Sprachentwicklung
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. April 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Sprachentwicklung ist für den Menschen lebensnotwendig, um mit dem sozialen Umfeld kommunizieren zu können. Sie ist jedoch ohne die gleichzeitige Entwicklung der Sprechfähigkeit und des Aufbaus nonverbaler Beziehungen zu Objekten, Personen und Handlungen nicht denkbar. Eltern und andere Bezugspersonen können das Kind bei seiner Sprachentwicklung nachhaltig fördern. Störungen der Sprachentwicklung können zu massiven Problemen führen und das Kind psychisch sehr belasten.
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Was ist die Sprachentwicklung?
Sprachentwicklung und Sprechentwicklung verlaufen parallel zueinander. Das Wort Sprachentwicklung bezeichnet die Fähigkeit, Sprache zu erlernen und sinnvoll anzuwenden. Sie bezieht sich entweder auf die Muttersprache oder auf zwei Sprachen, wenn das Kind mit mehr als einer Sprache aufwächst.
Die kindliche Sprachentwicklung verläuft parallel zur Entwicklung der Sprechinstrumente Lippen, Zunge, Kehlkopf und Gaumen. Eltern und andere Bezugspersonen greifen die Sprechversuche ihres Kindes auf, indem sie falsche Silben, Wörter und inkorrekt Ausgesprochenes wiederholen und in den richtigen Zusammenhang stellen.
Im Rahmen seiner Sprachentwicklung lernt das Kind die Regeln des Laut-Systems, immer mehr Wörter, grammatikalische Regeln und zusammenhängende Ausdrücke. In einem späteren Stadium der Sprachentwicklung kann es bestimmte Ereignisse, Objekte und Personen beschreiben. Bei Kindern, die zweisprachig erzogen werden, ähnelt die Entwicklung der zweiten Sprache der der ersten. Mitunter erleichtert die eine Sprache das schnellere Erlernen der anderen.
Die Sprachentwicklung verläuft bei allen Kindern in derselben Reihenfolge, wobei es jedoch individuelle Unterschiede bei der Schnelligkeit des Spracherwerbs gibt. Die Phasen der Sprachentwicklung variieren in Bezug auf ihre Länge und Ausprägung. Maßgebend dabei sind nicht nur individuelle Faktoren, sondern auch, in welchem Umfang und auf welche Weise Eltern die Sprachentwicklung ihres Kindes fördern.
Funktion & Aufgabe
Die ersten Versuche der Sprachentwicklung zeigen sich schon beim Säugling. Er schreit auf verschiedene Arten, wenn er liebkost oder gefüttert werden möchte. Ein etwas höher entwickelter Versuch des Kindes, sich anderen Menschen mitzuteilen, besteht später etwa darin, mit dem Finger auf den gewünschten Gegenstand zu zeigen.
Voraussetzungen für eine normale Sprachentwicklung sind eine normal entwickelte Stimme, gutes Hörvermögen und die Fähigkeit, den Mund so bewegen zu können, wie es der Säugling zuvor bei seiner Nahrungsaufnahme geübt hat.
Durch das Benennen von Objekten in Form von Substantiven eignet sich das Kind diese Objekte an. Verbal als Silbe geäußerte Forderungen sind zunächst noch doppeldeutig. So kann "da" beispielsweise "Stell es da hin" oder "Gib es mir" heißen. Mithilfe der nonverbalen Kommunikation, die das Kind parallel zur Sprachentwicklung optimiert, lernt es, verbale Äußerungen, Handlungen und Objekte sinnvoll miteinander zu verknüpfen. Inhaltliche Beziehungen entstehen. Der kognitive Erfahrungshorizont wird erweitert. Schon bevor es das erste Wort sagt, versteht das Kind verschiedene Wörter, da es im Alltag mit dem, was die Wörter bezeichnen, erste Erfahrungen gemacht hat.
Aus diesem Grund sind Spiel und Sozialverhalten unbedingt notwendige Ergänzungen zur kindlichen Sprachentwicklung. Sie erfolgt in Phasen, die mit einem bestimmten Lebensalter des Kindes in Verbindung gebracht werden: Ab der Geburt Schreien, ab dem 2. Lebensmonat Lallen und Gurren und ab dem 4. Lebensmonat Echo-Laute (Nachplappern von Vokalen) und Bildung von Silben-Reihen ("dada"). Ab dem 6. Lebensmonat werden die Mundbewegungen des Kindes gezielter, da es das Saugen, Schlucken und Kauen schon besser beherrscht. Ab dem 8. Monat versteht das Kleinkind schon einige Wörter und versucht, sich ihnen entsprechend zu verhalten.
Krankheiten & Beschwerden
Bei Sprachentwicklungsstörungen wird zwischen der Sprachentwicklungsverzögerung und der eigentlichen Sprachentwicklungsstörung (SES, USES) unterschieden. Sprachentwicklungsverzögerung bedeutet, dass sich das Kind in seiner Sprachentwicklung mehr als 6 Monate in der alters-üblichen Sprachentwicklung verspätet. Eine Sprachentwicklungsstörung zeigt sich hingegen im fehlerhaften Verlauf der sprachlichen Entwicklung. Es gibt rezeptive Sprachentwicklungsstörungen - sie betreffen die eigene Sprachwahrnehmung - und expressive Sprachentwicklungsstörungen. Sie beziehen sich auf die sprachlichen Äußerungen.
Eine gestörte Sprachentwicklung zeigt sich beispielsweise in der Anwendung falscher Laute (phonetisch-phonologische SES), falscher Wörter (lexikalisch-semantische SES) und falscher Grammatik (morpho-syntaktische SES). Bei der pragmatisch-kommunikativen Sprachentwicklungsstörung kommt es zum Stottern, Stammeln und anderen Sprachstörungen. Meist sind mehrere Bereiche gleichzeitig betroffen: Statt -j wird beispielsweise -l gesagt (falsche Lautbildung) und der Artikel wird vergessen (falsche Grammatik).
Stellen die Eltern bei ihrem Kind eine Sprachentwicklungsstörung fest, sollten sie einen Kinderarzt kontaktieren. Er untersucht den kleinen Patienten zuerst auf körperliche Ursachen der Sprachentwicklungsstörung. Dann erfolgt eine Beurteilung der kognitiven Entwicklung und der Gesamtentwicklung des Kindes. Je früher das Kind eine Sprachtherapie erhält, desto größer ist der therapeutische Erfolg.
Quellen
- Eppinger, M., Müller, M., et al.: Pädiatrie. Für Studium und Praxis. 2013/14. Medizinische Verlags- und Informationsdienste, Breisach 2013
- Gortner, L., Meyer, S., Sitzmann, F.C.: Duale Reihe Pädiatrie. Thieme, Stuttgart 2012
- Kerbl, R. et al.: Checkliste Pädiatrie. Thieme, Stuttgart 2011