Myotonia congenita Thomsen

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 18. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Krankheiten Myotonia congenita Thomsen

Myotonia congenita Thomsen ist eine sogenannte hereditäre Erkrankung; dabei handelt es sich um eine Übererregbarkeit der Skelettmuskulatur. Myotonia congenita Thomsen zählt zu den Erbkrankheiten. Die Prognose und der Krankheitsverlauf sind durchaus positiv; starke Einschränkungen, welche die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen, sind nicht zu erwarten.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Myotonia congenita Thomsen?

Die Bildung von Myotonia congenita Thomsen beruht auf einem Gendefekt auf Chromosom 7, welches die Chloridkanäle der Muskelfasermembran codiert.
© zvitaliy79 – stock.adobe.com

Unter der Bezeichnung Myotonia congenita Thomsen beschreibt der Mediziner die Störung der Muskelfunktionen - einer Myopathie.

Myotonia congenita Thomsen ist eine sehr selten auftretende Krankheit (1 zu 400.000), welche autosomal dominant vererbt wird.

Im Rahmen der Myotonia congenita Thomsen tritt die sogenannte Myotonie auf. Die Muskelsteifigkeit ist charakteristisch für Myotonia congenita Thomsen.

Ursachen

Die Bildung von Myotonia congenita Thomsen beruht auf einem Gendefekt auf Chromosom 7, welches die Chloridkanäle der Muskelfasermembran codiert. Auf Grund der verminderten Chloridpermeabilität entsteht eine leichtere Depolarisierung der Muskelfasern.

Aus welchem Grund eine derartige Mutation beziehungsweise Veränderung des Gens auftritt, ist bislang nicht bekannt. Das erschwert in weiterer Folge auch die Behandlung; bei Myotonia congenita Thomsen wird vorwiegend nur darauf geachtet, dass die Symptome gelindert werden. Eine Ursachenbehandlung ist nach derzeitigem Wissensstand nicht gegeben.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Betroffene klagen vorwiegend über Probleme mit der Muskulatur. Die ersten Symptome treten bereits im Kindesalter auf. Erst mit dem Erwachsenenalter prägen sich die Symptome jedoch aus, sodass in vielen Fällen Myotonia congenita Thomsen erst nach dem 18. Lebensjahr festgestellt werden kann. Der Betroffene klagt über spezielle Bewegungseinschränkungen, sodass er etwa Probleme beim Gehen oder bestimmten Bewegungen hat.

Charakteristisch ist des Weiteren die Muskelsteifigkeit. Die sogenannte Myotonie kann mitunter mehrere Minuten andauern. Ein klassisches Beispiel ist etwa der Griff zur Türklinke. Der Betroffene öffnet die Türe, kann danach die Klinke aber für mehrere Minuten nicht loslassen, da die Muskulatur angespannt bleibt. Eine Selbstbeherrschung oder ein Entgegenwirken ist nicht möglich. Natürlich erleidet der Muskel, auf Grund der Verkrampfung, leichte Blessuren. Bis sich der Muskel zur Gänze erholt, können mehrere Minuten, jedoch auch Stunden oder Tage vergehen.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Der Mediziner beginnt, im Rahmen der Diagnose, die Vorgeschichte des Patienten zu studieren. Dabei können, auf Grund der dominanten Vererbung von Myotonia congenita Thomsen, schon frühzeitig auf Symptome geachtet werden. Aus diesem Grund ist es ratsam, dass auch Angehörige, welche von Myotonia congenita Thomsen betroffen sind, im Rahmen der Diagnoseerstellung begleitend dabei sein, damit auch jene Personen etwaige Fragen zum Krankheitsbild beantworten können.

Vor allem bei Generkrankungen und vererbbaren Krankheiten ist es wichtig, dass immer die Familienangehörigen einbezogen werden, die mitunter den Gendefekt weitervererbt haben. Liegt jedoch eine Spontanmutation vor, das bedeutet, dass es keinen familiären Hintergrund gibt, erweist sich die Diagnosestellung als äußerst schwierig.

Das Problem besteht des Weiteren, dass Myotonia congenita Thomsen nicht problemlos diagnostiziert werden kann. Schlussendlich gibt es keine besonderen Auffälligkeiten; weder Organe noch der Chlorid-Kanal sind von dem Defekt betroffen. Jedoch erkennen erfahrene Ärzte, dass bereits das sanfte Klopfen auf einen Muskel ausreicht, damit jener sofort anspannt und eine myotone Reaktion entsteht. Während bildgebende Verfahren oder Ultraschall-Untersuchungen nicht den gewünschten Aufschluss bringen, kann die Elektromyographie bei der Diagnose helfen.

Mittels Elektromyographie ist es möglich, dass eine Ionenkanal-Störung sichtbar wird. Zur absoluten Sicherheit, dass es sich tatsächlich um Myotonia congenita Thomsen handelt, werden genetische Tests durchgeführt. Mittels derartiger Tests kann die Mutation nachgewiesen werden. Wichtig ist, dass Myotonia congenita Becker ausgeschlossen werden kann.

Die Prognose für Betroffene, die an Myotonia congenita Thomsen erkrankt sind, ist gut. In fast allen Fällen liegt keine Einschränkung der Lebensqualität des Betroffenen vor. Problematisch wird es jedoch nur im Rahmen etwaiger Arbeitsunfälle, wenn die Muskelsteifigkeit etwa während aktiven Tätigkeiten einsetzt; auf Grund jener Situationen ist die Unfallhäufigkeit erhöht.

Komplikationen

Durch die Myotonia congenita Thomsen leiden die Betroffenen an erheblichen Einschränkungen und Beeinträchtigungen der Lebensqualität. Es kommt zu starken Störungen der Bewegung und der Koordination, sodass gewöhnliche Tätigkeiten des Alltages in der Regel nicht mehr ohne Weiteres durchgeführt werden können. Vor allem das Gehen und Stehen ist für den Patienten meistens nicht mehr ohne Weiteres möglich, sodass die Patienten auf die Hilfe anderer Menschen in ihrem Alltag angewiesen sind.

Die Muskeln sind bei der Myotonia congenita Thomsen steif und können nicht schnell bewegt werden. Ebenso kann es zu unkontrollierten Bewegungen des Patienten kommen. Die Muskeln können sich auch verkrampfen, was zu sehr starken Schmerzen führen kann. Dabei kann es auch einige Tage andauern, bis sich die Muskeln von der Belastung erholt haben. Eine Selbstheilung der Myotonia congenita Thomsen tritt dabei nicht ein.

Eine kausale Behandlung dieser Krankheit ist nicht möglich. Die Beschwerden können durch Physiotherapien eingeschränkt und verringert werden, wobei es allerdings nicht zu einem vollständig positiven Krankheitsverlauf kommt. In vielen Fällen müssen die Betroffenen auch hohe Belastungen und Stress vermeiden, damit es nicht zu den Beschwerden an den Muskeln kommt.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Klagen Kinder und Heranwachsende wiederholt über Störungen der Muskulatur, sollte eine Beobachtung der Beschwerden erfolgen. Häufig kommt es durch den natürlichen Wachstumsprozess zu Verwechslungen und die ersten Anzeichen für Myotonia congenita Thomsen werden nicht in ausreichendem Maß wahrgenommen. Klagen die Kinder im direkten Vergleich zu Gleichaltrigen häufiger über Beschwerden der Muskeln oder Knochen und erleben sie diese intensiver, sind die Beobachtungen mit einem Arzt zu besprechen.

Eine geringe Muskelkraft, eine Angespanntheit der Muskeln obwohl diese gelockert wurden sowie Einschränkungen der Bewegungsmöglichkeiten sind untersuchen und behandeln zu lassen. Störungen der Greiffunktion, Gangunsicherheiten, die Bildung von blauen Flecken oder Blutergüssen ohne eine äußere Einwirkung, sind Anzeichen einer vorliegenden Erkrankung.

Halten vorhandene Beschwerden über eine längere Zeit an oder nehmen sie an Umfang und Intensität zu, wird ein Arztbesuch empfohlen. Kann die Fortbewegung nicht mehr aus eigener Kraft vorgenommen werden, ist die Myotonia congenita Thomsen bereits in einem fortgeschrittenen Stadium und muss umgehend von einem Arzt untersucht werden.

Treten Verhaltensauffälligkeiten auf, kommt es zu einem stark weinerlichen Verhalten des Kindes oder wird die Teilhabe am sozialen Leben verweigert, sind dies Hinweise einer bestehenden Unregelmäßigkeit. Kann am Schulsportunterricht nicht mehr teilgenommen werden oder kommt es zu Einschränkungen bei der Freizeitgestaltung, wird ein Arzt benötigt.

Behandlung & Therapie

Auf Grund der Tatsache, dass Myotonia congenita Thomsen einen genetischen Hintergrund hat beziehungsweise die Ursache, weshalb jene Mutation entsteht, nicht geklärt ist, können im Rahmen der Therapie nur Symptome gelindert werden. Eine Ursachenbehandlung entfällt zur Gänze.

Auf Grund der Tatsache, dass eine Myotonie keine lebensbedrohliche Krankheit ist und auch keine dementsprechenden Symptome aufweist, kann etwaige eine gewöhnliche Physiotherapie helfen, wenn der Patient über eine zunehmende Muskelsteifigkeit klagt. Wichtig ist, dass physiotherapeutische Maßnahmen regelmäßig wahrgenommen werden. So kann der Patient seine Muskeln trainieren beziehungsweise entspannen und in weiterer Folge gegen die Muskelsteifigkeit vorgehen.

Ratsam ist, dass der Patient über mögliche positive Faktoren aufgeklärt wird, welche eine Myotonie auslösen können. So sollten Kälte, Müdigkeit sowie Stress gemieden werden. Jene Faktoren können eine verstärkte Wirkung auslösen. Wärme kann jedoch helfen, bereits aufgetretene Symptome zu lindern. In vielen Fällen erhalten Betroffene auch Medikamente, wobei der Wirkstoff vorwiegend die Ionenkanäle des Patienten unterstützt.

Vorwiegend verordnen die Mediziner die Wirkstoffe Phenytoin oder Mexiletin. Klagt der Betroffene aber über nur sehr schwach ausgeprägte Symptome, können die Medikamente auch weggelassen werden; im Falle von sehr geringen Beschwerden, reicht im Endeffekt die Physiotherapie. Es gibt weder operative oder sonstige Behandlungsmöglichkeiten, welche die Symptome lindern oder die Krankheit gar bekämpfen können.


Aussicht & Prognose

Die Aussichten bei der Myotonia congenita Thomsen sind günstig. Sie tritt selten auf. Statistisch gesehen ist eine aus 400.000 Personen betroffen. Auffällig sind familiäre Häufungen. Das liegt daran, dass die Myotonia congenita Thomsen über die Gene weitergegeben wird. Die Ursachen lassen sich gegenwärtig nicht beheben. Es bleibt abzuwarten, ob die wissenschaftliche Forschung in der Zukunft geeignete Therapieansätze entwickelt. Ärzte können allerdings die Beschwerden lindern, sodass eine Lebensqualität erhalten bleibt. Die Lebensdauer wird durch die Muskelerkrankung nicht beeinflusst.

Viele Patienten lernen in Trainingseinheiten, wie sie ihren Alltag mit der Myotonia congenita Thomsen verbringen. Dadurch entstehen in vielen Berufen keine nennenswerten Nachteile. Auch das Privatleben lässt sich ohne fremde Hilfe meistern. Meist ist sogar keine medikamentöse Behandlung erforderlich. Nur selten und bei einem schweren Verlauf wird unter anderem Mexiletin verabreicht.

Die Intensität der Beschwerden fällt bei Männern in der Regel größer als beim weiblichen Geschlecht aus. Äußere Faktoren wie die Temperatur und die Tageszeit können die Myotonia congenita Thomsen genauso hervorrufen wie physische und psychische Gegebenheiten, die mit der Erkrankung nur schwer in Zusammenhang zu bringen sind.

Vorbeugung

Auf Grund der Tatsache, dass keine Ursache bekannt ist, aus welchem Grund eine Myotonia congenita Thomsen besteht beziehungsweise es sich um eine Erbkrankheit handelt, sind keine vorbeugenden Maßnahmen möglich oder bekannt.

Nachsorge

In den meisten Fällen sind die Maßnahmen und die Möglichkeiten einer Nachsorge bei der Myotonia congenita Thomsen deutlich eingeschränkt. Im Vordergrund steht bei dieser Erkrankung daher eine frühzeitige Erkennung und Behandlung, damit es zu keinen weiteren Komplikationen oder zu anderen Einschränkungen mehr kommen kann. Der Betroffene sollte daher rechtzeitig einen Arzt aufsuchen und eine Behandlung der Krankheit einleiten, da es nicht zu einer Selbstheilung kommen kann.

In den meisten Fällen ist bei der Myotonia congenita Thomsen die Einnahme von verschiedenen Medikamenten notwendig, um die Beschwerden dauerhaft und richtig zu lindern. Betroffene sollten die regelmäßige Einnahme und ebenso die vorgegebene Dosierung beachten, um die Beschwerden einzuschränken. In vielen Fällen sind auch Maßnahmen einer Krankengymnastik und einer Physiotherapie sehr wichtig, wobei der Patient auch viele der Übungen aus diesen Therapien im eigenen Zuhause wiederholen und durchführen kann.

Dabei wirkt sich auch die Hilfe und Pflege durch die eigene Familie sehr positiv auf den weiteren Verlauf der Erkrankung aus. Damit können ebenso Depressionen und andere psychische Verstimmungen verhindert werden. Die Krankheit selbst verringert in der Regel nicht die Lebenserwartung des Betroffenen.

Das können Sie selbst tun

Die Myotonia congenita Thomsen ist eine erbliche Erkrankung, die in erster Linie ärztlich zu behandeln ist. Begleitend zu der medizinischen Behandlung können die Erkrankten verschiedene Maßnahmen beginnen, um die Therapie zu begleitend.

Wirksam sind zum Beispiel Tätigkeiten wie Sport treiben und die tägliche Ernährung umstellen. Wichtig ist außerdem eine strikte Körperhygiene, um die typischerweise auftretenden Atrophien zu lindern. Des Weiteren dürfen keine ungesunden Speisen und Getränken wie beispielsweise Fast Food oder Alkohol verzehrt und getrunken werden. Die Diät sollte in Rücksprache mit einem Ernährungsberater und dem Hausarzt ausgearbeitet werden, um eine möglichst hohe Effektivität zu erreichen. Daneben muss Sonneneinstrahlung vermieden werden. Vor allem im Sommer müssen die Augen geschützt werden, um eine weitere Schädigung zu vermeiden.

Die Behinderungen des Bewegungsapparats lassen sich, begleitend zur ärztlich verordneten Physiotherapie, durch Übungen aus dem Yoga und der Krankengymnastik lindern. Erkrankte sollten außerdem eine behindertengerechte Einrichtung organisieren bzw. frühzeitig Gehhilfen und Co. erwerben, um Stürze und die daraus resultierenden körperlichen Folgen zu kompensieren. Welche Maßnahmen im Detail sinnvoll sind, kann der zuständige Arzt beantworten.

Quellen

  • Braun, J., Dormann, A .J.: Klinikleitfaden Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2013
  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013

Das könnte Sie auch interessieren