Histamin
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 4. November 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Histamin ist eine an lokalen Immunantworten beteiligte organische Stickstoffverbindung im Organismus, die physiologische Funktionen im Darm reguliert und als Neurotransmitter fungiert. Als Reaktion auf fremde Krankheitserreger und allergene Stoffe wird Histamin von Basophilen und Mastzellen produziert, um in entzündliche Prozesse einzugreifen.
Was ist Histamin?
Histamin ist ein basisches Amin, das in Mastzellen und Basophilen gespeichert und durch ionische Kräfte gebunden ist. Die Wechselwirkung zwischen einem auslösendem Stoff und dem Antikörper Immunglobulin (IgE) an der Oberfläche von Mastzellen führt zur Degranulation dieser Zellen und der Freisetzung von Botenstoffen wie Histamin.
Dieses wirkt auf die Rezeptoren im Organismus, um notwenige Reaktionen wie die Stimulation der Magensekretion, Muskelkontraktionen oder eine Gefäßerweiterung hervorzurufen. Etwa 1 % der europäischen Bevölkerung leidet an einer Histaminintolleranz gegenüber aus der Nahrung aufgenommenem Histamin.
Wofür braucht der Körper Histamin?
Histamin ist ein biogenes Amin, das eine zentrale Rolle in verschiedenen physiologischen Prozessen im menschlichen Körper spielt. Es wird hauptsächlich in speziellen Zellen, den sogenannten Mastzellen und Basophilen, gespeichert und freigesetzt. Eine der wichtigsten Funktionen von Histamin ist seine Beteiligung an der Immunantwort. Bei Kontakt mit Allergenen wird Histamin freigesetzt, was zu Entzündungsreaktionen führt. Diese äußern sich durch Symptome wie Rötung, Schwellung, Juckreiz und erhöhte Schleimproduktion, um den Körper vor potenziellen Gefahren zu schützen.
Darüber hinaus wirkt Histamin als Neurotransmitter im zentralen Nervensystem und ist dort an der Regulierung des Schlaf-Wach-Rhythmus beteiligt. Es fördert das Wachsein und spielt eine Rolle bei der Steuerung von Aufmerksamkeit und Lernprozessen. Histamin beeinflusst außerdem den Magen-Darm-Trakt, indem es die Produktion von Magensäure anregt, was für die Verdauung von Nahrungsmitteln notwendig ist.
Histamin ist ebenfalls wichtig für die Gefäßregulation. Es erweitert die Blutgefäße und erhöht die Durchlässigkeit der Kapillaren, was die Durchblutung fördert und den Transport von Immunzellen zu infizierten oder verletzten Geweben erleichtert. In der Lunge führt Histamin zu einer Kontraktion der Bronchialmuskulatur, was im Zusammenhang mit Asthma eine Rolle spielen kann.
Wie hoch sind normale Referenzwerte
Die Referenzwerte für Histamin im menschlichen Körper variieren je nach Messmethode und dem untersuchten Gewebe oder Körperflüssigkeit. Im Blutserum beträgt der normale Histaminspiegel in der Regel zwischen 0,3 und 1,0 ng/ml. Diese Werte können durch verschiedene Faktoren beeinflusst werden, wie etwa die Nahrungsaufnahme, Allergien, Stress oder körperliche Aktivität. Es ist wichtig zu beachten, dass die Konzentration im Plasma oft niedriger ist, da Histamin hauptsächlich in Mastzellen und Basophilen gespeichert ist und nur bei Bedarf freigesetzt wird.
Im Urin wird Histamin und seine Metaboliten ebenfalls gemessen, wobei die Normwerte je nach Labor und angewendeter Analysemethode unterschiedlich sein können. Ein häufig verwendeter Marker ist das Methylhistamin, ein Abbauprodukt von Histamin, dessen Konzentration als Indikator für die Histaminbelastung im Körper dient. Der normale Bereich im 24-Stunden-Sammelurin liegt typischerweise unter 200 µg/24h, kann jedoch individuell variieren.
Erhöhte Histaminwerte im Körper können auf allergische Reaktionen, Mastzellaktivierung oder bestimmte Krankheiten wie Mastzellaktivierungssyndrom (MCAS) hindeuten. Ebenso können bestimmte Lebensmittel, die reich an Histamin sind, wie gereifter Käse, Rotwein oder fermentierte Produkte, zu einer vorübergehenden Erhöhung der Histaminwerte führen.
Kann zu viel Histamin schaden?
Ein Überschuss an Histamin im Körper kann verschiedene gesundheitliche Probleme verursachen, da Histamin eine starke Wirkung auf das Immunsystem, die Gefäße und das Nervensystem hat. Eine der häufigsten Folgen von zu viel Histamin ist die sogenannte Histaminintoleranz, bei der der Körper Schwierigkeiten hat, überschüssiges Histamin abzubauen. Symptome einer Histaminüberladung können Kopfschmerzen, Schwindel, Hautrötungen, Juckreiz, Nesselsucht, Magen-Darm-Beschwerden wie Übelkeit oder Durchfall, und Herz-Kreislauf-Probleme wie Herzrasen oder Blutdruckabfall sein.
Der Grund für eine Histaminintoleranz liegt oft in einem Mangel an Diaminoxidase (DAO), einem Enzym, das Histamin abbaut. Wenn dieses Enzym nicht ausreichend vorhanden ist, kann Histamin sich im Körper ansammeln. Auch eine gestörte Funktion des zweiten Abbauwegs, der Histamin-N-Methyltransferase (HNMT), kann zur Anhäufung von Histamin beitragen.
Chronisch erhöhte Histaminwerte können bei bestimmten Krankheiten auftreten, etwa bei Mastzellaktivierungssyndrom (MCAS) oder systemischer Mastozytose, wo die Mastzellen übermäßig aktiv sind. In der Lunge kann eine Histaminüberlastung Asthmaanfälle auslösen, indem die Bronchialmuskulatur verkrampft. Außerdem führt Histamin zu einer erhöhten Gefäßdurchlässigkeit, was bei schweren Reaktionen wie einem anaphylaktischen Schock gefährlich werden kann.
Kann zu wenig Histamin schaden?
Ein Mangel an Histamin im Körper kann ebenfalls negative Auswirkungen auf verschiedene physiologische Prozesse haben. Histamin spielt eine wichtige Rolle als Neurotransmitter im zentralen Nervensystem, und ein zu niedriger Histaminspiegel kann die Wachsamkeit und die kognitive Funktion beeinträchtigen. Menschen mit einem Histaminmangel können Symptome wie chronische Müdigkeit, Konzentrationsprobleme und eine verminderte Aufmerksamkeitsspanne erleben. Histamin ist auch an der Regulation des Schlaf-Wach-Rhythmus beteiligt, sodass ein Mangel an Histamin zu Schlafstörungen oder vermehrter Schläfrigkeit während des Tages führen kann.
Darüber hinaus ist Histamin essenziell für die Magensäureproduktion. Ein Mangel kann die Magensäuresekretion verringern, was Verdauungsprobleme wie Blähungen, Völlegefühlund eine verminderte Aufnahme von Nährstoffen aus der Nahrung zur Folge haben kann. Diese verringerte Säureproduktion kann das Risiko von Infektionen im Magen-Darm-Trakt erhöhen, da die Magensäure eine Schutzfunktion gegen Krankheitserreger hat.
Histamin ist auch an der Immunabwehr beteiligt, indem es Entzündungen und die Freisetzung von Immunzellen fördert. Ein Mangel an Histamin könnte die Fähigkeit des Immunsystems beeinträchtigen, effizient auf Infektionen zu reagieren, was zu einer erhöhten Anfälligkeit für Krankheiten führen könnte.
Medizinische & gesundheitliche Funktionen, Aufgaben & Bedeutungen
Die Stickstoffverbindung Histamin befindet sich nahezu im gesamten Körpergewebe, konzentriert sich jedoch in der Lunge, der Haut und im Magen-Darm-Trakt.
Es wird durch die Decarboxylierung von Histidin durch die sogenannte Histidin-Decarboxylase im Golgi-Apparat von Mastzellen und Basophilen produziert und gespeichert. Histamin kann bei entzündlichen oder allergischen Reaktionen sofort freigesetzt werden und wirkt durch die Bindung an Rezeptoren auf den Zielzellen. Hier bewirkt Histamin intrazelluläre Ereignisse, die zu unterschiedlichen Auswirkungen in den verschiedenen Zelltypen führen. Die Stimulanz von H1-Rezeptoren in menschlichen bronchialen Muskelzellen erhöht die lokale Muskelkontraktion.
Werden die in den Säure produzierenden Zellen von Magen und Herzen gelegenen H2-Rezeptoren durch Histamin angeregt, erhöhen sich zur Unterstützung der Protein-und Fettverdauung die Produktion von Verdauungsenzymen und Magensäure sowie die Vorhoffrequenz des Herzes. Werden die H3-Rezeptoren im Nervengewebe aktiviert, wird die Freisetzung von Neurotransmittern gedrosselt, was beispielsweise Einfluss auf den Schlaf oder die Sexualität hat. Es stimuliert ebenfalls die für den Fettstoffwechsel notwendige Produktion von Melatonin in der Zirbeldrüse.
Histamin ist als Botenstoff an der unmittelbaren Überempfindlichkeitsreaktion beteiligt und hat Einfluss auf die Leukozytenfunktion. Über die Bindung an H4-Rezeptoren hat es weiterhin Einfluss auf komplexe Prozesse wie die Hemmung Lectin-oder Antigen-induzierter Wucherungen von T-Zellen, die Freisetzung von Lymphokinen von T-Zellen oder die Induktion von zytotoxischen T-Zellen. Werden diese Prozesse durch sogenannte Antagonisten blockiert, können durch Histamin stimulierte entzündungshemmende Aktionen die Antikörper in ihrer Überempfindlichkeit dämmen.
Die Wirkung von Histamin auf die Blutgefäße und die Haut hemmt bei andauernder Stimulanz jedoch die Immunreaktionen und führt zu gegenteiligen Effekten, weshalb Antihistaminika zum Einsatz kommen.
Krankheiten, Beschwerden & Störungen
Die durch Histamin angeregte Gefäßdurchlässigkeit bewirkt, dass Flüssigkeit aus den Kapillaren in das Gewebe strömt, um eine allergische Reaktion zu verhindern. Typisch für die Wirkung von Histamin auf eine direkte äußerliche Reizung (z.B. infolge eines Insektenstichs) ist eine Dreifach-Reaktion:
Rötung der Einstichstelle, Rötung des umgebenden Areals (Quaddelbildung) mit Juckreiz und eines Anschwellens des betroffenen Bereiches. Stoßen Allergene auf Immunglobulin der Mastzellen in der Nasenschleimhaut, treten als Histamin-assoziierte Reaktionen neben tränenden Augen, Niesen infolge sensorischer neuronaler Stimulation, Hypersekretion von Drüsengewebe und ein Anschwellen der Nasenschleimhaut infolge vaskulärer Stauung und einer erhöhten Durchlässigkeit der Kapillaren auf.
Die als Typ-1 klassifizierte sofortige Überempfindlichkeit auf Histamin ist das Ergebnis einer fehlgesteuerten Histaminausschüttung infolge des Eindringens harmloser Substanzen wie Gräserpollen oder bestimmte Lebensmittel.
Die durch Histamin angeregte Kontraktion der Muskulatur des Ileums, der Bronchien und Bronchiolen sowie der Gebärmutter kann zu einer erhöhten Peristaltik mit Nahrungsmittelallergien führen. Bei der Untersuchung von Asthmatikern wurde festgestellt, dass Histamin den Muskeltonus der Atemwege erhöht und Schleimhautödeme sowie Drüsensekrete befördert, was zu einer Verengung der Atemwege und Begrenzung des Atemstroms führen kann.
Ein Histaminmangel kann den Körper in eine Abhängigkeit von Kohlenhydraten führen, die zur Synthese von Cholesterin benötigt werden. Gleichzeitig führt Histaminmangel zu einem niedrigeren Melatoninniveau und senkt den Fettstoffwechsel im Gehirn, was die körperliche Belastung erhöht. Studien belegen, dass ein Histaminmangel den Folsäurespiegel senkt. Oftmals leiden Patienten mit Multipler Sklerose an einem Mangel an Histamin, daher wurden verschiedene Histamin-Ersatztherapien entwickelt.
Tipps für eine optimale Versorgung mit Histamin
Ausgewogene Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung unterstützt die Produktion und Regulierung von Histamin im Körper. Lebensmittel mit wichtigen Nährstoffen wie Vitamin B6, Zink und Kupfer sind essenziell, da diese Nährstoffe Enzyme unterstützen, die Histamin abbauen. Vitamin B6 ist besonders wichtig für die Funktion des Enzyms Diaminoxidase (DAO).
Vitamin C: Vitamin C wirkt als natürlicher Histaminregulator. Es kann helfen, Histamin abzubauen und die Freisetzung aus den Mastzellen zu verringern. Eine ausreichende Zufuhr durch Zitrusfrüchte, Beeren, Paprika oder grünes Gemüse kann hilfreich sein.
Vermeidung von histaminreichen Lebensmitteln: Menschen mit Histaminintoleranz sollten den Konsum von Lebensmitteln wie gereiftem Käse, Rotwein, Sauerkraut, geräuchertem Fisch und anderen fermentierten Produkten reduzieren, da diese hohe Mengen an Histamin enthalten.
Regelmäßige Mahlzeiten: Ein stabiler Blutzuckerspiegel kann helfen, die Freisetzung von Histamin zu regulieren. Das Vermeiden von großen Schwankungen durch regelmäßige, ausgewogene Mahlzeiten kann förderlich sein.
Hydratation: Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr unterstützt den Körper bei der Ausscheidung von Histamin. Wasser hilft, den Stoffwechsel und die Enzymfunktionen im Gleichgewicht zu halten, was wichtig für den Abbau von Histamin ist.
Probiotika: Ein gesunder Darm ist wichtig für eine ausgeglichene Histaminproduktion. Probiotika können die Darmflora unterstützen, was wiederum die Funktion der Enzyme verbessern kann, die für den Histaminabbau verantwortlich sind. Dabei sollte darauf geachtet werden, Probiotika zu wählen, die nicht selbst Histamin freisetzen.
Stressmanagement: Stress kann die Freisetzung von Histamin erhöhen. Techniken wie Meditation, Yoga oder Atemübungen können helfen, den Stresspegel zu senken und so die Histaminbalance zu fördern.
Allergene vermeiden: Bei Menschen, die auf bestimmte Allergene empfindlich reagieren, kann die Vermeidung dieser Substanzen helfen, die Histaminproduktion im Körper zu reduzieren. Dazu gehört auch die Reduzierung von Umweltallergenen wie Pollen oder Tierhaare.
Histaminfreie Alternativen wählen: Beim Kochen können frische Lebensmittel anstelle von konservierten, fermentierten oder verarbeiteten Produkten verwendet werden. Frisches Fleisch, Fisch und Gemüse enthalten in der Regel weniger Histamin.
Vermeidung von Alkohol und Rauchen: Alkohol und Nikotin können die Histaminfreisetzung anregen und den Abbau hemmen. Besonders Rotwein enthält hohe Mengen an Histamin, und Alkohol vermindert die Aktivität der Diaminoxidase. Das Reduzieren oder Vermeiden dieser Substanzen kann helfen, den Histaminspiegel zu kontrollieren.
Quellen
- Baenkler, H.-W., et al.: Kurzlehrbuch Innere Medizin. Thieme Verlag, Stuttgart 2010
- Lodish et al.: Molekulare Zellbiologie. 4. Auflage, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, 2001
- Neumeister, B. et al.: Klinikleitfaden Labordiagnostik. Elsevier/Urban & Fischer, München 2009