Schulterverrenkung

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 7. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Eine Schulterverrenkung bzw. Schulterluxation ist die Verschiebung der Knochenanteile im Schultergelenk. Die Knochen können nur teilweise oder aber vollständig aus dem Gelenk gerutscht sein. Die Schulterverrenkung muss schnellstmöglich behandelt werden.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Schulterverrenkung?

Unter einer Schulterverrenkung (Schulterluxation) versteht man eine Verschiebung der am Schultergelenk beteiligten Knochen, sodass das Gelenk in seiner üblichen Beweglichkeit gestört ist. Das Schultergelenk ist eines der größten Gelenke im Körper und gehört zu den Kugelgelenken.

Dabei liegt der kugelförmige Kopf des Oberarmknochens in der sehr kleinen Gelenkpfanne am Schulterblatt. Da durch diese knöcherne Verbindung noch keine ausreichende Stabilität besteht, wird das Schultergelenk zusätzlich von einer Gelenkkapsel, von Muskeln, Sehnen und Bändern gehalten. Bei einer Schulterverrenkung verschiebt sich der Kopf des Oberarmknochens teilweise oder springt vollständig aus der Gelenkpfanne.

Dabei können auch Bänder zerreißen, Muskeln beschädigt und Nerven und Blutgefäße gequetscht werden. Man unterscheidet zwischen traumatischer Schulterverrenkung, die durch Gewalteinwirkung von außen geschieht, und atraumatischer Schulterverrenkung, bei welcher sich wegen schlaffer Bänder die Gelenkknochen bereits bei einfachen Bewegungen verschieben.

Ursachen

Bei einer traumatischen Schulterverrenkung verursacht eine Gewalteinwirkung von außen auf das Gelenk die Luxation. Dies geschieht häufig beim Ballsport, wenn beispielsweise zwei Feldspieler mit den Schultern zusammenstoßen oder wenn der Sportler stürzt und auf die Schulter fällt.

Auch bei Sportarten wie Judo, bei welchem Dreh- und Zugbewegungen des Armes vorkommen, kann es zu einer Schulterverrenkung kommen. Nach einer Erstluxation können weitere Verrenkungen eintreten, wenn sich durch die erste Verschiebung der Halteapparat bereits ausgeleiert hat oder die Verrenkung nicht richtig ausheilen konnte. Hier spricht man von habitueller (gewohnheitsmäßiger) Schulterverrenkung. Sie kann bereits durch kräftiges Händeschütteln ausgelöst werden.

Eine atraumatische Schulterverrenkung wird meist durch angeborene Ursachen ausgelöst. Dies kann eine angeborene Schlaffheit der Bänder sein oder eine Fehlanlage der Gelenkpfanne (Pfannendysplasie). Verschiedene genetische Erkrankungen, wie beispielsweise das Down-Syndrom, haben als Begleitsymptom ein sehr elastisches, gummiartiges Kapselgewebe um die Gelenke. Dadurch werden sie instabil und eine Schulterverrenkung kann ganz ohne Krafteinwirkung bei normalen einfachen Bewegungen passieren.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Eine Schulterverrenkung kann durch eine ungewohnte Bewegung oder Belastung entstehen. Dieses Krankheitsbild ist natürlich von typischen Symptomen und Anzeichen gekennzeichnet, die betroffene Personen oftmals sehr schmerzhaft wahrnehmen. Ein sehr eindeutiges Symptom einer Schulterverrenkung ist ein langanhaltendes Steifheitsgefühl.

Selbst bei kleinsten Bewegungen nimmt die betroffene Person starke Schmerzen wahr. Daher kommt es zu einer erheblichen Einschränkung im gesamten Alltag. In vielen Fällen wird die betroffene Region sehr warm, da Muskeln und Sehnen entzündet sind. Viele betroffene Personen nehmen aufgrund der Schulterverrenkung eine Schonhaltung an, die zu Verspannungen führt.

Wer eine solche Schulterverrenkung gänzlich ohne ärztliche Versorgung belässt, der muss mit einer erheblichen Verschlimmerung der bestehenden Symptome rechnen. Die Schmerzen nehmen zu, sodass diese selbst im Ruhezustand auftreten können. Aufgrund der soeben beschriebene Schonhaltung kann es zu einer Entzündung in den Gelenken kommen. Unter Umständen besteht sogar die Gefahr von dauerhaften Folgeschäden, sodass ein Besuch beim Arzt unerlässlich wird.

Eine Schulterverrenkung ist von ziemlich eindeutigen und typischen Symptomen gekennzeichnet, sodass betroffene Personen eine Schulterverrenkung selbst diagnostizieren können. Wer an dieser Stelle auf eine entsprechende Behandlung verzichtet, der muss mit einer deutlichen Verschlimmerung der einzelnen Symptome rechnen. Andernfalls kann keine zeitnahe und vollständige Genesung gewährleistet werden.

Diagnose & Verlauf

Schematische Darstellung zur Anatomie der Schulter bei Schultergelenksverrenkung. Klicken, um zu vergrößern.

Eine Schulterverrenkung verursacht sofort starke Schmerzen. Der Arm kann nicht mehr bewegt werden, einerseits wegen der Schmerzen, andererseits, weil das Gelenk seine Funktionsfähigkeit verloren hat. Werden durch die Schulterverrenkung auch Nerven gequetscht, so kann es zu Taubheitsgefühlen kommen.

Auch Blutgefäße können durch die verschobenen Knochen abgeklemmt werden, was zu Durchblutungsstörungen führt. Der Gang zum Arzt ist unumgänglich, da der Patient selbst den Knochen nicht mehr in die normale Stellung zurückschieben kann. Der Arzt wird aufgrund der veränderten Kontur des Gelenks bereits erkennen, dass eine Schulterverrenkung vorliegt. Eine körperliche Untersuchung und ein Testen der Beweglichkeit sind meist nicht möglich, da dies zu starken Schmerzen führen würde.

Meist sind die Armmuskeln des Patienten sehr angespannt, um den Arm in der bestehenden Position zu halten und jede schmerzhafte Bewegung zu vermeiden. Mit einer Röntgenaufnahme kann der Arzt die Schulterverrenkung deutlich sehen und auch erkennen, ob knöcherne Verletzungen vorliegen.

Komplikationen

Eine Schulterverrenkung wird häufig von einer Schwellung oder einem Bluterguss begleitet, der sich bei fehlender Hygiene entzünden kann. In Folge der eingeschränkten Beweglichkeit des Gelenks halten die Betroffenen ihren Arm oft in einer Schonhaltung – Fehlstellungen und Gelenkverschleiß können die Folge sein. Bei einer gleichzeitigen Nervenverletzung können Ausfälle und andere Probleme mit dem Gefühlssinn der seitlichen Schulter auftreten.

Arterienverletzungen gehen mit einer Minderdurchblutung in den betroffenen Gebieten einher und rufen dadurch Lähmungserscheinungen hervor. Der oftmals begleitend auftretende Sehnenriss an der Schulter kann die Beugung des Unterarms schwächen, wodurch weitere Schmerzen und Bewegungseinschränkungen auftreten können, die in manchen Fällen chronisch verlaufen. Außerdem kann eine Schulterverrenkung mit der sogenannten Bankart-Läsion verbunden sein, bei der die Gelenklippe teilweise abreißt.

Dies kann eine chronische Luxation der Schulter zur Folge haben. Die operative Behandlung einer Schulterverrenkung birgt ebenfalls Risiken. Es kann zu Nervenverletzungen oder Entzündungen kommen. Verordnete Schmerzmittel rufen unter Umständen Neben- oder Wechselwirkungen hervor. Wird zu früh wieder mit dem Sport begonnen, kann die Schulter in der Folge erneut auskugeln und muss anschließend noch einmal behandelt werden.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Tritt eine hartnäckige Schulterverrenkung auf, sollte der Betroffene einen Arzt aufsuchen. Eine Schulterverrenkung kann ohne fachliche Abklärung unschöne Spätfolgen haben. Zudem sind die Schmerzen meist nur schwer zu ertragen.

Um Spätfolgen zu vermeiden, sollte die Behandlung und Abklärung der Verrenkung, von einem Facharzt durchgeführt werden. Der beste Ansprechpartner ist der Orthopäde.

Behandlung & Therapie

Eine Schulterverrenkung muss schnellstmöglich wieder eingerenkt werden. Dabei muss darauf geachtet werden, dass bei der Reposition keine umliegenden Strukturen verletzt werden.

Da diese Behandlung zwar nur kurzzeitig aber sehr heftig Schmerzen verursacht, wird der Patient für eine Einrenkung meist leicht sediert und mit Schmerzmitteln versorgt. In manchen Fällen wird auch eine kurze Vollnarkose angewendet. Nach dem Einrenken wird überprüft, ob alle umliegenden Bänder, Sehnen, Muskeln, Nerven und Gefäße funktionstüchtig und unverletzt sind. Danach muss der Arm eine Zeit lang ruhiggestellt werden. Zur Unterstützung der Heilung von betroffenem Gewebe werden meist abschwellende, entzündungs- und schmerzhemmende Medikamente verabreicht.

Sind durch die Schulterverrenkung umliegende Strukturen verletzt worden, so ist ein operativer Eingriff nötig. Dabei werden gerissene Bänder und Sehen genäht, Knochenabsplitterungen beseitigt oder falls möglich wieder zusammengefügt. Abschließend sind nach einer erfolgreich behandelten Schulterverrenkung krankengymnastische Übungen nötig, um die volle Funktionsfähigkeit des Gelenks wieder herzustellen.


Vorbeugung

Man kann einer Schulterverrenkung nur bedingt vorbeugen. Ist bereits bekannt, dass man schlaffe Bänder hat, oder hat bereits eine Schulterverrenkung stattgefunden, so sollte man besonders Ball- und Kontaktsportarten nicht ausüben. Insgesamt sind Aktivitäten zu vermeiden, welche eine besondere Belastung für die Schulter darstellen.

Nachsorge

Die Nachsorge einer Schulterverrenkung orientiert sich, wie auch die Therapie, an den Ursachen des Leidens. Nach einer Operation gelten zunächst Ruhe und Schonung. Der betroffene Arm sollte für drei bis sechs Wochen ruhig gestellt werden. In diesem Zeitraum erfolgt hauptsächlich eine Physiotherapie.

Der Mediziner führt eine passive Mobilisation, also eine Bewegung der Schulter von außen, durch. Insofern keine Komplikationen auftreten, kann die Behandlung nach einer letzten körperlichen Untersuchung und einem Patientengespräch abgeschlossen werden. Die Anamnese umfasst die Bearbeitung eines Fragenkatalogs, wobei festgestellt werden soll, ob die Schulterverrenkung vollständig abgeklungen ist.

Bei Komplikationen und anhaltenden Beschwerden muss die Physiotherapie wieder aufgenommen werden. Gegebenenfalls müssen weitere Fachärzte und Sportmediziner in die Behandlung involviert werden. Die Nachsorge übernimmt in der Regel der Orthopäde oder der Allgemeinarzt. Sie findet je nach Verlauf der Beschwerden drei bis sechs Wochen nach der letzten Behandlung statt.

Weitere Nachsorge-Untersuchungen sind normalerweise nicht notwendig. Allerdings müssen die Ursachen für die Schulterverrenkung behandelt werden. Oftmals liegt eine Erkrankung zugrunde, die es abzuklären gilt. Die Nachsorge der ursächlichen Erkrankung hängt von der Art des Leidens und dem jeweiligen Krankheitsverlauf ab und wird mit dem zuständigen Arzt besprochen.

Das können Sie selbst tun

Bei einer Schulterverrenkung empfiehlt sich vor allem die Ruhigstellung und die Meidung schwerer Lasten. Getränkekästen und andere schwere Gegenstände sollte man für sechs Wochen nicht heben. Von Sportarten wie Schwimmen oder Turnen müssen Betroffene zeitweilig Abstand nehmen. Sie führen nicht selten zu einer Vermehrung der Beschwerden.

Akut helfen Eiskompressen. Sie lindern in den ersten Tagen die Schmerzen und eine Entzündung. Anschließend eignen sich Wärmepackungen. Sie tragen dazu bei, einen verkrampften Muskel zu entspannen. Wem die Schmerzen zu stark werden, kann zu frei erhältlichen Medikamenten greifen. Aspirin und Ibuprofen versprechen Linderung, sollten allerdings nur über kurze Zeit eingenommen werden.

Ein Arzt ordnet eine Physiotherapie mit mehreren Einheiten an. In den Sitzungen werden Übungen vermittelt. Sie sollen den Bewegungsumfang der Schulter erneut voll entfalten. Um zu nachhaltigen Ergebnissen zu gelangen, sind kurze und regelmäßige Einheiten in den Alltag zu integrieren. Auch eine Zeit nach der Physiotherapie ist die Fortführung ratsam. Denn die Stärkung der Schultermuskulatur stellt die beste Vorbeugung gegen eine erneute Verrenkung dar. Sind Personen anfällig für eine Schulterverrenkung, sollte zusammen mit dem Physiotherapeuten ein Trainingsplan entworfen werden.

Quellen

  • Breusch, S., Clarius, M., Mau, H., Sabo, D. (Hrsg.): Klinikleitfaden Orthopädie, Unfallchirurgie. Urban & Fischer, München 2013
  • Niethard, F., Pfeil, J., Biberthaler, P.: Orthopädie und Unfallchirurgie. Thieme, Stuttgart 2014
  • Wülker, N., Kluba, T., Roetman, B., Rudert, M.: Taschenlehrbuch Orthopädie und Unfallchirurgie. Thieme, Stuttgart 2015

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