Kompetitive Hemmung

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Körperprozesse Kompetitive Hemmung

Kompetitive Hemmung ist die Hemmung eines Enzyms oder Rezeptors durch sogenannte Antagonisten oder Inhibitoren. Dabei handelt es sich um Substanzen, die in ihrer chemischen Struktur der körpereigenen Substanz gleichen, die zur Bindung an die Zielstruktur vorgesehen ist.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die kompetitive Hemmung?

Kompetitive Hemmung ist die Hemmung eines Enzyms oder Rezeptors durch sogenannte Antagonisten oder Inhibitoren.

Verschiedene Strukturen der menschlichen Anatomie sind mit Bindungsstellen ausgestattet. Zu solchen Strukturen zählen zum Beispiel Rezeptoren und Enzyme. In der Regel sind verschiedene Substanzen dazu fähig, an die Bindungsstellen dieser Strukturen zu binden. Wenn mehrere Substanzen um die Bindung an eine anatomische Struktur konkurrieren, dann kann eine kompetitive Hemmung der Zielstruktur vorliegen.

Die Biochemie und die Pharmakologie kennen die konkurrierenden Substanzen als Agonist und Antagonist. Der Agonist ist eine Substanz zur Besetzung von Rezeptoren, die durch die Bindung eine Signaltransduktion aktiviert. Agonisten sind entweder körpereigene Substanz oder künstliche Imitate solcher Substanzen. Als Antagonisten bezeichnet die Pharmakologie Substanzen, die die Wirkung eines Agonisten hemmen.

Wenn eine Struktur durch den Bindungskonkurrenzkampf von Agonist und Antagonist gehemmt ist, liegt eine kompetitive Hemmung vor. Ein Agonist und Antagonist kämpfen bei der kompetitiven Hemmung also um die Besetzung der Zielstruktur. Der Antagonist hat in der Regel selbst keine biochemische Wirkung.

Von der kompetitiven Hemmung ist die nicht-kompetitive Hemmung zu unterscheiden, bei der sich der Inhibitor nicht an das aktive Enzymzentrum anlagert, sondern an eine andere Stelle des Enzyms bindet und auf diese Weise eine Konformationsänderung und Inaktivierung des Enzyms erreicht.

Funktion & Aufgabe

Agonisten besetzen im Körper bestimmte Rezeptoren und bilden so gemeinsam mit ihnen Komplexe mit bestimmter Wirkung. Rezeptoren sind im Organismus reizaufnehmende Stellen mit spezifischer Struktur zur Bindung an einen Agonisten. Die Fähigkeit zur Rezeptorenbindung und Wirkungsauslösung heißt intrinsische Aktivität. Die Antagonisten zu einem bestimmten Agonist ähneln dem Agonisten in der chemischen Struktur und besetzen so die für ihn vorgesehenen Rezeptoren. Ein Antagonist-Rezeptor-Komplex entfaltet allerdings nicht die Wirkung, die für die Agonist-Rezeptor-Bindung vorgesehen ist. So ist der Rezeptor durch die Besetzung mit einem Antagonisten in seiner Wirkung gehemmt.

Die Stärke der Bindungsbemühungen zwischen einem bestimmten Stoff und einem Rezeptor wird als Affinität bezeichnet. Antagonisten müssen eine höhere Bindungsaffinität als der Agonist besitzen, um einen Agonisten von seinen Rezeptoren verdrängen zu können. Dieser Grundsatz folgt dem Massenwirkungsgesetz. Das heißt, dass bei gleicher Bindungsaffinität trotzdem eine Verdrängung des Agonisten stattfinden kann, wenn der Antagonist in höherer Konzentration vorliegt. Nicht-kompetitive Antagonisten können von höher konzentrierten Agonisten verdrängt werden. Für kompetitive Antagonisten gilt dieser Grundsatz nicht. Die Stärke von kompetitiven Antagonisten ist der sogenannte pA2-Wert und wird über den Schild-Plot ermittelt.

Die meisten Antagonisten der Pharmakologie sind physiologische, also körpereigene Substanzen. Neben Enzymen werden so heutzutage vor allem Mediatoren und ihre Antagonisten in Arzneimitteln verwendet. Histamin ist beispielsweise ein entzündungsvermittelndes Gewebshormon. Es handelt sich dabei um einen physiologischen Agonisten, der an spezifische Histamin-Rezeptoren bindet und durch die Bindung Rötungen, Schwellungen und Schmerzen im Gewebe verursacht. Die physiologisch vorgesehene Wirkung des Agonist-Rezeptor-Komplexes ist in diesem Fall die Entzündungsreaktion.

Als Antagonisten zu Histamin setzt die Pharmakologie auf H1-Antihistaminika. Diese Substanzen sind Histamin biochemisch extrem ähnlich und sind so zur Verdrängung des Histamins vom Rezeptor in der Lage. Diese Antagonisten entfalten als Antagonist-Rezeptor-Komplex keine Eigenwirkung. So lassen sich durch H1-Antihistaminika Entzündungen verhindern oder zumindest vermindern.

Auf Enzyme bezogen spricht die Medizin bei einem Hemmstoff von einem sogenannten Inhibitor, der mit dem vorgesehenen Substrat um ein aktives Zentrum konkurriert. Das Enzym kann den Inhibitor nicht umsetzen und stellt aus diesem Grund seine Arbeit ein. Die Hemmung hält nur an, wenn die Konzentration des Hemmstoffs dazu ausreichend hoch bleibt.


Krankheiten & Beschwerden

Inhibitoren nach dem Prinzip der kompetitiven Hemmung werden zur Therapie unterschiedlicher Krankheitsbilder eingesetzt. Therapie durch kompetitive Hemmung ist zum Beispiel bei der Behandlung akuter Gichtanfälle verbreitet. Der Inhibitor NSAR wird zur Hemmung der Prostaglandinen-Synthese eingesetzt. Er hemmt Cyclooxygenase, ein Enzym des Entzündungsstoffwechsels. Durch diese Hemmung stellt sich eine schmerzsenkende und entzündungshemmende Wirkung ein. Konventionelle Mittel bei akuter Gicht sind Ibuprofen oder Diclofenac.

Bei chronischer Gicht werden als Hemmer vor allem [[Urikostatika]| eingesetzt. Diese Substanzen hemmen die Xanthinoxidase. Xanthinoxidase oxidiert Hypoxanthin zu Xanthin, das schließlich zu Harnsäure wird. So lässt die Hemmung der Xanthinoxidase die Harnsäurebildung abnehmen und verringert die Gichtbeschwerden. Zur selben Zeit erhöht die Gabe der Hemmer die Hypoxanthin-Konzentration im Körper. So ist auch die Purinsynthese fortan gehemmt.

Die kompetitive Hemmung bietet gegenüber anderer Hemmverfahren einen entscheidenden Vorteil. Der Pharmakologe unterscheidet zwischen reversibler und irreversibler Hemmung. Bei einer irreversiblen Hemmung liegt ein unumkehrbarer Hemmprozess vor. Auch durch einen höher konzentrierten Agonisten lässt sich der Prozess nicht rückgängig machen. Bei reversibler Hemmung liegt dagegen Umkehrbarkeit vor. Kompetitive Hemmung lässt sich durch eine Erhöhung der Agonisten-Konzentration in den meisten Fällen also wieder aufheben. Diese Art der Hemmung ist daher eines der wichtigsten Wirkverfahren für Medikamente.

Der Hemmmechanismus durch Inhibitoren ist allerdings nicht ausschließlich mit Therapien und Therapieerfolgen assoziiert. So spielt die Hemmung zum Beispiel auch bei der Krankheitsentstehung von Krebs eine Rolle. Tumorzellen geben Apoptose-Inhibitoren ab und steigern so ihre Vitalität. Sie geben sich eine Resistenz gegenüber immunologischer Therapien und verhindern den eigenen Zelltod.

Quellen

  • Alberts, B., u. a.: Molekularbiologie der Zelle. 4. Auflage. Wiley-VCH., Weinheim 2003
  • Müller-Esterl, W.: Biochemie. Eine Einführung für Mediziner und Naturwissenschaftler. 2. Auflage, Spektrum Akademischer Verlag, München, 2011
  • Schartl, M., Biochemie und Molekularbiologie des Menschen. 1. Auflage, Urban & Fischer Verlag, München 2009

Das könnte Sie auch interessieren