Lernstörung

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 4. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Eine Lernstörung ist eine Entwicklungsstörung, die bei Kindern dazu führt, dass sie in der Schule und beim sonstigen Lernen nicht mit ihren Altersgenossen mithalten können. Es werden verschiedene Arten der Lernstörung unterschieden, die alle einer entsprechenden Therapie bedürfen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Lernstörung?

Eine Lernstörung zeigt sich mit Symptomen spätestens in der Schule, häufig aber schon früher. So ist es bezeichnend, dass die betroffenen Kinder große Probleme damit haben, neue Inhalte zu erlernen.
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Unter einer Lernstörung verstehen Experten eine kindliche Entwicklungsstörung, die sich auf schulische Fertigkeiten bezieht. Die Betroffenen haben bei ansonsten normaler Intelligenz Schwierigkeiten, mit anderen Kindern in Schule und Kindergarten mitzuhalten.

Die Lernstörung kann sich beispielsweise auf das Lesen, Schreiben oder Rechnen beziehen. Dabei muss es sich nicht immer um eine Minderung der entsprechenden Fähigkeiten handeln, sondern kann auch etwa im Falle einer Hyperlexie das deutlich verfrühte Erwerben der Lesefähigkeit bedeuten.

Unter Umständen kann eine Lernstörung auf eine Erkrankung wie das Asperger-Syndrom hindeuten. Betroffene Kinder sollten daher untersucht und angemessen therapiert werden. Oftmals ist durch solche eine Therapie eine deutliche Verbesserung der Lernfähigkeit und somit auch eine soziale Integration in den Schul- und späteren Arbeitsalltag möglich.

Ursachen

Die Ursachen für eine Lernstörung können vielfältig sein. Wie bereits eingangs erwähnt, kann es sich um eine Erkrankung wie Autismus oder das Asperger-Syndrom handeln, die zu einer derartigen Entwicklungsstörung bzw. Auffälligkeit führt.

Oftmals kann bei den betroffenen Kindern aber keine direkte Erkrankung oder Behinderung festgestellt werden. In diesen Fällen sind es meist mehrere Faktoren, die zu der Lernstörung führen. Zum einen kann das soziale Umfeld des betroffenen Kindes eine Veränderung der Lernfähigkeit zur Folge haben, etwa wenn ein übermäßiger Erwartungsdruck ausgeübt wird und das Kind aus Versagensangst nicht richtig lernen kann.

Auch die Schule selbst bzw. die anderen Mitschüler und die Lehrkraft können eine Lernstörung begünstigen, wenn sich das Kind beispielsweise nicht wohlfühlt oder Angst hat, in die Schule zu gehen. Letztendlich kann auch das Kind selbst durch biologische oder auch psychologische Faktoren für eine Lernstörung prädestiniert sein.

Typische & häufige Lernstörungen

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Eine Lernstörung zeigt sich mit Symptomen spätestens in der Schule, häufig aber schon früher. So ist es bezeichnend, dass die betroffenen Kinder große Probleme damit haben, neue Inhalte zu erlernen. Dies kann sich auf das Erlernen im Allgemeinen beziehen oder meint Teilbereiche. Ist die Lernstörung alle Bereiche betreffend, sind die Kinder nicht dazu in der Lage, die geforderten Inhalte ausreichend schnell zu erlernen.

Sie wirken zuweilen unkonzentriert und vergesslich. Ein normaler Unterricht führt bei ihnen nicht zum Erfolg. Sie können sich nicht selbst eine Lernumgebung schaffen und geben das Lernen auch von sich aus aufgrund von vermehrtem Misserfolg auf.

Viele Lernstörungen beziehen sich hingegen auf Teilbereiche der schulischen Bildung. Zu nennen sind hier etwa die Legasthenie oder die Dyskalkulie. Bei diesen Formen der Lernstörung ist nur das Erlernen einer Disziplin gestört. Alle anderen Inhalte werden normal aufgenommen und normal erlernt.

Eine weitere Lernschwäche mit Bedeutung stellt die Hyperlexie dar. Hier haben die Kinder eine hohe Affinität zu Zahlen und Buchstaben. Sie erlernen die Symbole und ihre Funktionen in einem sehr schnellen Tempo. Die Bedeutung derselben erschließt sich ihnen aber häufig nicht in einem ausreichenden Maße. Sie erlernen das Schreiben und Rechnen, nicht aber zwingend das richtige Interpretieren. Insgesamt ist bei Kindern mit Lernschwäche im Mittel keine verminderte Intelligenz festzustellen.

Diagnose & Verlauf

Eine Lernstörung fällt meist dann auf, wenn die betroffenen Kinder im Vergleich zu ihren Altersgenossen auffällige Schwierigkeiten haben, in der Schule mitzukommen. Fällt der Lehrkraft eine solche Schwäche auf, sollte er die Eltern kontaktieren, damit diese Kenntnis nehmen und gegebenenfalls einen Psychologen besuchen.

Dieser kann anhand einfacher Tests herausfinden, ob und um welche Lernstörung es sich handelt. Auch die Ursachen sollten erforscht werden. Bleiben Lernstörungen unbehandelt, führen sie zu sozialer Isolation und einem schwindenden Selbstbewusstsein bei den Betroffenen. Unter Umständen schwänzen sie die Schule, um sich dem Druck nicht auszusetzen.

Ein Einstieg in ein normales Berufsleben wird in der Folge aufgrund schlechter Schulnoten erschwert. Es entsteht ein Teufelskreis, der nicht von alleine zu durchbrechen ist.

Komplikationen

Eine Lernstörung kann isoliert auftreten oder mit anderen Lernstörungen einhergehen. Beispielsweise treten Dyskalkulie und Legasthenie überdurchschnittlich oft gemeinsam auf. Darüber hinaus können sie von anderen psychischen und Verhaltensstörungen begleitet werden. Kinder mit ADHS weisen häufiger eine Lernstörung auf, die das Lesen, Schreiben oder Rechnen beeinträchtigt als Altersgenossen ohne ADHS.

Aus einer Lernstörung ergeben sich häufig Komplikationen für den Schulalltag und das Lernen insgesamt, obwohl eine spezifische Lernstörung wie Legasthenie nicht mit einer verminderten Intelligenz einhergehen muss. Kinder, denen das Lesen schwer fällt, haben oft Mühe, sich in anderen Schulfächern wissen anzueignen, zu recherchieren oder Lektüren zu lesen. Dazu benötigen sie oft mehr Zeit als ihre Schulkameraden. Ohne entsprechenden Ausgleich können diese Kinder somit bei der Benotung benachteiligt sein.

Auch mit einem entsprechenden Ausgleich wie zusätzlicher Zeit bei Tests und Prüfungen können jedoch Komplikationen auftreten. Für andere Kinder und Eltern ist es zum Teil nicht nachvollziehbar, warum ein legasthenisches Kind mehr Zeit für Aufgaben erhält. Daraus können Unmut und Neid entstehen, was die sozialen Beziehungen des Kindes in der Schule beeinträchtigen kann.

Des Weiteren können Kinder mit einer Lernstörung Ängste oder Niedergeschlagenheit entwickeln, die sich zu einer Angststörung oder zu einer Depression entwickeln können. Auch aggressives oder oppositionelles Verhalten ist möglich. Diese Komplikationen müssen bei der Behandlung zusätzlich berücksichtigt werden.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Wenn ein Kind deutlich schlechtere Leistungen zeigt als seine Mitschüler, sollte die Ursache dafür ergründet werden. Eine Lernstörung ist nicht die einzige mögliche Erklärung. Wenn das Kind jedoch keinen Unterricht verpasst hat und sich die Defizite auch nicht anderweitig erklären lassen, muss eine Lernstörung in Betracht gezogen werden.

Eltern können sich mit dem Verdacht auf eine Lernstörung an verschiedene Ansprechpartner wenden. Gut geeignet sind spezialisierte Beratungsstellen, die pädagogisch oder psychologisch ausgerichtet sind. Des Weiteren kommen selbstständige Kinder- und Jugendtherapeuten als Ansprechpartner infrage, ebenso Kinderärzte. Ein Kinderarzt stellt jedoch oft nur eine Überweisung aus, da Lernstörungen nicht medizinisch behandelt werden. Die psychologische und ggf. sprachliche Therapie steht im Vordergrund.

Eine Abklärung durch den Kinderarzt kann jedoch sinnvoll sein, um medizinische Ursachen für die Leistungsdefizite auszuschließen. Darüber hinaus kann ein Kinderarzt beispielsweise eine logopädische Behandlung bei einer Legasthenie (Leseschwäche) verordnen. Wenn die Logopädie als Heilmittel verordnet wird, trägt die gesetzliche Krankenkasse für gewöhnlich die Kosten.

Behandlung & Therapie

Wurde eine Lernstörung diagnostiziert, ist es besonders von Bedeutung, die genaue Ursache dafür zu kennen. Liegt beispielsweise eine Erkrankung oder eine Behinderung vor, ist es möglich, dass das betroffene Kind nicht in der Lage ist, ein normales Lernverhalten an den Tag zu legen und eventuell eine speziell darauf abgestimmte Schule besuchen muss.

Ist die Lernstörung auf soziale und ähnliche Faktoren zurückzuführen, kann durch eine angemessene Therapie in vielen Fällen ein normales Lernverhalten und so auch eine reguläre Schul- und Berufslaufbahn erreicht werden. Hierbei muss besonders das Selbstvertrauen des Kindes gestärkt werden, denn nur, wenn es an die eigenen Fähigkeiten glaubt, kann es Fortschritte erzielen. Ein langsames und behutsames Vorgehen von Eltern, Lehrern und Therapeuten ist daher zwingend erforderlich.

Spezieller Nachhilfeunterricht, der auf die Anforderungen des Kindes abgestimmt ist, kann bei der Bewältigung des Lernstoffs helfen und auch dafür sorgen, dass das Kind Spaß am Lernen entwickelt.


Aussicht & Prognose

Eine Lernstörung gehört zu den Erkrankungen, die im Normalfall im frühen Entwicklungsprozess des Menschen bemerkt wird. Werden bereits im Kindesalter unterschiedliche Maßnahmen zur Förderung des Lernens ergriffen, verbessern sich häufig die kognitiven Möglichkeiten. Dies ist jedoch abhängig von der vorliegenden Grunderkrankung und kann nicht generell festgelegt werden. Es wurden zahlreiche Frühförderungsprogramme entwickelt, die individuell eingesetzt werden können und gut erforscht sind. Eine vollständige Genesung wird über die Lebenszeit jedoch nur sehr selten erreicht. Die Prognose ist daher abhängig von der vorliegenden Ursache sowie dem Beginn einer Therapie.

Eine Verbesserung der vorhandenen Störung kann zudem erreicht werden, wenn neben der Anwendung von medizinischen Therapien auch Maßnahmen der Selbsthilfe genutzt werden. Die Umwelt und damit der Einfluss von Angehörigen sowie Menschen aus dem sozialen Umfeld können maßgeblich zu einer besseren Aussicht auf Erfolg des Patienten beitragen. Stellt sich die Lernstörung nach einem Unfall oder einer Erkrankung des Gehirns im Verlauf des Lebens ein, ist die Prognose meist verschlechtert.

Die Verbesserung der Leistungsfähigkeit des Gedächtnisses kann in einem fortgeschrittenen Alter nur unter erschwerten Bedingungen erreicht werden. Zudem hindern einige Erkrankungen den Aufbau neuer Gedächtnisinhalte. Dennoch kann in den meisten Fällen in Zusammenarbeit mit einem Therapeuten eine Linderung vorhandener Beschwerden erreicht werden.

Vorbeugung

Einer Lernstörung kann nicht direkt vorgebeugt werden. Eltern sollten ihrem Kind grundsätzlich Selbstvertrauen und Spaß am Lernen vermitteln und es ohne Druck unterstützen, auch wenn Probleme auftreten. Zeigen sich die ersten Anzeichen einer Lernstörung, sollte der Kinderarzt aufgesucht werden, damit rechtzeitig mit einer entsprechenden Behandlung begonnen werden kann.

Nachsorge

Die Maßnahmen und Möglichkeiten der Nachsorge hängen stark von der Art der Lernstörung ab. In erster Linie zielt diese auf eine individuelle Förderung ab, um das Leiden einzudämmen und langfristig zu beheben. Betroffene sind daher auf eine umfassende Untersuchung angewiesen, die dabei schon frühzeitig erfolgen sollte. Nur durch die frühzeitige Diagnose der Lernstörung können weitere Beschwerden oder Störungen in der kindlichen Entwicklung verhindert werden. Wichtig sind entsprechende therapeutische Ansätze, die die Lernfähigkeit des Kindes verbessern sollen. Je intensiver diese angewandt werden, desto besser sind die Aussichten einer Besserung der Einschränkung.

Eltern können mit dem Kind auch zu Hause Therapieübungen leisten und dadurch die Beschwerden mindern. Häufig ist dabei die intensive Therapie und Pflege durch die Eltern oder durch andere Angehörige notwendig. Auch intensive und liebevolle Gespräche mit dem Kind sind dabei sehr sinnvoll. Die Eltern können auch Kontakt zu anderen Betroffenen mit einer Lernstörung aufsuchen, da es dabei häufig zu einem Austausch an Informationen kommt. In der Regel verringert diese Krankheit nicht die Lebenserwartung des Kindes.

Das können Sie selbst tun

Selbsthilfegruppen, die sich mit dem Thema Lernstörungen beschäftigen, richten sich häufig an die Eltern der betroffenen Kinder. Die Selbsthilfegruppen können unterschiedlich ausgerichtet sein: Einige konzentrieren sich auf die gegenseitige emotionale Unterstützung oder besprechen allgemeine Erziehungsfragen, während andere über gezielte Maßnahmen zur Förderung der Kinder in den Mittelpunkt rücken.

Die Lernstörung führt in vielen Fällen dazu, dass das Kind sich minderwertig fühlt und kein Vertrauen in die eigenen Leistungen hat. Einige Kinder leiden in der Schule unter Mobbing. Schlechte Schulnoten, die eine Folge der Lernstörung sind, werden oft fälschlicherweise auf eine mangelnde Intelligenz zurückgeführt. Erfolgserlebnisse im Alltag können das Selbstbewusstsein wieder stärken. Dazu bieten sich Aktivitäten an, die dem Kind Freude bereiten und die es sicher beherrscht. Dazu eignen sich sowohl Sport als auch kreative Beschäftigungen, Musik und andere Freizeitbeschäftigungen. Auszeiten und Phasen ohne jeglichen Leistungsdruck sind ebenfalls wichtig. Das Kind sollte in keinem Fall auf seine Lernstörung reduziert werden.

Angststörungen und Depressionen können leicht gedeihen, wenn das Kind zu versagen glaubt. Auch dabei können Selbsthilfemaßnahmen und Veränderungen im Alltag positive Auswirkungen haben – allerdings sollte eine mögliche Depression, Angststörung oder andere psychische Störung auch durch eine ausgebildete Fachkraft behandelt werden, zum Beispiel durch einen Pädagogen oder Kinder- und Jugendtherapeuten.

Quellen

  • I care Krankheitslehre. Thieme, Stuttgart 2015
  • Kochen, M.M.: Duale Reihe. Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Thieme, Stuttgart 2012
  • Mader, F., Weißgerber, H.: Allgemeinmedizin und Praxis. Springer, Heidelberg 2014

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