Luftröhrenschnitt
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 23. April 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Beim Wort Luftröhrenschnitt haben viele Menschen schlimme Bilder vor Augen: Unfall, Notärzte, die um das Leben des Opfers kämpfen und es schließlich retten, in dem sie ihm die Luftröhre öffnen. Das mag zwar dramatisch klingen, ist aber nach medizinischer Definition kein Luftröhrenschnitt, sondern Koniotomie.
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Was ist ein Luftröhrenschnitt?
Ein Luftröhrenschnitt oder auch Tracheotomie wird in der Medizin dann angewendet, wenn ein Mensch über längere Zeit seine oberen Atemwege nicht benutzen kann oder soll.
Es kann sich dabei um einen zeitlich begrenzten und provisorischen Eingriff handeln, wie bei der Perkutanen Punktions- und Dilatationstracheotomie oder um eine dauerhafte Maßnahme, wenn etwa der Kehlkopf entfernt werden muss.
Die Punktionstracheotomie wird auf Intensivstationen auch als Alternative zur Intubation angewendet, also einer Beatmung mit einem Schlauch, der durch Mund oder Nase eingeführt wird.
Einsatz & Indikation
Ein Luftröhrenschnitt, medizinisch als Tracheotomie bezeichnet, wird durchgeführt, um eine freie Luftzufuhr in die Lunge sicherzustellen, wenn die normalen Atemwege blockiert oder eingeschränkt sind. Diese Prozedur kann notwendig werden bei verschiedenen medizinischen Zuständen oder in Notfallsituationen, wo eine schnelle Handlung erforderlich ist, um eine ausreichende Atmung zu gewährleisten.
Die Hauptgründe für einen Luftröhrenschnitt sind unter anderem:
Blockaden der Atemwege: Dies kann durch Fremdkörper, Schwellungen, Tumore oder Verletzungen verursacht werden, die den Luftstrom durch Mund und Nase behindern.
Langzeitbeatmung: Bei Patienten, die aufgrund einer schweren Erkrankung oder eines Traumas über einen längeren Zeitraum künstlich beatmet werden müssen, kann ein Luftröhrenschnitt erforderlich sein, um die Beatmung zu erleichtern und das Risiko von Schäden an den oberen Atemwegen zu minimieren.
Angeborene Fehlbildungen der Atemwege: Manche angeborenen Zustände erfordern frühzeitig einen Luftröhrenschnitt, um eine angemessene Atmung zu ermöglichen.
Schwere Infektionen: Infektionen, die zu erheblichen Schwellungen im Halsbereich führen, wie etwa Epiglottitis] oder eine fortgeschrittene Halsentzündung, können ebenfalls eine Tracheotomie notwendig machen.
Die Entscheidung zur Durchführung eines Luftröhrenschnitts hängt von der Dringlichkeit der Situation, den zugrunde liegenden Ursachen und dem allgemeinen Gesundheitszustand des Patienten ab. Ein solcher Eingriff kann sowohl geplant in einer kontrollierten medizinischen Umgebung als auch als Notfallmaßnahme bei akuten Atemwegsobstruktionen erfolgen. Die Tracheotomie ermöglicht es, die Atemwege direkt freizuhalten und stellt somit eine lebensrettende Maßnahme dar.
Vorteile & Nutzen
Ein Luftröhrenschnitt, oder Tracheotomie, bietet mehrere spezifische Vorteile gegenüber anderen Behandlungs- und Untersuchungsmethoden bei der Atemwegsverwaltung. Diese Vorteile sind besonders bedeutsam in Fällen, in denen eine langfristige Beatmung oder die Überwindung von Atemwegsobstruktionen erforderlich ist.
Direkter Zugang zu den Atemwegen: Im Gegensatz zu Maskenbeatmung oder Intubation, die durch Mund oder Nase erfolgt, bietet die Tracheotomie einen direkten und stabilen Zugang zur Luftröhre. Dies erleichtert die Atmung, wenn die oberen Atemwege durch Verletzungen, Schwellungen oder Blockaden unpassierbar sind.
Komfort für Langzeitpatienten: Für Patienten, die langfristig beatmet werden müssen, ist ein Luftröhrenschnitt oft angenehmer als eine lange liegende Nasen- oder Mundtubus. Es verringert das Risiko von Nasen- und Rachenirritationen sowie von Druckschäden, die durch herkömmliche Tuben verursacht werden können.
Erleichterte Pflege und Hygiene: Ein Tracheostoma – die Öffnung in der Luftröhre – erleichtert die Reinigung und das Absaugen von Sekreten. Dies kann die Pflege erheblich erleichtern und das Risiko von Infektionen senken.
Verbesserte Sprach- und Schluckfunktion: Im Vergleich zu einer endotrachealen Intubation ermöglicht ein Luftröhrenschnitt möglicherweise eine bessere Kontrolle über Sprach- und Schluckfunktionen, sobald der Patient stabil ist. Dies ist besonders wichtig für die Lebensqualität und Rehabilitation.
Reduzierung von Sedierung: Patienten mit einem Luftröhrenschnitt benötigen häufig weniger Sedierung als solche mit einem Tubus durch Mund oder Nase, was das Bewusstsein und die Interaktion mit der Umgebung verbessern kann.
Insgesamt ermöglicht die Tracheotomie eine sicherere, bequemere und effektivere Langzeitbeatmung und Atemwegsmanagement, besonders bei kritisch kranken Patienten oder solchen, die aufgrund von anatomischen oder pathologischen Bedingungen nicht anderweitig effektiv behandelt werden können.
Funktion, Wirkung & Ziele
Wenn nach einem Unfall Patienten ins Koma fallen oder ins künstliche Koma gelegt werden müssen, kann auch eine künstliche Beatmung notwendig werden. Wenn dies längere Zeit notwendig ist, dann bietet die Punktionstracheotomie einige Vorteile.
Mit einer Hohlnadel wird die Luftröhre punktiert um später eine Atemkanüle einzuführen. Aufwändiger ist da schon die chirurgische Tracheotomie, bei der auch Teile der Schilddrüse abgetrennt werden. Diese Maßnahme ist für längere Zeit angelegt, das bedeutet auch, dass die Trachealkanüle immer wieder gewechselt wird. Diese Art von Luftröhrenschnitt wird gelegt, wenn zum Beispiel die oberen Atemwege verstellt sind. Die Ursachen dafür können ganz unterschiedlich sein und von einem Insektenstich über Infektionskrankheiten bis zur Tumorbildung reichen. Auch eine Parkinsonerkrankung kann die Muskulatur der Atmung so schwächen, dass eine Tracheotomie notwendig wird.
In den meisten Fällen ist diese Art des Luftröhrenschnitts noch reversibel. Es hängt davon ab, wie lange es dauert, bis der Betroffene wieder gesund wird. Nach erfolgreicher Therapie wird die Luftröhre wieder geschlossen und der Patient kann wieder normal sprechen. Bei einem Luftröhrenschnitt, der durch eine Kehlkopfentfernung bedingt ist, geht das nicht mehr. Die Stimmbänder fehlen ganz und müssen durch Prothesen ersetzt werden. Der Eingriff wird dann auch nicht mehr Tracheotomie sondern Tracheostomie genannt. Dieser Eingriff ist unumkehrbar. Der Patient muss das Sprechen wieder neu erlernen.
Die Tracheotomie bietet einige Vorteile gegenüber einer Intubation. So kann der Schlauch, der durch den Mund eingeführt wird, Stimmbänder und Luftröhre schädigen. Diese Gefahr fällt beim Luftröhrenschnitt weg. Vor allem aber kann der Patient normal essen oder sich die Zähne putzen, was mit einem Schlauch in Mund und Rachen schlechterdings unmöglich ist. Auch müssen weniger Schmerzmittel eingesetzt werden. Mit einem speziellen Aufsatz ist es dem Kranken sogar möglich zu sprechen.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Verkürzung des sogenannten Totraumes, also des Bereiche, der zwischen Eintritt des Luft in den Körper und dem Erreichen der Lunge liegt. Bei einem Luftröhrenschnitt wird diese Strecke etwa halbiert. Das bedeutet in der Realität, dass der Kraftaufwand für das Atmen nicht mehr so hoch ist. Der Patient atmet also leichter. Das spielt eine Rolle, wenn der Patient zuvor an ein Beatmungsgerät angeschlossen war und sich nun wieder an eine Eigenatmung gewöhnen muss.
Durchführung & Ablauf
Ein Luftröhrenschnitt, auch als Tracheotomie bezeichnet, ist ein chirurgischer Eingriff, der darauf abzielt, einen direkten Zugang zur Luftröhre zu schaffen. Der Prozess verläuft in mehreren Schritten, wobei sowohl die traditionelle chirurgische als auch die perkutane Technik angewandt werden können. Hier eine Beschreibung des Ablaufs einer chirurgischen Tracheotomie:
Vorbereitung: Der Patient wird in der Regel unter Vollnarkose gesetzt, obwohl in Notfällen auch eine lokale Betäubung zum Einsatz kommen kann. Der Halsbereich wird gereinigt und desinfiziert, um Infektionen zu vermeiden.
Schnitt: Der Chirurg macht einen horizontalen oder vertikalen Schnitt durch die Haut am unteren Teil des Halses. Die exakte Position hängt von der Anatomie des Patienten und der zugrunde liegenden medizinischen Bedingung ab.
Freilegen der Luftröhre: Die darunter liegenden Gewebeschichten, inklusive Muskeln und Weichteile, werden sorgfältig durchtrennt oder beiseitegeschoben, um die Luftröhre freizulegen.
Öffnen der Luftröhre: In der Luftröhre wird ein kleines Loch (Stoma) gemacht, das groß genug ist, um einen Trachealtubus oder eine Trachealkanüle einzuführen.
Einsetzen der Trachealkanüle: Eine Kanüle wird in das Stoma eingesetzt, um den Atemweg offen zu halten. Die Kanüle wird sicher befestigt, um ihre Position zu stabilisieren und eine kontinuierliche Luftzufuhr zu gewährleisten.
Abschluss des Eingriffs: Der Schnitt wird mit Nähten verschlossen und steril abgedeckt. Die korrekte Platzierung und Funktion der Trachealkanüle wird überprüft.
Die Operation dauert in der Regel etwa 30 bis 60 Minuten. Nach der Operation werden Patienten engmaschig überwacht, um sicherzustellen, dass sie stabil sind und gut atmen können. Eine regelmäßige Pflege und Kontrolle des Stomas sowie der Kanüle sind essentiell, um Komplikationen wie Infektionen oder Blockaden zu vermeiden.
Risiken & Gefahren
Bei allen Vorteilen gibt es auch einige Nachteile, die zu beachten sind. Dadurch dass die gesamte Atmung nicht mehr über den Kopf läuft, fehlt auch die notwendige Befeuchtung der Nase. Das hat den unangenehmen Nebeneffekt, dass die Riechfähigkeit nicht mehr da ist. Das riechen jedoch hängt sehr stark mit dem Schmecken zusammen.
Das heißt, Menschen mit einem Luftröhrenschnitt sind nicht in der Lage zu riechen. Schmecken können sie zwar noch, allerdings ist auch das nur noch sehr eingeschränkt möglich. Die Luft, die durch die Kehle fließt ist auch noch für etwas anderes ungeheuer wichtig: Für das Sprechen.
Es ist schließlich die Luft, die die Stimmbänder in Schwingung versetzen. Atmet der Mensch durch einen Luftröhrenschnitt kommt keine Luft mehr an den Stimmbändern vorbei. Das Problem lässt sich mit einer sogenannten Sprechkanüle lösen.
Alternativen
Wenn ein Luftröhrenschnitt (Tracheotomie) nicht möglich oder nicht die bevorzugte Option ist, können Ärzte auf alternative Verfahren zurückgreifen, um die Atemwege eines Patienten zu sichern oder die Atmung zu unterstützen:
Endotracheale Intubation: Dies ist eine häufige Alternative zur Tracheotomie und beinhaltet das Einführen eines flexiblen Schlauches (Tubus) durch den Mund oder die Nase in die Luftröhre. Die Intubation wird häufig in Notfällen angewandt oder wenn eine kurzfristige Beatmung benötigt wird.
Nicht-invasive Beatmung (NIV): Techniken wie die CPAP (Continuous Positive Airway Pressure) oder die BiPAP (Bilevel Positive Airway Pressure) sind Optionen, die vor allem bei Patienten mit chronischen Atemwegserkrankungen oder in Situationen, in denen eine Intubation vermieden werden soll, genutzt werden. Diese Geräte unterstützen die Atmung durch Masken, die über Nase oder Mund und Nase passen.
Krikothyrotomie: Dies ist ein Notfallverfahren, bei dem ein Schnitt durch die Haut und das Krikothyroid-Membran zwischen dem Kehlkopf und der Trachea gemacht wird, um schnell einen Zugang zur Luftröhre zu schaffen. Dieses Verfahren wird typischerweise nur in lebensbedrohlichen Notfällen durchgeführt, wenn eine Tracheotomie oder Intubation nicht möglich ist.
Bronchoskopische Verfahren: Diese können eingesetzt werden, um Blockaden in den Atemwegen zu entfernen oder um die Atemwege zu beurteilen, bevor andere invasive Verfahren durchgeführt werden.
Sauerstofftherapie: Wenn die Probleme weniger schwerwiegend sind, kann eine Sauerstofftherapie ausreichend sein, um die Sauerstoffversorgung des Patienten sicherzustellen.
Jede dieser Alternativen hat spezifische Indikationen, Vorteile und Einschränkungen, abhängig von der medizinischen Situation und den Bedürfnissen des Patienten. Die Entscheidung für eine dieser Methoden hängt von vielen Faktoren ab, einschließlich der Dringlichkeit der Situation, der zugrundeliegenden Gesundheitsbedingungen des Patienten und der Verfügbarkeit spezialisierter Ausrüstung und geschulten Personals.
Quellen
- Largiadèr, F., Saeger, H.-D., Keel, M.J.B.: Checkliste Chirurgie. Thieme, Stuttgart 2012
- Nürnberger, H.: Klinikleitfaden Chirurgie. Urban & Fischer, München 2010
- Scholz, J., Sefrin, P., Böttiger, B.W., Dörges, V., Wenzel, V. (Hrsg.): Notfallmedizin. Thieme, Stuttgart 2012