Reizstromtherapie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 28. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Reizstromtherapie ist ein alternatives Verfahren aus der Elektrotherapie bzw. Elektromedizin. Die natürliche Leitfähigkeit des menschlichen Organismus wird genutzt, um mit elektrischem Strom geschwächte Muskeln oder Nerven zu stimulieren.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Reizstromtherapie?

Die Transkutane Elektrische Nervenstimulation (TENS) ist eine elektromedizinische Reizstromtherapie. Ziel dieser Therapie ist es, der Schmerzleitung dienende Nervenbahnen so zu beeinflussen, dass die Schmerzweiterleitung zum Gehirn verringert oder verhindert wird. Klicken, um zu vergrößern.

Als Reizstromtherapie wird eine Form des Elektroverfahrens bezeichnet, bei welcher Impulsströme (Gleichstrom oder niederfrequente Wechselströme) in langsam zunehmender Intensität therapeutisch eingesetzt werden.

Mit Hilfe der Reizstromtherapie wird insbesondere eine geschwächte Muskulatur durch schwachen Reizstrom (1 bis 1000 Hz) zur Kontraktionstätigkeit (Zusammenziehen) stimuliert. Zudem wird das Verfahren bei Muskelverhärtungen, Schmerzzuständen und Durchblutungsstörungen angewandt. Eine besondere Form der Reizstromtherapie ist die Transkutane Elektrische Nervenstimulation (TENS), die insbesondere bei Neuralgien (Schmerzzustände im Bereich sensibler Nerven) und tumorbedingten Schmerzen eingesetzt wird.

Darüber hinaus stellt ein Herzschrittmacher, durch welchen das Myokard (Herzmuskel) fortlaufend und gezielt durch Reizstromstöße stimuliert und entsprechend die Funktionsfähigkeit des Herzen gewährleistet wird, eine sehr häufig anzutreffende Form der Reizstromtherapie dar.

Funktion, Wirkung & Ziele

Die Reizstromtherapie wird in aller Regel bei geschwächter Muskulatur, Gewebe- und/oder Muskelatrophie (Schwund von Muskulatur bzw. Gewebe), Durchblutungsstörungen, Neuralgien, Ischialgien (Ischiasnervreizung), Arthrosen, Sehnenscheidenentzündung, Inkontinenz und posttraumatischen Schmerzsymptomen angewandt.

Hierbei nutzt die Reizstromtherapie wie jede Form der Elektrotherapie die prinzipielle Leitfähigkeit des menschlichen Organismus, die insbesondere vom Blut, Urin sowie der Lymph- und Gehirnflüssigkeit und den Organen und der Muskulatur gewährleistet wird. Durch elektrische Reize sollen nervale Reaktionen hervorgerufen werden, die neben der Reizwirkung auf die Muskulatur auch zur Reduzierung von Schmerzen (analgetische Wirkung) und zur Verbesserung der Durchblutung (hyperämisierende Wirkung) beitragen können.

Im Rahmen der Reizstromtherapie kommen Schwellströme in amplitudenmodulierten Impulsfolgen zum Einsatz. Die spezifisch eingesetzte Stromstärke, Impulsdauer und -frequenz wird in Abhängigkeit von der individuell vorliegender Erkrankung und Krankheitsstadium gewählt. Der zu behandelnde Muskel wird hierbei über auf die Haut des Betroffenen angebrachte Elektroden indirekt durch eine elektrische Stimulierung des den Muskel versorgenden motorischen Nerven zur Kontraktionstätigkeit angeregt, indem die natürliche nervale Innervation imitiert wird.

Durch tetanisierende Ströme (auch faradische Ströme bzw. Faradisation) in Serienimpulsen (kurze sukzedane Impulse) werden Muskelkontraktionen herbeigeführt, die so lange anhalten, wie der Strom fließt. Faradische bzw. tetanisierende Ströme kommen u.a. bei Inaktivitätsatrophien (Muskelschwund durch Nichtbeanspruchung), chronischer habitueller Obstipation, im Rahmen einer Elektrogymnastik der Wadenmuskulatur zur Vermeidung von Blutgefäßokklusionen, Hypalgesien (reduzierte Schmerzempfindlichkeit) sowie Hypästhesien (reduzierte Berührungsempfindlichkeit) zum Einsatz.

Durch diadynamische Impulse (Wechselströme mit unterschiedlicher Frequenz bei gleichzeitigem Einsatz galvanischer Ströme) wird eine analgetische Wirkung bei Schmerzsymptomen, rheumatischen Erkrankungen oder akuten traumatisch bedingten Beschwerden erzielt. Dabei wird angenommen, dass durch die niederfrequenten Ströme das Ionenmilieu an den Membranen so modifiziert wird, dass die Reizleitung in den sensiblen Nerven beeinflusst und entsprechend eine analgetische Wirkung erzielt wird.

Die Reizströme stimulieren zudem die vasomotorischen (die Bewegung der Blutgefäße betreffenden) vegetativen Nervenfasern. Im therapierten Areal kann eine Gefäßerweiterung (Vasodilation) und somit eine hyperämisierende Wirkung induziert werden. Darüber hinaus können reflektorisch verspannte (durch Schmerzen ruhiggestellte) Muskeln durch direkte Reizströme detonisiert (entspannt) werden.

Die Wirkung der Reizstromtherapie zur Erhöhung von Muskelkraft sowie -ausdauer im Rahmen eines Muskelaufbautrainings wird kontrovers diskutiert, konnte allerdings bislang nicht anhand wissenschaftlicher Studien eindeutig bestätigt werden.

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Risiken, Nebenwirkungen & Gefahren

Bei unsachgemäßer bzw. inadäquater Anwendung der Reizstromtherapie können ernst zu nehmende Schäden hervorgerufen werden. So kann eine zu hohe Dosis Schädigungen der behandelten Hautareale sowie Durchblutungs- und Sensibilitätsstörungen (Missempfindungen) hervorrufen.

Eine Reizstromtherapie ist zudem kontraindiziert, wenn eine Schwangerschaft vorliegt, da das Verfahren während der Schwangerschaft kindliche bzw. fetale Missbildungen bedingen kann. Eine Kontraindikation ist ebenfalls zu stellen, wenn die zu behandelnde Person über einen Herzschrittmacher verfügt, da durch die Anwendung von Reizströmen die Funktionalität des Herzschrittmachers negativ beeinträchtigt werden kann. Liegen entzündliche Erkrankungen, Thrombosen, offene Hautareale, Metalle im Körper der zu behandelnden Person (Metallimplantate, Prothesen) und/oder eine ausgeprägte arterielle Durchblutungsstörung (u.a. Arteriosklerose) vor, sollte der Einsatz einer Reizstromtherapie ebenfalls ausgeschlossen werden.

Darüber hinaus ist bei Personen, die eine Insulinpumpe tragen, Herzrhythmusstörungen, fieberhafte Erkrankungen, eine erhöhte Blutungsneigung oder maligne (bösartige) Tumoren aufweisen, besondere Vorsicht bei der Anwendung von Reizströmen geboten. Bei Personen, die eine pathologische Angst vor elektrischen Strom aufweisen, ist eine Reizstromtherapie ebenfalls nicht angezeigt.

Quellen

  • Hüter-Becker, A., Dölken, M.: Physiotherapie in der Orthopädie. Thieme, Stuttgart 2015
  • Hüter-Becker, A., Dölken, M.: Physikalische Therapie, Massage, Elektrotherapie und Lymphdrainage. Thieme, Stuttgart 2007
  • Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch. 266. Auflage. De Gruyter, Berlin 2015

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