Neurotrophe Keratopathie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 25. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Neurotrophe Keratopathie ist eine Erkrankung des Auges, insbesondere seiner Hornhaut (medizinisch Cornea). Verursacht wird sie durch eine Schädigung des dortigen, sehr empfindlichen Nervengewebes mit gravierenden Folgen für das gesamte Auge. In der Wissenschaft ist meist die Bezeichnung Keratitis neuroparalytica üblich. Die Klassifikation nach ICD-10 lautet H16.2.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Neurotrophe Keratopathie?

Eine Neurotrophe Keratopathie äußert sich im Allgemeinen recht unbestimmt. Die meisten Symptome treten ebenfalls bei anderen Erkrankungen des Auges auf und können nicht eindeutig der Neurotrophen Keratopathie zugeordnet werden.
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Mittelpunkt der Neurotrophen Keratopathie ist die Hornhaut. Sie ist Teil der äußeren Haut des Auges und damit gleichzeitig Abschluss des gesamten Augapfels. Gewöhnlich zeigt sie sich klar mit einer vollständigen Schicht aus Tränenflüssigkeit. Ihre Wölbung sorgt dafür, dass das einfallende Licht gebrochen wird und ist somit wichtig für eine korrekte Sehstärke.

Die Hornhaut wird von einer Vielzahl an Nerven durchzogen und gilt daher als eine der sensibelsten Strukturen des Körpers in Bezug auf Temperatur, Schmerz und Berührung. Ihren Ursprung haben die Nerven im Augapfelnerv (medizinisch Nervus ophthalmicus), einem Nebenast des Nervus trigeminus.

Sind dieser oder auch die einzelnen Nerven in der Hornhaut direkt geschädigt, kann es zur Entwicklung einer Neurotrophen Keratopathie kommen. Betroffen sind hiervon allerdings nur wenige Patienten. Allein in Europa sind es gerade einmal 0,05 Prozent der gesamten Bevölkerung, bei denen einer der drei festgelegten Schweregrade der Erkrankung diagnostiziert wurde.

Ursachen

Hauptursache einer Neurotrophen Keratopathie ist die durch die Nervenschädigung hervorgerufene verminderte Absonderung von Tränenflüssigkeit, die die Hornhaut normalerweise mit ausreichend Nährstoffen versorgt und zugleich einen sicheren Schutzschild bildet. Kommt es in diesem Bereich zu einer Störung, treten degenerativen Veränderungen auf.

Möglich sind verschiedene Entartungen, Einschränkungen in der Funktionsweise, Rückbildungen sowie in schweren Fällen Hornhautgeschwüre (medizinisch Ulcus corneae). Die Wundheilung der Hornhaut ist dabei zeitgleich gestört. Auslöser für die Schädigung der Nerven sind in fast zwanzig Prozent aller Fälle Herpesviren und die durch sie ausgelösten Infektionen.

Darüber hinaus kommen physische Verletzungen, Verätzungen, die falsche Anwendung von Kontaktlinsen oder Fehler bei chirurgischen Eingriffen in Frage. Seltener sind dagegen Grunderkrankungen, wie Diabetes mellitus, Multiple Sklerose oder Lepra für die Erkrankung verantwortlich. Gleiches gilt auch für verschiedene Tumore, Zysten und Abszesse. Angeborene Augenerkrankungen hingegen spielen bei der Bildung einer Neurotrophen Keratopathie kaum eine Rolle.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Eine Neurotrophe Keratopathie äußert sich im Allgemeinen recht unbestimmt. Die meisten Symptome treten ebenfalls bei anderen Erkrankungen des Auges auf und können nicht eindeutig der Neurotrophen Keratopathie zugeordnet werden. Deutlichstes Anzeichen für die Erkrankung ist jedoch die reduzierte Sensibilität der Hornhaut.

Dadurch werden bestimmte Reize, wie Berührungen oder Temperaturunterschiede, vom Patienten kaum oder gar nicht wahrgenommen. Betroffene sind daher selbst in einem schweren Stadium der Krankheit schmerzfrei. Sichtbar wird die Neurotrophe Keratopathie durch eine ausgeprägte Trübung der ansonsten klaren Hornhaut.

Des Weiteren lassen sich eine auffällige Rötung des Auges und ein verminderter Blinkreflex erkennen. Die Sehschärfe der Patienten kann in den Anfängen noch etwas schwanken. Je schwerer der Verlauf der Erkrankung allerdings voranschreitet, desto schwächer wird auch die Sehschärfe des betroffenen Auges.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Um eine Neurotrophe Keratopathie zu diagnostizieren, sollte zum einen eine gründliche Anamnese zur Ursachenforschung erfolgen. Zum anderen sind verschiedene medizinische Untersuchungen, wie ein Empfindsamkeitstest der Hornhaut oder ein Funktionstest des Tränenfilms, notwendig. Aufgrund der mehrdeutigen Symptome ist dabei eine besonders sorgfältige Prüfung obligatorisch, um das Fortschreiten der Erkrankung so früh wie möglich zu verhindern.

Unbehandelt kann eine Neurotrophe Keratopathie zu Hornhautgeschwüren, einem Verlust oder zumindest einer Perforation der Hornhaut oder zu sogenannten aseptische Nekrosen führen. Sie kann selbst bei leichter Ausprägung begleitende Veränderungen an der Bindehaut hervorrufen und in einem späteren Stadium eine Gefahr für das gesamte Auge darstellen.

Komplikationen

Die neurotrophe Keratopathie kann besonders im dritten Stadium zu schweren Komplikationen führen. Da die Erkrankung nicht von Schmerzen begleitet ist, wird sie häufig erst zu spät erkannt. Daher sollten schon gelegentlich auftretende Schwankungen der Sehschärfe Anlass geben, dringend einen Arzt aufzusuchen, um die völlige Zerstörung der Hornhaut zu vermeiden. Im Rahmen der Erkrankung besteht immer die Gefahr einer bakteriellen Superinfektion.

Dabei wird die Hornhaut neben Viren auch von Bakterien und Pilzen angegriffen. Als Folge kann sich daraus ein sogenanntes Ulcus corneae entwickeln. Bei Ulcus corneae handelt es sich um ein Hornhautgeschwür, welches von schmerzenden und ständig tränenden Augen gekennzeichnet ist. Dabei kann das ausfließende Sekret sogar Eiter enthalten, der auf eine bakterielle Infektion hindeutet. Das Auge ist dann entzündet und gegen Licht sehr empfindlich.

Manchmal wird auch ein Lidkrampf beobachtet, der sich durch beidseitiges exzessives Blinzeln bei Müdigkeit, emotionaler Spannung oder hellen Lichtreizen bemerkbar macht. Der Lidkrampf kann sogar für mehrere Stunden zum Verschluss der Augen führen. Insgesamt verschlechtert sich bei Ulcus corneae der Visus (Sehschärfe). In schweren Fällen kann es zur Perforation der Hornhaut kommen. Das stellt eine große Bedrohung für das Auge dar und kann zur Blindheit führen. Zur Verhinderung dieser schwerwiegenden Komplikation ist neben einer umfassenden antibiotischen Behandlung auch ein chirurgischer Eingriff notwendig.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Wenn Sehstörungen, Augenschmerzen und andere bekannte Anzeichen einer Neurotrophen Keratopathie bemerkt werden, ist ein Arztbesuch angezeigt. Sollten körperliche Beschwerden auftreten, ohne dass dafür eine eindeutige Ursache gefunden werden kann, ist ein abklärendes Gespräch beim Hausarzt notwendig. Dies gilt insbesondere bei zunehmenden Augenbeschwerden oder einer gesteigerten Sensibilität der Hornhaut. Wiederholtes Tränen sowie Schwellungen im Bereich der Augen werden am besten sofort abgeklärt. Der Arzt kann die Neurotrophe Keratopathie diagnostizieren und bei Bedarf direkt eine Behandlung starten oder den Patienten an einen Facharzt verweisen.

Zu den Risikogruppen zählen Menschen, die kürzlich an einer viralen Infektion oder an okularem Herpes Zoster erkrankt sind. Auch Opfer von körperlichen Verletzungen und chemischen Verbrennungen sollten bei genannten Symptomen den Arzt konsultieren. Wer nach einem chirurgischen oder neurochirurgischen Eingriff an den genannten Beschwerden leidet, informiert am besten den zuständigen Arzt. Selbiges gilt, wenn die Symptome nach der Anwendung von Kontaktlinsen oder tropischen Arzneimittel auftreten. Diabetes-, Lepra- und Multiple-Sklerose-Patienten sollten den verantwortlichen Mediziner über ungewöhnliche Symptome im Bereich der Augen informieren. Die Neurotrophe Keratopathie wird von dem Augenarzt oder einem Internisten behandelt. Schwerkranke Patienten müssen in einer Fachklinik behandelt werden.

Behandlung & Therapie

Die Behandlung einer Neurotrophe Keratopathie ist nach wie vor schwierig und richtet sich ganz nach der individuellen Ausprägung beim Patienten. Ein optimaler Erfolg sei mit den aktuellen Therapien nur selten zu erreichen und so steht in erster Linie die Abwendung einer Ausbreitung der Erkrankung im Vordergrund. Dies geschieht hauptsächlich durch die Gabe von nicht konservierter Tränenersatzflüssigkeit, um die Hornhaut wieder mit ausreichend Nährstoffen zu versorgen.

In einigen Fällen bieten sich hierfür besondere, aus dem Blutserum des Patienten hergestellte Eigenserum-Augentropfen an. Zum Schutz der Hornhaut können therapeutische Kontaktlinsen getragen werden. Alternativ besteht die Möglichkeiten eine Operation zur gänzlichen oder teilweisen Schließung des Lidspaltes vorzunehmen oder ein Amnion-Transplantat auf die Hornhaut zu nähen.

Parallel verlaufende Entzündungen werden im Allgemeinen mit einer speziellen Augensalbe oder einem Gel behandelt. Vorhandene Geschwüre reduzieren sich oftmals durch die Gabe von Antibiotika. Zur Wahl stehen hier sowohl die Tablettenform als auch ein lokaler Einsatz.

Basiert die Neurotrophe Keratopathie auf einer bestimmten Grunderkrankung, ist eine zweigleisige Therapie für den Patienten notwendig. Hierbei ist es erforderlich die Ausbreitung der Hornhautschädigung aufzuhalten und gleichzeitig die eigentliche Ursache zu bekämpfen. Dies gilt zum Beispiel für Diabetes mellitus oder Multiple Sklerose sowie für die Entfernung von auslösenden Tumoren oder Zysten.


Aussicht & Prognose

Die Prognose für Patienten mit einer neurotrophen Keratopathie richtet sich nach der vorliegenden Ursache. Bei einer Verätzung sind die Schäden meist irreversibel und es ist keine Heilung mehr möglich. Liegt eine Viruserkrankung vor, muss durch eine Gabe von Medikamenten der Virus an einer Ausbreitung gehindert und gleichzeitig abgetötet werden. Im Normalfall leidet der Betroffene unter weiteren Beschwerden, die sich im Anschluss meist vollständig zurückbilden.

Bei Zysten und Abszessen ist häufig ein operativer Eingriff notwendig, damit eine Verbesserung ermöglicht wird. Erleidet der Betroffene eine Tumorerkrankung, ist der weitere Krankheitsverlauf von dem Fortschritt der Erkrankung sowie den Behandlungsmöglichkeiten geprägt. In einem fortgeschrittenen Krankheitsstadium droht dem Patienten trotz aller Bemühungen das vorzeitige Ableben. Wird die neurotrophe Keratopathie durch die falsche Verwendung von Sehhilfen ausgelöst, ist eine Veränderung des Umgangs mit den Hilfsgeräten notwendig. Andernfalls ist eine Zunahme der Beschwerden möglich.

Insgesamt führen die Behandlungsmöglichkeiten für die Betroffenen meist zu einer Linderung vorhandener Unregelmäßigkeiten, aber nicht immer zu einer vollständigen Heilung. Die bestmöglichen Erfolge werden erzielt, wenn bereits bei den ersten gesundheitlichen Unregelmäßigkeiten eine Diagnosestellung sowie ein Therapiebeginn erfolgen. Häufig sind Ärzte bemüht, den Krankheitsfortschritt einzudämmen und das Risiko für gesundheitliche Folgeerkrankungen zu minimieren. Ohne eine Behandlung kommt es zu einer Zunahme der Beschwerden.

Vorbeugung

Wichtigste vorbeugende Maßnahme für eine Neurotrophe Keratopathie ist der Schutz der Hornhaut und die Vermeidung einer Verletzung. Zu achten ist auf eine sachgemäße Verwendung von Kontaktlinsen, auf das Tragen von Schutzbrillen in Gefahrensituationen sowie auf die Risiken einer freiwilligen Laserbehandlung bei Fehlsichtigkeit. Wichtig sind zudem eine sorgfältige Hygiene und eine regelmäßige Kontrolluntersuchung beim Augenarzt.

Nachsorge

Da die am Nerven entstandenen Schäden in der Regel nicht heilbar sind, besteht eine Neurotrophe Keratopathie ein Leben lang. Eine auf das Stadium der Erkrankung angepasste Therapie gehört daher meist zum Alltag der Patienten. Durch die fehlende Empfindsamkeit der Hornhaut werden Verschlimmerungen der Neurotrophen Keratopathie nicht immer bemerkt.

Stetige Kontrollen durch einen fachkundigen Augenarzt sind daher Pflicht. Dieser kann den Krankheitsverlauf über die Messung der Sehkraft erfassen und dokumentieren. Treten immer wieder Hornhautverletzungen auf, können weitere therapeutische Maßnahmen nötig sein. Diese schützen die Hornhaut und beugen dem Auftreten von Geschwülsten vor.

Da die Hornhaut bei einer Neurotrophen Keratopathie nicht mehr so widerstandsfähig ist, sollte sie in Zukunft besonders geschützt werden. Dazu gehört das Tragen von Schutzbrillen bei gefährlichen Tätigkeiten, die Vermeidung greller Lichtquellen sowie der sachgemäße Umfang mit Kontaktlinsen. Die Patienten sollten außerdem auf angemessene Ruhepausen zwischen starken Belastungen des Auges achten.

Dazu gehören Arbeit bei geringer Helligkeit oder das stete Blicken auf einen Bildschirm. Trinkprotokolle helfen dabei, die tägliche Flüssigkeitszufuhr zu kontrollieren und optimieren. So wird sichergestellt, dass das Auge mit ausreichend Tränenflüssigkeit versorgt ist. All diese vorbeugenden Maßnahmen können den Krankheitsverlauf günstig beeinflussen, ersetzen aber nicht den regelmäßigen Gang zum Arzt.

Das können Sie selbst tun

Im Alltag sollte das Auge keinen grellen Lichtquellen ausgesetzt werden. Ein Blick direkt in die Sonne oder in helle Strahler einer Lampe sollten vermieden werden. Der Vorgang kann zu Verletzungen im Auge führen und die bereits vorhandenen Beschwerden weiter verstärken. Darüber hinaus sollte beim Lesen oder bei Arbeiten am Bildschirm darauf geachtet werden, dass die Umgebung nicht zu dunkel wird. Dieser Umstand führt ebenfalls dazu, dass eine Überlastung des Sehnervs stattfindet und Unannehmlichkeiten auftreten.

Bemerkt der Betroffene, dass eine zu starke Belastung des Auges stattgefunden hat, sind unverzüglich Pausen einzulegen. Das Auge soll in Ruhephasen die Möglichkeit erhalten, sich zu regenerieren. Dabei sollten keine Vorgänge wie lesen, schreiben oder fernsehen stattfinden.

Damit das Auge stets mit einer ausreichenden Menge an Tränenflüssigkeit versorgt wird, ist die tägliche Aufnahme von Getränken zu kontrollieren und gegebenenfalls zu optimieren. Sobald eine Trockenheit im Auge bemerkt wird, sollte der Betroffene reagieren. Bei Verletzungen im Bereich des Auges ist stets die Konsultation eines Arztes notwendig. Ebenso sollte bei Schwankungen des Sehvermögens ein Kontrollbesuch initiiert werden.

Die Maßnahmen der Selbsthilfe genügen nicht, um ausreichend festzustellen, ob Defekte des sensiblen Bereiches erfolgt sind. Nur über die genaue Messung der Sehkraft können Auffälligkeiten und Unregelmäßigkeiten festgestellt und dokumentiert werden.

Quellen

  • Berlit, P.: Basiswissen Neurologie. Springer, Berlin 2007
  • Dahlmann, C., Patzelt, J.: Basics Augenheilkunde. Urban & Fischer, München 2014
  • Lang, G. K.: Augenheilkunde. Thieme, Stuttgart 2014

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