Kinderpsychologie
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. November 2021Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Bei der Kinderpsychologie handelt es sich um ein medizinisches Fachgebiet, das sich mit der Entwicklung, dem Verhalten sowie der psychischen Gesundheit von Kindern befasst. Im Mittelpunkt steht dabei der Lebenszeitraum zwischen Geburt und Pubertät.
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Was ist die Kinderpsychologie?
Die Kinderpsychologie stellt einen Teilbereich der Entwicklungspsychologie dar. Die Entwicklungspsychologie befasst sich mit Veränderungen während des gesamten Lebenszeitraums. Dagegen liegt der Schwerpunkt der Kinderpsychologie in dem Verhalten in frühen Abschnitten der Lebensentwicklung. Diese erstrecken sich von der frühen Kindheit über die späte Kindheit bis hin zur Pubertät sowie der Adoleszenz.
Die Geschichte der Kinderpsychologie reicht zurück bis zum Naturforscher Charles Darwin (1809-1882), dem Physiologen William Preyer (1841-1897), dem deutschen Psychologen William Stern (1871-1938) sowie dessen Frau Clara Stern (1877-1948), die auf dem Gebiet der Entwicklungspsychologie tätig war. Sie alle unterzogen ihre Kinder einer systematischen Beobachtung, indem sie deren Verhalten in Tagebüchern aufzeichneten. Als Beginn der Kinderpsychologie wird die Veröffentlichung von William Preyers Buch „Die Seele des Kindes“ im Jahr 1882 angesehen. Seither entwickelte sie sich zu einem selbstständigen Forschungsgebiet. Von William Stern wurde 1914 das Werk „Psychologie der Kindheit“ herausgebracht.
Funktion, Wirkung & Ziele
So war seinerzeit die Sterblichkeitsrate von Babys und Kleinkindern derart hoch, dass eine emotionale Bindung an ein Kind oft als Fehlinvestition eingestuft wurde. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts stieg die Überlebensrate der Kinder deutlich an und der Staat zeigte mehr Interesse für seine Bürger, sodass er vor allem die Mütter für die Pflege ihrer Kinder in die Pflicht nahm.
Als im späten 19. Jahrhundert die Psychoanalyse an Bedeutung gewann, wurden die Mütter auch für die psychische Gesundheit ihrer Kinder verantwortlich gemacht. Zu den ersten Psychotherapeuten, die auf mögliche Fehlentwicklungen nach der Geburt hinwiesen, gehörte Siegmund Freud (1856-1939). Seine Tochter Anna Freud (1895-1982) galt als Pionierin hinsichtlich der psychischen Therapie von Kindern. Ab den 20er Jahren entwickelten sich unterschiedliche Konzepte zur Kinderpsychologie.
In der heutigen Zeit beschäftigt sich die Kinderpsychologie mit verschiedenen Problemen im Kindesalter. Dabei spielen sowohl die Diagnostik und die Behandlung als auch die Prävention von psychischen Störungen bei Kindern eine Rolle.
Zu den Anwendungsgebieten der Kinderpsychologie zählen Aufmerksamkeitsstörungen, Ängste, Depressionen, Schlafstörungen, Legasthenie sowie Lernstörungen. Weitere Indikationen sind Zwangsstörungen, gestörtes Essverhalten, Störungen der Sprachentwicklung und Autismus. Ebenfalls zum Themenbereich der Kinderpsychologie gehören die kognitive, soziale und emotionale Entwicklung, die Entwicklung von Sensorik und Motorik, die Sprachentwicklung, die physische Entwicklung sowie die Selbstwahrnehmung des Kindes.
Die psychischen Probleme der Kinder werden von Therapeuten diagnostiziert und anschließend mit entsprechenden psychotherapeutischen Methoden behandelt. Zu den Behandlungsverfahren zählt u. a. die Spieltherapie, die den natürlichen Spieltrieb der Kinder positiv nutzt und verschiedene Charaktereigenschaften sowie das Lernverhalten fördert. Dabei kann der Therapeut auch feststellen, für wie lange eine Behandlung erforderlich ist. Kinder haben wiederum die Gelegenheit, sich spielerisch auszudrücken und auf diese Weise Dinge anzusprechen, die sie sonst nicht mitteilen würden.
Bevor ein Kinderpsychologe tätig werden darf, muss er ein Psychologiestudium von etwa zwölf Semestern absolvieren und zum Diplompsychologen avancieren, was normalerweise drei bis fünf Jahre in Anspruch nimmt. Durch die Ausbildung werden den Kinderpsychologen Kenntnisse und Fähigkeiten für den Umgang sowie die eigenverantwortliche Arbeit mit Kindern vermittelt. Im Zentrum der Ausbildung stehen die selbstständige Diagnose und Behandlung von psychischen Störungen bei Kindern und Jugendlichen.
Zum Einsatz kommt die Kinderpsychologie in der Regel, wenn ein Kind deutliche Auffälligkeiten oder Störungen in seinem Verhalten zeigt. Darüber hinaus treten bei Kindern nicht selten Depressionen auf. Im Gegensatz zu erwachsenen Menschen sprechen Kinder oft recht offen über ihre Gefühle. Dies kann für die Therapie von Vorteil sein, bringt aber auch Nachteile mit sich. So können Kinder nicht gleichermaßen reflektieren wie Erwachsene.
Die Kinderpsychologie hat außerdem die Aufgabe, zu ermitteln, ob eine psychotherapeutische Behandlung erforderlich ist oder ob es sich lediglich um eine vorübergehende intensivere Entwicklungsphase handelt. Ferner werden die Eltern in Problemfällen von Kinderpsychologen beraten.
Risiken, Nebenwirkungen & Gefahren
Zu den Besonderheiten der Spieltherapie gehört, dass dabei nicht der Eindruck einer Behandlung besteht. So haben viele Kinder, die sich einer Psychotherapie unterziehen, nicht selten den Eindruck, unter Druck gesetzt zu werden oder reagieren eingeschüchtert. Die spezielle Variante der Kinderpsychologie ermöglicht ihnen dagegen Entspannung. Außerdem können sie zum Therapeuten leichter Vertrauen gewinnen. Ebenso werden Freude und Neugier des Kindes spielerisch geweckt.
Zu den klassischen Anwendungen der Kinderpsychologie zählt die Kinderpsychotherapie, die sich inhaltlich nicht von der Jugendpsychotherapie trennen lässt. Eine wichtige Rolle spielt außerdem die Prävention von psychischen Problemen bei Kindern. Dazu gehört zum Beispiel ein Verhaltenstraining für Schulklassen. Ferner werden Kinder unterstützt, die unter körperlichen Erkrankungen leiden. Einen Teilbereich der Kinderpsychologie bildet die klinische Kinderneuropsychologie, die sich mit Schädigungen des Gehirns und deren Folgen befasst.
Grundsätzlich stellt die Kinderpsychologie ein wichtiges Instrument zur Behandlung von psychischen Störungen bei Kindern dar. So ist sie bei der Bekämpfung verschiedener Erkrankungen kaum noch wegzudenken.
Quellen
- Koletzko, B.: Kinder- und Jugendmedizin. Springer Medizin Verlag, Berlin 2007
- Remschmidt, H.: Kinder- und Jugendpsychiatrie. Thieme, Stuttgart 2011
- Steinhausen, H.-C. (Hrsg.): Psychische Störungen bei Kindern und Jugendlichen. Urban & Fischer, München 2010