Refsum-Syndrom
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 18. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Unter dem Refsum-Syndrom versteht der Mediziner eine hereditäre und schubartig verlaufende Stoffwechselstörung. Die Symptome betreffen die inneren Organe, das Zentralnervensystems, das peripheren Nervensystems und das Skeletts sowie die Haut. Die Krankheit kommt über eine phytansäurearme Diät und Plasmapherese weitestgehend zum Stillstand.
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Was ist das Refsum-Syndrom?
Das Refsum-Syndrom oder auch die Refsum-Kahlke-Krankheit ist eine sogenannte Heredoataxie. Die Erscheinung ist auch als Refsum-Thiébaut-Krankheit, als Heredopathia atactica polyneuritiformis oder Morbus Refsum bekannt. Heredoataxien sind genetisch bedingte Erkrankungen des zentralen Nervensystems. Leitsymptomisch treten bei diesen Erkrankungen Ataxien auf, das heißt Störungen des Bewegungsapparats.
Beim Refsum-Syndrom liegt ursächlich eine peroxisomale Stoffwechselstörung vor. Die Peroxisomen dienen im Körper dem Abbau von Metaboliten. Beim Morbus Refsum ist dieser Abbau gestört. Phytansäure reichert sich daher an und zieht insbesondere ataktische Folgen nach sich. Der Norweger Sigvald Refsum dokumentiert die Erkrankung im 20. Jahrhundert erstmals und wird zu ihrem Namensgeber. Oft ist beim Refsum-Snydrom auch von einer hereditären und motorisch-sensiblen Neuropathie die Rede.
Ursachen
Das Protein Peroxin-7 ist für den Transport der Phytanol–CoA-Hydroxylase zuständig, der den Phytansäureabbau erst ermöglicht. Der Morbus Refsum ist so eine genetisch heterogene Erkrankung. Meist hängt ein Ausfall des Chromosoms zehn mit dem Defekt des Transportproteins oder des Stoffwechselenzyms zusammen. Die Krankheit wird im autosomal-rezessiven Erbgang weitergegeben. Das heißt, beide homologe Chromosome müssen den Defekt tragen, damit es zum Ausbruch kommt.
Symptome, Beschwerden und Anzeichen
Sowohl der Sehsinn, als auch das Zentralnervensystem, das Skelettsystem und das Organsystem können beim Morbus Refsum Beschwerden machen. Nachtblindheit ist das häufigste Frühsymptom. Meist leiden die Patienten an einer fortschreitenden Retina pigmentosa. Das heißt, ihre Netzhautzellen degenerieren. Diese Degeneration geht mit Gesichtsfeldausfällen und später teilweise mit Blindheit einher.
Auch unkontrollierte Augenbewegungen und plötzliche Linsentrübungen können vorkommen. Die Haut der Patienten leidet oft unter Verhornungsstörungen. Manche Patienten verlieren auch den Geruchssinn, leiden unter Gangunsicherheiten oder verlieren ihren Sinn für die eigene Raumlage. Intentionszittern und Schwerhörigkeit begleiten manchmal die genannten Symptome.
Ebenso typische Erscheinungen der Stoffwechselstörung sind Ausfälle der Sehnenreflexe oder Schädigungen des peripheren Nervensystems. Das Skelettsystem ist manchmal von Deformationen betroffen, so beispielsweise von Verformungen der Zehe oder krankhaft ausgeprägten Fußwölbungen. Zusätzlich können Herzrhythmusstörungen oder Blasendefekte auftreten.
Diagnose und Krankheitsverlauf
Die Diagnose stellt der Arzt beim Refsum-Syndrom über den Nachweis von Phytansäure im Urin und im Plasma. Die Erkrankung verläuft schubartig progredient. Auf einen Schub kann eine Phase relativer Beschwerdelosigkeit folgen. Die Erscheinungen bilden sich in der Regel aber nicht vollständig zurück. Nur Teilremissionen sind denkbar. Akute Verschlechterungen der Krankheit treten beispielsweise im Rahmen von metabolischem Stress ein. Auch bei Infekten, in Zeiten verminderter Kalorienzufuhr oder in der Schwangerschaft kann eine bemerkenswerte Verschlechterung eintreten.
Komplikationen
Im Verlauf von Morbus Refsum treten unterschiedliche Komplikationen und Spätfolgen auf. Die Degeneration der Netzhautzellen geht mit Gesichtsfeldausfällen, Sehstörungen und später oft auch mit einer vollständigen Erblindung einher. Im Bereich der Haut können Verhornungsstörungen auftreten. Manche Patienten leiden unter Gangunsicherheiten und Koordinationsstörungen – beides kann Unfälle und Stürze verursachen.
Des Weiteren kann es zum Verlust des Geruchssinnes und Schwerhörigkeit kommen. Im weiteren Verlauf ruft die Stoffwechselstörung Schädigungen des peripheren Nervensystems und Ausfälle der Sehnenreflexe hervor. In schweren Fällen kommt es zu Deformationen des Skelettsystems. Der Betroffene leidet dann beispielsweise unter krankhaft ausgeprägten Fußwölbungen oder Verformungen der Zehe.
Auch Herzrhythmusstörungen und Blasendefekte sind typische Komplikationen. Die Therapie des Refsum-Syndroms birgt die Gefahr von Neben- und Wechselwirkungen durch verabreichte Medikamente. Muss der Patient via Blutwäsche behandelt werden, so kann dies mit Infektionen, Schäden an den Gefäßen und Herzerkrankungen einhergehen. Auch Nierenschädigungen sind nicht auszuschließen.
Wird die Stoffwechselstörung chirurgisch behandelt, was vor allem bei Fehlbildungen notwendig ist, kann es zu Entzündungen, Blutungen, Nachblutungen und Nervenverletzungen kommen. Nach der Operation können Wundheilungsstörungen entstehen oder es bilden sich Narben.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Das Refsum-Syndrom sollte immer durch einen Arzt behandelt werden. Es kommt bei dieser Krankheit nicht zu einer Selbstheilung und in den meisten Fällen auch zu einer Verschlechterung des allgemeinen Zustandes des Betroffenen, falls keine Behandlung eingeleitet wird. Auch die Mittel zur Selbsthilfe sind dabei relativ stark eingeschränkt.
Ein Arzt ist beim Refsum-Syndrom dann aufzusuchen, wenn der Betroffene an verschiedenen Gesichtsfeldausfällen leidet. Dabei kann es im schlimmsten Fall auch zu einer Blindheit kommen. Auch eine Schwerhörigkeit kann auf das Syndrom hindeuten und sollte von einem Arzt untersucht werden, falls sie über einen längeren Zeitraum auftritt und nicht wieder von alleine verschwindet. Da das Refsum-Syndrom auch mit Herzbeschwerden verbunden ist, sollte sich der Betroffene regelmäßig untersuchen lassen.
Die Diagnose und Behandlung des Refsum-Syndroms kann dabei durch einen Allgemeinarzt oder durch einen Augenarzt erfolgen. Besondere Komplikationen treten meist nicht ein.
Behandlung & Therapie
In einer akuten Phase wird das Refsum-Syndrom in der Regel über Plasmapherese behandelt. Dabei filtert eine Maschine ähnlich eines Dialysegeräts die krankhaften Substanzen aus dem Blut und führt dem Patienten das eigene Blut anschließend wieder zu. Wenn aktuell kein Schub vorliegt, dient eine phytansäurearme Diät der Schubverzögerung. Diese Diät bringt die Erkrankung in den meisten Fällen weitestgehend zum Stillstand. Der Mensch nimmt täglich durchschnittlich 100 Milligramm Phytansäure auf.
Im Rahmen der Diät nehmen Patienten des Refsum-Snydroms pro Tag nur noch um die zehn Milligramm Phytansäure zu sich. Molkereiprodukte und das Fleisch von Wiederkäuern werden meist ganz gestrichen, da sie am meisten Phytansäure enthalten. Um die Mobilisierung aus dem Fettgewebe zu blockieren, ist eine ausgewogene Kalorienzufuhr wichtig. Häufig wird die Spezialdiät der Patienten mit der Gabe von Vitamin A, C und E kombiniert. Normalerweise lassen diese Maßnahmen Hautveränderungen abheilen und Neuopathien teils oder vollständig zurückgehen.
Die Veränderungen des Seh- und Geruchssinns bilden sich durch die Diät eventuell nicht zurück. Andererseits schreiten sie durch die Diätmaßnahmen oft nicht weiter fort. Der Arzt überprüft regelmäßig die Phytansäurekonzentration im Blut. Wenn sich die Konzentration durch die genannten Maßnahmen nicht absenken lässt, kann zuweilen auch in nicht-akuten Phasen eine Plasmapherese indiziert sein.
Heilbar ist das Refsum-Syndrom bislang nicht, da keinerlei ursächliche, sondern lediglich symptomatische Therapien zur Verfügung stehen. Abhängig von den Symptomen führt der Arzt unter Umständen zusätzliche Therapiemaßnahmen durch. Bei Hautveränderungen kann so durch dermatologische Produkte zum Beispiel eine Linderung der Symptome erwirkt werden.
Vorbeugung
Dem Morbus Refsum lässt sich bislang nicht vorbeugen. Entweder trägt ein Mensch den Gendefekt oder er trägt ihn nicht. Nicht jeder Defekt muss allerdings einen Krankheitsausbruch zur Folge haben. Zumindest schweren Schüben lässt sich beim Morbus Refsum vorbeugen. Metabolischen Stress sollten Träger des Defekts beispielsweise vermeiden.
Nachsorge
Betroffenen stehen beim Refsum-Syndrom in der Regel nur sehr wenige und auch nur sehr eingeschränkte Maßnahmen einer direkten Nachsorge zur Verfügung, sodass bei dieser Krankheit idealerweise schon frühzeitig ein Arzt aufgesucht werden und eine Behandlung eingeleitet werden sollte. Da es sich dabei um eine genetisch bedingte Krankheit handelt, kann keine selbstständige Heilung eintreten.
Dabei sollte bei einem erneuten Kinderwunsch auch eine genetische Untersuchung und Beratung erfolgen, um das erneute Auftreten des Refsum-Syndroms bei den Nachfahren zu verhindern. Die Behandlung des Refsum-Syndroms erfolgt dabei meist durch die Maßnahmen einer Physiotherapie oder einer Krankengymnastik. Dabei können die Betroffenen auch viele der Übungen im eigenen Zuhause wiederholen und damit die Heilung beschleunigen.
Die meisten Betroffenen des Refsum-Syndroms sind dabei auf die Einnahme von Medikamenten angewiesen. Dabei sollten alle Anweisungen des Arztes beachtet werden. Ebenso ist die vorgegebene Dosierung und auch die regelmäßige Einnahme zu beachten. In vielen Fällen ist durch die Krankheit auch die Lebenserwartung des Betroffenen deutlich verringert.
Das können Sie selbst tun
Bei dem Refsum-Syndrom muss in erster Linie eine konsequente phytansäurearme Diät eingehalten werden. Betroffene Personen sollten nicht mehr als 10 Milligramm Phytansäure pro Tag zu sich nehmen. Dies gelingt durch eine Diät, die arm an Rindfleisch und Molkereiprodukten ist und stattdessen vitamin- und ballaststoffreiche Lebensmittel beinhaltet. Gleichzeitig muss auf eine ausreichende Kalorienzufuhr geachtet werden. Dadurch wird eine unkontrollierte Mobilisierung von Phytansäure in den Fettzellen vermieden.
Daneben gelten allgemeine Maßnahmen wie ausreichend Sport und die Vermeidung von Stress. Betroffene Menschen müssen auf die körperlichen Warnsignale achten. Sollten trotz der Diät ungewöhnliche Symptome auftreten, empfiehlt sich ein Arztbesuch. Da es sich bei dem Refsum-Syndrom um eine Stoffwechselkrankheit handelt, ist eine kontrollierte Diät das beste Mittel, die Krankheit zu behandeln. Allerdings müssen immer auch Medikamente eingenommen werden. Der Arzt sollte über etwaige Nebenwirkungen der verordneten Präparate informiert werden.
Nach einer Plasmapherese gelten Schonung und Bettruhe. Der Austausch des Blutplasma stellt eine enorme Belastung für den Körper dar und bedarf dementsprechend einer guten Nachsorge. Patienten mit leichten Beschwerden können gegebenenfalls auch auf homöopathische Mittel zurückgreifen.
Quellen
- Braun, J., Dormann, A .J.: Klinikleitfaden Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2013
- Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
- Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013