Phenytoin
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 10. April 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Phenytoin ist ein Arzneistoff aus der Wirkstoffklasse der Antikonvulsiva. Je nach Verwendung wird Phenytoin auch zu den Antiarrhythmika gezählt.
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Was ist Phenytoin?
Phenytoin ist ein Arzneistoff, der überwiegend zur Behandlung von Epilepsien verwendet wird. Der Stoff wird aber auch zur Therapie von Herzrhythmusstörungen genutzt.
Phenytoin wurde erstmals im Jahr 1908 von dem Chemiker und Hochschullehrer Heinrich Biltz synthetisiert. Dafür erhitzte Biltz Benzil und Harnstoff. Nach einer Umlagerung der Benzilsäure entstand so Phenytoin. In Europa wird Phenytoin unter den Handelsnamen Phenhydan®, Zentropil® oder Epanutin® vertrieben. Es sind auch Generika erhältlich. Phenytoin ist ein Hydantoin-Derivat. Hydantoine sind gesättigte heterocyclische Verbindungen und ihrerseits ein Derivat der Imidazole.
Die Bioverfügbarkeit von Phenytoin ist gut. Das Medikament wird in der Leber verstoffwechselt. Diese Metabolisierung ist dosisabhängig und die Halbwertszeit des Arzneistoffes somit schwankend. Phenytoin wird überwiegend über die Niere ausgeschieden.
Pharmakologische Wirkung
Neben dem verminderten Einstrom von Natriumionen kommt es gleichzeitig zu einem verstärkten Ausstrom von Kaliumionen. Somit steigt die Reizschwelle. Damit ein Aktionspotential ausgelöst werden kann, muss ein wesentlich stärkerer Reiz auf die Zielzelle treffen. Das Membranpotential wird somit durch Phenytoin stabilisiert. Die AV-Überleitung am Herzen beeinflusst Phenytoin im Gegensatz zu vielen anderen Antiarrhythmika allerdings nicht.
Medizinische Anwendung & Verwendung
Phenytoin wird vor allem in der Epilepsiebehandlung eingesetzt. Es eignet sich als Dauerbehandlung bei einfachen und komplexen fokalen Anfällen. Fokale Anfälle gehen von einem bestimmten Gehirnbereich aus und betreffen immer nur eine Hirnhälfte. Sie können sich durch Muskelzuckungen, Kribbelgefühle, Wärmegefühle, Taubheitsgefühle, Lichtblitze vor den Augen oder durch Schwindelgefühle äußern. Patienten mit komplexen fokalen Anfällen verlieren häufig das Bewusstsein.
Auch bei primär generalisierten tonisch-klonischen Epilepsieanfällen wird Phenytoin verabreicht. Diese epileptischen Anfälle werden auch als Grand mal-Anfälle bezeichnet. Bei einem Status epilepticus ist Phenytoin auch als intravenöse Verabreichung zugelassen. Als Status epilepticus werden sehr lange andauernde epileptische Anfälle bezeichnet. Die Anfälle können auch in einer ganzen Serie auftauchen, wobei das Intervall zwischen den einzelnen Anfällen so kurz ist, dass die Betroffenen nicht das Bewusstsein erlangen. Ein Status epilepticus kann je nach Ausprägung schwere Schäden nach sich ziehen und im schlimmsten Fall auch tödlich enden. Bei generalisierten Anfällen vom Absence-Typ, bei den sogenannten Petit-Mal-Anfällen, ist Phenytoin hingegen wirkungslos.
In Ausnahmefällen wird Phenytoin auch zur Behandlung von neurogenen Schmerzzuständen genutzt. Aufgrund der Nebenwirkungen, die unter der Therapie mit Phenytoin auftreten können, wird der Arzneistoff hier nur eingesetzt, wenn andere Therapiemaßnahmen nicht greifen.
Phenytoin wird des Weiteren zur Behandlung von sogenannten ventrikulären Tachykardien (Herzrasen) genutzt. Ventrikuläre Tachykardien sind Herzrhythmusstörungen, die ihren Ursprung im Bereich der Herzkammern haben. Die ventrikuläre Tachykardie ist ein Notfall, der meist nach Digitalisintoxikationen auftritt. Digitalisglykoside werden zur Therapie von Herzerkrankungen eingesetzt. In einer Überdosierung können sie lebensgefährliche Herzrhythmusstörungen zur Folge haben.
Risiken & Nebenwirkungen
Auch Anämien werden häufiger beobachtet. Des Weiteren kann es zur Osteomalazie kommen. Bei der Osteomalazie erweichen die Knochen. Die Erkrankung geht mit dumpfen Schmerzen und einem erhöhten Frakturrisiko einher. Unter Einnahme von Phenytoin können die Patienten auch einen akneförmigen Hautausschlag entwickeln. Ebenso kann eine über das übliche Maß hinausgehende Behaarung an sonst unbehaarten Stellen auftreten. Der Haarwuchs kann lokal begrenzt sein oder den gesamten Körper, mit Ausnahme der Handflächen und der Fußsohlen, betreffen.
Unerwünschte Wirkungen können sich auch auf geistiger Ebene zeigen. So kann es zu Wahrnehmungsstörungen und zu Störungen der Merkfähigkeit kommen. Diese Störungen der intellektuellen Leistungsfähigkeit werden häufig von Abgeschlagenheit und Kopfschmerzen begleitet.
Phenytoin zeigt oft Wechselwirkungen mit anderen Arzneistoffen. So wird der Wirkspiegel durch Antihistaminika, Antibiotika, Benzodiazepine, Antidepressiva, bestimmte Narkosemittel, Antirheumatika und Protonenpumpenhemmer erhöht.
Die Wirkung von Phenytoin wird durch Alkohol, Carbamazepin, Primidon und Phenobarbital herabgesetzt. Orale Blutgerinnungshemmer, orale Verhütungsmittel, trizyklische Antidepressiva, Verapamil und Kortikosteroide wirken in Kombination mit Phenytoin weniger gut.
Kontraindikationen für die Einnahme von Phenytoin sind Erkrankungen der Leber, Schwangerschaft, Knochenmarkserkrankungen, Herzinsuffizienz, ein höhergradiger AV-Block des Herzens und das Sick-Sinus-Syndrom.