Nabelschnurvorfall

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 4. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Fast immer ist ein Nabelschnurvorfall ein medizinischer Notfall. Verzögertes Einschreiten kann den Fötus schädigen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist ein Nabelschnurvorfall?

Anders als hier zu sehen, muss bei einem Nabelschnurvorfall in jedem Fall ein Kaiserschnitt stattfinden. Wenn dies rechtzeitig geschieht und das Kind noch ausreichend mit Sauerstoff versorgt wird, treten keine Spätfolgen auf.
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Ein Nabelschnurvorfall liegt nach medizinischer Definition dann vor, wenn sich während des Geburtsvorgangs oder im Rahmen eines vorzeitigen Blasensprungs (eines Einreißens der Fruchtblase) die Nabelschnur so verlagert, dass sie zwischen Geburtskanal und ungeborenem Kind liegt.

Da der Druck auf die Nabelschnur beim Fötus zu Sauerstoffmangel führen kann, wird der Nabelschnurvorfall meist notfallmedizinisch behandelt. Innerhalb Deutschlands tritt ein Nabelschnurvorfall bei ca. 0,3 % der Schwangerschaften auf.

Dabei sind vor allem Föten mit abweichender Kindslage betroffen; eine solche, abweichende Kindslage kann beispielsweise die Form der Schräg-, Fuß- oder Querlage annehmen. Auch bei Mehrlingsgeburten tritt der Nabelschnurvorfall vermehrt auf.

Ursachen

Als mögliche Ursache eines Nabelschnurvorfalls gilt in der Medizin ein durch den Fötus nicht ausreichend abgedichteter Geburtskanal. So ist beispielsweise bei Frühgeburten oder überdurchschnittlich kleinen Föten das Risiko erhöht, dass sich ein Nabelschnurvorfall ereignet.

Weitere Faktoren, die einen Vorfall der Nabelschnur begünstigen können, sind etwa eine sehr tief sitzende Plazenta (Mutterkuchen) und/oder ein sogenanntes Hydramnion - das Vorliegen einer vermehrten Fruchtwassermenge in der Gebärmutter.

Ereignet sich ein Nabelschnurvorfall im Rahmen eines vorzeitigen Blasensprungs, kann der Vorfall dadurch bedingt sein, dass der Fötus durch den plötzlichen Sog des Fruchtwassers in das Becken der werdenden Mutter gezogen wird; befindet sich zu diesem Zeitpunkt die Nabelschnur unterhalb des Fötus, so kann der Körper des ungeborenen Kindes Druck auf die Nabelschnur ausüben und ein Nabelschnurvorfall tritt ein.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Ein Nabelschnurvorfall kann anhand verschiedener Anzeichen festgestellt werden. Meist bemerkt der Arzt zunächst ein Absinken der Herzfrequenz des Embryos. Dadurch verlangsamen sich Puls und Aktivität des Kindes. Bei der körperlichen Untersuchung kann die pulsierende Nabelschnur vor dem Embryo ertastet werden, oftmals hat sie sich zu diesem Zeitpunkt bereits an den Gliedern, am Torso oder am Hals des Kindes verfangen.

Wird die Nabelschnur nicht umgehend gelöst, besteht akute Lebensgefahr. Als Folge der mangelnden Sauerstoff- und Blutversorgung sterben bereits nach wenigen Minuten Gehirnzellen ab. Dies resultiert oft in einer schweren Behinderung oder sogar im Tod des Kindes. Umschlingt die Nabelschnur die Finger oder Zehen, kann es zu Frakturen und infolge dessen zu Fehlbildungen kommen.

Bei einem Nabelschnurvorfall muss in jedem Fall ein Kaiserschnitt stattfinden. Wenn dies rechtzeitig geschieht und das Kind noch ausreichend mit Sauerstoff versorgt wird, treten keine Spätfolgen auf. Allerdings kann es in Einzelfällen zu Entwicklungsverzögerungen kommen. Zudem resultiert ein Nabelschnurvorfall meist in einer Frühgeburt, die immer mit gewissen Risiken verbunden ist. Äußerlich ist ein Nabelschnurvorfall nicht zu erkennen. Allerdings bemerken Mütter häufig, dass sich das Kind nicht mehr oder plötzlich panisch bewegt.

Diagnose & Verlauf

Um einen Nabelschnurvorfall zu diagnostizieren, wird häufig zunächst eine sogenannte Kardiotokografie durchgeführt; hierbei handelt es sich um ein Verfahren, das es beispielsweise ermöglicht, den Herzschlag eines ungeborenen Kindes zu prüfen. Zu den Hinweisen auf einen Nabelschnurvorfall zählt etwa ein verlangsamter Herzschlag des Fötus.

Bei vorliegender Verdachtsdiagnose tastet ein behandelnder Gynäkologe in einem nächsten Schritt häufig den Geburtskanal der werdenden Mutter ab, um die Position einer möglicherweise vorgefallenen Nabelschnur zu bestimmen. Konnte auch dieser Untersuchungsschritt eine Diagnose noch nicht ausreichend absichern, ist bei bereits ausreichend geöffnetem Muttermund des Weiteren beispielsweise eine Fruchtwasserspiegelung möglich.

Der Verlauf eines Nabelschnurvorfalls wird vor allem durch eine frühzeitige, medizinische Intervention positiv beeinflusst. Erfolgt ein medizinisches Eingreifen verspätet, so kann ein Nabelschnurvorfall im Verlauf zu Schädigungen des Fötus führen. In schweren Fällen kann ein Nabelschnurvorfall den Tod des Embryos nach sich ziehen.

Komplikationen

Der Nabelschnurvorfall zählt zu den gefährlichsten Komplikationen, die bei einer Geburt eintreten können. Wird der Vorfall vorab bei der Kardiotokografie nicht erkannt, führt die unterlassene oder zu späte medizinische Behandlung im schlimmsten Fall zu schweren Schädigungen oder zum Tod des Kindes. Ein Anzeichen kann ein verfrühter Blasensprung sein.

In diesem Fall sollte die werdende Mutter so schnell wie möglich in liegender Position ins Krankenhaus gebracht werden. Aufgrund des Blasensprungs zieht der Fruchtwasser-Sog den Fötus Richtung Becken der Mutter. War die Nabelschnur zufällig in dem Moment unterhalb des Kindes, drückt der Fötus selbst auf die vorgefallene Nabelschnur. Die Mutter kann in liegender Position zumindest den Druck verringern.

Bei jedem Nabelschnurvorfall wird die Sauerstoff- und Blutversorgung zum Fötus unterbrochen. Das Kind kann dadurch entweder eine schwere Behinderung davontragen oder sogar sterben, daher ist ein Notkaiserschnitt nötig. Wenn das Kind im schlimmsten Fall bereits zu lange keinen Sauerstoff mehr bekommen hat und stirbt, muss es innerhalb der Gebährmutter reanimiert werden.

Das funktioniert beispielsweise mit bronchienerweiternden Medikamenten. Ein Kaiserschnitt ist bei dem Nabelschnurvorfall unumgehbar, da die Nabelschnur eine natürliche Geburt durch die Vagina unmöglich macht.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Da ein Nabelschnurvorfall ein Notfall darstellt, muss bei einem Auftreten unverzüglich gehandelt werden. Andernfalls kommt es zum Tod des Fötus während oder unmittelbar nach der Entbindung. Da sich im Normalfall die werdende Mutter in den Händen eines medizinisch geschulten Personals befindet, wird die Unregelmäßigkeit von den Mitarbeitern bemerkt und behandelt.

Stellt die Schwangere während des Geburtsvorgangs Besonderheiten oder Auffälligkeiten fest, sollte sie unverzüglich die anwesenden Krankenschwestern, Hebammen oder Ärzte informieren. Obgleich beim Geburtsvorgang eine permanente Überwachung der Gesundheit von Mutter und Kind stattfindet, können Warnsignale oder Veränderungen, die von der Mutter mitgeteilt werden, schneller abgeklärt und untersucht werden.

Bei einer Geburt im stationären Bereich, in einem Geburtshaus oder bei einer geplanten Niederkunft im häuslichen Bereich sind in einem ausreichenden Umfang Geburtshelfer anwesend. Bei einer spontanen Geburt ohne die Anwesenheit von geschultem Personal ist ein Rettungsdienst zu alarmieren.

Bis zu dessen Ankunft sollte den Anweisungen des Notarztes Folge geleistet werden, da in schweren Fällen für Mutter und Kind Lebensgefahr besteht. Ein Nabelschnurvorfall kann aus anatomischen Gründen nicht von der Betroffenen selbst behandelt werden. Die werdende Mutter ist auf die Hilfe von anderen Personen angewiesen und kann diesen lediglich Rückmeldungen über gesundheitliche Veränderungen, Auffälligkeiten oder Unregelmäßigkeiten geben.

Behandlung & Therapie

In den meisten Fällen erfordert ein Nabelschnurvorfall das rasche Durchführen eines Kaiserschnittes. Muss die werdende Mutter bei vorliegendem Nabelschnurvorfall zunächst noch ins Krankenhaus transportiert werden (was beispielsweise bei einem unerwarteten Blasensprung der Fall sein kann), ist häufig der Liegendtransport wichtig; in dieser Position kann der Druck des Fötus auf die vorgefallene Nabelschnur verringert werden.

Ebenfalls zur Entlastung der vorgefallenen Nabelschnur trägt bei einem Nabelschnurvorfall beispielsweise die notfallmedizinische Maßnahme bei, den in den Geburtskanal vorgedrungenen Kopf des Fetus wieder in die Gebärmutter zu verlagern. Darüber hinaus wird das Becken der werdenden Mutter bis zum erfolgenden Kaiserschnitt häufig hochgelagert.

Eine ergänzende Gabe von Wirkstoffen, die die Wehentätigkeit bei der werdenden Mutter unterdrücken (in der Medizin werden diese Wirksubstanzen auch als Tokolytika bezeichnet), kann verhindern, dass der Kopf des Fötus sich erneut aus der Gebärmutter schiebt.

Hat ein Fötus infolge eines Nabelschnurvorfalls bereits einen sehr starken Sauerstoffmangel erlitten, so kann in einigen Fällen eine Reanimation (Wiederbelebung) des ungeborenen Kindes innerhalb der Gebärmutter notwendig werden; eine entsprechende Wiederbelebung kann beispielsweise mithilfe von Medikamenten erfolgen, die eine Weitstellung der Bronchien bewirken.


Aussicht & Prognose

Ein Nabelschnurvorfall kann durch Beckenhochlagerung oder Seitenlagerung der Schwangeren oft behoben werden. Die Geburt kann unter Überwachung des Kindes vaginal erfolgen und ist zumeist erfolgreich. Bei Komplikationen während oder nach des Nabelschnurvorfalls wird ein Kaiserschnitt vorgenommen. Gegebenenfalls müssen Medikamente wie Fenoteral verordnet werden.

Die Prognose eines Nabelschnurvorfalls ist heutzutage sehr gut. In den meisten Fällen genügt eine Hoch- oder Seitenlagerung, um eine natürliche Geburt zu ermöglichen. Dennoch bedeutet ein Nabelschnurvorfall für das Kind und unter Umständen auch für die Mutter Lebensgefahr. Je schneller der Nabelschnurvorfall erkannt und behoben wird, desto besser sind die Aussichten auf eine natürliche Geburt, bei der das Kind gesund zur Welt kommt. Bei einem positiven Verlauf haben Kind und Mutter keine Spätfolgen zu erwarten. Allerdings kann eine schwierige Geburt für die Mutter ein Trauma bedeuten, welches mit therapeutischer Unterstützung aufgearbeitet werden muss.

Grundsätzlich ist die Aussicht auf eine Genesung gegeben, insofern die Geburt wie geplant eingeleitet werden kann und keine weiteren Zwischenfälle auftreten. Bei einem frühzeitigen Blasensprung besteht die Gefahr, dass der Fötus noch im Mutterleib verstirbt.

Vorbeugung

Ereignet sich ein vorzeitiger Blasensprung während eines Schwangerschaftsstadiums, in dem der Kopf des Embryos sich noch nicht im Becken positioniert hat, kann der Liegendtransport in ein Krankenhaus dazu beitragen, einen Nabelschnurvorfall im Vorfeld zu verhindern. Durch regelmäßige Kontrolluntersuchungen während der Schwangerschaft können eventuelle, fetale Lageanomalien diagnostiziert werden, die das Risiko eines Nabelschnurvorfalls möglicherweise erhöhen.

Nachsorge

In den meisten Fällen sind die Maßnahmen und die Möglichkeiten der direkten Nachsorge bei einem Nabelschnurvorfall deutlich eingeschränkt oder stehen der Patientin in vielen Fällen gar nicht erst zur Verfügung. Aus diesem Grund muss bei dieser Erkrankung schon möglichst früh ein Arzt aufgesucht werden, um eine weitere Schädigung des Kindes zu verhindern. Dabei kann es im schlimmsten Fall zum Tod des Kindes und damit auch zu einer Totgeburt kommen.

Je früher der Nabelschnurvorfall dabei erkannt und behandelt wird, desto besser ist in der Regel auch der weitere Verlauf dieser Erkrankung. Die Beschwerden selbst werden dabei in der Regel durch einen Kaiserschnitt gelindert. Nach einem solchen Eingriff sollte sich die Mutter auf jeden Fall ausruhen und schonen.

Von Anstrengungen oder von stressigen und körperlichen Tätigkeiten ist dabei abzusehen, um den Körper nicht unnötig zu belasten. Dabei sind auch nach der Geburt des Kindes noch regelmäßige Kontrollen und Untersuchungen sehr wichtig, um andere Beschwerden und Schäden schon früh zu erkennen und dann zu behandeln. Die Eltern selbst sind bei einem Nabelschnurvorfall auf die Hilfe der eigenen Familie angewiesen, wodurch vor allem auch Depressionen und andere psychische Verstimmungen verhindert werden können.

Das können Sie selbst tun

Das Auftreten eines Nabelschnurvorfalls kann von der Frau im Vorfeld kaum verhindert werden und auch beim Eintreten dieser Komplikation ist es die professionelle medizinische Hilfe, die die Schwangere und vor allem das Kind benötigen. Dennoch gibt es einige Dinge, die die Frau rund um den Nabelschnurvorfall beachten kann.

Das ist in erster Linie das Einhalten der regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen. Gynäkologen können anhand der Ultraschallbilder Sitz des Kindskopfes und der Plazenta und damit das Risiko für einen Nabelschnurvorfall beurteilen. Ansonsten ist es sinnvoll, wenn eine Schwangere sich bei unklaren Beschwerden immer an Arzt oder Hebamme wendet. Besonders gilt dies für Zwillingsschwangerschaften. Die Frau kann sich von Arzt oder Hebamme auch zeigen lassen, wie das Pulsieren der Nabelschnur zu spüren ist und dies im Zweifel kontrollieren.

Wenn es zu einem frühzeitigen Blasensprung gekommen ist, steigt das Risiko für einen Nabelschnurvorfall rapide an. Die Schwangere kann sich und ihrem Kind in diesen Fällen dadurch helfen, dass sie sich in eine liegende Position begibt und das Becken hochlagert. Die falsche Reaktion ist es, um vermeintlich Zeit zu sparen, per Auto in sitzender Position rasch in die Klinik zu gelangen. Selbsthilfe beim Nabelschnurvorfall ist die liegende Position. Auch im Krankenwagen wird die Schwangere anschließend im Liegendtransport ins Krankenhaus gebracht.

Quellen

  • Beckermann, M.J.: Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Schwabe, Basel 2004
  • Schneider, H., Husslein, P., Schneider, K.T.M.: Die Geburtshilfe. Springer, Berlin Heidelberg 2011
  • Weyerstahl, T., Stauber, M.: Gynäkologie und Geburtshilfe, duale Reihe. Thieme, Stuttgart 2013

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