Morbus Alexander
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 5. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Morbus Alexander ist eine sehr selten auftretende tödliche Erkrankung, bei der die weiße Substanz im Gehirn und Rückenmark zerstört wird. Sie ist auch unter dem Namen Alexander-Syndrom, Alexander-Krankheit und dysmyelinogene Leukodystrophie bekannt.
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Was ist Morbus Alexander?
Der Pathologe William Stewart Alexander beschrieb Morbus Alexander erstmals als Krankheit. Sie zählt zu den Leukodystrophie-Erkrankungen. Dies sind genetisch bedingte Stoffwechselerkrankungen, bei denen die weiße Substanz des Nervensystems degeneriert. Beim Alexander-Syndrom ist die weiße Substanz im Gehirn und im Rückenmark betroffen.
Von den anderen Leukodystrophie-Erkrankungen unterscheidet sich Morbus Alexander durch den Befall spezieller Gewebezellen im Nervensystem, den Astrozyten, mit Rosenthal-Fasern. Die Rosenthal-Fasern sind wurmförmige Einschlüsse in der Zelle. Die Krankheit ist in vier Formen eingeteilt, die vom Alter der Betroffenen abhängig sind. Die infantile Form ist die häufigste. Sie tritt bei Kleinkindern auf. Des Weiteren gibt es die neonatale Form bei Neugeborenen, die juvenile bei Jugendlichen und die adulte bei Erwachsenen.
Mitunter verwenden Wissenschaftler nur für die infantile Form die Bezeichnung Morbus Alexander. An der infantilen Form leiden Jungen häufiger als Mädchen. Die Seltenheit dieser Erkrankung zeigt sich darin, dass Ärzte die Zahl der wissenschaftlich untersuchten Erkrankten weltweit auf etwa 150 Personen schätzen. In Deutschland gab es 2011 nur 50 nachgewiesene Fälle.
Ursachen
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Die Krankheit äußert sich je nach Alter unterschiedlich. Bei der infantilen Form sind deutliche Entwicklungsstörungen bei der Motorik und Sensorik festzustellen. Zudem kommt es zu Störungen der Bewegungskoordination. Neben der Vergrößerung des Schädels ist ein weiteres Symptom die Vergrößerung des Gehirns. Die Betroffenen haben Schluckschwierigkeiten und leiden an Spastizität, also der Kontraktion einzelner Muskeln oder Muskelgruppen und Krampfanfällen.
Bei der neonatalen Form treten die gleichen Symptome auf und verstärken sich in einem viel geringeren Zeitraum. Die Symptome der juvenilen Form sind fallabhängig. Es treten nicht alle Anzeichen der Krankheit auf. Mitunter haben jugendliche Patienten keine Krampfanfälle und leiden nicht an Spastizität. Auch die als Makrozephalus bezeichnete Vergrößerung des Schädels tritt bei Erkrankten der juvenilen Form seltener auf.
Die typischen Beschwerden der Alexander-Krankheit treten bei der adulten Form wesentlich seltener und in milderer Gestalt auf. Jedoch haben Ärzte festgestellt, dass bei Erwachsenen der Hirnstamm in größerem Maße von der Zerstörung betroffen ist. Es kommt zu Sprachstörungen und unwillkürlichen Zuckungen des Gaumenzäpfchens.
Diagnose & Krankheitsverlauf
Morbus Alexander ist eine Krankheit, die tödlich verläuft. Sie führt zu schweren Behinderungen und endet mit Herz-Kreislauf-Versagen. Nach Entdeckung der Krankheit war es zunächst üblich, eine Diagnose durch eine Biopsie, der Entnahme einer Gewebeprobe, zu stellen. Mittlerweile erfolgt eine Kernspintomographie des Gehirns um die Diagnose einer juvenilen Form zu überprüfen.
Um die Diagnose als gesichert zu sehen, gehen Ärzte von vier Kriterien bei der Auswertung des Gehirnscans aus:
- Das erste Kriterium ist eine Veränderung der zentralen weißen Substanz im Gehirn.
- Eine weitere Bestätigung ist das Vorliegen eines periventrikulären Saums. Dabei zeigen sich in bestimmten Hirngebieten abhängig vom Aufnahmetyp des Scans dunklere oder hellere Zonen, die bei einer normalen Entwicklung nicht diese farbliche Abstufung haben.
- Ebenso ist die Anreicherung von bestimmten Hirnregionen mit Kontrastmittel ein Indiz für die Erkrankung.
- Als viertes Kriterium gelten anatomische Auffälligkeiten im Bereich des Thalamus, des Hirnstamms und der Basalganglien, die sich unterhalb der Großhirnrinde befinden. Bei Erwachsenen sind erkennbarer Gewebsschwund und Signalveränderungen im Hirnstamm und Rückenmark zusätzliche Hinweise.
Komplikationen
Weiterhin kommt es zu Beschwerden beim Schlucken und zur Ausbildung einer Spastik. Die Schluckbeschwerden können auch zu Schwierigkeiten bei der Einnahme von Nahrung oder Flüssigkeiten führen. Nicht selten sind auch die Eltern der Betroffenen stark durch den Morbus Alexander betroffen und leiden dabei an psychischen Beschwerden oder auch an Depressionen. Im weiteren Verlauf der Erkrankung kommt es zu Sprachstörungen, welche auch zu Mobbing oder zu Hänseleien bei Kindern führen können.
Die Lebensqualität des Patienten wird durch den Morbus Alexander erheblich eingeschränkt. Auch die Lebenserwartung des Betroffenen ist durch die Krankheit verringert, sodass es schließlich aufgrund von Herzversagen zum Tode des Betroffenen kommt. Die Behandlung der Krankheit kann die Beschwerden nur mindern, sie allerdings nicht vollständig lösen. Weiterhin benötigen die Angehörigen oder die Eltern nicht selten eine psychologische Behandlung, um mit den psychischen Belastungen klarzukommen.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Werden bei einem heranwachsenden Kind Entwicklungsstörungen in verschiedenen Bereichen bemerkt, sollte grundsätzlich ein Arzt konsultiert werden. Bei körperlichen wie auch geistigen Auffälligkeiten ist die Durchführung einer ärztlichen Untersuchung anzuraten, damit eine Abklärung der Symptome erfolgt. Störungen und Unregelmäßigkeiten der Bewegungsabläufe, der Motorik insgesamt sowie der Sensomotorik sind untersuchen und behandeln zu lassen.
Kommt es im direkten Vergleich zu gleichaltrigen Kindern zu Verhaltensauffälligkeiten und Unstimmigkeiten bei der Fortbewegung, wird medizinische Hilfe benötigt. Da Morbus Alexander einen tödlichen Verlauf hat, sollte bereits bei den ersten Anzeichen und dem Verdacht einer möglichen gesundheitlichen Problematik ein Arztbesuch erfolgen.
Durch einen individuellen Behandlungs- und Therapieplan können vorhandene Symptome medizinisch versorgt werden und damit die Lebensqualität des Erkrankten erheblich verbessert werden. Bei Störungen der Sprachgebung, Krämpfen, einem Anfallsleiden oder Spastiken ist ein Arztbesuch notwendig. Kommt es zu Auffälligkeiten des Muskelapparates, Kontraktionen einzelner Muskelfasern oder wird eine vergrößerte Kopfform wahrgenommen, sollte ein Arzt aufgesucht werden.
Eine optische Besonderheit des Skelettsystems ist häufig ein Anzeichen einer gesundheitlichen Störung. Sie sollte unverzüglich mit einem Arzt besprochen werden. Störungen der Willkürbewegung sind weitere Hinweise für eine vorliegende Erkrankung. Insbesondere eine Unregelmäßigkeit des Gaumenzäpfchens weist auf Morbus Alexander hin und ist einem Arzt vorzustellen.
Behandlung & Therapie
Die verschiedenen Formen verlaufen unterschiedlich lang und schwer. Erkrankte Säuglinge sterben nach wenigen Monaten. Erwachsenen, Kindern und Jugendlichen ist es möglich, mit dieser Krankheit jahrelang zu leben. Die infantile Form zeigt die ersten Symptome im Alter zwischen sechs Monaten und einem Jahr. Entgegen der infantilen Form treten die anderen gleichermaßen bei Jungen und Mädchen auf. Die juvenile Variante beginnt im ersten oder zweiten Lebensjahrzehnt. Die adulte Form bricht im Alter zwischen 20 und 45 aus.
Es gibt keine Heilung und eine Therapie ist nicht möglich. Die Behandlung versucht lediglich die Symptome der Alexander-Krankheit zu mildern oder zu therapieren. Sie erfolgt mit Antiepileptika, Antispastika oder krampflösenden und schmerzstillenden Medikamenten. Schwierigkeiten bei der Nahrungsaufnahme durch die mit der Krankheit einhergehenden Schluckbeschwerden erfordern bei manchen Patienten das Anlegen einer Magensonde.
Weitere Maßnahmen sind Krankengymnastik, Ergotherapien und Logopädie. Physiotherapien lindern das Verkrampfen der Gliedmaßen. In jedem Fall ist nicht nur der Patient in Behandlung, sondern auch die betroffenen Familienangehörigen benötigen eine unterstützende Beratung.
Aussicht & Prognose
Die Prognose bei Morbus Alexander ist generell schlecht. Eine Heilung ist nach derzeitigem Stand der Forschung ausgeschlossen. Betroffene Kinder sterben in der Regel innerhalb der ersten zehn Lebensjahre. Die konkrete Prognose des Erkrankten hängt vor allem von der Form und dem Ausbruchsalter der Erkrankung ab.
Nach Ausbruch von Morbus Alexander kommt es innerhalb weniger Monate bis Jahre zu schweren Mehrfachbehinderungen, die zum Tod durch Herz-Kreislaufversagen führen. Am schnellsten schreitet die Erkrankung bei der neonatalen Form voran. Die betroffenen Kinder sterben in der Regel noch im Kleinkindalter. Etwas milder verläuft die juvenile Form von Morbus Alexander. Dabei treten neurologische Defizite erst deutlich später auf. Zu Symptomen wie Krampfanfällen und Spastizität kommt es bei dieser Form ebenfalls erst erheblich später oder gar nicht. Langfristig führt die Erkrankung auch bei dieser Verlaufsform zum Tod des Patienten.
Über die Prognose der adulten Form von Morbus Alexander lassen sich keine konkreten Aussagen treffen. In der Regel verläuft sie wesentlich milder als die Krankheitsformen im Kindesalter. So gibt es häufig langandauernde Verläufe mit einer vorerst nur geringen Beeinträchtigung wie Schluck- und Sprechstörungen.
Vorbeugung
Da für Morbus Alexander eine meist spontane Mutation verantwortlich ist, gibt es keine vorbeugenden Maßnahmen. Die Wahrscheinlichkeit, dass Eltern betroffener Kinder erneut ein Kind mit dieser Mutation bekommen, liegt nach wissenschaftlichen Annahmen bei einen Prozent. Dennoch empfehlen Ärzte bei dem Auftreten der Krankheit im Familienkreis eine genetische Beratung und pränatale Diagnostik.
Nachsorge
Morbus Alexander ist eine unheilbare Erkrankung, die in der Regel tödlich verläuft. Die Nachsorge konzentriert sich auf die Betreuung der verbleibenden Angehörigen nach dem Tod des Kindes. Der Arzt stellt den Kontakt zu einem geeigneten Therapeuten und einer Selbsthilfegruppe her. Es gilt, die Trauer zu verarbeiten, um wieder Lebensqualität zu gewinnen. Wichtig ist hierbei auch das Verstehen der Erkrankung.
Darüber hinaus helfen allgemeine Maßnahmen wie Sport und Ruhe dabei, das Trauma zu verarbeiten. Welche davon für den Einzelnen im Detail sinnvoll sind, muss mit dem zuständigen Arzt besprochen werden. Eine Nachsorge im eigentlichen Sinne existiert bei Morbus Alexander nicht. Entscheiden sich die Eltern dafür, erneut ein Kind zu bekommen, kann ein Gentest durchgeführt werden.
Durch die genetische Untersuchung wird das Risiko einer Erkrankung bei dem zweiten Kind abgeschätzt. Im Rahmen der anschließenden Beratung werden mit den Eltern die Möglichkeiten besprochen. Bei einem hohen Krankheitsrisiko ist eine erneute Schwangerschaft nicht sinnvoll. Fällt das Risiko gering aus, müssen die werdenden Eltern zudem engmaschig betreut werden.
Das können Sie selbst tun
Morbus Alexander ist eine schwerwiegende Erkrankung, die nicht ursächlich behandelt werden kann. Die Eltern von betroffenen Kindern sollten frühzeitig therapeutische Unterstützung in Anspruch nehmen. In einer Selbsthilfegruppe für betroffene Eltern lernen die Angehörigen, mit der Erkrankung umzugehen und den meist negativen Verlauf zu verarbeiten.
Als wichtige Begleitmaßnahme gilt eine physiotherapeutische Behandlung, die von den Eltern Zuhause fortgeführt werden kann. Krankengymnastik und Ergotherapie können die Beschwerden zwar nicht lösen, den Krankheitsverlauf aber verlangsamen. Zudem erhöhen körperliche Bewegung und Förderung die Lebensqualität des Kindes. Ebenso wichtig ist eine engmaschige Überwachung durch den Arzt. Die Eltern sollten ebenfalls sorgfältig auf ungewöhnliche Symptome achten und im Zweifelsfall den ärztlichen Notdienst anrufen. Abhängig von der Art und Ausprägung des Morbus Alexander müssen Termine bei einem Logopäden und anderen Fachärzten organisiert und notwendige Hilfsmittel angeschafft werden.
Personen, die an der adulten Form des Morbus Alexander leiden, sollten ebenfalls einen Psychologen aufsuchen. Zu Beginn kann der Fortschritt der Erkrankung durch Sport und diätetische Maßnahmen verlangsamt werden. Beim Auftreten der Krankheit im Familienkreis ist eine genetische Beratung zu empfehlen.
Quellen
- Grehl, H., Reinhardt, F.: Checkliste Neurologie. Thieme, Stuttgart 2012
- Masuhr K., Masuhr, F., Neumann, M.: Duale Reihe Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013
- Mattle, H., Mumenthaler, M.: Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013