Purinsynthese

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Körperprozesse Purinsynthese

Mithilfe der Purinsynthese stellen alle Lebewesen Purine her. Purin ist unter anderem ein Bestandteil der DNA-Basen Guanin und Adenin sowie des wichtigen Energieträgers ATP.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Purinsynthese?

Mithilfe der Purinsynthese stellen alle Lebewesen Purine her. Purin ist unter anderem ein Bestandteil der DNA-Basen Guanin und Adenin sowie des wichtigen Energieträgers ATP.

Die Purinsynthese ist ein biochemischer Vorgang, an dessen Ende Purine entstehen. Bei Purinen handelt es sich um organische Verbindungen, die in allen Lebewesen vorkommen. Purine entstehen aus dem Grundstoff α-D-Ribose-5-phosphat. Die menschliche Zelle wandelt den Stoff in mehreren Schritten um. Enzyme katalysieren diesen Prozess und assistieren bei der Umwandlung von einem Zwischenprodukt in das nächste.

Zunächst wandelt ein Enzym das α-D-Ribose-5-phosphat in α-D-5-Phosphoribosyl-1-pyrophosphat (PRPP) um, indem es das Molekül erweitert. Dann folgt die Umwandlung von PRPP und Glutamin in 5-Phosphoribosylamin und Glutamat. Anschließend kann der Körper die Stoffe nicht mehr für die Synthese anderer Produkte nutzen, sondern nur noch für die Purinsynthese.

Durch Anlagerung von Glycin entsteht ein Glycinamidribonukleotid, welches ein Enzym zu einem Formylglycinamidribonukleotid transformiert und danach in Phosphoribosylformylglycinamidin und Glutaminsäure umwandelt. Über die Zwischenprodukte 5-Aminoimidazolribonukleotid, 5-Aminoimodazol-4-Carboxylatribonukleotid, SAICAR, AICAR und FAICAR entsteht schließlich Inosinmonophosphat (IMP). Die Zellen können IMP direkt nutzen, um Adenosin, Guanin und Xanthosin herzustellen.

Purine liegen nicht als freie Moleküle vor, sondern sind immer in Form von Nukleotiden mit anderen Molekülen verbunden. Das fertige Purinmolekül besteht aus Kohlenstoffdioxid, Glycin, zweimal 10-Formyltetrahydrofolsäure, Glutamin und Asparaginsäure.

Funktion & Aufgabe

Ein Teil der Erbinformation, die in Desoxyribonukleinsäure (DNA) gespeichert ist, besteht aus Purinen. Die DNA besteht aus Bausteinen, den Nukleotiden. Diese setzen sich aus einem Zuckermolekül (Desoxyribose), einer Phosphorsäure und einer von vier Basen zusammen. Die Basen Adenin und Guanin sind Purinbasen: Ihr Grundgerüst bildet ein Purin, an das sich weitere Moleküle binden.

Darüber hinaus ist Purin ein Baustein des Adenosintriphosphats (ATP). Dabei handelt es sich um den primären Energieträger im menschlichen Organismus. In Form von ATP ist Energie chemisch gespeichert und steht zahlreichen Aufgaben zur Verfügung. Die Muskeln nutzen das ATP zur Bewegung ebenso wie einige Syntheseprozesse und weitere Vorgänge. In den Muskeln hat ATP außerdem die Wirkung eines Weichmachers: Es sorgt dafür, dass sich die Filamente der Muskeln voneinander lösen können. Der Mangel von ATP nach dem Tod führt deshalb zur Leichenstarre.

Um die gebundene Energie freizusetzen, spalten Zellen und Organellen das ATP in Adenosindiphosphat und Adenosinmonophosphat. Die Spaltung setzt ca. 32 kJ/mol frei. Des Weiteren dient ATP zur Übertragung von Signalen. Innerhalb von Zellen nimmt es bei der Regulation des Stoffwechsels eine Funktion ein. Zum Beispiel dient es als Cosubstrat von Kinasen, zu denen auch die Insulin-stimulierte Proteinkinase gehört, die im Zusammenhang mit dem Blutzucker eine Rolle spielt. Außerhalb von Zellen dient ATP als Agonist an purinergen Rezeptoren und hilft dabei, Signale an Nervenzellen weiterzugeben. ATP taucht unter anderem bei der Signalübertragung im Rahmen der Durchblutungsregulation und der Entzündungsreaktion auf.


Krankheiten & Beschwerden

Die Purinsynthese ist ein komplexer biochemischer Prozess, in dem es leicht zu Fehlern kommen kann. Damit Purin entsteht, müssen spezialisierte Enzyme die verschiedenen Stoffe schrittweise umwandeln. Mutationen können zur Folge haben, dass diese Enzyme nicht richtig kodiert sind. Das Erbgut enthält Informationen darüber, wie die Zellen die Enzyme synthetisieren müssen. Enzyme bestehen aus Protein, das sich wiederum aus langen Ketten von Aminosäuren zusammensetzt. Jede Aminosäure muss am richtigen Platz sein, damit das Enzym die richtige Form erhält und korrekt funktioniert.

Nicht nur in der Herstellung der Enzyme können Fehler auftreten, sondern bereits im genetischen Code. Mutationen sorgen dafür, dass die gespeicherten Informationen zu fehlerhaften oder unvollständigen Aminosäureketten führen. Solche Mutationen können auch die Enzyme betreffen, die an der Purinsynthese beteiligt sind. Die daraus resultierenden Erkrankungen fallen in die Kategorie der Stoffwechselkrankheiten und sind erblich.

Eine Mutation im PRPS1-Gen beispielsweise ruft eine Störung in der Purinsynthese hervor. PRPS1 kodiert das Enzym Ribosephosphat-Diphosphokinase. Die Mutation führt dazu, dass das Enzym zu stark aktiv ist. Durch verschiedene Prozesse befördert diese Überaktivität das Risiko für Gicht. Bei Gicht (Urikopathie) handelt es sich um eine Erkrankung, die schubweise verläuft. Die chronische Gicht entsteht nach mehreren akuten Ausbrüchen. Die Krankheit zerstört die Gelenke; besonders deutlich sichtbar sind häufig die Veränderungen in Händen und Füßen. Schmerzen in den Gelenken, Entzündungen und Fieber gehören ebenfalls zu den Symptomen der Gicht. Darüber hinaus können sich langfristig Verformungen der Gelenke, eine verringerte Leistungsfähigkeit, Nierensteine und Nierenversagen manifestieren.

Eine fehlerhafte Purinsynthese kann sich jedoch nicht nur in Gicht äußern. Eine andere Mutation auf dem PRPS1-Gen ruft eine Verringerung der Aktivität des Enzyms Ribosephosphat-Diphosphokinase hervor. Infolgedessen kommt es zum Rosenberg-Chutorian-Syndrom. Für eine bestimmte Form der Gehörlosigkeit kommt diese Mutation ebenfalls als Ursache in Frage.

Auch andere Gene kodieren die Enzyme der Purinsynthese. Das Gen ADSL gehört ebenfalls dazu. Mutationen am ADSL-Gen führen zu einem Mangel an Adenylosuccinat-Lyase. Dieser Mangel stellt eine seltene Erbkrankheit dar und wird autosomal-rezessiv vererbt. Die Krankheit manifestiert sich bereits bei Neugeborenen, kann aber auch erst im Kindesalter in Erscheinung treten. Die Krankheit zeigt sich eher unspezifisch, zum Beispiel in einer geistigen Behinderung, Epilepsie und Verhaltensstörungen, die dem Autismus ähneln.

Mutationen im ATIC-Gen können die Purinsynthese ebenfalls stören. Dieser Abschnitt der Erbinformation verschlüsselt das bifunktionelle Purinsyntheseprotein, was zur Entstehung von AICA-Ribosidurie führt. Die Literatur dokumentiert nur einen Fall mit Intelligenzverminderung, angeborener Blindheit und Formveränderungen an Knien, Ellenbogen und Schultern.

Quellen

  • Buselmaier, W. et al.: Humangenetik für Biologen. Springer Verlag, Berlin Heidelberg 2005
  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016

Das könnte Sie auch interessieren