Hirninfarkt
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Unter einem Hirninfarkt, zerebrale Ischämie oder ischämischer Schlaganfall ist die häufigste Form eines Schlaganfalls. Sie geht einer Ischämie – also einer plötzlichen Minderdurchblutung des Gehirns - zu Grunde, die ein Absterben von Nerven- und Gehirnzellen zur Folge haben kann.
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Was ist ein Hirninfarkt?
Die Bezeichnung Hirninfarkt wird vor allem dann gebraucht, wenn es sich um einen ischämischen Schlaganfall handelt. Dabei tritt eine verminderte Durchblutung des Gehirns auf, wodurch es zu einer verringerten Versorgung des Organs mit Glukose und Sauerstoff kommt.
In der Medizin wird ein solcher Durchblutungsausfall Ischämie genannt. Verantwortlich für die Minderdurchblutung sind Verschlüsse oder Verengungen der hirnversorgenden Arterien. Ist die Ischämie nicht reversibel, führt dies zum Absterben von Hirn- und Nervenzellen, was wiederum einen Hirninfarkt auslöst.
Von der Medizin wird der Hirninfarkt als dringender Notfall eingestuft. In den Industrieländern zählt der ischämische Schlaganfall zu den führenden Todesursachen. Besonders betroffen sind Menschen, die älter als 70 Jahre sind. Bei Männern tritt ein Hirnschlag deutlich häufiger auf als bei Frauen.
Ursachen
Dabei reichern sich an den inneren Wänden der Blutgefäße mit der Zeit Plaques an. Gemeint sind damit Ablagerungen aus Fett und Zellen. Je größer der Umfang der Plaques ist, umso mehr verengt sich das betroffene Blutgefäß. Als besonders anfällig für die Bildung von Plaques gelten Menschen, die unter Diabetes, hohen Cholesterinwerten oder Bluthochdruck leiden.
Wird eine Arterie durch die Plaques zunehmend verengt, kann nicht mehr ausreichend sauerstoffreiches Blut zum Gewebe gelangen. Außerdem besteht das Risiko eines Einrisses der Plaques. Durch diesen Riss kann es zur Entstehung eines Thrombus (Blutgerinnsels) kommen.
Infolgedessen droht sogar ein vollständiger Verschluss des Gefäßes. Dies führt wiederum zu einer Ischämie, in deren Verlauf die Versorgung des Gewebes mit Sauerstoff unterbrochen wird. Der Patient erleidet dann einen Schlaganfall. Als weitere mögliche Ursache für einen Hirninfarkt gilt eine Embolie. Der dabei entstehende Embolus ist frei beweglich und in der Lage, dem Blutstrom des Körpers zu folgen.
Im schlimmsten Fall verstopft er ein Blutgefäß des Gehirns und ruft einen Schlaganfall hervor. Verantwortlich für eine Embolie sind zumeist entzündete Hirngefäße, Fehlbildungen des Herzens oder Herzrhythmusstörungen. Zu den Risikofaktoren für einen Hirninfarkt zählen neben einem hohen Lebensalter Störungen des Fettstoffwechsels, ein Mangel an Bewegung, Alkoholismus und Rauchen.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Typisch für einen ischämischen Schlaganfall ist das abrupte Auftreten von unterschiedlichen Symptomen. Dabei leiden die betroffenen Personen unter einer Bewusstseinstrübung. Diese kann sich durch Müdigkeit über Bewusstlosigkeit bis hin zu einem tiefen Koma äußern.
Weitere mögliche Beschwerden sind Kopfschmerzen, Drehschwindel, das Wahrnehmen von Doppelbildern, Übelkeit, Erbrechen, Schluck- und Sprachstörungen, Ausfälle des Gesichtsfelds, eine Halbseitenlähmung oder gelähmte einzelne Gliedmaßen sowie Gedächtnisverlust.
Außerdem treten neuropsychologische Ausfallerscheinungen wie Apraxie, Aufmerksamkeitsstörungen und kognitive Dysphasien auf. Welche Symptome tatsächlich zu verzeichnen sind, richtet sich nach dem betroffenen Gefäß oder Hirnareal. Des Weiteren bestehen bei Männern und Frauen verschiedene Beschwerden.
Diagnose & Krankheitsverlauf
Zeigen sich beim Patienten Frühwarnzeichen wie zeitweilige Missempfindungen, kurze Lähmungserscheinungen, Sprachstörungen oder Gedächtnisprobleme, gilt es, sofort einen Arzt aufzusuchen. Der Arzt befasst sich zunächst ausführlich mit der Krankengeschichte des Patienten, an die sich eine neurologische Untersuchung anschließt.
Eine wichtige Rolle spielen bildgebende Diagnoseverfahren wie eine Computertomographie (CT) oder eine Magnetresonanztomographie (MRT). Durch deren Einsatz lässt sich rasch zwischen einem Hirninfarkt und einer Hirnblutung unterscheiden, was wichtig für die weitere Behandlung ist.
Ebenfalls zu den möglichen Untersuchungsmethoden zählen eine Angiographie, eine Doppler-Sonographie, ein EEG zum Überprüfen der Hirnströme, ein EKG zur Diagnose von Herzrhythmusstörungen sowie eine Lumbalpunktion, bei der das Hirnwasser (Liquor) überprüft wird. Der Verlauf eines Hirninfarktes hängt davon ab, welche Hirnregion in welchem Ausmaß geschädigt wurde.
Für eine günstige Prognose ist eine frühzeitige Therapie überaus wichtig. Während bei manchen Patienten nur leichte Auswirkungen bestehen, benötigen andere dauerhafte Pflege und sind bettlägerig. Nicht selten liegen chronische Schädigungen wie Sehstörungen, Sprachstörungen oder Lähmungen vor. Im schlimmsten Fall verstirbt der Patient an dem Hirnschlag.
Komplikationen
Beim Auftreten von Komplikationen spielt es eine große Rolle, an welcher Stelle des Gehirns der Hirninfarkt auftritt. Zum Beispiel kann ein größerer Infarkt an bestimmten Stellen mitunter nur leichte Beschwerden hervorrufen, während ein kleinerer Infarkt an anderen Gehirnregionen schwerste Behinderungen nach sich zieht. Grundsätzlich muss bei einem Hirninfarkt jedoch mit gravierenden Folgen gerechnet werden.
Dabei ist auch der Verlauf der Krankheit in den ersten Wochen nach dem Schlaganfall zu berücksichtigen. Zu den typischen Folgeerscheinungen des Hirninfarkts zählen dauerhafte Lähmungen, Probleme beim Schlucken, die mit einem Aspirationsrisiko einhergehen, sowie eine Lungenentzündung. Bei Aspirationen handelt es sich um das Einfließen von Erbrochenem, Speichel oder Nahrung in die Atemwege, was wiederum die Lungenentzündung verursacht.
Zahlreiche Komplikationen nach einem Hirninfarkt entstehen durch die anschließende Bettlägerigkeit. Dazu gehört unter anderem ein Druckgeschwür (Dekubitus), das zusammen mit Sensibilitätsstörungen auftritt. Durch die eingeschränkte Tätigkeit der Harnblase und der Nieren drohen Harnwegsinfektionen. Durch unsachgemäße Lagerung des Patienten kann es außerdem zu Gelenkversteifungen kommen.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Der Hirninfarkt ist ein medizinischer Notfall. Der Betroffene verliert ohne eine Vorwarnung die Kontrolle über verschiedene Funktionssysteme des Organismus und ist häufig nicht mehr ansprechbar. Bei einem Verlust des Bewusstseins muss schnellstmöglich eine intensivmedizinische Behandlung erfolgen. Da ein plötzliches Ableben des Betroffenen droht, muss unverzüglich reagiert werden. Jede Minute bis zu einer medizinischen Versorgung entscheidet über das Leben des Betroffenen sowie mögliche Folgeschäden.
Es wird daher ein Rettungsdienst benötigt und bis zu dessen Eintreffen, sind Erste Hilfe Maßnahmen zu ergreifen. Bereits bei den ersten unverhofft auftretenden Auffälligkeiten sollte ein Notarzt kontaktiert werden. Berichtet der Betroffene von einem plötzlichen Unwohlsein, einer Schwäche oder dem Sehen von Doppelbildern, besteht Anlass zur Besorgnis. Bei Übelkeit, Erbrechen, Schwindel oder Sprachstörungen wird ein Arzt benötigt. Kommt es zu Konzentrations-, Orientierungs- oder Aufmerksamkeitsstörungen, muss eine notfallmedizinische Versorgung erfolgen. Bei motorischen Problemen oder Lähmungserscheinungen, braucht der Betroffene sofortige Hilfe.
Bei einem Verlust des Gedächtnisses, akuter Müdigkeit, Gangunsicherheiten oder Beschwerden in einer Körperhälfte ist ein Arztbesuch notwendig. Fällt der Betroffene in einen komatösen Zustand, ist ein Notarzt anzurufen. Bei Anzeichen einer Verwirrtheit, Schluckstörungen oder Ausfallerscheinungen im Gesichtsfeld, wird schnellstmöglich ärztliche Hilfe benötigt. Beobachter des Geschehen müssen die Beatmung des Betroffenen sicherstellen.
Behandlung & Therapie
Bei einem Hirninfarkt ist eine sofortige Behandlung erforderlich. Diese sollte im Krankenhaus in einer sogenannten Schlaganfalleinheit (Stroke Unit) stattfinden. Dort erhält der Erkrankte eine optimale Diagnostik und Therapie. Außerdem wird er intensiv überwacht. Dabei erfolgt die Kontrolle von Körpertemperatur, Puls, Blutdruck, Atmung und Blutzucker.
Des Weiteren arbeiten mehrere medizinische Disziplinen wie zum Beispiel die Neurologie, Neurochirurgie, Radiologie und innere Medizin eng zusammen. Eine mögliche Behandlungsoption bei einem Hirninfarkt stellt die Lyse-Therapie dar, die zu einer Auflösung des Blutgerinnsels führen soll.
In einem frühen Stadium des ischämischen Schlaganfalls lassen sich außerdem blutverdünnende Medikamente verabreichen. Dazu gehört in erster Linie Acetylsalicylsäure (ASS). Diese darf allerdings nicht bei einer Lyse-Therapie eingenommen werden. Wichtig sind außerdem eine ausreichende Sättigung des Blutes mit Sauerstoff sowie eine Thromboseprophylaxe.
Aussicht & Prognose
Der Zeitpunkt der medizinischen Erstversorgung sowie der Ort und die Größe des Hirninfarkts sind entscheidend für eine Prognosestellung. Je später der Betroffene intensivmedizinisch betreut und behandelt wird, desto schlechter sind in den meisten Fällen die Heilungschancen. Gleichzeitig ist der Ort der Schädigung im menschlichen Gehirn relevant für eine gute Prognose. Bei einer sehr schnellen Versorgung sowie einer guten anschließenden Rehabilitation, sind gute Aussichten auf eine Genesung gegeben. Derzeit bleibt jedoch jeder zweite Patient eines Hirninfarkt lebenslang behindert, schwerstbehindert oder pflegebedürftig.
Das Ausmaß der Schädigungen des Gehirns müssen individuell begutachtet und eingestuft werden. Sind Bereiche des Hirngewebes betroffen, die wichtige Funktionen des Organismus, wie die Fortbewegung, das Denken oder das Sprechen regulieren, ist mit Beeinträchtigungen zu rechnen, die lebenslange Auswirkungen auf den Gesundheitszustand haben. Verbesserungen der Beschwerden sind möglich, eine Genesung jedoch unwahrscheinlich.
Zusätzlich zu den körperlichen Veränderungen treten bei einem Hirninfarkt oftmals Folgeerscheinungen auf. So ist aufgrund der seelischen Belastung durch die veränderten Lebensbedingungen mit psychischen Folgeerkrankungen zu rechnen. Diese verschlechtern zumeist den Heilungsprozess, führen zu Verzögerungen oder können eine Genesung nahezu vollständig verhindern. Bei einer guten mentalen Stärke und Motivation des Patienten können viele körperliche Verbesserungen erzielt werden. Kommt es jedoch zu Lähmungen, sind diese dauerhaft und irreparabel.
Vorbeugung
Damit ein Hirninfarkt gar nicht erst auftritt, sollten die Risikofaktoren für eine Arterienverkalkung reduziert werden. Dazu gehören eine regelmäßige Kontrolle von Blutdruck und Blutzucker sowie eine Lebensweise, die eine fett- und zuckerarme Ernährung sowie genügend Bewegung beinhaltet. Außerdem sollte auf den Konsum von Tabakwaren verzichtet werden, weil sich das Hirninfarkt-Risiko dadurch erheblich vergrößert.
Nachsorge
Ein Hirninfarkt hat oft zur Folge, dass Sprech- und Wahrnehmungsstörungen oder gar Lähmungen zurückbleiben. Bei der Nachsorge ist es daher wichtig, so früh wie möglich mit Reha-Maßnahmen zu beginnen. Gerade das Erkennen und Therapieren von Schluckbeschwerden, sollte so früh wie möglich geschehen. So können Langzeitschäden minimiert werden. Studien zur Folge sind die ersten drei Monate nach einem Hirninfarkt für eine Regeneration des Gehirns entscheidend.
Leider gehört es zum Krankheitsbild, dass Betroffene nach der Akutversorgung des Hirninfarkts weitere Schlaganfälle erleiden können. Daher wird von Experten geraten, eine stationäre Reha anzustreben. Die Leistungsminderung der Hirnleistung ist in einer ambulanten Reha nur schwer zu diagnostizieren. Dabei kann es sich um verschiedene Symptome, wie der Störung von Wahrnehmung, Merkfähigkeit oder dem Kurzzeitgedächtnis handeln.
Eine allgemeine Aussage über die richtige Nachsorge bei einem Hirninfarkt ist nur schwer möglich. Sie erfordert eine exakte Ursachenforschung, um daran die optimale Nachsorge anzuschließen. Doch gerade die Kontrolle und Reduzierung von Risikofaktoren sollte bei der Nachsorge berücksichtigt werden.
Rauchen, Übergewicht und eine allgemein ungesunde Lebensführung erhöhen das Risiko für einen weiteren Hirninfarkt massiv. Ausreichend Bewegung, gesunde Ernährung sowie wenig Alkohol und Tabakprodukte können auch im fortgeschrittenen Alter dafür sorgen, dass sich ein weiterer Hirninfarkt nicht wiederholt.
Das können Sie selbst tun
Um einen nachfolgenden Hirninfarkt zu vermeiden, wird der Patient seine Lebensweise umstellen müssen, das Rauchen und den übermäßigen Alkoholgenuss einstellen und unter Umständen die Ernährung in eine gesunde Kost ändern müssen. Kommt es dann doch zu einem weiteren Vorfall, ist es wichtig, sofort Maßnahmen zu ergreifen. Diese sind, sich umgehend ins Krankenhaus bringen zu lassen oder den Notdienst zu rufen, dem schon am Telefon geschildert wird, dass bereits ein Hirninfarkt vorangegangen ist. Die Vorzeichen sind einseitige Behinderung des Bewegungsablaufs, Sprechschwierigkeiten, Sehkrafteinschränkungen, die zu erkennen sind.
Quellen
- Grehl, H., Reinhardt, F.: Checkliste Neurologie. Thieme, Stuttgart 2012
- Hacke, W.: Neurologie. Springer, Heidelberg 2010
- Mattle, H., Mumenthaler, M.: Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013