Meissner-Körperchen

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 9. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Meissner-Körperchen sind RA-Mechanorezeptoren, die Druckveränderungen wahrnehmen und zu den Differentialrezeptoren gehören. Meissner-Körperchen melden ausschließlich Druckveränderungen und adaptieren an gleichbleibende Druckreize. Fehlwahrnehmungen der Rezeptoren haben ihre Ursache oft im Zentralnervensystem.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Meissner-Körperchen?

Meissner-Körperchen sind schnell adaptierende RA- und Differentialrezeptoren. Die generierte Aktionspotentialfrequenz der Sensoren steht in Proportion zur Geschwindigkeit einer Druckreizveränderung.
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Rezeptoren sind die erste Stelle der menschlichen Wahrnehmung. Diese Sinneszellen detektieren bestimmte Reize und wandeln die Erregung außerdem in eine Sprache um, die das zentrale Nervensystem versteht und verarbeiten kann.

Für den aktiv haptischen und passiv taktilen Tastsinn spielen neben den Thermorezeptoren für Temperaturen und den Nozizrezeptoren für Schmerz vor allem die Mechanorezeptoren für mechanisch einwirkende Kräfte wie Druck, Vibration und Berührung eine Rolle. Die Mechanorezeptoren des Menschen entsprechen entweder PC-, SA- oder RA-Rezeptoren. Die Meissner-Tastkörperchen oder kurz Meissner-Körperchen sind schnell adaptierende RA-Rezeptoren in der Leistenhaut. Benannt wurden die Sensoren nach ihrem Entdecker Georg Meissner.

Bei den Meissner-Körperchen handelt es sich um Druckrezeptoren, die in die Klasse der sogenannten Differentialrezeptoren fallen und damit Reizänderungen messen. Meissner-Körperchen sind zur Adaption an einen gleichbleibenden Druckreiz in der Lage und geben statt Informationen zu dauerhaft gleichbleibendem Druck nur Informationen zu Druckänderungen ans zentrale Nervensystem weiter. Die Sensoren zählen außerdem zur Gruppe der Lamellenkörperchen.

Anatomie & Aufbau

Meissner-Körperchen sitzen vor allem in der Fingerbeere und in den Lippen. In behaarten Hautarealen und damit der Felderhaut sind keine Meissner-Körperchen vorhanden. Die Rezeptoren liegen im Stratum papillare der Dermis innerhalb aller Arealen der Leistenhaut.

Die Sensoren sind zwischen 100 und 150 µm lang und weisen die Form eines Zapfens auf. Nach Außen sind die Rezeptororgane von einer Kapsel aus Bindegewebe umgeben, die als Perineuralscheid bekannt ist und die Körperchen im umliegenden Gewebe fixiert. In dieser bindegewebigen Kapsel liegen Nervenfasern, die weitestgehend von isolierendem Myelin umgeben sind. Das Myelin verbessert die Leitfähigkeit des Nervengewebes und schützt die Nerven vor Potenzialverlust. Die Meissner-Körperchen sind von fünf bis zehn Myelinscheiden in Form von Schwann-Zellen ummantelt, die in Stapelform übereinander liegen.

Die Endigungen der Nervenfasern sind innerhalb der Perineuralscheide nicht myelinisiert und stehen daher offen den Druckreizen der Umgebung gegenüber. Bei Druckexposition generieren die offenen Nervenendigungen Aktionspotentiale. Jedes Meissner-Körperchen ist besitzt eine Breite von rund 40 bis 70 μm und ist an bis zu sieben dendritische Axone angebunden, die sich schraubenförmig um die Zelle winden.

Funktion & Aufgaben

Meissner-Körperchen sind schnell adaptierende RA- und Differentialrezeptoren. Die generierte Aktionspotentialfrequenz der Sensoren steht in Proportion zur Geschwindigkeit einer Druckreizveränderung. Das rezeptive Feld eines Meissner- Körperchens ist flächenmäßig stark begrenzt und besitzt ein hohes Auflösungsvermögen, was zu einer besseren Differenzierung von eng aneinander gelegenen Druckreizen führt. Meissner-Körperchen erzeugen nur dann ein Aktionspotenzial, wenn sich die Reizstärke verändert. So reagieren sie zum Beispiel darauf, wenn die Haut eingedrückt wird. Sobald sie sich aber an die neue Tiefposition der Haut angepasst haben, geben sie keine Signale mehr ab.

Ihre Adaptation an einen gleichbleibenden Druckreiz findet mit einer Geschwindigkeit von 50 bis 500 ms statt. Meissner-Körperchen spielen nicht nur für den menschlichen Tastsinn gerade durch ihre Adaptionsfähigkeit gegenüber Druck eine Schlüsselrolle und sind zum Beispiel der Grund, aus dem der Mensch Kleidung auf der Haut nach kurzer Zeit nicht mehr als auffälligen Berührungsreiz empfindet. Gemeinsam mit den mechanorezptiven Merkel-Zellen zur Messung von Druckintensität, den Ruffini-Körperchen für Dehnungsreize und den Vater-Pacini-Lamellenkörperchen für Vibration bilden die Meissner-Körperchen ein System aus besonders spezialisierten Sinneszellen, das sämtliche Berührungsreize auf der Haut zu registrieren und zu systematisieren vermag.

An der Nervenfaser der Meissner-Körperchen werden bei Druckveränderungen Aktionspotentiale einer bestimmten Ruhefrequenz generiert. Zunächst steigt die Frequenz des Potentials steil an, aber fällt unmittelbar nach dem Anstieg wieder auf den Ruhewert ab, obwohl der auslösende Reiz noch immer einwirkt. Wenn der Reiz aufhört, fällt die Frequenz der Meissner-Körperchen unter den Ruhewert und kehrt wieder dazu zurück. Das Antwortverhalten der Meissner-Körperchen wird dynamische oder phasische Antwort genannt. Außer den Meissner-Körperchen sind auch die Haarfollikel Differentialrezeptoren.


Krankheiten

In den meisten Fällen liegen Fehlfunktionen der Meissner-Körperchen nicht an einer Schädigung in den Sinneszellen selbst. Die meisten scheinbar rezeptorassoziierten Erkrankungen gehen auf eine Schädigung der reizübertragenden Nervenbahnen zurück.

Solche Schädigungen können zum Beispiel die Folge von zentralnervösen Nervengewebsentzündungen sein, wie sie bei Erkrankungen wie der Autoimmunerkrankung Multiple Sklerose vorliegen. Außerdem können Schlaganfälle, Rückenmarksinfarkte, Polyneuropathien des peripheren Nervensystems oder Tumore des Zentralnervensystems Fehlwahrnehmungen der Meissner-Körperchen verursachen. Von nervenassoziierten Erkrankungen sind tatsächlichen Rezeptorerkrankungen zu unterscheiden, denen oft eine systembeeinträchtigende Vergiftung vorausgeht. In anderen Fällen werden tatsächliche Rezeptorerkrankungen durch eine Rezeptor-Mutation verursacht. Wenn eine solche Mutation vorliegt, dann treten die Symptome anders als bei den nervenassoziierten Erkrankungen schon unmittelbar nach der Geburt ein.

Die nervenassoziierten Erkrankungen mit scheinbarem Rezeptorzusammenhang rufen außerdem meist generelle Sensibilitätsstörungen hervor und äußern sich klinisch so nicht ausschließlich als Fehlwahrnehmung der Meissner-Körperchen. Bei rezeptorassoziierten Erkrankungen durch Mutationen entstehen aufgrund der Mutation defekte Rezeptoren. Damit sind die Sinneszellen beispielsweise nicht mehr zur Ligandenbindung, zur Signalübermittelung oder zur Signaltransduktion in der Lage. Andere Mutationen bauen Meissner-Körperchen nicht in ausreichender Menge ein oder stellen sie von vornherein nicht in hinzureichenden Maß her. Rezeptorassoziierte Erkrankungen sind außerdem die sogenannten Ionenkanal-Krankheiten, die das Meissner-Körperchen nur unzureichende Aktionspotenziale generieren lassen.

Quellen

  • Aumüller, G., et al.: Duale reihe Anatomie. Thieme, Stuttgart 2017
  • Frotscher, M., et al.: Taschenatlas Anatomie, Band 3: Nervensystem und Sinnesorgane. Thieme, Stuttgart 2018
  • Renz-Polster, H., Krautzig, S. (Hrsg.): Basislehrbuch Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2012

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