Trichodynie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Trichodynie stellt Miss- und Empfindungsstörungen in Form von Kribbeln, Jucken, Brennen oder Schmerzen auf der Kopfhaut dar, die meist mit Haarausfall an den betroffenen Arealen verbunden sind. Es können jedoch keine Veränderungen auf der Kopfhaut festgestellt werden. Als Ursache gilt eine Verspannung der Schädelmuskulatur.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Trichodynie?

Eine Trichodynie kann leicht anhand der Symptome diagnostiziert werden. Über eine ausgiebige Anamnese sollte die Ursache der Muskelverspannungen festgestellt werden.
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Der Begriff Trichodynie stammt aus dem Griechischen und heißt übersetzt „Haarschmerz“. Dabei ist allerdings zu bedenken, dass Haare keine Nerven besitzen und daher auch nicht schmerzen können. Der eigentliche Bereich der Schmerzen stellt aber die Kopfhaut dar. An der betreffenden Stelle kommt es dann meist auch zu Haarausfall.

Häufig sind Personen betroffen, die ohnehin bereits an Kopfschmerzen, an Angststörungen oder Depressionen leiden. Des Weiteren wurde ein Zusammenhang mit Stress und psychischen Belastungen festgestellt. Äußerlich können keine Veränderungen auf der Kopfhaut registriert werden. Da viele Ärzte dieses Krankheitsbild nicht kennen, werden die Beschwerden der Patienten häufig auch nicht ernst genommen.

Vielfach wird dieses Phänomen als psychische Störung abgetan. Es hat sich aber gezeigt, dass sowohl der anlagebedingte Haarausfall bei Männern (androgenetische Alopezie, AGA) als auch der diffuse Haarausfall bei beiden Geschlechtern (TE) oft mit einer Trichodynie verknüpft sein kann. Wie bereits erwähnt, verstärken sich die Symptome bei Stress oder psychischen Belastungen.

Ursachen

Als Ursache der Trichodynie wurde eine Verspannung der Muskulatur des Schädels erkannt. Diese Verspannung wird häufig durch Stress, psychische Belastungen oder auch konzentrierte Arbeit am Computer erzeugt. So ist der Schädel umgeben von flachen Muskel- und Sehnensträngen. Dabei gibt es die Muskelgruppen von Musculus occipitalis (Hinterkopf), von Musculus temporoparietalis (an den Ohren) und von Muskulus frontalis (Stirn).

Alle drei Muskelgruppen sind mit der Kopfhaut vernetzt und werden neben den Haarwurzeln von kleinsten Blutgefäßen mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgt. Die Kopfhaut spannt sich straff über das Schädeldach, wobei sich ihre Spannung bei Konzentration und psychischer Belastung noch verstärkt. Ausdruck dafür sind typische Falten, die sich durch häufige charakteristische Spannungszustände mit der Zeit ausbilden.

Dazu zählen unter anderem die Zornesfalte, die Krähenfüße oder quere Stirnfalten. Ursache dafür ist die ständig erhöhte Muskelspannung. Die stark angespannte Kopfhaut presst allerdings die darunterliegenden feinen arteriellen und venösen Blutgefäße zusammen und verhindert so die ausreichende Versorgung bestimmter Bereiche mit Nährstoffen und Sauerstoff. In der Folge sterben Haarwurzeln ab und das Haar fällt aus.

Gleichzeitig kann durch den Sauerstoffmangel in diesen Regionen Glukose nicht mehr richtig abgebaut werden. Es findet nur noch ein Abbau zu Milchsäure statt. Milchsäure oder Laktat sammelt sich in der Muskulatur an, übersäuert den Muskel und verursacht dadurch Schmerzen. Bekannt ist die Wirkung von Milchsäure beim sogenannten Muskelkater. Das Kribbeln und Jucken wird durch die verstärkte Erregung der Rezeptoren von Muskel- Sehnen- und Hautzellen hervorgerufen.

Diese Erregungen sind ebenfalls Folge der starken Muskelverspannungen. Durch den ständigen Druck der verspannten Muskulatur kommt es auch zu einer erhöhten Reizung der Nerven. Diese Reizaktivität wirkt sich wiederum verstärkend auf die Verspannung der Muskulatur aus. Schließlich bildet sich ein Teufelskreis heraus, der ohne Behandlung nur schwer durchbrochen werden kann.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Es wurde bereits erwähnt, dass sich die Trichodynie durch Schmerzen, Kribbeln (Ameisenlaufen) oder Jucken auf der Kopfhaut auszeichnet, ohne dass organische Befunde vorliegen. An der betroffenen Stelle finden sich keine Entzündungen oder Infektionen. Zusätzlich zu den Missempfindungen auf der Kopfhaut fallen in diesem Areal die Haare aus.

Sowohl der anlagebedingte Haarausfall (androgenetische Alopezie) als auch der diffuse Haarausfall kann von einer Trichodynie begleitet sein. Typisch sind vorausgegangene Stresssituationen, psychische Belastungen oder psychische Vorerkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen. Von alleine verschwinden die Missempfindungen auf der Kopfhaut nicht.

Sie verursachen im Gegenteil weitere psychische Belastungen, wodurch sich die Beschwerden chronifizieren. Auch viele Kopfschmerzpatienten bilden oft eine Trichodynie aus. Bestimmte Formen des Kopfschmerzes werden ebenfalls durch Muskelverspannungen hervorgerufen.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Eine Trichodynie kann leicht anhand der Symptome diagnostiziert werden. Über eine ausgiebige Anamnese sollte die Ursache der Muskelverspannungen festgestellt werden. Dabei gilt es zu ergründen, welche konkreten Belastungssituationen oder psychische Vorerkrankungen vorliegen. Für die Behandlung ist auch wichtig zu wissen, ob die zugrunde liegende Haarerkrankung anlagebedingt oder diffus ist.

Komplikationen

Aufgrund der Trichodynie kommt es beim Patienten zu Beschwerden an der Kopfhaut. In der Regel leiden die Betroffenen dabei an einem sehr unangenehmen Kribbeln oder an einem Juckreiz, welcher direkt an der Kopfhaut auftritt. Die Kopfhaut selbst ist dabei von Infekten oder Entzündungen bedeckt und kann auch schmerzen.

Die Haare können ausfallen, sodass die meisten Betroffenen auch an ästhetischen Beschwerden leiden. Häufig kommt es dadurch auch zu Minderwertigkeitskomplexen oder zu einem deutlich verringerten Selbstwertgefühl. Auch psychische Beschwerden oder Depressionen treten durch die Trichodynie auf. Weiterhin kommt es auf der Kopfhaut zu Missempfindungen. Die Lebensqualität des Patienten wird durch die Krankheit deutlich eingeschränkt.

In der Regel kann die Trichodynie relativ gut mit Hilfe von Medikamenten behandelt werden. Es kommt dabei nicht zu Komplikationen oder zu anderen Beschwerden. Ebenso kann auch der Haarausfall durch die Medikamente gestoppt werden. Es kann allerdings nicht vorhergesagt werden, ob eine vollständige Heilung der Erkrankung erreicht wird. In vielen Fällen sind die Patienten damit auf eine langfristige Einnahme der Medikamente angewiesen. Allerdings führt die Trichodynie nicht zu einer verringerten Lebenserwartung des Patienten.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Da es bei der Trichodynie nicht zu einer Selbstheilung kommen kann, ist der Betroffene auf jeden Fall auf eine medizinische Untersuchung und Behandlung angewiesen. Nur so können weitere Komplikationen oder Beschwerden eingeschränkt oder verhindert werden, sodass eine Behandlung durch einen Arzt unabdingbar ist. Je früher bei der Trichodynie ein Arzt aufgesucht wird, desto besser ist in der Regel auch der weitere Verlauf der Krankheit. Ein Arzt ist bei der Trichodynie dann aufzusuchen, wenn der Betroffene an starken Missempfindungen auf der Kopfhaut leidet. Dabei kann es zu einem starken Jucken oder zu einem Haarausfall kommen.

Die Beschwerden verschwinden nicht von alleine und halten in der Regel länger an. Auch Kopfschmerzen können durch diese Krankheit hervorgerufen werden. Bei der Trichodynie kann ein Hautarzt oder ein Allgemeinarzt aufgesucht werden. Nicht selten ist dabei auch die Behandlung durch einen Psychologen notwendig, da es durch diese Krankheit auch zu Depressionen oder zu anderen psychischen Verstimmungen kommen kann.

Behandlung & Therapie

Grundlage der Behandlung ist die Lösung der Verspannungen in der Schädelmuskulatur, um die Kopfhaut und die Haarwurzeln wieder ausreichend mit Nährstoffen und Sauerstoff zu versorgen. Wenn dies erreicht wird, können die Missempfindungen und Schmerzen sowie der Haarausfall teilweise wieder rückgängig gemacht werden. Das Kribbeln, Jucken oder die Schmerzen der Kopfhaut können für mehrere Monate zurückgedrängt werden.

In vielen Fällen ist auch ein erneutes Haarwachstum wieder möglich. Bei der sogenannten AC-Therapie werden muskelentspannende Medikamente verabreicht. Bereits nach zwei bis drei Tagen lösen sich die Spannungen. Im Rahmen dieser Therapie wird fast immer eine Linderung oder gar das völlige Verschwinden der Symptome der Trichodynie erreicht.

Der Behandlungserfolg kann zwischen vier und sieben Monate anhalten. Da die Wirkung von muskelentspannenden Medikamenten jedoch reversibel ist, beginnen nach dieser Zeit die Symptome erneut. Dann muss die Therapie wiederholt werden.


Vorbeugung

Zur Vorbeugung vor einer Trichodynie wird hauptsächlich die Vermeidung von Stress empfohlen. Bei anstrengenden Arbeiten am Computer oder bei Tätigkeiten, die viel Konzentration erfordern, sollten zur Entspannung unbedingt Pausen eingelegt werden.

Nachsorge

Die Nachsorge der Trichodynie orientiert sich wie die Behandlung an der ursächlichen Haarerkrankung. Gegebenenfalls müssen auch psychische Störungen in die Therapie und Nachsorge einbezogen werden. Im Allgemeinen wird im Rahmen der Nachsorge die Entzündung kontrolliert, die dem Patienten zuvor Beschwerden bereitet hat. Ist sie weitgehend abgeklungen, kann der Arzt noch ein leichtes Schmerzmittel oder einen Entzündungshemmer verordnen und den Patienten im Anschluss entlassen.

Liegen der Trichodynie psychische Probleme wie Depressionen oder Angststörungen zugrunde, muss gemeinsam mit einem Therapeuten die Ursache ermittelt werden. Die Nachsorge einer psychischen Erkrankung ist langwierig und zieht sich meist über Monate oder Jahre. Je nach der zugrundeliegende Haarerkrankung können eine oder mehre Nachsorge-Untersuchungen notwendig sein. Nach einer akuten Entzündung genügt in der Regel eine Untersuchung, um den Gesundheitszustand des Patienten zu bewerten.

Der Hautarzt kontrolliert die Kopfhaut und insbesondere die entzündeten Stellen. Gegebenenfalls wird eine Gewebeprobe genommen, die anschließend im Labor untersucht wird, um typische Ursachen wie etwa eine Überproduktion der Substanz P zu ermitteln. Bei Bedarf kann der Patient anschließend an einen Therapeuten verwiesen werden, etwa bei psychischen Beschwerden aufgrund des Haarausfalls oder der Hautveränderungen. Die Nachsorge der Trichodynie übernimmt der Hausarzt oder ein Dermatologe.

Das können Sie selbst tun

Grundsätzlich empfiehlt es sich, bei einer Trichodynie einen Arzt aufzusuchen. Das gilt besonders für Patienten, die immer wieder unter den typischen Beschwerden leiden. Akut können Betroffene etwa die Haare entlasten, indem sie auf eine Kopfbedeckung verzichten oder Zöpfe lösen. Einige Patienten haben gute Erfahrungen mit Ölen gemacht, die sie in die Kopfhaut einreiben. Geeignet sind etwa Mandel- oder Olivenöl.

Einig ist sich die Wissenschaft darin, dass die Trichodynie meist durch psychische Gesichtspunkte ausgelöst wird. Diese resultieren aus beruflichen oder privaten Belastungen. Es ist daher ratsam Auszeiten einzuplanen und Stress auszuweichen. Patienten, die dauerhaft an der Trichodynie leiden, sollten alternative Heilmethoden in ihren Alltag integrieren. Geeignet dafür ist etwa das autogene Training, bei dem sich eine tiefe innere Ruhe und Konzentration einstellt. Auch eine Akupunktur beim Heilpraktiker hat in einigen Fällen eine Linderung bewirkt. Andere Erkrankte setzen auf eine Kopfmassage.

Die Trichodynie ist bisher noch vergleichsweise wenig erforscht. Da sich meist keine Veränderungen an der Kopfhaut feststellen lassen, müssen Patienten ein wenig experimentieren, um erfolgsversprechende Maßnahmen ausfindig zu machen. Auch Ärzte halten keine Patentlösungen bereit.

Quellen

  • Dirschka, T., Hartwig, R.: Klinikleitfaden Dermatologie. Urban & Fischer, München 2011
  • Moll, I.: Dermatologie. Thieme, Stuttgart 2010
  • Sterry, W., Worm, M., Burgdorf, W.: Checkliste Dermatologie. Thieme, Stuttgart 2014

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