Nierenentzündung

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 1. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Der Begriff Nierenentzündung beziehungsweise Glomerulonephritis umfasst mehrere Erkrankungen der Niere. Dabei kommt es bei allen Formen der Nierenentzündung zu Störungen und Entzündungen des Nierengewebes bzw. Nierenrinde. Die häufigste Ursache für Nierenentzündungen sind Autoimmunreaktionen des körpereigenen Immunsystems.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Nierenentzündung?

Eine akute Nierenentzündung äußert sich zunächst durch ein scheinbar plötzlich auftretendes Krankheitsgefühl. Begleitend dazu stellen sich Symptome wie Appetitlosigkeit, Abgeschlagenheit oder Fieber ein.
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Unter dem Begriff Nierenentzündung sind im allgemeinen eine Reihe verschiedener Erkrankungen zusammengefasst. Sie haben alle eine Gemeinsamkeit: Im Sinne einer Autoimmunreaktion, entzündet sich ein Teil des Nierengewebes – die Nierenrinde.

Nierenentzündung ist also vom Begriff her keine eigenständige Erkrankung, sondern ein Sammelbegriff für eine Symptomatik bei verschiedenen Erkrankungen, an denen die Nieren beteiligt sind.

Folgende Krankheiten gehören zu den Nierenentzündungen:

  • akute Glomerulonephritis
  • rasch fortschreitende (progrendiente) Glomerulonephritis (RPGN)
  • nephritische Syndrom
  • chronische Glomerulonephritis
  • asymptomatische Proteinurie

Die Nierenentzündung ist eine zunächst "lautlose" Erkrankung, da sie zumeist keine Schmerzen verursacht. Doch da beide Nieren betroffen sind und diese ggf. ihre Filterfunktion des Blutes nicht mehr wahrnehmen können (Nierenversagen droht), kann die Nierenentzündung eine durchaus schwere Erkrankung sein.

Ursachen

Die eigentliche Ursache der Nierenentzündung ist eine Stressreaktion (Autoimmunreaktion) des Körpers auf eine bestehende Erkrankung. Bei dieser greift das Immunsystem, im Sinne von Abwehr, körpereigene Strukturen an – in diesem Fall Teile der Niere.

Den weiter oben genannten Erkrankungen, welche alle unter den Begriff Nierenentzündung (Glomerulonephritis) fallen, ist eines gemeinsam: Bei einer Nierenentzündung liegt eine Entzündung der Nierenrinde vor – also der äußeren Nierenschicht. Betroffen sind vor allem die Filterzellen in den Nierenkörperchen (Glomeruli), die dadurch ihre Filterfunktion des Blutes nicht mehr genügend gut wahrnehmen können.

Abgrenzbar, gegen durch Bakterien verursachte Entzündungen der Niere, z.B. im Verlauf einer unbehandelten Nierenbeckenentzündung (Pyelonephritis), ist die Glomerulonephritis, weil ihre Entzündungen durchweg nicht eitrig sind und beidseitig auftreten. Das heißt, beide Nieren sind betroffen. Die Nierenentzündung verläuft außerdem zumeist schmerzlos – sie wird deshalb häufig lange nicht oder nur durch Zufall entdeckt. Doch die Nieren sind lebenswichtige Organe. Sehr wichtig ist daher eine schnelle Diagnosestellung und Behandlung einer Nierenentzündung!

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Eine akute Nierenentzündung äußert sich zunächst durch ein scheinbar plötzlich auftretendes Krankheitsgefühl. Begleitend dazu stellen sich Symptome wie Appetitlosigkeit, Abgeschlagenheit oder Fieber ein. Außerdem kann es zu Schüttelfrost, einem erhöhten Puls und weiteren Herz-Kreislauf-Beschwerden kommen. Typisch sind dumpfe, meist pochende Schmerzen im seitlichen Oberbauch.

Oft machen sich auch Anzeichen einer Blasenentzündung bemerkbar, also Schmerzen beim Wasserlassen, ein häufiger Harndrang und Unterleibsschmerzen. Gelegentlich treten diese Symptome schleichend auf und gehen mit weiteren Beschwerden einher. Dann kann es zu Kopfschmerzen, Gewichtsverlust und Bauchschmerzen kommen. Anzeichen eines Darmverschlusses deuten auf eine fortgeschrittene Nierenentzündung hin.

Die chronische Form der Nierenentzündung entwickelt sich oft im Verlauf von Monaten oder Jahren. Die Betroffenen bemerken eine zunehmende Abgeschlagenheit, oft begleitet durch Rückenschmerzen, Irritationen des Magen-Darm-Traktes sowie Übelkeit und Erbrechen. Langfristig kommt es zu einer Gewichtsabnahme und Mangelerscheinungen.

Als Folge der gestörten Blutbildung kann sich eine Blutarmut entwickeln, welche sich ebenfalls durch Mangelsymptome wie Mattigkeit, Leistungsschwäche und blasse Haut äußert. Eine chronische Pyelonephritis zeigt sich zudem durch rötlich bis trüb gefärbten Urin sowie Schmerzen beim Urinieren. In den fortgeschrittenen Stadien wird nur noch wenig Urin ausgeschieden, wodurch es zu Bluthochdruck kommt. Wird die Nierenentzündung umfassend behandelt, klingen die Symptome normalerweise wieder ab. Bei fehlender Behandlung sind Spätfolgen möglich.

Komplikationen

Wenn eine akute Nierenentzündung (Glomerulonephritis) frühzeitig diagnostiziert wird, bestehen gute Heilungschancen. Allerdings kann sich aus einer akuten Nierenentzündung auch eine chronische Form entwickeln, wenn die Beschwerden übergangen werden. Als Folge einer verschleppten Glomerulonephritis bildet sich als Komplikation oftmals das nephrotische Syndrom heraus. Das nephrotische Syndrom ist dadurch gekennzeichnet, dass die Nierenkörperchen für Proteine durchlässig werden.

Diese Durchlässigkeit kann sich im Laufe der Zeit noch weiter steigern. Aufgrund der vermehrten Ausscheidung von Eiweißen mit dem Urin kommt es schließlich zum Proteinmangel im Blut. Dieser führt wiederum in den Beinen oder Augenlidern zunehmend zu Wassereinlagerungen, die auch als Ödeme bezeichnet werden. Sogar eine Bauchwassersucht (Aszites) kann sich entwickeln. Des Weiteren ist beim nephrotischen Syndrom der Fettstoffwechsel gestört. Die Blutfettwerte sind erhöht.

Im Rahmen des nephrotischen Syndroms treten außerdem häufig Thrombosen als Komplikation auf. Außerdem wird das Immunsystem geschwächt. Als Folge kommt es zu häufigen Infektionen. Schließlich kann das nephrotische Syndrom sogar bis zum Nierenversagen führen. Um die Nieren vor dem vollständigen Versagen zu schützen, muss das Blut regelmäßig mit Hilfe einer sogenannten Dialyse von Giftstoffen gereinigt werden. Das nephrotische Syndrom ist bei intensiver Behandlung jedoch heilbar. In vielen Fällen bleiben aber dauerhafte Nierenschäden zurück. Im Extremfall ist eine Nierentransplantation notwendig, um das Leben zu retten.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Ein Arzt ist aufzusuchen, sobald sich Schmerzen im Unterleib entwickeln, die nicht durch die weibliche Monatsblutung verursacht werden. Kommt es zu einem Unwohlsein, Beschwerden beim Wasserlassen, Abgeschlagenheit oder einer erhöhten Körpertemperatur, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Eine Abnahme der Belastbarkeit, Bauchschmerzen, Appetitlosigkeit sowie eine Verweigerung der Nahrungsaufnahme sind besorgniserregend und von einem Arzt abklären zu lassen.

Ein Verlust des Gewichts sowie Kopfschmerzen sind Anzeichen einer gesundheitlichen Beeinträchtigung, die untersucht und behandelt werden sollte. Halten die Beschwerden unvermindert über mehrere Tage an oder nehmen sie an Intensität zu, wird ein Arzt benötigt. Ein Krankheitsgefühl, der Verlust der Libido oder Schmerzen während des sexuellen Aktes sind Hinweise, denen nachgegangen werden sollte. Kommt es zu Rückenschmerzen, einem Abbau der Leistungsfähigkeit oder können die alltäglichen Verpflichtungen nicht mehr ausreichend erfüllt werden, ist ein Arztbesuch anzuraten.

Häufiger Harndrang, der sich bereits unmittelbar nach einem Toilettengang erneut einstellt sowie Auffälligkeiten bei der ausgeschiedenen Urinmenge müssen mit einem Arzt besprochen werden. Ohne eine ausreichende Therapie können sich die Krankheitserreger weiter im Organismus ausbreiten und zu einer weiteren Verschlechterung des Allgemeinzustandes führen. Bei Schlafstörungen oder Problemen der Konzentration sowie Aufmerksamkeit ist ein Arztbesuch anzuraten, damit ein Behandlungsplan erstellt werden kann.

Behandlung & Therapie

Je nach dem, wie schwer die Nierenentzündung (Glomerulonephritis) verläuft, sind folgende Behandlungsmöglichkeiten gegeben: Wenn die Eiweißausscheidung und Ausscheidung roter Blutkörperchen im Urin (als Folge der mangelnden Filterfunktion des Blutes) nur geringfügig ist, bedarf es zunächst nur einer regelmäßigen Kontrolle ohne weitere Behandlung.

In der Regel ist bei einer Nierenentzündung jedoch eine "immunsuppressive Therapie", z.B. mit Kortison, nötig. Diese unterdrückt das überreagierende Immunsystem, was ein Fortschreiten der Nierenentzündung verhindert. Dies ist besonders wichtig, da bei einem etwaigen schweren akutem oder auch chronischem Verlauf die Nieren versagen können. Dann wäre eine dauerhafte Dialyse (Blutwäsche) nötig, um die Filterung des Blutes zu übernehmen.

Wichtig ist auch die Senkung eines zu hohen Blutdruckes, da dieser die Filterfunktion der Nieren zusätzlich belastet und nachhaltig schädigt. Solange die Nieren noch genügend gut funktionieren, sollte auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr durch Trinken geachtet werden. In einigen Fällen wird bei Nierenentzündung auch zu einer salz- und eiweißarmen Ernährung geraten. Eine die Ursachen behandelnde Therapieform der Nierenentzündung (Glomerulonephritis) gibt es bislang nicht.


Aussicht & Prognose

Die Prognose einer Nierenentzündung erweist sich grundsätzlich als sehr variabel, da sie von Art, Schwere und nicht zuletzt Verlaufsform (akut/chronisch) abhängt. Sowohl akute als auch chronische Nierenentzündung schädigen die Niere stark, wenn sie nicht behandelt werden. Eine akute Nierenentzündung heilt vielfach bei rechtzeitiger Diagnose und entsprechender Behandlung aus. Bleibt sie hingegen unbehandelt, kann sie bei schweren Fällen zu komplettem Nierenversagen führen.

Frühzeitige Diagnose und Behandlung sind beonders wichtig bei der „rasch fortschreitenden (rapid progressive) Glomerulonephritis“ - auch unter RPGN firmierend. Letztere nimmt nicht selten einen schweren Verlauf und führt relativ schnell zu einem Ausfall der Nieren. Tatsächlich müssen sich vier von zehn Patienten, bei denen RPGN diagnostiziert wurde, einer Blutwäsche (Dialyse) unterziehen.

Auch bei einer nicht mehr heilbaren Nierenentzündung erscheint die richtige Behandlung äußerst wichtig. So lässt sich in vielen Fällen eine fortschreitende Verschlechterung der Nierenfunktion verhindern beziehungsweise wenigstens verlangsamen, bis die Patienten auf eine Blutwäsche oder aber Nierentransplantation angewiesen sind.

Verursacht eine Nierenentzündung hingegen keine Beschwerden, wird kein oder nur minimal Eiweiß und Blut via Urin ausgeschieden und Nierenfunktion sowie Blutdruck weisen normale Werte auf, genügt es in der Regel, wenn sich die Patienten in regelmäßigen Abständen vom Arzt untersuchen lassen. Diese Untersuchungen sollten selbstverständlich auch Blut- und Urinuntersuchungen einschließen.

Vorbeugung

Einer Nierenentzündung kann durch folgende Maßnahmen vorgebeugt werden: Infektionen, die durch Streptokokken hervorgerufen werden (z.B. Scharlach) sollten rechtzeitig und genügend lange mit Antibiotika behandelt werden. Eine postinfektiöse Nierenentzündung ist dadurch zu verhindern.

Auch andere Erkrankungen, die zu einer schweren Verlaufsform der Nierenentzündung (nephritisches Syndrom) führen können, sollten konsequent behandelt werden. Hier sei insbesondere auf die Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) hingewiesen. Weiterhin ist es vorteilhaft viel zu trinken, auf Alkohol und Rauchen zu verzichten und allgemein einen gesunden und sportlichen Lebensstil zu pflegen.

Nachsorge

Die Nachsorge einer Nierenentzündung besteht aus regelmäßigen Kontrolluntersuchungen der betroffenen Niere. Das Organ wird mittels einer Ultraschalluntersuchung und anderen bildgebenden Verfahren untersucht, um etwaige Komplikationen festzustellen. Unter Umständen werden außerdem Blutdruck und Zustand der Harnleitern kontrolliert.

Der Mediziner tastet zudem die Nierenregion ab und prüft den Patienten blickdiagnostisch auf ungewöhnliche Symptome oder Anzeichen etwaiger Begleiterkrankungen. Die begleitend durchgeführte Anamnese dient der Feststellung von Komplikationen sowie der Beantwortung offener Fragen, die der Patient womöglich hat. Insofern keine Auffälligkeiten festgestellt werden und der Patient keine weiteren Fragen hat, kann die Nachsorge nach einer einzigen Kontrolluntersuchung abgeschlossen werden.

Zumeist erfolgt ein bis zwei Wochen nach der Genesung eine abschließende Untersuchung. Sollte die Heilung sehr langsam verlaufen, sind weitere Kontrolluntersuchungen notwendig. Selbiges gilt bei chronischen Beschwerden und bei älteren oder körperlich geschwächten Patienten. Bei chronischen und langwierigen Verläufen empfehlen sich wöchentliche Routine-Kontrollen durch den Facharzt.

Im Rahmen der Termine wird außerdem die Medikation kontrolliert und bei Bedarf angepasst. Zudem wird der Patient je nach Symptombild an einen Physiotherapeuten oder Facharzt vermittelt, welcher zusätzliche Therapiemaßnahmen einleiten kann. Die Nachsorge übernimmt ein Nierenfacharzt oder der Allgemeinmediziner.

Das können Sie selbst tun

Bei einer bestehenden Nierenentzündung sollte viel Flüssigkeit aufgenommen werden. Bis zu drei Liter pro Tag werden den Betroffenen empfohlen. Die hohe Flüssigkeitszufuhr hilft, um Bakterien aus der Niere zu transportieren. Der Genuss von Alkohol, schwarzem Tee oder koffeinhaltigen Getränken ist zu unterlassen. Diese Produkte haben eine negative Wirkung auf den Organismus und die Funktionstätigkeit der Niere. Gesünder und wohltuender ist der Konsum von Heiltees, grünem Tee sowie kohlensäurefreies Wasser.

Beim Toilettengang ist darauf zu achten, dass die Blase stets vollständig entleert wird. So können mehr Bakterien aus dem Körper ausgeleitet werden. Zudem sollte das Wasserlassen häufiger als im Normalfall stattfinden. Der Körper benötigt während der Beschwerdezeit eine ausreichende Wärme. Mit einer Wärmflasche können mehrmals täglich der Rücken sowie der Unterbauch gewärmt werden. Zudem ist das Tragen von warmer und atmungsaktiver Kleidung anzuraten. Regelmäßige Sitzbäder mit Kamille gelten ebenfalls als wohltuend und gesundheitsfördernd. Insbesondere ist darauf zu achten, dass die Nierenregion von der Einwirkung von Zugluft verschont bleibt.

Hilfreich sind insbesondere in der Anfangsphase der Erkrankung eine ausreichende Ruhe und Schonung. Bei einer fortgeschrittenen Nierenentzündung ist Bettruhe erforderlich. Körperliche Überanstrengungen sind zu unterlassen und regelmäßige Pausen sollten bei allen stattfindenden Aktivitäten eingelegt werden.

Quellen

  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Keller, C.K., Geberth, S.K.: Praxis der Nephrologie. Springer, Berlin 2010
  • Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013

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