Morbus Gilbert-Meulengracht

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Morbus Gilbert-Meulengracht oder auch Gilbert-Syndrom ist eine Stoffwechselstörung, welche sich durch einen erhöhten Bilirubin-Spiegel im Blut äußert. Die Störung ist genetisch bedingt, hat jedoch nur sehr selten dauerhafte Schädigungen zur Folge.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Morbus Gilbert-Meulengracht?

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Als Morbus Meulengracht bezeichnet man einen Effekt, der sich durch eine erhöhte Konzentration von indirektem Bilirubin im Blut auszeichnet. Dadurch kommt es zu verschiedenen Symptomen wie einer Gelbfärbung der Augen. Da indirektes Bilirubin nur schwer wasserlöslich ist, bindet es sich an Albumine, welche als Lösungsvermittler wirken.

Morbus Gilbert-Meulengracht ist also eine Stoffwechselstörung. Sie entsteht durch verzögerte biochemische Umwandlungsprozesse im Blut und ist vollkommen harmlos. Allerdings entstehen verschiedene Symptome, die sich behandeln lassen.

Ursachen

Morbus Meulengracht wird durch eine Minderaktivität des Enzyms UDP-Glucuronosyltransferase ausgelöst. Dieses Enzym ist dafür verantwortlich, fettlösliche Stoffwechselprodukte in wasserlösliche Endprodukte umzuwandeln.

Kommt es bei diesem Prozess zu einer Störung, können verschiedene Stoffwechselprodukte und körperfremde Stoffe wie etwa Medikamente nicht optimal für die Ausscheidung aus dem Körper vorbereitet werden. Dadurch treten die genannten Symptome auf. Gestört ist im Speziellen der rote Blutfarbstoff Häm.

Der Effekt, welche insbesondere durch eine verringerte Aktivität des Enzyms UDP-Glucuronosyltransferase ausgelöst wird, hat nur selten äußerliche Ursachen. Allerdings kann eine fettarme Ernährung die überschaubaren Beschwerden auslösen. Auch Fastenkuren gehen häufig mit der Morbus Gilbert-Meulengracht einher.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Morbus Gilbert-Meulengracht ist in der Regel völlig harmlos. In den allermeisten Fällen treten überhaupt keine Symptome auf. Es wird lediglich unter bestimmten Bedingungen eine Gelbfärbung der weißen Anteile des Augapfels und in sehr seltenen Fällen auch der Haut beobachtet. Die Gelbfärbung wird von einer erhöhten Bilirubinkonzentration im Blut verursacht, die durch den verlangsamten Abbau von Bilirubin zustande kommt.

Weil sich vermehrt Bilirubin bei sportlicher Betätigung, Alkoholgenuss, fettarmer Ernährung oder längeren Fastenperioden bildet, verstärkt sich unter diesen Bedingungen auch die Verfärbung von Skleren und Haut. Allerdings sind das meist die einzigen Symptome von Morbus Gilbert-Meulengracht. Ein Juckreiz wie bei der Gelbsucht im Rahmen von Lebererkrankungen kommt hier nicht vor.

Selten kann die Gelbfärbung jedoch von uncharakteristischen Symptomen wie Müdigkeit, Bauchschmerzen mit Übelkeit, Migräne ähnlichen Kopfschmerzen, Appetitlosigkeit und Gereiztheit begleitet sein. Diese Symptome sind aber nicht abhängig von der Höhe der Bilirubinkonzentration. Charakteristisch für Morbus Gilbert-Meulengracht ist auch, dass in der Regel nur junge Männer nach der Pubertät betroffen sind.

Morbus Gilbert-Meulengracht besitzt keinen Krankheitswert. Komplikationen kommen nicht vor. Die Augen- und Hautverfärbungen werden im Laufe des Lebens immer seltener, bis sie oft im Alter völlig verschwinden. In seltenen Fällen wirken sich jedoch die Begleitsymptome beeinträchtigend auf die Lebensqualität aus. Auch das erstmalige Auftreten der Gelbfärbung von Augen und Haut kann beunruhigend auf die Betroffenen wirken, bis sie über die Harmlosigkeit der Erkrankung aufgeklärt werden.

Diagnose & Verlauf

Morbus Gilbert-Meulengracht kann eindeutig diagnostiziert werden. Dazu muss im Gespräch mit dem Betroffenen ermittelt werden, welche Symptome auftreten. Stellt sich heraus, dass es zu einer gesteigerten Übelkeit in Verbindung mit gelben Augen kommt, kann zumindest ein Verdacht vorliegen. Weitere Symptome treten allenfalls im Zusammenhang mit Infektionen auf. So kann das Syndrom mit Beschwerden im Bereich der Leber, Übelkeit und Unwohlsein einhergehen. Insbesondere beim Fasten oder Stress kommt es zu einer Verstärkung der Symptome.

Darüber hinaus hat der Effekt jedoch keine nennenswerten Symptome und bleibt für die Betroffenen in der Regel ohne gesundheitliche Komplikationen. Deshalb ist es schwierig, Morbus Meulengracht durch eine äußere Untersuchung festzustellen. Eine Blutuntersuchung kann dagegen schnell Aufschluss über das Syndrom geben. Insbesondere die Bilirubin-Werte sind entscheidend. Sind nur diese Werte erhöht und alle anderen Blutwerte auf einem normalen Level, kann von Morbus Gilber-Meulengracht ausgegangen werden.

Zwar ist das Syndrom harmlos, doch die Diagnose ist dennoch von entscheidender Wichtigkeit. So können durch sie ernste Erkrankungen der Leber ausgeschlossen werden. Auch eine Hämolyse lässt sich durch die eindeutige Diagnose ausschließen. In manchen Fällen greifen Ärzte deshalb auf einen Gentest zurück, um hundertprozentige Sicherheit zu haben.

Der Verlauf des Gilbert-Syndroms ist unproblematisch. Meist verschwinden die Beschwerden wie gelbe Augen und Übelkeit nach wenigen Tagen wieder. Auch bei längeren Fastenkuren führt das Syndrom nur selten zu gesundheitlichen Einschränkungen. Oft wird Morbus Meulengracht von den Betroffenen überhaupt nicht bemerkt. Dennoch sollte man die Symptome nicht unterschätzen. Es könnte sich um eine ernsthafte Erkrankung der Leber handeln, die in jedem Fall therapiert werden muss.

Komplikationen

In den meisten Fällen kommt es durch den Morbus Gilbert-Meulengracht nicht zu besonderen Einschränkungen oder Komplikationen. Die meisten Patienten leben mit der Krankheit ihr gesamtes Leben und es kommt dabei nicht zu einer Verringerung der Lebenserwartung. Daher muss die Krankheit auch nicht behandelt werden, wenn es nicht zu Beschwerden kommt.

Sollten allerdings Beschwerden auftreten, äußern sich diese in der Regel durch eine Müdigkeit und eine Abgeschlagenheit des Patienten. Auch die Belastbarkeit des Betroffenen sinkt durch den Morbus Gilbert-Meulengracht deutlich ab und es kann zu Beeinträchtigungen im Alltag kommen. Weiterhin leiden einige Betroffene an einer Übelkeit und an gelben Augen. Sind die Beschwerden an der Leber stark ausgeprägt, kann es zu einem starken Unwohlsein kommen.

Komplikationen können durch den Morbus Gilbert-Meulengracht dann auftreten, wenn der Betroffene fastet, da die Beschwerden in diesem Falle noch weiter verstärkt werden. In der Regel muss der Morbus Gilbert-Meulengracht nicht behandelt werden. Nur bei schweren Beschwerden können die Symptome eingeschränkt werden. Die Lebenserwartung des Patienten wird durch die Krankheit nicht verringert und es kommt nicht zu weiteren Komplikationen.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Der als Morbus Gilbert-Meulengracht bezeichnete nicht-hämolytische Ikterus, eine Stoffwechselstörung, ist bereits angeboren. Die damit auftretenden Symptome fallen relativ schnell auf, da sie mit Anzeichen einer Gelbsucht in Verbindung gebracht werden. Der erste Arztbesuch erfolgt daher meist früh im Leben, oft in der Pubertät. Da keine Leberschädigungen vorliegen, genügt meist eine angepasste Ernährungsweise. Die Symptome, die der Gendefekt hervorrufen kann, hängen von mehreren Faktoren ab. Die meisten davon kann der Betroffene durch Ernährungsanpassungen selbst beeinflussen. Insofern haben die Betroffenen es bei Vorliegen von Morbus Gilbert-Meulengracht selbst in der Hand, durch eine angemessene Lebensweise nahezu symptomfrei zu bleiben.

Zu beachten ist aber, dass bestimmte Medikamente gegen andere Erkrankungen oder Schmerzen die Symptome der Morbus Gilbert-Meulengracht verschlimmern können. Daher ist bei der Einnahme von cholesterinsenkenden Präparaten wie Simvastatin oder Atorvastatin ein Arzt zu Überwachungszwecken zu konsultieren. Gleiches wird für die Nutzung von östrogenhaltigen Verhütungsmitteln wie der Anti-Baby-Pille oder viel genutzten rezeptfreien Schmerzmitteln wie Paracetamol oder Ibuprofen empfohlen.

Färben sich die Augen gelb, sollte in jedem Fall ein Arzt besucht werden. Eine Gelbsucht oder Leberstörung muss ausgeschlossen werden. Das Vorliegen des Morbus Gilbert-Meulengracht erfordert lediglich den Verzicht auf Fastenkuren und bestimmte Genussmittel wie Alkohol oder Nikotin. Arztbesuche sind deswegen meistens nicht notwendig.

Behandlung & Therapie

Morbus Meulengracht ist eine harmlose Stoffwechselstörung und muss dementsprechend nicht zwingend behandelt werden. Allerdings besteht die Möglichkeit, die Symptome zu beheben und Aufklärung zu betreiben. Das ist vor allem dann notwendig, wenn die Betroffenen durch gelbe Augen oder wiederholte Übelkeit verunsichert sind und dadurch eine verringerte Lebensqualität verspüren.

Deshalb ist der wichtigste Pfeiler der Behandlung ein ausführliches Gespräch mit dem Betroffenen. In diesem können die einzelnen Symptome besprochen und auf die hohen Bilirubin-Werte zurückgeführt werden.

Ein weiterer Pfeiler der Behandlung ist die Untersuchung auf unverträgliche Medikamente. Gerade bestimmte Medikamente wie etwa Paracetamol können die Symptome verstärken und sollten unter Umständen abgesetzt werden.

Es lässt sich also sagen, dass Morbus Meulengracht im Normalfall keinerlei Probleme verursacht. Allenfalls die Unsicherheit der Betroffenen gilt es durch Aufklärung zu zerstreuen. Generell ist es fraglich, ob Morbus Meulengracht überhaupt eine Erkrankung ist. So haben neuere Untersuchungen ergeben, dass das Gilber-Syndrom vorbeugend gegen Darmkrebs, Arteriosklerose und Lungenkrankheiten wirken kann.


Aussicht & Prognose

Die Prognose bei Morbus Gilbert-Meulengracht ist für die Patienten sehr gut. Auch die Lebenserwartung der Betroffenen liegt genauso hoch wie die Lebenserwartung bei nicht betroffenen Menschen. Morbus Gilbert-Meulengracht verläuft zudem in den meisten der auftretenden Fälle völlig harmlos. Nur äußerst selten beeinträchtigen die Symptome der Krankheit die Betroffenen. Dabei gilt allerdings, dass je älter die Betroffenen werden, desto seltener und milder treten die Beschwerden der Erkrankung auf. In einer Vielzahl der Fälle verschwinden die Beschwerden sogar im höheren Alter komplett.

Es wird davon ausgegangen, dass die Sterblichkeit von Betroffenen durch die Krankheit nicht erhöht ist. Es gibt sogar Studien die darauf hinweisen, dass der durch die Erkrankung erhöhte Bilirubinwert vor bestimmten Erkrankungen der Lunge schützt und somit die allgemeine Sterblichkeit verringert. Vor allem betrifft das einen Schutz vor chronisch obstruktiven Lungenerkrankungen und auch vor dem gefürchteten Lungenkrebs.

Allerdings ist oftmals das kosmetische Problem, das bei Betroffenen durch eine Gelbfärbung der Augen entstehen kann, eine sehr hohe Belastung. Vielmals können Außenstehende die Geldfärbung nicht richtig deuten und denken an ansteckende Krankheiten. In solchen Fällen sollte das Gespräch mit einem Arzt gesucht werden, um eventuelle Behandlungsmöglichkeiten zu besprechen. Im Allgemeinen ist jedoch eine Therapie von der Krankheit Morbus Gilbert-Meulengracht nicht von Nöten.

Vorbeugung

Morbus Gilbert-Meulengracht besitzt keinen Krankheitswert und muss deshalb nicht vorbeugend behandelt werden. Möchte man die charakteristische Gelbfärbung der Augen vermeiden, empfiehlt es sich, auf Fastenkuren und fettarme Ernährung weitestgehend zu verzichten.

Die Bilirubin-Werte sollten dadurch auf einem normalen Stand bleiben. Darüber hinaus ist es bei dem Syndrom wichtig, Aufklärung zu betreiben. Leiden andere Personen an den Symptomen, sollte auf die Morbus Gilbert-Meulengracht als Ursache hingewiesen werden.

Medikamente sollten nur nach Rücksprache mit dem Arzt eingenommen werden. Trotz der harmlosen Symptome sollte bei gelben Augen eine umfassende Diagnose gestellt werden. Nicht selten handelt es sich um eine anderweitige Erkrankung.

Das können Sie selbst tun

In der Regel ist Morbus Gilbert-Meulengracht unbedenklich. Eine Behandlung ist weder möglich noch notwendig. Für die Betroffenen ist es jedoch empfehlenswert, sich ausführlich über die Krankheit zu informieren. Vor allem im Internet finden sich viele Informationen zum Umgang mit der Erkrankung und der Vermeidung von Symptomen.

Bei Morbus Gilbert-Meulengracht besteht nur ein indirektes Gesundheitsrisiko, wenn die Betroffenen bestimmte Medikamente einnehmen und diese vom Körper schlechter abgebaut werden können. Dies kann in wenigen Fällen zu leichten Nebenwirkungen führen. Derartige Symptome sind vor allem bei der Einnahme von Krebs- und HIV-Medikamenten bekannt. Um die Verträglichkeit abzuklären, ist es anzuraten, vor der Einnahme neuer Medikamente die Packungsbeilage zu studieren. Generell sollten Betroffene versuchen, die Leber möglichst zu schonen. Aus diesem Grund sollten sie weitestgehend auf Nikotin und Alkohol verzichten. Besonders wichtig ist auch, dass Betroffene keine Drogen konsumieren sollten.

Allgemein ist eine gesunde, ausgewogene Ernährung anzuraten. Sicherheitshalber empfiehlt es sich, Nahrungsergänzungsmittel, Lebensmittel mit chemischen Zusatzstoffen, Ayurveda-Tees, chinesische Kräuter sowie pflanzliche Präparate nur in kleineren Dosen zu konsumieren. Die Betroffenen sollten Hungerzustände grundsätzlich vermeiden. Geplante Diäten und exzessive Hungerkuren gilt es unbedingt mit einem Arzt abzusprechen. Darüber hinaus ist Betroffenen ausreichend Schlaf anzuraten.

Quellen

  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • I care Krankheitslehre. Thieme, Stuttgart 2015
  • Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013

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