Totraumventilation

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 7. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Lungenatmung – auch Ventilation genannt - setzt sich aus den beiden Komponenten alveoläre Ventilation und Totraumventilation zusammen. Als Totraumventilation wird der Anteil des Atemzugvolumens bezeichnet, der nicht am Austausch Kohlendioxid (CO2) gegen Sauerstoff (O2) beteiligt ist.

Die Totraumventilation entsteht dadurch, dass das Luftvolumen, das sich nach der Einatmung (Inspiration) im vorgeschalteten System des Atmungstraktes befindet (Nasen- und Rachenraum, Luftröhre und Bronchien), während der anschließenden Exspiration direkt wieder ausgeatmet wird, ohne mit den Alveolen in Berührung gekommen zu sein.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Totraumventilation?

Die Lungenatmung – auch Ventilation genannt - setzt sich aus den beiden Komponenten alveoläre Ventilation und Totraumventilation zusammen.

Der Atmungstrakt oder das respiratorische System besteht aus der Lunge bzw. den Lungenbläschen (Alveolen), die den funktionalen Teil der Atmung ausmachen und dem vorgeschalteten sogenannten Totraum, der sich aus Nasen- und Rachenraum, der Luftröhre und der Bronchien zusammensetzt.

Die funktionale Bedeutung des Totraumes liegt vor allem in der Konditionierung der eingeatmeten Luft durch Erwärmung – in Extremfällen auch durch Abkühlung – und Anreicherung mit Wasserdampf bis zur Sättigung sowie in der Ausfilterung von Festkörpern (Staub) und pathogenen Keimen.

Die Atmung zeichnet sich nicht durch einen kontinuierlichen Luftstrom durch die Lunge aus, sondern wird durch ein sich abwechselndes System von Einatmung (Inspiration) und Ausatmung (Exspiration) charakterisiert. Der Teil der eingeatmeten Luft, der sich nach erfolgter Inspiration im Totraum befindet, wird bei der anschließenden Exspiration direkt wieder ausgeatmet, ohne mit den Alveolen in Berührung gekommen zu sein.

Die Totraumventilation umfasst auch den Teil der Atmung, der dem physiologisch funktionslosen Teil der Lunge entspricht, falls ein solcher vorhanden ist. Es kann sich dabei um Alveolen handeln, die durch Krankheit oder andere Einwirkungen ihre Fähigkeit zum Gasaustausch verloren haben.

Funktion & Aufgabe

Die Totraumventilation – zumindest die anatomische Totraumventilation – ergibt sich automatisch daraus, dass der Totraum nach erfolgter Inspiration mit der eingeatmeten Luft gefüllt ist, so wie auch die Alveolen der Lunge. Der Unterschied besteht lediglich darin, dass das Luftvolumen des Totraumes nicht am Gasaustausch beteiligt sein kann. Das bedeutet, dass die ein- und ausgeatmete Luft des Totraumes sich nicht im Sauerstoff- und Kohlendioxidpartialdruck unterscheiden, sondern lediglich in der Temperatur und in der relativen und absoluten Feuchte.

Beim gesunden Menschen hat die Totraumventilation die Funktion, dass der anatomische Totraum der physiologischen Konditionierung der Atemluft hinsichtlich Temperatur und relativer Feuchte dient sowie der Ausfilterung von Staubkörnern und pathogenen Keimen.

Wenn der Körper einer hohen Belastung mit hohem Sauerstoffbedarf unterliegt und Maximalventilation einsetzt, beeinträchtigt die Totraumventilation ein wenig die Maximalleistung der Lunge, da nach erfolgter Exspiration die noch im Totraum befindliche Luft, die bereits gegenüber der Umgebungsluft einen geringeren Sauerstoffgehalt bei gleichzeitig höherem Kohlendioxidanteil aufweist, aus anatomischen Gründen nochmals eingeatmet werden muss.

In der Ruhephase, ohne körperliche und psychische Belastungen, macht die Totraumventilation einen beträchtlichen Teil der Gesamtventilation aus. Das mit einem Atemzug eingeatmete Luftvolumen (Atemzugvolumen) beträgt während der Ruhephase ca. 0,5 Liter, davon entfallen ca. 0,15 Liter auf den anatomischen Totraum, dementsprechend 30 %.

Der relative Anteil der Totraumventilation an der Gesamtventilation nimmt bei hohen Leistungsanforderungen stark ab, weil das Atemzugvolumen bei Nutzung des exspiratorischen und inspiratorischen Reservevolumens auf einen sehr viel höheren Wert steigen kann, während das absolute Totraumvolumen aus anatomischen Gründen nahezu konstant bleibt.

Die absolute Größe des funktionellen Totraums, einschließlich des physiologischen Totraums, kann mittels der Bohr-Formel berechnet werden. Die absolute Größe des Totraumvolumens einschließlich des physiologischen Totraums ist danach eine Funktion des Atemzugvolumens und der Kohlendioxidpartialdrücke der eingeatmeten und der ausgeatmeten Luft.


Krankheiten & Beschwerden

Die Totraumventilation muss immer im Zusammenhang mit der alveolären Ventilation gesehen werden, da beide rein physikalisch miteinander verknüpft sind. Die Lungenbläschen können nicht mit Luft gefüllt werden, ohne dass die Luft vorher den anatomischen Totraum durchströmt, temperiert, auf 100 % relative Luftfeuchte gebracht wird und feste Bestandteile wie Staubkörnchen und mögliche Keime ausgefiltert werden. Es sei denn, dass die Luft über einen Tubus oder einen Luftröhrenschnitt (Koniotomie) eingeatmet wird.

Die Bestimmung des funktionellen Totraumvolumens kann allerdings Hinweise auf das Vorliegen eines alveolären Totraums liefern, wenn sich der funktionelle Totraum vom anatomischen Totraum abhebt. Bei Menschen, die über ein gesundes Respirationssystem verfügen, liegt kein alveolärer Totraum vor, so dass der anatomische Totraum nahezu identisch mit dem funktionellen Totraum ist. Falls festgestellt wird, dass der funktionelle Totraum volumenmäßig den anatomischen Totraum deutlich überschreitet, ist das ein Hinweis auf Vorliegen eines alveolären Totraums. Dies ist gleichbedeutend mit der Diagnose, dass Teile des alveolären Systems eine Funktionsstörung aufweisen.

Es besteht dann der Verdacht auf Vorliegen eines Lungenemphysems oder einer Lungenfibrose, die durch chronische Entzündungsvorgänge des Zwischengewebes im Bereich der Alveolen verursacht wird und zu einer irreversiblen Zerstörung der alveolären Membranen führt.

Die Lungenfibrose wird entweder durch pathogene Keime oder durch Noxen wie anorganische oder organische Stäube (zB auch Sprays), als unerwünschte Nebenwirkung bestimmter Medikamente oder durch eine Linksherzinsuffizienz und vieles mehr ausgelöst.

Restriktive oder obstruktive Ventilationsstörungen, die die Atmung behindern, gehen entweder auf Lungenkrankheiten, auf eine Störung des Atemzentrums, auf Erkrankungen oder Verletzungen der Atemmuskulatur oder auf Probleme im Bereich des anatomischen Totraums zurück.

Weil eine alveoläre Ventilation nicht unabhängig von der Totraumventilation durchgeführt werden kann, wirken sich Ventilationsstörungen unabhängig von der Ursache immer auf die gesamt Ventilation aus.

Quellen

  • Bungeroth, U.: BASICS Pneumologie. Urban & Fischer, München 2010
  • Dobbertin, I., Dierkesmann, R., Kohlhäufl, M.: Lehrbuch und Atlas der Bronchoskopie. Huber, Bern 2008
  • Hausen, T.: Pneumologie für die Praxis. Urban & Fischer, München 2018

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