Post-finasteride Syndrom

Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer. nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 8. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Das Post-finasteride Syndrom (PFS) stellt ein Symptomkomplex dar, der auf den Nebenwirkungen des Medikaments Finasterid beruht. Dabei handelt es sich um anhaltende neurologische, sexuelle und körperliche Nebenwirkungen. Auch nach Absetzen des Medikaments bestehen die Beschwerden teilweise noch lange fort.
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Was ist das Post-finasteride Syndrom?
Post-finasteride Syndrom ist ein von Ärzten, Medien und Patienten definierter Begriff von Nebenwirkungen des Medikaments Finasterid. Finasterid ist ein sogenannter 5-alpha-Reduktase-Hemmer, welcher zur Behandlung von Haarausfall oder der benignen Vergrößerung der Prostata (BPH) eingesetzt wird. Es verhindert die Umwandlung von Testosteron in das viel wirksamere Dihydrotestosteron (DHT).
Die Symptome des Post-finasteride Syndroms treten selten auf, wobei über die Häufigkeit noch keine Klarheit besteht. Es wird vermutet, dass die Anzahl der Personen, die an diesem Syndrom leiden, eine hohe Dunkelziffer aufweist. Das könnte an der unterschiedlichen Ausprägung der einzelnen Symptome liegen. Die Wirkung von Finasterid beruht ja darauf, dass die Wirkung des männlichen Sexualhormons herabgesetzt wird.
Somit können als Nebenwirkungen auch die typischen Symptome eines Androgenmangels auftreten. Warum teilweise auch nach Absetzen des Medikaments die Symptome noch bestehen bleiben, ist nicht bekannt. Das Post-finasteride Syndrom wurde im Jahre 2015 im U.S. National Institutes of Health in das Informationscenter für genetische und seltene Erkrankungen eingetragen.
Ursachen
Fehlt dieser Metabolit, treten ähnliche Symptome auf wie bei einem Testosteronmangel. DHT bindet ähnlich wie Testosteron in der Zielzelle an einen Androgenrezeptor. Dieser Androgen-Rezeptor-Komplex bindet sich wiederum an bestimmte Hormone Response Elemente (HRE) der DNA und kontrolliert dabei die Aktivität der androgenregulierten Gene der Promoter-Region. Das gilt zwar sowohl für Testosteron als auch für DHT.
Allerdings bringen beide Hormone unterschiedliche Wirkungen hervor. Während Testosteron an der Differenzierung der Wolffschen Gänge beteiligt ist, sorgt DHT für die äußerliche Vermännlichung und das Wachstum der Prostata. Bei entsprechender genetischer Veranlagung kann DHT die Haarwurzeln zerstören, sodass es zu Haarausfall kommt.
Das Medikament Finasterid wirkt also über die Hemmung der Umwandlung von Testosteron in DHT. Es stoppt das Wachstum der Prostata und verhindert den Haarausfall beim Mann. Da DHT wirksamer ist als Testosteron, treten als Nebenwirkungen die typischen Erscheinungen eines Androgenmangels auf.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Das Post-finasteride Syndrom ist gekennzeichnet durch Impotenz, gering ausgeprägte Libido, verminderte Reaktion auf sexuelle Reize, Erektionsprobleme, schwach ausgeprägter Orgasmus, Penisschrumpfung, Verkrümmung des Penis sowie Gefühlstaubheit des Penis. Des Weiteren können sich die Hoden verkleinern.
Manchmal treten auch Hodenschmerzen auf. Häufig bildet sich auch eine Gynäkomastie (Brustvergrößerung beim Mann) aus. Zusätzlich zu diesen Symptomen leidet der Betroffene unter chronischer Müdigkeit, Leistungsschwäche, Muskelschwäche, trockener Haut, verlangsamte Denkprozesse, Depressionen, Angstzustände oder Schlafstörungen. Auch Kopfschmerzen, starkes Schwitzen und Schmerzen in der Brust gehören zum Symptomkomplex.
Auch nach dem Absetzen des Medikaments können diese Symptome noch weiter bestehen. In manchen Fällen bleiben sie dauerhaft bestehen. Es muss jedoch gesagt werden, dass nach heutiger Kenntnis diese Nebenwirkungen selten auftreten, wobei es eine erhebliche Dunkelziffer geben kann.
Warum auch nach dem Absetzen von Finasterid die Symptome in einigen Fällen fortbestehen, ist nicht bekannt, zumal sich der Hormonspiegel wieder normalisiert. Vermutet wird, dass in diesen Fällen ein Defekt an den Androgenrezeptoren vorliegt.
Diagnose & Krankheitsverlauf
Ein Post-finasteride Syndrom kann leicht diagnostiziert werden. Wenn diese Beschwerden im Rahmen einer Behandlung mit Finasterid und dessen Absetzung auftreten, kann immer von einem Post-finasteride Syndrom ausgegangen werden.
Komplikationen
Weiterhin kommt es dabei zu Schmerzen an den Hoden und auch zu einer Müdigkeit und zu einer Abgeschlagenheit. Die Patienten leiden auch an vielen psychischen Beschwerden und an Depressionen. Dabei kann es auch zu Angstzuständen oder zu Schlafstörungen kommen. Die Patienten ziehen sich oft zurück und schämen sich für diese Beschwerden. In der Regel tritt keine Besserung ein, solange das Medikament nicht abgesetzt wird.
In der Regel muss bei diesem Syndrom das Medikament abgesetzt werden und von einem anderen ersetzt werden. Komplikationen treten dabei nicht ein und es kommt zu keinen weiteren Beschwerden. Auch die Lebenserwartung des Betroffenen wird bei dieser Krankheit nicht verringert. Ebenso verschwinden die Beschwerden in der Regel relativ schnell nach dem Absetzen des Medikamentes.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Wenn nach der Einnahme des Haarwuchsmittels Finasterid ungewöhnliche Symptome auftreten, sollte der Arzt konsultiert werden. Sollte es beispielsweise zu sexuellen oder neurologischen Beschwerden kommen, ist der Urologe oder der zuständige Arzt aufzusuchen. Personen, die das Mittel bereits seit längerer Zeit einnehmen, sollten den Mediziner, der das Präparat verschrieben hat, über die ungewöhnlichen Symptome und Beschwerden informieren. Neben dem Hausarzt kann mit den Beschwerden auch zu einem Urologen gegangen werden. Je nach Symptombild können außerdem Neurologen und Therapeuten in die Behandlung involviert werden. Unter Umständen ist eine vollständige Absetzung des Präparats notwendig.
Da dies oftmals mit weiteren Nebenwirkungen verbunden ist und die Symptome des Post-Finasteride-Syndroms noch Monate bis Jahre bestehen bleiben können, muss frühzeitig zum Arzt gegangen werden. Personen, die an hormonellen Beschwerden leiden und beispielsweise niedrige Östrogenwerte haben, sind besonders gefährdet, an dem Post-Finasteride-Syndrom zu erkranken. Weitere Ansprechpartner sind der Sexualtherapeut oder ein Psychotherapeut, immer abhängig von der Art und Ausprägung der Beschwerden.
Behandlung & Therapie
Bisher gibt es noch keine wirksame Therapie des Post-finasteride Syndroms. Viele Versuche zur Substitution mit Androgenen waren zum Scheitern verurteilt. Auf diese Behandlung reagieren nur einige der Patienten. In anderen Fällen findet keine Reaktion auf die Gabe von Androgenderivaten statt.
Bei Messungen des Hormonspiegels dieser Patienten fiel zwar auf, dass sich der Hormonspiegel wieder normalisiert hat, die Symptome aber trotzdem weiter bestehen bleiben. Die Ursache dafür ist noch nicht klar. Es könnte sein, dass Defekte an den Androgenrezeptoren vorliegen. Testosteron und DHT können so ihre Wirkung nicht entfalten.
Warum allerdings die Rezeptoren erst nach Beendigung der Behandlung mit Finasterid Störungen aufweisen, bedarf weiterer Forschungen. Aufgrund der immer bekannter werdenden Nebenwirkungen von Finasterid kommt es zu einer wachsenden Anzahl von Klagen Betroffener gegen den Hersteller. Des Weiteren machen viele Betroffene auch durch spektakuläre Aktionen wie unter anderem durch einen Hungerstreik vor dem Firmengebäude des Pharmaunternehmens auf das Post-finasteride Syndrom aufmerksam.
Aufgrund des wachsenden öffentlichen Interesses wurde im Jahre 2012 die PFS Foundation gegründet. Die PFS Foundation hat sich zum Ziel gesetzt, weitere Aufklärungsarbeit unter Medizinern, Wissenschaftlern und Gesundheitsorganisationen über die Existenz des Post-finasteride Syndroms zu leisten.
So soll über die Notwendigkeit von Grundlagenforschung und der Suche nach Therapieansätzen auf diesem Gebiet aufmerksam gemacht werden. Bis jetzt ist auch nicht klar, ob das Post-finasteride Syndrom wirklich sehr selten vorkommt oder doch ein generelles Problem bei der Behandlung mit Finasterid darstellt.
Vorbeugung
Die beste Vorbeugung vor einem Post-finasteride Syndrom ist es, auf die Behandlung mit Finasterid zu verzichten.
Nachsorge
Patienten, die unter dem post-finasteriden Syndrom leiden, sollten entsprechend der ärztlichen Empfehlung auf das Medikament Finasterid verzichten. Allerdings ist es sinnvoll, nach dem Absetzen des Präparats eine regelmäßige Untersuchung beim Arzt durchführen zu lassen, um die genaue Entwicklung zu beobachten. Neben den medizinischen Ratschlägen können die Betroffenen auch mit einer eigenen, individuellen Nachsorge beginnen.
Diese hilft beispielsweise dabei Schlafstörungen zu beheben. Unter anderem helfen dabei Schlafmaske und Ohrstöpsel, zudem ist es sinnvoll, die Schlafumgebung an die Bedürfnisse anzupassen. Abgesehen von einer guten Hygiene im Bett ist eine Umstellung der Ernährung sinnvoll. Durch leichte Speisen am Abend fällt es den Betroffenen leichter, einzuschlafen.
Auch gesellschaftliche und sportliche Aktivitäten wirken psychischen Problemen entgegen und helfen gleichzeitig beim Einschlafen. Um depressive Stimmungen, die im Zusammenhang mit dem Syndrom stehen, zu vermeiden, lohnt sich eventuell eine medikamentöse Therapie. Hier ist es wichtig, sich genau an die Empfehlungen des Arztes zu halten.
Die Alternativ-Medizin hält wirkungsvolle Mittel bereit, die einen beruhigenden Effekt haben. So können die typischen Anzeichen langfristig abklingen. Zur Nachsorge gehört außerdem die Prüfung, ob bereits eine Folgeerkrankung vorliegt. Diese würde eine gesonderte medizinische Behandlung erfordern.
Das können Sie selbst tun
Wenn das Post-finasteride Syndrom festgestellt wurde, muss zunächst das Präparat abgesetzt werden, um eine weitere Verstärkung der Symptome und Beschwerden zu verhindern. Die einzelnen Symptome bedürfen stets einer ärztliche Diagnose und lassen sich zum Teil selbständig bekämpfen. Bei starken Schlafstörungen gilt es Maßnahmen zu ergreifen, um die Schlafqualität zu verbessern. Dazu zählt das Tragen von Ohrstöpseln und Schlafmaske, aber auch der regelmäßige Wechsel des Bettzeugs.
Zudem sollte die Diät an das Leiden angepasst werden, damit abends problemlos eingeschlafen werden kann. Sport und ein aktiver Lebensstil helfen bei starker Müdigkeit, Problemen beim Einschlafen und depressiven Verstimmungen. Begleitend dazu kann eine medikamentöse Behandlung notwendig sein. Der Arzt kann gegebenenfalls einen alternativen Mediziner einschalten, der natürliche Beruhigungsmittel verordnen kann. Eine ausgewogene Ernährung und regelmäßige Bewegung genügen oft, um gegen die typischen Symptome des Syndroms vorzugehen.
Nach einigen Wochen bis Monaten sollten die Beschwerden weitestgehend abgeklungen sein. Bleiben die Beschwerden bestehen, ist ärztlicher Rat gefragt. Womöglich liegt ein anderes Leiden zugrunde oder es haben sich bereits Folgeerkrankungen entwickelt, die einer gesonderten ärztlichen Behandlung bedürfen.
Quellen
- Reichl, F.-X.: Taschenatlas der Toxikologie. Thieme, Stuttgart 2009
- Saloga, J. et al.: Allergologie-Handbuch. Schattauer, Stuttgart 2011
- Trautmann, A., Kleine-Trebbe, J.: Allergologie in Klinik und Praxis. Thieme, Stuttgart 2013