Lymphangiom
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 28. Februar 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Ein Lymphangiom ist eine gutartige Gefäßfehlbildung. Es handelt sich dabei um eine Tumorerkrankung der Lymphgefäße, die eher selten auftritt.
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Was ist ein Lymphangiom?
Die Lymphangiome haben ihren Namen ihrem Ursprungsort, den Lymphgefäßen, zu verdanken. Das Gegenstück der Gefäßfehlbildungen im Blutsystem sind die sogenannten Hämangiome. Lymphangiome werden in drei verschiedene Klassen unterteilt:
- Kavernöse Lymphangiome (Lymphangioma cavernosum) treten meist im Gesicht, unter den Achseln, an Armen oder Beinen auf.
- Das kapilläre Lymphangiom (Lymphangioma circumscriptum) findet sich vor allem im Haut- und Schleimhautbereich von Mund und Lippen. Auch im Genitalbereich oder in der Leistengegend kann diese Form in Erscheinung treten.
- Bei einer Gefäßfehlbildung an einer oder mehrerer Stellen des Nackens, des Halses, der Achseln oder des Mittelfells handelt es sich am wahrscheinlichsten um zystische Lymphangiome. Diese werden auch als Lymphangioma cysticum oder als Hygroma cysticum colli bezeichnet.
Gelegentlich wird in der medizinischen Fachliteratur auch eine vierte Form beschrieben. Dieser lymphangiomatöse Gigantismus ähnelt in seinem Erscheinungsbild der Elephantiasis, einer abnormen Vergrößerung eines Körperteils, die durch einen Lymphstau bedingt wird.
Ursachen
Besonders betroffen sind die Halsvene, die beiden Beckenvenen und die Mesenterialvene im Unterbauch. Normalerweise werden zwischen dem Lymphsystem und dem Venensystem Verbindungen ausgebildet, damit die Lymphe in die Venen abfließen kann. Bei Patienten mit Lymphangiomen fehlen diese Verbindungen aber zum Teil. Die Lymphe kann folglich nicht abfließen und es kommt zu einer Erweiterung der Lymphgefäße.
Diese bezeichnet man auch als Lymphangiektasie. Der Tumor, der sich dann in diesen Erweiterungen bildet, besteht aus verschiedenen zystenartigen Gewebestrukturen. Diese sind mit einer eiweißartigen Flüssigkeit gefüllt, die viele eosinophile Granulozyten enthält.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Das Lymphangiom tritt meist schon im frühen Kindesalter erstmals in Erscheinung. In fast 90 Prozent aller Fälle zeigen sich die Gefäßfehlbildungen schon direkt nach der Geburt, spätestens aber bis zum fünften Lebensjahr.
In den meisten Fällen findet sich der Tumor am Hals oder im Nacken. In 20 Prozent der Fälle sitzt er unter den Achseln. Andere Körperteile sind eher selten betroffen. Die gutartigen Tumore können aber auch im Mediastinum, am Brustfell, am Herzbeutel, an der Vulva, am Penis, in der Leistenregion, in den Knochen, an der Bauchspeicheldrüse, an den Eierstöcken oder im gesamten restlichen Bauchraum auftreten.
In den meisten Fällen sind Lymphangiome hell gefärbt oder hautfarben. In den Hohlräumen des kavernösen Lymphangioms finden sich aber häufig auch Einblutungen. An diesen Stellen wird das Lymphangiom dann dunkler und wirkt bläulich bis lila. Während das kapilläre Lymphangiom sich eher in Form kleiner Bläschen zeigt, können das zystische Hygrom und vor allem der lymphangiomatöse Gigantismus größere Geschwülste verursachen.
Je nach Größe und Lage können die Gefäßfehlbildungen auch andere Organe verdrängen und dementsprechende Verdrängungssymptomatiken hervorrufen. So kann es durch eine Einengung der Atemwege beispielsweise zu Atemstörungen, Schluckbeschwerden oder zu einer Zwangshaltung des Kopfes kommen.
Diagnose & Krankheitsverlauf
Am Anfang der Diagnostik steht immer eine sorgfältige Erhebung der Krankengeschichte. Dieser Teil der Diagnosestellung wird auch als Anamnese bezeichnet. Es folgt die körperliche Untersuchung. Um das Lymphangiom aber sicher von anderen Anomalien der Gefäße abgrenzen zu können, muss eine Ultraschalluntersuchung (Sonographie) erfolgen. Beim Ultraschall wird auch geprüft, ob durch die Lage des Lymphangioms andere Organ- oder Gewebestrukturen eingeengt oder verlegt werden. Bei Lymphangiomen im Körperinneren kann eine Magnetresonanztomographie (MRT) erforderlich sein.
Komplikationen
Die Fehlbildungen an den Gefäßen können sich dabei negativ auf die Organe auswirken und diese möglicherweise verdrängen. Dabei kann es zu Atemstörungen oder auch zu Schluckbeschwerden kommen. Durch die Schluckbeschwerden treten nicht selten Schwierigkeiten bei der Einnahme von Nahrung oder von Flüssigkeiten auf. Die Atembeschwerden können im schlimmsten Fall auch zu einem Bewusstseinsverlust führen.
Nicht selten führt das Lymphangiom zu einer Fehlhaltung des Kopfes, sodass es zu Verspannungen oder anderen unangenehmen Beschwerden kommt. Die Behandlung des Lymphangioms erfolgt durch die Entfernung des Tumors. Weiterhin sind die Betroffenen auch nach der Entfernung auf verschiedene Therapien angewiesen. Ein positiver Krankheitsverlauf kann dabei allerdings nicht immer garantiert werden.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Lymphangiome müssen umgehend diagnostiziert und behandelt werden. Andernfalls können die Wucherungen zu Fehlbildungen, chronischen Schmerzen und weiteren Komplikationen führen. Eltern, die bei ihrem Kind eine Schwellung oder einen Knoten entdecken, informieren am besten den Kinderarzt. Auch Allgemeinsymptome wie Fieber, Appetitverlust oder Atemprobleme können auf eine Gefäßfehlbildung hindeuten und sollten untersucht werden. Lymphangiome sind im Normalfall unproblematisch, insofern man sie frühzeitig erkennt und behandelt. Erkrankte Kinder müssen auch nach der Entfernung der Fehlbildung regelmäßig untersucht werden, da ein erhöhtes Risiko für Rezidive besteht.
Wenn ein Elternteil an Fehlbildungen des Lymphsystems leidet, sollte das Kind routinemäßig untersucht werden. Da es sich um eine Erbkrankheit handelt, ist eine gezielte Diagnose möglich, oft noch im Mutterleib. Lymphangiome werden von einem Internisten oder Lymphologen diagnostiziert und behandelt. Eine erste Verdachtsdiagnose kann der Hausarzt stellen. Falls sich die Wucherung im Bereich des Kopfes, der Wirbelsäule oder an den Gliedern befindet, muss der Patient außerdem physiotherapeutisch behandelt werden, um wesentliche Körperfunktionen zu bewahren bzw. wiederherzustellen.
Behandlung & Therapie
Im Gegensatz zu den Hämangiomen bilden sich Lymphangiome in der Regel nicht spontan zurück. In den meisten Fällen werden die Gefäßtumore vollständig entfernt. Diese vollständige Entfernung des Tumors bezeichnet man auch als Exstirpation. Für eine vollständige Heilung muss der Tumor wirklich komplett entfernt werden. Andernfalls kommt es immer wieder zu Rezidiven. Allerdings kann nur etwa ein Drittel aller Lymphangiome direkt bei der ersten Operation komplett entfernt werden.
Oft verbleiben winzige Bläschen entlang der Nerven oder Organe. Sie füllen sich dann später wieder mit Flüssigkeit und bilden ein neues Lymphangiom. Alternativ oder auch in Kombination mit der Operation wird häufig die Lasertherapie angewendet. Vorteil der Behandlung mit dem Laser ist, dass der Eingriff nicht so belastend ist wie eine Operation und zudem nur kleine Narben zurückbleiben. Allerdings sind zur vollständigen Entfernung meist mehrere Behandlungen notwendig.
Medikamentöse Therapien bleiben in der Regel erfolglos. Einzig die Sklerosierung mit Picibanil ist zur medikamentösen Behandlung geeignet. Dabei wird ein speziell behandelter Bakterienstamm (Streptococcus pyogenes) wiederholt in das Lymphangiom gespritzt. Das Verfahren kommt zum Einsatz, wenn das Risiko einer Operation zu groß ist. Sind durch das Lymphangiom Organe beeinträchtigt, kann zusätzlich das Legen einer Magensonde oder einer Tracheostomie nötig sein.
Prinzipiell ist die Prognose des Lymphangioms aber als gut zu werten. Es handelt sich um einen gutartigen Tumor, sodass die vollständige Entfernung auch vollständige Heilung bedeutet. Die Sterblichkeit liegt bei etwa drei Prozent.
Aussicht & Prognose
Das Ausmaß der Fehlbildungen ist letztlich entscheidend für die Prognose bei einem Lymphangiom. Bei einer Vielzahl der Patienten wird eine gute Prognose gestellt, da die vorhandenen Möglichkeiten einer Therapie mit den derzeitigen szenischen Kenntnissen oftmals ausreichen. Bei leichten Veränderungen der Gefäße kann es unter Umständen lebenslang zu einer Beschwerdefreiheit kommen. Häufig wird in diesen Fällen die Diagnosestellung nur durch einen Zufallsbefund ermöglicht. Dennoch ist keine Spontanheilung der Erkrankung zu erwarten, da die Fehlbildungen lebenslang erhalten bleiben. Es gibt keine Behandlungsmöglichkeit die zu einer vollständigen Genesung und damit zu einer Beseitigung der Fehlbildungen führt.
Im Normalfall müssen die Gewebeveränderungen sowie die Gefäße operativ behandelt werden. Es entstehen Tumore, die entfernt werden müssen, damit keine weiteren Komplikationen eintreten. Oftmals wird eine Lasertherapie angewendet, um die Narbenbildung zu minimieren. Verlaufen die Eingriffe ohne weitere Störungen, ist mit einer deutlichen Linderung der Beschwerden zu rechnen. Dennoch sollten lebenslang in regelmäßigen Abständen Kontrollen stattfinden, um die Funktionstätigkeit der Gefäße zu überprüfen.
Die Gestaltung der Lebensführung ist trotz aller Bemühungen bei einem Lymphangiom eingeschränkt. Die körperliche Belastbarkeit sollte den Vorgaben des Organismus angepasst werden und Überanstrengungen sind zu vermeiden. Es bestehen bei dieser Erkrankung stets Risiken für die Entwicklung akuter Situationen, die es zu minimieren gilt.
Vorbeugung
Da die genauen Ursachen des Lymphangioms noch ungeklärt sind, kann man der Erkrankung nicht vorbeugen.
Nachsorge
Die Art und Dauer der Nachsorge richtet sich nach der Lage und Behandlung des Lymphangioms. Oftmals sind keine Nachsorge-Maßnahmen notwendig. Wurde der gutartige Tumor operativ entfernt, sollte die Heilung der Operationsnarben beobachtet werden. Kommt es zu postoperativen Komplikationen, wird eine intensive Nachsorge notwendig.
In der Regel wird nach erfolgreicher Entfernung im Zuge von mehreren Kontrolluntersuchungen untersucht, ob es zu einem Wiederauftreten eines Lymphangioms kommt. An manchen Körperregionen wie etwa im Bereich der Brust können Betroffene dies selbst durch regelmäßiges Abtasten feststellen. Dennoch sind auch in diesen Fällen regelmäßige Untersuchungen durch einen Arzt anzuraten.
Das genaue Intervall der Kontrollen wird vom jeweiligen Facharzt festgelegt. Sobald die Betroffenen wieder Veränderungen wahrnehmen, sollten sie daher unabhängig von den vereinbarten Kontrollintervallen einen Facharzt konsultieren. Die Betroffenen sollten bei wiederkehrenden Auffälligkeiten engmaschig überwacht werden.
Das können Sie selbst tun
Das Lymphangiom ist medizinisch noch nicht vollständig erforscht. Aus diesem Grund sind die Möglichkeiten der Selbsthilfe nicht ausreichend bekannt. Zum Schutz vor weiteren Hautreizungen ist eine direkte Sonneneinstrahlung zu vermeiden. Ebenfalls sollten kosmetische Produkte nur in Rücksprache mit dem Arzt ausgesucht und verwendet werden. Es ist darauf zu achten, dass die gutartigen Tumore im Gesicht oder am Hals nicht ungewollt aufgekratzt werden, da es sonst zu Entzündungen kommen kann. Zusätzlich sollte bei einem Befall der Schleimhäute im Mund der Konsum von säurehaltigen oder scharfen Lebensmitteln unterlassen werden.
Patienten wie Angehörige können in Selbsthilfegruppen sowie Foren einen Austausch mit anderen Betroffenen in Anspruch nehmen. Alltägliche Tipps und Hinweise zum Umgang mit der Erkrankung im Alltag werden in einer vertrauensvollen Atmosphäre besprochen. Dies stabilisiert bei vielen Betroffenen die psychische Verfassung, nimmt Ängste und führt zu einer Klärung offener Fragen. Neueste Erfahrungen werden auf diesem Weg miteinander besprochen und können zu einer Verbesserung des allgemeinen Wohlbefindens verhelfen.
Zur Lockerung von Verspannungen helfen regelmäßige Massagen. Je nach Ort und Umfang kann der Patient selbst oder mithilfe der Angehörigen durch kreisende Bewegungen den Muskelbeschwerden vorbeugen sowie sie lösen. Für die Schultern und den Nackenbereich ist zudem eine ausreichende und kontinuierliche Wärmezufuhr wohltuend.
Quellen
- Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
- Luther, B. (Hrsg.): Kompaktwissen Gefäßchirurgie. Springer, Berlin 2011
- Preiß, J. et al.(Hrsg.): Taschenbuch Onkologie. Zuckschwerdt, München 2014