Psychiater

Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer. nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 22. November 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Psychiater behandeln seelische Erkrankungen wie Psychosen und Depressionen. Dabei unterscheidet sie vom Psychologen die Berechtigung zur Medikamentenverordnung. Daneben ist die Psychotherapie eine Behandlungsform vom Psychiater.
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Was ist ein Psychiater?
Psychiater sind Fachärzte für seelische („psychische“) Erkrankungen. Tätig sind die Fachärzte in der klinischen Psychologie im stationären Bereich, während die medizinische Psychologie überwiegend in der ambulanten Behandlung beheimatet ist.
Zunehmende Bedeutung gewinnt in der alternden Gesellschaft die Gerontopsychiatrie, die sich den besonderen psychischen Erkrankungen der Senioren zuwendet. Hochspezialisiert ist auch ein Psychiater, der auf dem Feld der Kinder- und Jugendpsychiatrie wirkt. Psychopathologen erforschen und erkennen definierte Krankheitsbilder, während in der Pharmakopsychiatrie die Wirkungsweise der Medikamente im Fokus steht.
Ein Ansatz der neurologischen Grundlagenforschung ist die Biologische Psychiatrie. Die Forensische Psychiatrie hat eine besondere gesellschaftliche Verantwortung inne.
Die Ausbildung eines Psychiaters beginnt mit dem Studium der Medizin. Nach erreichter Approbation absolviert er eine vierjährige klinische Facharztausbildung und ist anschließend ein Psychiater.
Ausbildung & Qualifikation
Ein Psychiater ist ein Arzt, der sich auf die Diagnose, Behandlung und Prävention psychischer Erkrankungen spezialisiert hat. Um diesen Beruf auszuüben, ist ein abgeschlossenes Medizinstudium erforderlich, das in der Regel sechs Jahre dauert. Nach dem Studium folgt eine mehrjährige Facharztausbildung in Psychiatrie und Psychotherapie, die spezifische Kenntnisse über psychische Störungen, Pharmakologie, Psychotherapie und klinische Diagnostik vermittelt. In Deutschland dauert diese Weiterbildung mindestens fünf Jahre.
Psychiater haben eine weitreichende ethische Verantwortung, da sie mit vulnerablen Patienten arbeiten, deren mentale Gesundheit oft beeinträchtigt ist. Sie müssen in der Lage sein, sensible Informationen vertraulich zu behandeln und Entscheidungen zu treffen, die im besten Interesse des Patienten sind. Zudem sind sie verpflichtet, ihre Patienten ohne Diskriminierung und mit Respekt zu behandeln.
Der Unterschied zu anderen Berufsgruppen wie Psychologen oder psychologischen Psychotherapeuten liegt in der medizinischen Ausbildung. Psychiater können Medikamente verschreiben und arbeiten häufig in klinischen oder stationären Einrichtungen. Psychologen haben dagegen ein Studium der Psychologie abgeschlossen und dürfen keine Medikamente verschreiben. Psychologische Psychotherapeuten absolvieren nach dem Psychologiestudium eine Therapieausbildung und konzentrieren sich auf nicht-medikamentöse Behandlungen. Sozialarbeiter und Berater bieten Unterstützung in Lebensfragen, haben jedoch keine ärztliche oder psychologische Approbation.
Aufgabenbereich
Der Aufgabenbereich eines Psychiaters umfasst die Diagnose, Behandlung und Prävention von psychischen, emotionalen und Verhaltensstörungen. Da Psychiater als Fachärzte ausgebildet sind, kombinieren sie medizinisches Wissen mit psychotherapeutischen Ansätzen, um ein breites Spektrum psychischer Erkrankungen zu behandeln.
Ein zentraler Aspekt ihrer Arbeit ist die Diagnostik. Psychiater führen umfassende Anamnesegespräche und nutzen standardisierte Tests sowie klinische Beobachtungen, um psychische Störungen wie Depressionen, Angststörungen, Schizophrenie, bipolare Störungen oder Demenzen zu identifizieren. Sie berücksichtigen dabei sowohl psychologische als auch biologische und soziale Faktoren, die die Erkrankung beeinflussen können.
Ein weiterer wesentlicher Aufgabenbereich ist die Therapie. Psychiater erstellen individuelle Behandlungspläne, die oft eine Kombination aus medikamentöser Behandlung und psychotherapeutischen Maßnahmen beinhalten. Sie verschreiben Psychopharmaka wie Antidepressiva, Antipsychotika oder Angstlöser und überwachen deren Wirkung sowie mögliche Nebenwirkungen. Darüber hinaus bieten sie verschiedene psychotherapeutische Verfahren an, darunter kognitive Verhaltenstherapie oder tiefenpsychologisch fundierte Ansätze.
Psychiater arbeiten auch präventiv, indem sie Risikofaktoren erkennen und Patienten Strategien an die Hand geben, um psychische Gesundheit zu fördern und Rückfälle zu vermeiden. Dazu gehören Aufklärungsarbeit, Stressmanagement oder die Unterstützung beim Aufbau stabiler sozialer Strukturen.
Ein weiterer Bereich ist die Krisenintervention. Psychiater sind oft in Notfallsituationen tätig, etwa bei akuter Selbst- oder Fremdgefährdung, und entscheiden über Maßnahmen wie die Einleitung stationärer Behandlungen oder die Anwendung rechtlicher Schritte im Rahmen des Betreuungsrechts.
Zusätzlich beraten Psychiater Angehörige und arbeiten interdisziplinär mit anderen Fachkräften wie Psychologen, Sozialarbeitern und Pflegepersonal zusammen, um eine umfassende Versorgung sicherzustellen. In einigen Fällen wirken sie auch als Gutachter, beispielsweise in forensischen Kontexten, wo sie die Schuldfähigkeit oder die Notwendigkeit psychiatrischer Behandlung beurteilen.
Psychiater können in verschiedenen Einrichtungen tätig sein, darunter Kliniken, Praxen, Rehabilitationszentren oder Forschungseinrichtungen. Sie tragen maßgeblich dazu bei, die Lebensqualität ihrer Patienten zu verbessern und ihnen die Wiederherstellung psychischer Stabilität zu ermöglichen. Ihre Arbeit ist dabei von einer hohen ethischen Verantwortung geprägt, insbesondere bei der Entscheidungsfindung über Therapien und den Schutz der Patientenrechte.
Spezialisierungen
Psychiater können sich nach der Facharztausbildung in verschiedenen Bereichen weiterbilden und spezialisieren, um spezifische Patientengruppen oder Störungen gezielt zu behandeln. Eine der häufigsten Spezialisierungen ist die Kinder- und Jugendpsychiatrie, bei der der Fokus auf psychischen Erkrankungen und Entwicklungsstörungen von Kindern und Jugendlichen liegt.
Eine weitere Option ist die Forensische Psychiatrie, die sich mit der Beurteilung der Schuldfähigkeit, der Risikobewertung und der Betreuung psychisch kranker Straftäter beschäftigt. Auch die Suchtmedizin ist ein spezialisierter Bereich, in dem Psychiater Suchterkrankungen wie Alkohol-, Drogen- oder Medikamentenabhängigkeit behandeln.
Die Gerontopsychiatrie konzentriert sich auf die Diagnose und Therapie psychischer Störungen im höheren Lebensalter, wie Demenz oder Depression im Zusammenhang mit Altersprozessen. Psychiater können sich zudem auf Psychosomatik spezialisieren, die den Zusammenhang zwischen körperlichen und psychischen Beschwerden untersucht und behandelt.
Darüber hinaus gibt es Fortbildungen in spezifischen Psychotherapieverfahren, etwa in der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie, der verhaltenstherapeutischen Psychotherapie oder der systemischen Therapie.
Auch der Bereich Neuropsychiatrie, der neurologische und psychiatrische Erkrankungen kombiniert, sowie Führungs- oder Lehrtätigkeiten im klinischen und akademischen Bereich sind mögliche Karrierewege. Solche Spezialisierungen erfordern oft zusätzliche Zertifikate und Praxiserfahrung.
Behandlungen
Psychiater sind mit einer Fülle von Krankheitsbildern konfrontiert. Klinisch relevant sind sehr häufig Patienten mit Schizophrenie. Akute Schübe dieser Grunderkrankung gehen mit schweren Psychosen einher. Eindeutige Symptome sind Wahnvorstellungen und Halluzinationen. Oft hören die Patienten Stimmen, die ihnen Befehle erteilen und sie zu abstrusen Handlungen veranlassen. Der Psychiater muss in diesen gravierenden Fällen Psychopharmaka verordnen.
Depressionen sind eine ebenfalls häufig auftretende psychische Erkrankung, die in vielen Formen ausgeprägt sein kann. Die Methoden der Psychotherapie und der Psychoanalyse bieten hier Aussicht auf eine erfolgreiche Behandlung. Begleitend dazu wird der Psychiater meist auch Antidepressiva verschreiben.
Schizophrenie und Depressionen erachten Psychiater als überwiegend genetisch bedingt. Eher auf soziale Faktoren zurückzuführen sind die Persönlichkeitsstörungen. Als schwere Erkrankung bekannt ist das Borderline-Syndrom, das mit einer extremen emotionalen Labilität einhergeht. Eine gestört Selbstwahrnehmung und Selbstverletzungen sind typische Kennzeichen des Leidens. Persönlichkeitsstörungen werden hauptsächlich mit psychotherapeutischen Techniken behandelt. Medikamentöse Unterstützung ist allenfalls dann erforderlich, wenn Folge- oder Begleiterscheinungen der Krankheit („Komorbidität“) hinzutreten.
Krankheitsbilder aus dem Formenkreis der Zwänge kann der Psychiater oft nur schwer von anderen Syndromen unterscheiden. Dies gilt gerade deswegen, weil Zwänge oft gemeinsam mit Angststörungen („Phobien“) auftreten. Psychotherapeutische Ansätze haben auf dem Gebiet der Zwänge und Ängste in den letzten Jahren gute Fortschritte gemacht.
Die Behandlung von Abhängigkeitserkrankungen ist ebenfalls eine Aufgabe der Psychiater. Eine medikamentös unterstützte Entgiftung geht einer Psychotherapie stets voraus. Essstörungen wie Magersucht oder Bulimie werden meist den Suchterkrankungen zugerechnet. Daher behandelt diese Verhaltensstörungen ebenfalls der Psychiater.
Diagnose- & Untersuchungsmethoden
Psychiater diagnostizieren die meisten psychischen Störungen anhand des Patientengesprächs. In dieser „Exploration“ registriert ein erfahrener Psychiater auch das allgemeine Verhalten seines Gegenübers. Schon die Körpersprache kann viel verraten, denn Mimik und Gestik eröffnen ebenfalls einen Einblick ins Seelenleben. So lassen sich auch kleine Lügen entlarven, wenn es beispielsweise um die Menge des Suchtmittelkonsums geht.
Die ersten Anhaltspunkte aus dem Patienten-Interview ergeben Verdachtsmomente, die mit standardisierten Fragebögen erhärtet werden sollen. Diese methodischen Befragungen sind wie Multiple-Choice-Tests konzipiert und werden statistisch nach Punktzahlen ausgewertet. Oft hilft dem Psychiater auch das Gespräch mit Angehörigen weiter, weil Selbst- und Fremdwahrnehmung erheblich voneinander abweichen können. Im Falle psychiatrischer Erkrankungen gilt dies in verstärktem Maße.
Manche Patienten muss der Psychiater auch über längere Zeit im Krankenhaus beobachten, um die oft schwierige Diagnose zu stellen. Hier leistet das Pflegeteam dem Arzt unentbehrliche Hilfe. Bei vielen seelischen Störungen muss der Psychiater körperliche Grundkrankheiten ausschließen. Daher sind Blutanalysen und röntgenlogische Verfahren sowie ein EKG und besonders das EEG unverzichtbar für die Arbeit auch der Psychiater.
Moderne Technologien und Hilfsmittel
Psychiater verwenden eine Kombination aus diagnostischen Geräten, Instrumenten und standardisierten Methoden, um psychische Erkrankungen zu diagnostizieren und zu behandeln. Zu den wichtigsten Hilfsmitteln gehört die klinische Anamnese, bei der Gespräche und standardisierte Fragebögen genutzt werden, um Symptome, Krankheitsverlauf und psychosoziale Hintergründe zu erfassen. Diagnostische Werkzeuge wie der Mini-Mental-Status-Test (MMST) oder der Beck-Depressions-Inventar (BDI) unterstützen die Bewertung von kognitiven Funktionen und psychischen Störungen.
Zur Beurteilung neurologischer Zusammenhänge können Psychiater EEG-Geräte (Elektroenzephalogramm) einsetzen, um die elektrische Aktivität des Gehirns zu messen, insbesondere bei Verdacht auf Epilepsie oder andere neurologische Störungen. In einigen Fällen werden bildgebende Verfahren wie MRT (Magnetresonanztomographie) oder CT (Computertomographie) angefordert, um strukturelle Veränderungen im Gehirn auszuschließen, insbesondere bei Verdacht auf Tumore, Traumata oder neurodegenerative Erkrankungen.
Für die medikamentöse Behandlung sind Psychiater auf Rezeptblöcke und oft spezialisierte Software für Medikamentenmanagement angewiesen, um Dosierungen und Wechselwirkungen zu überwachen. Auch digitale Hilfsmittel wie Apps zur Symptomverfolgung oder Telemedizin-Plattformen gewinnen an Bedeutung.
Zusätzlich arbeiten Psychiater häufig interdisziplinär mit Laboren zusammen, etwa um Bluttests auf Schilddrüsenfunktionen oder Medikamentenspiegel zu analysieren, da diese körperliche Ursachen psychischer Symptome aufdecken können.
Worauf sollte der Patient achten?
Psychiater und Patient arbeiten in der Behandlung als Partner zusammen. Daher ist ein vertrauensvolles Verhältnis erforderlich. Wenn ein Patient eine ambulante Behandlung anstrebt, fragt er am besten seinen Hausarzt, welcher niedergelassene Psychiater in Frage kommt. Denn die Spezialisierung innerhalb der Psychiatrie ist breit gefächert.
Im ersten Gespräch mit dem Psychiater spürt der Patient in der Regel schnell, ob das persönliche Verhältnis „stimmt“. Achten sollte man aber darauf, ob der Psychiater vorschnelle Diagnosen stellt oder leichtfertig Medikamente verschreibt. Denn einige Psychopharmaka bergen ihrerseits auch die Gefahr einer Abhängigkeit in sich. Insbesondere sofort starke Beruhigungsmittel (Benzodiazepine) zu verordnen ist in der Regel kein verantwortungsvolles Vorgehen vom Psychiater.