Morbus Fabry (Fabry-Syndrom)

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 10. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Morbus Fabry (Fabry-Syndrom) ist eine seltene erblich bedingte Stoffwechselerkrankung mit fortschreitendem Verlauf, die auf eine Störung des Fettabbaus in den Körperzellen infolge eines Enzymmangels zurückzuführen ist. Dabei weisen männliche Betroffene einen ausgeprägteren Verlauf auf als weibliche. Durch eine Enzymersatztherapie lässt sich Morbus Fabry in seinem Verlauf verlangsamen und Folgeerkrankungen einschränken.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Morbus Fabry?

Morbus Fabry ist ein genetisch bedingter Mangel des Enzyms Alpha-Galaktosidase, der zu einer Störung des Fettabbaus in den Lysosomen der Zellen führt (lysosomale Speicherkrankheit).
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Als Morbus Fabry oder Fabry-Syndrom wird eine seltene genetisch bedingte Stoffwechselerkrankung bezeichnet, die mit einer Störung der Enzymaktivität einhergeht.

Bei Morbus Fabry liegt ein organismusweiter Mangel des Enzyms Alpha-Galaktosidase infolge einer verminderten bzw. fehlenden Synthese des Enzyms vor. Alpha-Galaktosidase regelt den Abbau bestimmter Fettstoffwechselsubstanzen in den Lysosomen (für den Abbau körperfremder Substanzen zuständige Zellorganellen).

Durch die vorliegende Störung dieses Fettabbaus lagern sich Glykosphingolipide, in erster Linie Zeramidtrihexosid, in den Zellen ab, was zu den für Morbus Fabry charakteristischen Zellschädigungen bis zu deren Absterben führt.

Ursachen

Morbus Fabry ist ein genetisch bedingter Mangel des Enzyms Alpha-Galaktosidase, der zu einer Störung des Fettabbaus in den Lysosomen der Zellen führt (lysosomale Speicherkrankheit). Hierbei liegt bei Morbus Fabry ein Gendefekt auf dem X-Chromosom (X-chromosomal vererbte Erkrankung) vor, der eine gestörte Synthese des Enzyms zur Folge hat.

Dies äußert sich bei Morbus Fabry entweder in einem vollständigen Fehlen oder einer verminderten Konzentration von Alpha-Galaktosidase im Organismus oder der Synthese einer inaktiven oder lediglich schwach aktiven Form des Enzyms.

Die dadurch bedingte Akkumulation von Glykosphingolipiden, insbesondere des nicht abbaufähigen Zeramidtrihexosid, in den Endothel- (innenwändige Zellen der Lymph- und Blutgefäße) und glatten Muskelzellen der Blutgefäße sowie in den Nervenzellen des zentralen und peripheren Nervensystems ruft die für Morbus Fabry signifikanten Symptome hervor.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Charakteristisch für Morbus Fabry ist, dass Männer davon deutlich stärker und öfter betroffen sind als Frauen. Bei Frauen beginnt die Erkrankung in der Regel später mit einem insgesamt milderen Krankheitsverlauf. Die ersten Symptome treten bereits im ersten Lebensjahrzehnt auf. So kommt es zu plötzlichen Schmerzattacken in Füßen und Händen.

Die Schmerzen klingen innerhalb einiger Tage wieder ab. Des Weiteren leiden die Patienten an Kribbeln und Brennen in den Händen und Füßen, welches sich durch Temperaturschwankungen noch verstärken kann. Außerdem werden häufig auch Übelkeit, Erbrechen und Durchfall bei den Kindern beobachtet. Das kann zur Unterernährung durch chronische Appetitlosigkeit führen. Die Schweißabsonderung ist oft vermindert.

Dadurch kann es bei körperlicher Anstrengung zu einem Hitzeschock kommen. Manche Patienten schwitzen auch vermehrt. Am Gesäß, der Leistengegend, den Oberschenkeln oder Bauchnabel entwickeln sich sogenannte Angiokeratome. Dabei handelt es sich um gutartige rot-violette Hauterhebungen, die durch lokale Erweiterung von Blutgefäßen hervorgerufen werden.

Sehr früh können auch Hornhauttrübungen auftreten. In späteren Stadien werden zunehmend Nieren, Herz und Gehirn in Mitleidenschaft gezogen. Ohne Behandlung führen diese Organbeteiligungen im Laufe des Krankheitsverlaufes unweigerlich zum Tod. Die Niereninsuffizienz beginnt meist im zweiten oder dritten Lebensjahrzehnt und galt früher als die häufigste Todesursache bei Morbus Fabry.

Des Weiteren treten häufig Herzerkrankungen wie Angina Pectoris, Herzrhythmusstörungen oder Herzklappenfehler auf. Oft kommt es auch bereits vor dem 50. Lebensjahr zu Schlaganfällen, die durch Gefäßveränderungen im Gehirn verursacht werden.

Diagnose & Verlauf

Bei Morbus Fabry gründet sich ein Erstverdacht auf charakteristischen Symptomen wie Augenveränderungen (Hornhautveränderungen, Linsentrübungen), blauroten bis schwärzlichen Veränderungen der Haut und Schleimhäute (sogenannte Angiokeratome), Parästhesien (Kribbeln und/oder taubes, brennendes Gefühl in Händen oder Füßen), Störungen der Wärmeregulation des Körpers (verminderte oder erhöhte Schweißbildung) sowie Schwerhörigkeit und Proteinurie (Eiweiß im Harn).

Gesichert wird die Diagnose eines Morbus Fabry durch die Bestimmung der Alpha-Galaktosidaseaktivität und Zeramidtrihexosid-Konzentration im Blut. Eine fehlende bzw. verminderte Aktivität des Enzyms sowie eine erhöhte Zeramidtrihexosid-Konzentration deuten auf ein Morbus Fabry. Darüber hinaus kann die Diagnose anhand einer Nierenbiopsie und eines Gentests abgesichert werden.

Morbus Fabry weist in der Regel einen progredienten, letalen (tödlichen) Verlauf auf und führt unbehandelt zu Schädigungen an Nieren (Niereninsuffizienz), Herz (Herzklappeninsuffizienz) sowie Gehirn (ischämische Insulte). Allerdings lassen sich die Beschwerden und Folgeerkrankungen von Morbus Fabry durch einen frühzeitigen Therapiebeginn begrenzen.

Komplikationen

Durch den Morbus Fabry leiden die Betroffenen an starken Schmerzen. Diese können dabei auch in Form von Ruheschmerzen auftreten und vor allem in der Nacht zu Schlafstörungen oder zu anderen Beschwerden führen. Auch Störungen der Sensibilität oder Lähmungen von verschiedenen Körperbereichen können auftreten und dabei den Alltag des Patienten erschweren.

Die Betroffenen leiden auch an einer erhöhten Schweißbildung und an verschiedenen Veränderungen an der Haut. Diese können sich auch negativ auf die Ästhetik des Patienten auswirken. Sollte der Morbus Fabry nicht behandelt werden, so kann es auch zu Beschwerden am Herz-Kreislauf-System kommen, welche im schlimmsten Falle zum Tode des Betroffenen führen können. Die Lebensqualität des Patienten wird durch den Morbus Fabry deutlich verringert.

Ebenso kann sich eine Schwerhörigkeit oder im schlimmsten Falle auch eine vollständige Taubheit ausbilden. Die Betroffenen können auch eine Niereninsuffizienz erleiden und an dieser sterben. Die Behandlung des Morbus Fabry erfolgt mit Hilfe von Infusionen. In der Regel sind die Betroffenen auf eine lebenslange Therapie angewiesen, da eine kausale Behandlung der Krankheit nicht möglich ist. In einigen Fällen ist auch die Transplantation einer Niere notwendig. Die Patienten müssen ebenfalls auf eine gesunde Lebensweise achten und in der Regel auf Nikotin verzichten.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Schmerzen sowie Schmerzattacken sollten einem Arzt vorgestellt werden. Treten sie auf, besteht schnellstmöglich Handlungsbedarf. Auf die Einnahme von Schmerzmedikamenten ist bis zur Rücksprache mit dem behandelnden Arzt zu verzichten, da ein hohes Risiko möglicher Komplikationen besteht. Bei Erbrechen, Durchfall, Übelkeit oder einem allgemeinen Unwohlsein wird ein Arzt benötigt. Kommt es zu Appetitlosigkeit oder ungewollter Gewichtsabnahme, sollte ein Arztbesuch zur Abklärung der Ursache erfolgen. Eine verminderte Schweißproduktion ist ein Anzeichen einer gesundheitlichen Beeinträchtigung, die untersucht werden sollte. Tritt bei körperlicher Anstrengung ein Gefühl der inneren Trockenheit ein, droht in schweren Fällen eine Dehydration. Damit erleidet der Erkrankte einen potentiell lebensgefährlichen Zustand, der schnellstmöglich behandelt werden muss.

Bei Schwankungen der Körpertemperatur oder Empfindungsstörungen wird ebenfalls ein Arzt benötigt. Ein kribbelndes Gefühl in den Gliedmaßen oder ein Brennen sollten einem Arzt vorgestellt werden. Eine Sehstörung oder eine Trübung der Hornhaut sind Anzeichen einer Erkrankung, die untersucht und behandelt werden muss. Bei allgemeinen Funktionsstörungen, Unregelmäßigkeiten des Herzrhythmus sowie Durchblutungsstörungen ist ein Arztbesuch anzuraten.

Eine verminderte Leistungsfähigkeit oder anhaltende psychische Probleme sind mit einem Arzt zu besprechen, damit eine Klärung der Ursache erfolgen kann. Da Morbus Fabry unbehandelt zum Tod des Betroffenen führen kann, sollte bereits bei den ersten Unstimmigkeiten ein Arztbesuch stattfinden.

Behandlung & Therapie

Morbus Fabry wird in der Regel im Rahmen einer Enzymersatztherapie mit gentechnisch synthetisierter Alpha-Galaktosidase kausal behandelt. Durch die Infusion von synthetischer Alpha-Galaktosidase wird der Enzymmangel kompensiert und die Beschwerden gelindert, indem die in den Zellen eingelagerten Stoffwechselprodukte sukzessiv abgebaut werden, während gleichzeitig einer weiteren Akkumulation vorgebeugt wird.

Entsprechend kann durch eine Enzymersatztherapie ein Fortschreiten der Erkrankung deutlich verlangsamt werden. Da das synthetische Enzym innerhalb dieser körpereigenen Abbauprozesse ebenfalls abgebaut wird, sind regelmäßige (in der Regel alle zwei Wochen) und lebenslange Infusionen erforderlich. Während die ersten Infusionen unter ärztlicher Aufsicht stattfinden sollten, können diese im weiteren Therapieverlauf und bei guter Verträglichkeit des Medikaments auch im Rahmen einer Heimtherapie erfolgen.

Darüber hinaus werden parallel die vorliegenden Symptome und Beschwerden therapiert (symptomatische Therapie). So können in einem fortgeschrittenem Stadium von Morbus Fabry, das in vielen Fällen mit einer Niereninsuffizienz einhergeht, Dialyse oder eine Nierentransplantation erforderlich werden. Begleitend wird bei Morbus Fabry eine fettarme Ernährung, ausreichende Flüssigkeitszufuhr, Verzicht auf Nikotinkonsum sowie die Vermeidung von stress- und schmerzauslösenden Faktoren empfohlen.


Aussicht & Prognose

Für die Prognose aller Morbus Fabry-Betroffenen ist entscheidend, dass die Erkrankung frühzeitig erkannt und behandelt wird. Unbehandelt entwickeln sich aufgrund der zunehmenden Akkumulation von Globotriaosylsphingosin (LysoGb3) immer mehr Schädigungen an lebenswichtigen Organen, bis diese nicht mehr ihrer Funktion nachgehen können. Bei nicht-therapierten Betroffenen liegt die durchschnittliche Lebenserwartung bei Männern bei 50, bei Frauen bei 70 Jahren.

Verglichen mit der Gesamtbevölkerung kommt dies einer Verkürzung der Lebenserwartung um 20 beziehungsweise 15 Jahre gleich. Die Betroffenen versterben schließlich an einer terminalen Niereninsuffizienz oder an kardio- oder zerebrovaskulären Komplikationen wie einer Hirnblutung, einem Hirninfarkt oder Herzinfarkt. Bei adäquater und frühzeitiger Behandlung ist die Prognose gut.

Generell gilt je später die Diagnose und der Behandlungsbeginn erfolgen, desto stärker ist die Lebenserwartung herabgesetzt. Hat sich bereits eine Nephropathie (Nierenerkrankung) oder fortgeschrittene Kardiomyopathie (Herzmuskelerkrankung) entwickelt, hat dies einen negativen Einfluss auf die Prognose. Auch wiederholt auftretende Schlaganfälle und transitorische ischämische Attacken (Durchblutungsstörungen des Gehirns) verschlechtern die Prognose. Zudem können renale, zerebrovakuläre sowie kardiovaskuläre Komplikationen die Lebenserwartung herabsetzen.

Im Einzelfall können Schlaganfälle und transitorische ischämische Attacken sogar als Erstmanifestation eines Morbus Fabry auftreten. So erlitten gemäß einer Studie 50 Prozent der männlichen und 38 Prozent der weiblichen Betroffenen ihren ersten Schlaganfall noch vor Stellung der Erstdiagnose.

Vorbeugung

Da es sich bei Morbus Fabry um eine genetisch bedingte Stoffwechselerkrankung handelt, existieren keine vorbeugenden Maßnahmen. Eine frühzeitige Diagnose und ein früher Therapiebeginn können jedoch den Verlauf der Erkrankung positiv beeinflussen und Folgeerkrankungen einschränken. So kann ein Morbus Fabry bei Kindern eines betroffenen Elternteils im Rahmen einer Pränataldiagnostik schon in der 15. Schwangerschaftswoche diagnostiziert werden, wodurch ein früher Therapiebeginn gewährleistet wird.

Nachsorge

Beim Fabry-Syndrom sind die Maßnahmen einer Nachsorge in den meisten Fällen sehr stark eingeschränkt. Da es sich um eine erblich bedingte Erkrankung handelt, kann diese in der Regel nicht vollständig geheilt werden. Betroffene sind daher auf eine frühe Diagnose angewiesen, damit es nicht zu weiteren Komplikationen oder zu einer Verschlechterung der Beschwerden kommt.

Bei einem erneuten Kinderwunsch kann eine genetische Untersuchung und Beratung durchgeführt werden, um ein erneutes Auftreten des Syndroms zu verhindern. Die Betroffenen selbst sind beim Fabry-Syndrom in der Regel auf die Einnahme von verschiedenen Medikamenten angewiesen. Dabei sollten die Anweisungen des Arztes beachtet werden, wobei die Fragen oder bei Unklarheiten immer zuerst der Arzt zu kontaktieren ist.

Da die Krankheit nicht vollständig behandelt werden kann, sind manche der Betroffenen auf eine Dialyse oder im weiteren Verlauf auf die Transplantation einer Niere angewiesen. Hierbei wirkt sich auch die Unterstützung und die Pflege der eigenen Familie sehr positiv auf den weiteren Verlauf der Erkrankung aus und kann auch Depressionen oder andere psychische Verstimmungen verhindern. Das Fabry-Syndrom verringert in vielen Fällen die Lebenserwartung des Betroffenen.

Das können Sie selbst tun

Den vielfältigen Symptomen im Bereich der Verdauung und des Magen-Darm-Traktes kann mit einer passenden und ausgewogenen Ernährung entgegen gewirkt werden. Vielen Patienten hilft es, ein Ernährungstagebuch zu führen und somit die Verträglichkeit unterschiedlicher Lebensmittel für sich selbst einordnen zu können. Hierbei notieren die Betroffenen, welche Nahrungsmittel sie wann zu sich genommen haben. Gleichzeitig werden auch darauf folgende gastrointestinale Beschwerden aufgeschrieben, sodass mögliche Unverträglichkeiten analysiert werden können.

Eine pauschale Ernährungsempfehlung gibt es nicht, da jeder Patient unter verschiedenen Verdauungsproblemen leidet und die Anpassung der Lebensmittelauswahl daher individuell an die Bedürfnisse erfolgen sollte. Grundsätzlich raten Experten Morbus Fabry Patienten zu einer möglichst fettarmen Ernährungsweise. Im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung können spezielle Diäten notwendig werden, da die Nierenfunktion z.B. durch eine natriumreiche Kost (zu viel Salz) beeinträchtigt werden kann.

Für viele Betroffene ist außerdem der Kontakt zu einer Selbsthilfegruppe hilfreich. Gerade für den psychischen Leidensdruck, der mit der Krankheit einhergehen kann, stellt der Austausch mit anderen Patienten eine wichtige Stütze dar. Zudem können Tipps für den alltäglichen Umgang mit Morbus Fabry geteilt werden. Anlaufstellen und Gesprächsgruppen können online gefunden werden.

Quellen

  • Greten, H., Rinninger, F., Greten, T. (Hrsg.): Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2010
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013

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