Segawa-Syndrom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 9. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das Segawa-Syndrom stellt eine sehr seltene erblich bedingte Erkrankung des Nervensystems dar, welche ähnliche Symptome wie Morbus Parkinson zeigt. Die Erkrankung gehört in die große Gruppe der Dystonien, die durch eine Versteifung der Muskulatur gekennzeichnet sind. Bei richtiger Diagnose der Erkrankung ist die Behandlung sehr einfach und erfolgreich.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Segawa-Syndrom?

Das Segawa-Syndrom kann unter Umständen schwere Komplikationen hervorrufen. Die typischen Gangstörungen führen gelegentlich zu Unfällen und Stürzen, wodurch es wiederum zu Brüchen und Verletzungen kommt.
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Das Segawa-Syndrom als äußerst seltene erblich bedingte Erkrankung des Nervensystems gehört zu der großen heterogenen Gruppe der Dystonien. Eine Dystonie zeichnet sich durch die Versteifung der Muskulatur aus, die durch eine Störung im Tonus der Muskulatur hervorgerufen wird. Dabei finden unwillkürliche Kontraktionen der Skelettmuskulatur statt.

Es kommt zu Krämpfen und abnormen Körperhaltungen, die lange aufrechterhalten bleiben. Die einzelnen Dystonien haben jedoch unterschiedliche Ursachen. Beim Segawa-Syndrom handelt es sich um eine idiopathische Dystonie, also Muskelversteifungen ohne äußerlich erkennbare Ursache.

Mittlerweile ist bekannt, dass die Erkrankung erblich bedingt ist. Das Krankheitsbild des Segawa-Syndroms wurde erstmalig von dem japanischen Neurologen Masaya Segawa im Jahre 1970 beschrieben. Er erkannte auch, dass es sich um eine eigenständige Erkrankung handelt.

Da das Syndrom viele Ähnlichkeiten mit Morbus Parkinson aufweist, wird es auch heute noch mit dieser Erkrankung häufig verwechselt und manchmal wird von einem atypischen Morbus Parkinson gesprochen. Allerdings hat das Segawa-Syndrom nichts mit der Parkinsonkrankheit zu tun. Zwar bestehen bei beiden Krankheiten Störungen im Dopamin-Stoffwechsel.

Deren Ursachen sind jedoch völlig unterschiedlich. Die Erkrankung ist bei den einzelnen Patienten unterschiedlich ausgeprägt und wird dadurch häufig auch nicht sofort diagnostiziert. Deshalb ist ihre Häufigkeit auch nicht genau bekannt. Es wird vermutet, dass pro Millionen Personen eine unter dem Segawa-Syndrom leidet.

Ursachen

Als Ursache für das Segawa-Syndrom wird eine Genmutation auf dem langen Arm von Chromosom 14 verantwortlich gemacht. Es handelt sich um das GCH1-Gen, welches das Enzym GTP-Cyclohydrolase codiert. Die GTP-Cyclohydrolase ist das geschwindigkeitsbestimmende Enzym bei der Synthese von Tetrahydrobiopterin (BH4).

Tetrahydrobiopterin ist wiederum verantwortlich für die Bildung von Dopamin. Bei einer Mutation des GCH1-Gens kann es daher zu einem Mangel an BH4 und damit von Dopamin kommen. Die Mutation wird autosomal-dominant weitervererbt. Allerdings schwankt die Penetranz des Gendefekts. Bei manchen Patienten werden kaum Symptome festgestellt, während sie bei Anderen gravierend sind.

Teilweise wird auch ein autosomal-rezessiver Erbgang vermutet, der aber auf ein anderes Gen zurückgehen soll. Dieses Gen befindet sich auf Chromosom 11 und ist für die Codierung der Tyrosinhydroxylase verantwortlich. In der Folge der beschriebenen Gendefekte kommt es zu einem Mangel an Dopamin. So kann der Neurotransmitter aufgrund der verzögerten Synthese nach dessen Verbrauch nicht schnell genug neu synthetisiert werden.

Die Speicher für Dopamin leeren sich und stehen nach einer gewissen Zeit der körperlichen Aktivität nicht mehr für die Muskelreaktionen zur Verfügung. Es kommt zur Muskelversteifung.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Das Segawa-Syndrom äußert sich zunächst durch eine Gangstörung, die sich im Laufe des Tages immer mehr verstärkt. Es bildet sich eine Einwärtsstellung der Füße heraus. Diese Stellung kann sich so weit verfestigen, dass weitere Bewegungen unmöglich werden.

So kann es passieren, dass betroffene Kinder frühmorgens noch unbeschwert alleine in die Schule gehen und nachmittags eventuell sogar mit einem Rollstuhl abgeholt werden müssen, weil sie nicht mehr laufen können. Im Rahmen der körperlichen Aktivität werden bei dieser Krankheit die Dopaminvorräte aufgebraucht und nicht schnell genug wieder aufgefüllt.

Neben der Einwärtsdrehung der Füße können auch parkinsonähnliche Symptome wie allgemeine Muskelversteifung, Bewegungsarmut, Zittern oder der Verlust von Haltungsreflexen auftreten. Festgestellt wurde auch, dass mehr weibliche als männliche Patienten vom Segawa-Syndrom betroffen sind. In der Regel treten die ersten Symptome im ersten Lebensjahrzehnt im Alter von vier bis acht Jahren auf. In einigen wenigen Fällen beginnen die Beschwerden jedoch erst im frühen Erwachsenenalter.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Das Segawa-Syndrom ist eigentlich sehr einfach zu diagnostizieren. Anhand der typischen Symptome kann bereits die Diagnose aufgestellt werden. Typisch an dieser Erkrankung ist, dass sich die Bewegungsunfähigkeit immer im Laufe des Tages nach körperlicher Aktivität einstellt. Nach Ruhephasen oder nach dem nächtlichen Schlaf verschwinden die Symptome allmählich.

Die Ursache dafür ist in der zu langsamen Produktion von Dopamin im Körper zu suchen. Nach der richtigen Diagnose ist das Segawa-Syndrom auch die einzige Dystonie, die ursächlich bis zur Beschwerdefreiheit behandelt werden kann. Da diese Erkrankung jedoch so selten ist, wird sie häufig von den untersuchenden Ärzten nicht erkannt. Es kommt zu Fehldiagnosen, die für manche Patienten oft einen weiteren Leidensweg einleiten.

Komplikationen

Das Segawa-Syndrom kann unter Umständen schwere Komplikationen hervorrufen. Die typischen Gangstörungen führen gelegentlich zu Unfällen und Stürzen, wodurch es wiederum zu Brüchen und Verletzungen kommt. Im Allgemeinen verursacht die Erkrankung ein starkes körperliches Unwohlsein. Symptome wie Zittern und Muskelversteifung stellen auf Dauer eine erhebliche psychische Belastung für die Betroffenen dar.

Die Folge sind seelische Erkrankungen wie zum Beispiel Depressionen, Angststörungen oder Minderwertigkeitskomplexe. Da überwiegend Kinder betroffen sind, leiden oft auch die Eltern. Die Pflegebedürftigkeit der eigenen Kinder ist mit Stress und Ängsten verbunden, die sich langfristig ebenfalls zu ernsten psychischen Erkrankungen entwickeln können. Die Therapie des Segawa-Syndroms kann ebenfalls unerwünschte Ereignisse hervorrufen.

So kann das typischerweise verordnete Präparat L-DOPA schwere Nebenwirkungen auslösen. Typisch sind etwa Störungen im Bewegungsablauf, Übelkeit und Erbrechen, Urinverfärbungen und Bauchschmerzen. Häufig kommt es außerdem zu psychischen Störungen wie Unruhe, Angststörungen und Verstimmungen.

Schlafstörungen sind ebenso möglich wie Verdauungsstörungen, Muskelsteifigkeit, vermehrtes Schwitzen und unkontrollierte Bewegungen. In Einzelfällen treten Nebenwirkungen wie Magenblutungen, Hautausschläge und Leberentzündungen mit Gallenstau auf. Auch allergische Reaktionen auf die verabreichten Präparate sind nicht auszuschließen.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Das Segawa-Syndrom muss immer durch einen Arzt untersucht und behandelt werden. Es kann dabei nicht zu einer Selbstheilung kommen, da es sich bei dieser Krankheit um eine erblich bedingte Erkrankung handelt, die daher auch nicht kausal, sondern nur rein symptomatisch behandelt werden kann. Dabei wirken sich eine frühzeitige Diagnose und Behandlung des Syndroms positiv auf den weiteren Verlauf aus.

Ein Arzt ist beim Segawa-Syndrom dann aufzusuchen, wenn der Betroffene an einer starken Gangstörung leidet, wobei sich diese Gangstörung unbehandelt in der Regel deutlich verstärkt. Häufig sind die Betroffenen dann auch auf eine Gehhilfe oder sogar auf einen Rollstuhl angewiesen und können ihren Alltag nicht mehr alleine bewältigen. Weiterhin deutet auch das Zittern der Muskeln auf das Segawa-Syndrom hin.

Treten diese Beschwerden auf, so muss auf jeden Fall ein Arzt aufgesucht werden. Dabei erfolgt die Diagnose des Segawa-Syndroms durch einen Allgemeinarzt oder durch einen Orthopäden, wobei die weitere Behandlung allerdings durch einen Facharzt erfolgen muss. Eine vollständige Heilung kann nicht erwirkt werden.

Behandlung & Therapie

Nach der richtigen Diagnose kann das Segawa-Syndrom sehr gut behandelt werden. Die Erkrankung ist zwar aufgrund ihrer erblichen Bedingtheit nicht heilbar, aber mit einer lebenslangen medikamentösen Behandlung treten keine Symptome auf. Es muss nur die mangelnde Produktion von Dopamin durch Substitution von L-DOPA (Levodopa) ausgeglichen werden.

L-DOPA ist ein Prodrug, welches im Gehirn in Dopamin umgewandelt wird. Dopamin selber kann nicht verabreicht werden, weil es die Blut-Hirn-Schranke nicht überwinden kann. L-DOPA kann dies jedoch. Es bildet unter Abspaltung von Kohlendioxid dann im Gehirn Dopamin, welches die Bewegungsfähigkeit der Muskulatur aufrechterhält.


Vorbeugung

Eine Vorbeugung vor dem Segawa-Syndrom ist nicht möglich. Es ist erblich bedingt und eine familiäre Häufung wird auch nicht beobachtet. Nach dem ersten Auftreten der typischen Symptome kann nur eine lebenslange Substitution mit Levodopa für Symptomfreiheit sorgen.

Nachsorge

Dem Betroffenen stehen beim Segawa-Syndrom in der Regel nur wenige und auch nur sehr eingeschränkte Maßnahmen einer direkten Nachsorge zur Verfügung. Aus diesem Grund sollte der Betroffene idealerweise schon frühzeitig einen Arzt aufsuchen, um das Auftreten von anderen Komplikationen und Beschwerden zu verhindern. Beim Segawa-Syndrom kann es nicht zu einer selbstständigen Heilung kommen.

Da es sich beim Segawa-Syndrom um eine erblich bedingte Erkrankung handelt, kann diese in der Regel nicht vollständig geheilt werden. Der Betroffene sollte aus diesem Grund bei einem Kinderwunsch eine genetische Untersuchung und Beratung vornehmen lassen, um das erneute Auftreten der Krankheit bei den Nachfahren zu verhindern. Einige der Beschwerden können durch die Einnahme von verschiedenen Medikamenten gelindert werden.

Der Betroffene sollte auf eine richtige Dosierung und ebenso auf eine regelmäßige Einnahme der Medikamente achten, um den Beschwerden entgegenzuwirken. Ebenso sollte bei starken Nebenwirkungen oder bei Unklarheiten zuerst ein Arzt konsultiert werden. Der weitere Verlauf dieses Syndroms ist stark von der genauen Ausprägung der Erkrankung abhängig, sodass keine allgemeine Voraussage getroffen werden kann. Eventuell schränkt das Segawa-Syndrom die Lebenserwartung des Patienten ein.

Das können Sie selbst tun

Das Segawa-Syndrom führt im Alltag zu einem gestörten Gang und manchmal auch zu Stürzen. Darum ist es für die Betroffenen sehr wichtig, die verschriebenen Medikamente korrekt einzunehmen. Nur mit der entsprechenden medikamentösen Einstellung lassen sich die Beschwerden erfolgreich und langfristig vermeiden.

Die typischen Bewegungsprobleme tauchen typischerweise nach körperlichen Aktivitäten auf und verringern sich nach einer Ruhepause oder nach einer erholsamen Nacht. Darum besteht die Gefahr, dass die Betroffenen das Problem zu spät erkennen. Eine ärztliche Diagnose hilft dabei, die seltene Erkrankung zu analysieren und zu therapieren. Sie kann im Gegensatz zu anderen Dystonien erfolgreich behandelt werden, sodass die Betroffenen keine Beschwerden mehr haben. Um Komplikationen zu minimieren, sollten die Patienten vorsichtig sein, wenn sie erste Anzeichen der Gangstörung wahrnehmen. So lassen sich Unfälle und Verletzungen rechtzeitig vermeiden.

Gegen das körperliche Unwohlsein helfen die Medikamente. Gerade wenn das typische Zittern in Kombination mit einer Versteifung der Muskeln auftritt, leidet auch die Psyche unter der Erkrankung. Das kann bis zu Angstgefühlen, Komplexen und Depressionen führen. Wenn Kinder davon betroffen sind, sollten sich die Eltern umfassend informieren, um ihrem Nachwuchs helfen zu können. Dadurch reduziert sich der Stresspegel und es kommt nicht so schnell zu psychischen Folgeerkrankungen.

Quellen

  • Grehl, H., Reinhardt, F.: Checkliste Neurologie. Thieme, Stuttgart 2012
  • Klingelhöfer, J., Berthele, A.: Klinikleitfaden Neurologie. Urban & Fischer, München 2009
  • Mattle, H., Mumenthaler, M.: Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013

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