Sheehan-Syndrom
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 4. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Als Sheehan-Syndrom (HVL-Nekrose) bezeichnet man einen Mangel an ACTH. Es wird durch Medikamente oder durch eine Veränderung des Hypophysenvorderlappens ausgelöst und ist heutzutage gut behandelbar.
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Was ist das Sheehan-Syndrom?
Unter dem Sheehan-Syndrom versteht man einen Funktionsausfall des Hypophysenvorderlappens, welcher meist nach einer Entbindung auftritt. Ursächlich ist ein hoher Blutverlust und der daraus resultierte Zelltod.
Auch andere Schockzustände wie beispielsweise Verbrennungen können zu einer HVL-Nekrose führen. Anhand verschiedener Symptome lässt sich das Syndrom eindeutig diagnostizieren. Auch die Behandlung ist dank moderner medizinischer Techniken möglich.
Oftmals erholt sich der Hypophysenvorderlappen auch von allein wieder. Vorbeugen lässt sich das Sheehan-Syndrom im Normalfall nicht. Bluter können jedoch entsprechende Vorsichtsmaßnahmen treffen, um einen starken Blutverlust und den damit verbundenen Schock zu vermeiden.
Ursachen
Meist tritt das Syndrom in Folge einer Entbindung auf, da dort der Blutverlust besonders hoch ist. Auch Verletzungen, die einen hohen Blutverlust zur Folge haben, führen zur Nekrose. Das können Verbrennungen, starke Schnittverletzungen und ähnliche Dinge sein. Eine akute Erkrankung ist allerdings meist die Folge einer Entbindung.
Auch eine Blutung direkt am Hypophysenvorderlappen kann das Sheehan-Syndrom auslösen. Sie kann durch eine Kopfverletzung entstehen und wird von Betroffenen oftmals überhaupt nicht bemerkt. Erst, wenn es zu Kopfschmerzen und hormonellen Problemen kommt, können Betroffene eingreifen. Eine Operation ist dann eine effektive Möglichkeit, die Blutung zu entfernen und die Beschwerden zu lindern.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Das Sheehan–Syndrom tritt vorrangig nach einer komplikationsträchtigen Geburt eines Kindes mit hohem Blutverlust bei der Mutter auf. Symptomatisch zeigen sich folgende Beschwerden: Nach dem Ausfall des Hypophysenvorderlappens kommt es zu einem Ausbleiben des Milcheinschusses (Agalaktorrhoe), da es zu keiner Ausschüttung mehr von Prolactin kommt.
Weitere Symptome sind ein Ausbleiben der Menstruation (sekundäre Amenorrhoe) durch den Verlust der Hormone Follikelstimulierendes Hormon (FSH) und Luteinisierendes Hormon (LH), einer Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose), einer krankhaft erhöhten Urinausscheidung (Polyurie) sowie einem krankhaft gesteigerten Durst (Polydipsie), einer Neigung zu Unterzuckerung (Hypoglykämie) durch den Verlust des Wachstumshormones und dem Mangel an Adrenocorticotropin (ein Hormon, das ebenfalls für das Wachstum zuständig ist).
Auch kann es zum Ausfall der sekundären Körperbehaarung kommen, mangelnde sexuelle Lust (Verlust der Libido), Blässe der Haut (Hypopigmentierung) durch das Fehlen des Melanozyten-stimulierendes Hormons und in seltenen Fällen während des Wachstums zu Kleinwuchs. Bei dem Sheehan – Syndrom ist der Hypophysen Vorderlappen teilweise oder gänzlich in seiner Funktion eingeschränkt, weshalb viele der notwendigen Hormone nicht produziert werden können.
Oftmals sind Patienten vor der Diagnose apathisch, gleichgültig und in ihren Lebensumständen eingeschränkt. In seltenen Fällen kann das Sheehan- Syndrom auch zu einer sekundären Nebennierenrindeninsuffizienz führen.
Diagnose & Verlauf
Wenngleich das Sheehan-Syndrom eine ernsthafte Schädigung ist, kann sich die Diagnose als schwierig gestaltet. Sie erfolgt oft erst Jahre später, kann aber allerdings auch in der Zeit nach der Entbindung gestellt werden. Ein eindeutiges Zeichen ist ein Ausfall der sekundären Körperbehaarung.
Auch mangelnde sexuelle Lust sowie Blässe der Haut können Symptome sein. Ebenso ein Ausbleiben des Milcheinschusses. Meist handelt es sich dabei um das erste Symptom, welches durch den Verlust der Prolactinausschüttung ausgelöst wird. Durch den Verlust der Hormone FSH und LH, welche mit der Nekrose des Hypophysenvorderlappens einhergehen, kommt es zum Ausbleiben der Menstruation. Eine Schilddrüsenunterfunktion ist ebenfalls ein häufiges Symptom. Ebenso kann eine Neigung zur Unterzuckerung ein Indiz sein.
Das deutlichste Zeichen sind allerdings Beschwerden im Bereich der Augen. Treten nach der Entbindung Sehstörungen auf, liegt der Verdacht auf das Sheehan-Syndrom nahe. Der Grund dafür ist der Verlauf des Sehnervs, welcher sich in unmittelbarer Nähe der Hypophyse befindet. Störungen der Augenbeweglichkeit sind ebenfalls bekannte Symptome.
Die genaue Diagnose wird von einem Mediziner gestellt. Dieser nimmt Untersuchungen des Blutbildes vor, informiert sich über die bisherige Krankengeschichte und schließt anderweitige Krankheiten als Ursache aus. Die Diagnose kann dann relativ schnell gestellt werden.
Der Verlauf des Sheehan-Syndroms kann sehr unterschiedlich sein. In manchen Fällen erholt sich die beschädigte Körperregion von selbst wieder. In anderen Fällen kann es durch den Mangel zu schwerwiegenden Störungen bis hin zum Koma kommen. Eine frühzeitige Behandlung ist deshalb essentiell.
Komplikationen
Die Komplikationen und Beschwerden des Sheehan-Syndroms richten sich sehr stark nach seiner Ausprägung, sodass ein allgemeiner Verlauf in der Regel nicht vorausgesagt werden kann. Die Betroffenen leiden in erster Linie allerdings an einem ausbleibenden Milchaustritt, falls die Patientin schwanger war. Dabei kann es zu Wachstumsstörungen beim Kind kommen, wobei der ausbleibende Milchaustritt durch andere Produkte ersetzt werden kann.
Auch die Menstruation wird aufgrund des Sheehan-Syndroms negativ beeinflusst, sodass die Blutung vollständig ausbleiben kann. Die Betroffenen leiden weiterhin an einer deutlichen Unterfunktion der Schilddrüse, die sich negativ auf die Gesundheit auswirkt. Es kommt zu einem Haarausfall und zu einer sexuellen Unlust. Die sexuellen Störungen können sich dabei sehr negativ auf die Beziehung zum Partner auswirken und eventuell zu sozialen Beschwerden führen.
In vielen Fällen ist die Haut der Patienten sehr blass. Sollte das Sheehan-Syndrom schon im Kindesalter auftreten, so führt es häufig zu einem Kleinwuchs. In der Regel kann das Sheehan-Syndrom relativ einfach mit der Gabe von Hormonen behandelt werden. Besondere Komplikationen treten dabei nicht auf und es kommt in den meisten Fällen zu einem positiven Krankheitsverlauf. Auch die Lebenserwartung der Betroffenen wird von dem Syndrom meistens nicht negativ beeinträchtigt.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Beim Sheehan-Syndrom ist immer eine Behandlung durch einen Arzt notwendig. Nur durch eine frühzeitige Erkennung und Behandlung der Beschwerden können weitere Komplikationen eingeschränkt oder vollständig verhindert werden. Je früher das Sheehan-Syndrom erkannt wird, desto besser ist auch der weitere Verlauf dieser Erkrankung. Ein Arzt ist dann aufzusuchen, wenn der Betroffene an einer deutlichen Unterfunktion der Schilddrüse leidet. Diese macht sich in der Regel durch verschiedene Beschwerden und Symptome bemerkbar und sollte immer von einem Arzt behandelt werden. Weiterhin kann auch eine dauerhafte Unterzuckerung oder ein sehr langsames Wachstum bei Kindern auf die Krankheit hindeuten und muss ebenfalls von einem Arzt untersucht werden.
Auch eine Insuffizienz oder andere Beschwerden an den Nieren weisen häufig auf das Sheehan-Syndrom hin und sollten untersucht werden, wenn sie über einen längeren Zeitraum auftreten und nicht wieder von alleine verschwinden. Eine Selbstheilung kann beim Sheehan-Syndrom in der Regel nicht eintreten. Das Sheehan-Syndrom kann durch einen Allgemeinarzt erkannt werden. Die weitere Behandlung richtet sich jedoch nach den genauen Beschwerden und wird dann von einem Facharzt durchgeführt.
Behandlung & Therapie
Nachdem die Diagnose mit Hilfe einer Blutuntersuchung eindeutig gestellt wurde, kann das Sheehan-Syndrom effektiv behandelt werden. Ein wichtiger Pfeiler der Therapie ist die Zuführung der fehlenden Hormone. Dies geschieht durch Zugabe verschiedener Präparate.
Weiterhin müssen bereits aufgetretene Folgeerkrankungen behandelt werden, was mitunter sehr viel Zeit in Anspruch nimmt. Durch die hormonellen Veränderungen können überdies psychische Probleme auftreten, die eine Behandlung erschweren. Es ist dann notwendig, den Patienten zu einem Psychiater zu überweisen. Meist reicht es jedoch aus, die fehlenden Hormone zuzuführen, um den Normalzustand wiederherzustellen.
Auch operativ ist dem Sheehan-Syndrom beizukommen. Insbesondere, wenn die Hypophyse verletzt ist, kann ein neurochirurgischer Eingriff Besserung bringen. Die Operation wird durch die Nase durchgeführt und ist sehr erfolgversprechend.
Vorbeugung
Da das Sheehan-Syndrom meist durch einen plötzlichen Blutverlust entsteht, kann ihm nur schwer vorgebeugt werden. Es ist allerdings möglich, die Entbindung und insbesondere die Funktion des Hypophysenvorderlappens genau zu überwachen, um eine Nekrose von vornherein zu verhindern. Im Falle eines Unfalles ist dies natürlich nicht möglich.
Werden erste Symptome allerdings frühzeitig erkannt, kann das Syndrom diagnostiziert werden, bevor das Gewebe komplett abgestorben ist. Oft ist es dann möglich, die Funktion durch eine Therapie wiederherzustellen. Zuletzt sollte bei Stürzen auf den Kopf ein Arzt aufgesucht werden. Durch die Kernspintomographie lassen sich Verletzungen der Hypophyse frühzeitig erkennen und anschließend behandeln. So wird zumindest Folgeerkrankungen vorgebeugt.
Nachsorge
Beim Sheehan-Syndrom stehen dem Patienten in der Regel nur sehr eingeschränkte und auch nur sehr wenige Maßnahmen einer direkten Nachsorge zur Verfügung. Der Betroffene sollte daher idealerweise bei den ersten Symptomen und Anzeichen der Erkrankung einen Arzt aufsuchen, um das Auftreten von anderen Beschwerden und Komplikationen zu verhindern. Je früher ein Arzt aufgesucht wird, desto besser ist in der Regel auch der weitere Verlauf der Erkrankung.
Da es sich beim Sheehan-Syndrom um eine genetisch bedingte Erkrankung handelt, kann diese in der Regel nicht vollständig geheilt werden. Daher sollte der Betroffene bei einem Kinderwunsch eine genetische Untersuchung und Beratung vornehmen lassen, um das erneute Auftreten des Syndroms bei den Kindern zu verhindern.
In den meisten Fällen sind die Betroffenen beim Sheehan-Syndrom auf die Einnahme von verschiedenen Medikamenten angewiesen, welche die Beschwerden einschränken können. Dabei ist immer auf eine regelmäßige Einnahme und auch auf eine richtige Dosierung zu achten, um die Beschwerden zu lindern. Bei Unklarheiten oder Fragen ist zuerst ein Arzt zu konsultieren. Die Krankheit selbst schränkt die Lebenserwartung des Patienten nicht ein.
Das können Sie selbst tun
Für die Behandlung des Sheehan-Syndroms kommen spezielle Präparate zum Einsatz, welche die fehlenden Hormone ersetzen. Im Rahmen der Selbsthilfe geht es außerdem um die Berücksichtigung der anschließenden Folgeerkrankungen. Dabei handelt es sich oft um psychische Beschwerden, die eng mit der Therapie selbst verknüpft sind und die Patienten stark belasten.
Eine gezielte Therapie beim Psychiater hilft den Betroffenen dabei, mit ihrer Situation zurechtzukommen. Sie kann sich über einen langen Zeitraum hinziehen und fördert das Selbstwertgefühl der Patienten. Gleichzeitig sollten die Betroffenen ihren eigenen Körper beobachten, damit sie eventuelle Veränderungen schon früh erkennen. So lassen sich folgenschwere Unfälle oder Stürze vermeiden.
Vermeiden lassen sich solche Situationen durch die regelmäßige Einnahme der verschriebenen Hormone. Diese medikamentöse Therapie lässt sich gut in die alltäglichen Pflichten integrieren. Damit sind die üblichen Körperfunktionen sichergestellt und die Betroffenen können ein normales Leben führen. Ein guter Kontakt zum Arzt ist ebenfalls hilfreich, denn bei den bereits bekannten Schwierigkeiten sowie bei neu auftauchenden Problemen sollten die Patienten einen kurzfristigen Termin vereinbaren. So lassen sich schlimmere Folgen schon zu einem frühen Zeitpunkt vermeiden.
Quellen
- Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
- Kleine, B., Rossmanith, W.G.: Hormone und Hormonsystem. Springer Verlag, Berlin 2010
- Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013