe ohne Oxytocin. Ebenso Streitthemen bei Eheleuten entfalteten unter dem Einfluss des Oxytocin weniger Brisanz. Aggressionen gegenüber Außenseitern wurden unter dem Einfluss des Hormons bzw. Neurotransmitters gemildert .
Eine sexuell stimulierende Wirkung des Oxytocin konnte ebenso nachgewiesen werden. Beim Orgasmus wird es freigesetzt und bewirkt im Nachgang Müdigkeit und Entspannung. In jedem Fall bewirkt es eine Verbundenheit der beiden Partner zueinander, die vergleichbar ist mit der Bindung zwischen Mutter und Kind. Eine solche Bindung kann schon durch Streicheln erreicht werden, da auch hierdurch das Oxytocin freigesetzt wird.
Gleiches gilt für das Singen und für angenehme Sinneswahrnehmungen wie sie durch Wärme, Essen, Düfte und visuelle Reize entstehen. Auch bei Stress wird Oxytocin freigesetzt, damit der Organismus sich wieder entspannen kann. Zwar ist Oxytocin dank der Forschung in der Öffentlichkeit mittlerweile als Orgasmushormon, Bindungshormon oder gar Kuschelhormon bekannt. Jedoch sollte nicht in Vergessenheit geraten, dass mentale Zustände wie Liebe nicht allein biologisch erklärt werden können.
Wie hoch sind normale Referenzwerte
Die Referenzwerte für Oxytocin im Blut sind variabel und können je nach Methode der Messung sowie Laboruntersuchung schwanken. Es gibt keine allgemein gültigen, standardisierten Werte wie bei anderen Hormonen, da die Bestimmung von Oxytocin schwieriger ist und in klinischen Routinetests selten durchgeführt wird. Dennoch liegen typische Serum-Oxytocin-Werte bei gesunden Erwachsenen im Bereich von etwa 1 bis 10 Pikogramm pro Milliliter (pg/ml). Diese Werte können je nach individueller Situation, wie Schwangerschaft, Geburt oder Stillen, deutlich ansteigen.
Oxytocin wird in episodischen Schüben freigesetzt, insbesondere während bestimmter Aktivitäten wie der Geburt oder beim Stillen, was zu kurzfristig erhöhten Konzentrationen führen kann. Beispielsweise steigen die Oxytocinwerte während der Wehen und in der postpartalen Phase, um den Geburtsvorgang und die Milchproduktion zu unterstützen.
Da Oxytocin auch stark durch emotionale und soziale Reize beeinflusst wird, können die Konzentrationen im Plasma durch Stress, soziale Interaktionen oder sogar körperliche Berührungen variieren. Außerdem gibt es einen Unterschied zwischen dem Oxytocinspiegel im Blut und dem im Gehirn, was es schwer macht, den Spiegel dieses Hormons exakt und umfassend zu bewerten.
Für spezifische klinische Anwendungen oder Forschungszwecke ist es wichtig, die individuellen Referenzwerte anhand der jeweiligen Laborstandards zu interpretieren.
Kann zu viel Oxytocin schaden?
Zu viel Oxytocin im Körper kann in bestimmten Situationen negative Auswirkungen haben, obwohl es allgemein als „Wohlfühlhormon“ bekannt ist. Eine übermäßige Freisetzung oder externe Verabreichung, wie bei medizinischen Anwendungen zur Einleitung von Wehen, kann unerwünschte Nebenwirkungen mit sich bringen.
Während der Geburt kann eine Überdosierung von Oxytocin zu überstarken und häufigeren Uteruskontraktionen führen, was als Uterusüberstimulation bezeichnet wird. Dies kann das Risiko von Komplikationen wie Sauerstoffmangel für das Baby, Plazentaablösung oder Uterusrupturen erhöhen. Auch für die Mutter kann es eine erhöhte Gefahr von starken Blutungen (postpartale Hämorrhagie) nach der Geburt bedeuten.
Oxytocin beeinflusst auch das Verhalten und das emotionale Gleichgewicht. Während es normalerweise Vertrauen und soziale Bindungen fördert, kann ein Übermaß an Oxytocin paradoxerweise zu übermäßiger Anhänglichkeit, Eifersucht oder Misstrauen führen. Studien deuten darauf hin, dass hohe Oxytocinspiegel unter bestimmten Umständen auch soziale Ängste verstärken oder das Verhalten in sozialen Interaktionen verschlechtern können.
Auch im kardiovaskulären System kann ein Überschuss an Oxytocin zu negativen Effekten führen, da es blutdrucksenkende Eigenschaften besitzt und in extremen Fällen Hypotonie auslösen könnte, was zu Schwindel und Ohnmacht führen kann.
Kann zu wenig Oxytocin schaden?
Ein Mangel an Oxytocin kann negative Auswirkungen auf verschiedene physiologische und psychologische Prozesse haben. Oxytocin spielt eine wichtige Rolle bei der sozialen Interaktion, der Stressbewältigung und der Mutter-Kind-Bindung. Ein niedriger Oxytocinspiegel wird mit einer Beeinträchtigung dieser Prozesse in Verbindung gebracht.
Im sozialen Bereich kann ein Oxytocinmangel zu Schwierigkeiten führen, enge zwischenmenschliche Beziehungen aufzubauen oder zu pflegen. Studien legen nahe, dass niedrige Oxytocinspiegel mit Störungen wie sozialer Angst und Autismus-Spektrum-Störungen in Verbindung stehen könnten, da es schwieriger wird, Vertrauen, Empathie und emotionale Bindungen aufzubauen. Auch bei der Verarbeitung von Stress hat Oxytocin eine schützende Wirkung, und ein Mangel kann die Anfälligkeit für Stress und Angst erhöhen, da das Hormon normalerweise beruhigend auf das Nervensystem wirkt.
Bei Frauen kann ein zu geringer Oxytocinspiegel während und nach der Geburt zu Problemen führen. Es spielt eine entscheidende Rolle bei der Wehentätigkeit und der Milchfreisetzung. Ein Mangel könnte zu einer gestörten Wehentätigkeit führen oder das Stillen erschweren, was die Mutter-Kind-Bindung beeinträchtigen kann.
Darüber hinaus gibt es Hinweise darauf, dass ein Mangel an Oxytocin das allgemeine Wohlbefinden und die Lebensqualität negativ beeinflussen kann, da es zur Regulierung positiver sozialer Interaktionen und emotionalen Wohlbefindens beiträgt.
Krankheiten, Beschwerden & Störungen
Die reichhaltigen Auslöser für die Oxytocin-Ausschüttung dienen als mögliche Erklärungen für die Wirkung alternativer Therapien wie Meditation und Hypnose.
Auch die Psychologie hat sich des Oxytocin angenommen. Es ist Gegenstand der Forschung im Hinblick auf Sozialphobien und verwandte Störungsbilder. Der Mangel des Oxytocin steigert Aggressionen, Neid, Missgunst und Schadenfreude.
Therapeutischen Einsatz findet das Oxytocin bei der Bekämpfung der Schizophrenie und des Autismus. Es bewirkt bei Patienten ein gesteigertes Vertrauen. Bei Kindern, die unter Autismus leiden, konnte eine gesteigerte Aktivität in derjenigen Hirnregion entdeckt werden, die zur Verarbeitung sozialer Informationen verantwortlich ist.
Tipps für eine optimale Versorgung mit Oxytocin
Eine optimale Versorgung mit Oxytocin lässt sich auf natürliche Weise durch verschiedene Verhaltensweisen und Lebensgewohnheiten unterstützen. Das Hormon wird durch soziale Interaktionen und körperliche Berührungen freigesetzt und spielt eine zentrale Rolle für Wohlbefinden, Bindungen und Stressbewältigung. Hier sind zehn Tipps, wie man die natürliche Ausschüttung von Oxytocin fördern kann:
Körperliche Nähe: Berührungen, wie Umarmungen oder Kuscheln, sind eine der effektivsten Methoden, um die Oxytocinausschüttung zu steigern. Diese Form von körperlicher Nähe stärkt die Bindung zwischen Partnern oder Familienmitgliedern und fördert das allgemeine Wohlbefinden.
Massagen: Regelmäßige Massagen können das Oxytocin-Level deutlich erhöhen. Die Berührung der Haut stimuliert die Freisetzung des Hormons, was zu Entspannung und einem Gefühl der Verbundenheit führt.
Stillen: Für Mütter ist das Stillen eine natürliche Methode zur Freisetzung von Oxytocin, das sowohl die Mutter-Kind-Bindung fördert als auch die Milchproduktion unterstützt.
Sexuelle Intimität: Während sexueller Aktivitäten, insbesondere beim Orgasmus, wird viel Oxytocin freigesetzt. Diese Ausschüttung stärkt die Bindung zwischen Partnern und fördert emotionale Nähe.
Positive soziale Interaktionen: Freundliche, positive Gespräche und der Aufbau von vertrauensvollen Beziehungen können ebenfalls die Oxytocinproduktion anregen. Soziale Unterstützung und freundschaftliche Bindungen sind wichtige Quellen des Wohlbefindens.
Haustiere pflegen: Die Interaktion mit Haustieren, insbesondere das Streicheln eines Hundes oder einer Katze, kann den Oxytocinspiegel erhöhen. Tiere vermitteln oft ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit, das die Hormonproduktion ankurbelt.
Achtsamkeit und Meditation: Studien zeigen, dass Entspannungstechniken wie Achtsamkeit und Meditation Oxytocin im Körper freisetzen können. Diese Praktiken reduzieren Stress und fördern ein Gefühl des inneren Friedens, was die Hormonproduktion unterstützt.
Dankbarkeit zeigen: Das Ausdrücken von Dankbarkeit und Wertschätzung gegenüber anderen kann nicht nur das eigene Wohlbefinden verbessern, sondern auch die Oxytocinproduktion anregen. Es stärkt zwischenmenschliche Beziehungen und fördert positive soziale Interaktionen.
Lachen und Freude teilen: Gemeinsames Lachen mit Freunden oder Familie führt zur Ausschüttung von Oxytocin. Humor und Freude schaffen eine entspannte Atmosphäre, in der das „Wohlfühlhormon“ natürlich produziert wird.
Hilfe und Unterstützung geben: Anderen zu helfen oder Unterstützung anzubieten, kann das eigene Oxytocin-Level erhöhen. Das Gefühl, etwas Gutes zu tun, fördert nicht nur das emotionale Wohlbefinden, sondern auch die Freisetzung von Oxytocin, das für soziale Bindungen entscheidend ist.
Indem man diese Verhaltensweisen in den Alltag integriert, kann man die natürliche Ausschüttung von Oxytocin unterstützen, was sich positiv auf das emotionale Gleichgewicht und die sozialen Beziehungen auswirkt.
Quellen
- Christen, P., Jaussi, R., Benoit, R.: Biochemie und Molekularbiologie. Springer, Berlin 2016
- Deschka, M.: Laborwerte A-Z. Kohlhammer, Stuttgart 2011
- Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013