Histamin

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 4. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Histamin ist eine an lokalen Immunantworten beteiligte organische Stickstoffverbindung im Organismus, die physiologische Funktionen im Darm reguliert und als Neurotransmitter fungiert. Als Reaktion auf fremde Krankheitserreger und allergene Stoffe wird Histamin von Basophilen und Mastzellen produziert, um in entzündliche Prozesse einzugreifen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Histamin?

Die Stickstoffverbindung Histamin befindet sich nahezu im gesamten Körpergewebe, konzentriert sich jedoch in der Lunge, der Haut und im Magen-Darm-Trakt.
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Histamin ist ein basisches Amin, das in Mastzellen und Basophilen gespeichert und durch ionische Kräfte gebunden ist. Die Wechselwirkung zwischen einem auslösendem Stoff und dem Antikörper Immunglobulin (IgE) an der Oberfläche von Mastzellen führt zur Degranulation dieser Zellen und der Freisetzung von Botenstoffen wie Histamin.

Dieses wirkt auf die Rezeptoren im Organismus, um notwenige Reaktionen wie die Stimulation der Magensekretion, Muskelkontraktionen oder eine Gefäßerweiterung hervorzurufen. Etwa 1 % der europäischen Bevölkerung leidet an einer Histaminintolleranz gegenüber aus der Nahrung aufgenommenem Histamin.

Medizinische & gesundheitliche Funktionen, Aufgaben & Bedeutungen

Die Stickstoffverbindung Histamin befindet sich nahezu im gesamten Körpergewebe, konzentriert sich jedoch in der Lunge, der Haut und im Magen-Darm-Trakt.

Es wird durch die Decarboxylierung von Histidin durch die sogenannte Histidin-Decarboxylase im Golgi-Apparat von Mastzellen und Basophilen produziert und gespeichert. Histamin kann bei entzündlichen oder allergischen Reaktionen sofort freigesetzt werden und wirkt durch die Bindung an Rezeptoren auf den Zielzellen. Hier bewirkt Histamin intrazelluläre Ereignisse, die zu unterschiedlichen Auswirkungen in den verschiedenen Zelltypen führen. Die Stimulanz von H1-Rezeptoren in menschlichen bronchialen Muskelzellen erhöht die lokale Muskelkontraktion.

Werden die in den Säure produzierenden Zellen von Magen und Herzen gelegenen H2-Rezeptoren durch Histamin angeregt, erhöhen sich zur Unterstützung der Protein-und Fettverdauung die Produktion von Verdauungsenzymen und Magensäure sowie die Vorhoffrequenz des Herzes. Werden die H3-Rezeptoren im Nervengewebe aktiviert, wird die Freisetzung von Neurotransmittern gedrosselt, was beispielsweise Einfluss auf den Schlaf oder die Sexualität hat. Es stimuliert ebenfalls die für den Fettstoffwechsel notwendige Produktion von Melatonin in der Zirbeldrüse.

Histamin ist als Botenstoff an der unmittelbaren Überempfindlichkeitsreaktion beteiligt und hat Einfluss auf die Leukozytenfunktion. Über die Bindung an H4-Rezeptoren hat es weiterhin Einfluss auf komplexe Prozesse wie die Hemmung Lectin-oder Antigen-induzierter Wucherungen von T-Zellen, die Freisetzung von Lymphokinen von T-Zellen oder die Induktion von zytotoxischen T-Zellen. Werden diese Prozesse durch sogenannte Antagonisten blockiert, können durch Histamin stimulierte entzündungshemmende Aktionen die Antikörper in ihrer Überempfindlichkeit dämmen.

Die Wirkung von Histamin auf die Blutgefäße und die Haut hemmt bei andauernder Stimulanz jedoch die Immunreaktionen und führt zu gegenteiligen Effekten, weshalb Antihistaminika zum Einsatz kommen.

Krankheiten, Beschwerden & Störungen

Die durch Histamin angeregte Gefäßdurchlässigkeit bewirkt, dass Flüssigkeit aus den Kapillaren in das Gewebe strömt, um eine allergische Reaktion zu verhindern. Typisch für die Wirkung von Histamin auf eine direkte äußerliche Reizung (z.B. infolge eines Insektenstichs) ist eine Dreifach-Reaktion:

Rötung der Einstichstelle, Rötung des umgebenden Areals (Quaddelbildung) mit Juckreiz und eines Anschwellens des betroffenen Bereiches. Stoßen Allergene auf Immunglobulin der Mastzellen in der Nasenschleimhaut, treten als Histamin-assoziierte Reaktionen neben tränenden Augen, Niesen infolge sensorischer neuronaler Stimulation, Hypersekretion von Drüsengewebe und ein Anschwellen der Nasenschleimhaut infolge vaskulärer Stauung und einer erhöhten Durchlässigkeit der Kapillaren auf.

Die als Typ-1 klassifizierte sofortige Überempfindlichkeit auf Histamin ist das Ergebnis einer fehlgesteuerten Histaminausschüttung infolge des Eindringens harmloser Substanzen wie Gräserpollen oder bestimmte Lebensmittel.

Die durch Histamin angeregte Kontraktion der Muskulatur des Ileums, der Bronchien und Bronchiolen sowie der Gebärmutter kann zu einer erhöhten Peristaltik mit Nahrungsmittelallergien führen. Bei der Untersuchung von Asthmatikern wurde festgestellt, dass Histamin den Muskeltonus der Atemwege erhöht und Schleimhautödeme sowie Drüsensekrete befördert, was zu einer Verengung der Atemwege und Begrenzung des Atemstroms führen kann.

Ein Histaminmangel kann den Körper in eine Abhängigkeit von Kohlenhydraten führen, die zur Synthese von Cholesterin benötigt werden. Gleichzeitig führt Histaminmangel zu einem niedrigeren Melatoninniveau und senkt den Fettstoffwechsel im Gehirn, was die körperliche Belastung erhöht. Studien belegen, dass ein Histaminmangel den Folsäurespiegel senkt. Oftmals leiden Patienten mit Multipler Sklerose an einem Mangel an Histamin, daher wurden verschiedene Histamin-Ersatztherapien entwickelt.


Quellen

  • Baenkler, H.-W., et al.: Kurzlehrbuch Innere Medizin. Thieme Verlag, Stuttgart 2010
  • Lodish et al.: Molekulare Zellbiologie. 4. Auflage, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, 2001
  • Neumeister, B. et al.: Klinikleitfaden Labordiagnostik. Elsevier/Urban & Fischer, München 2009

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