Truncus arteriosus communis

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 10. April 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Krankheiten Truncus arteriosus communis

Als Truncus arteriosis communis wird ein sehr selten auftretender Herzfehler bei Neugeborenen bezeichnet, der durch eine unvollständige Trennung des arteriellen Lungenstamms vom arteriellen Stamm des Körperkreislaufs verursacht wird. In einem gemeinsamen Stamm entspringen Aorta und die Lungenschlagader, so dass es zu einer Vermischung des sauerstoffarmen arteriellen Blutes des Lungenkreislaufs mit dem sauerstoffreichen arteriellen Blut des Körperkreislaufs kommt. Fast immer ist der TAC mit einem Scheidewanddefekt direkt unterhalb des gemeinsamen Arterienstamms vergesellschaftet und bedarf baldiger postnataler operativer Versorgung.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Truncus arteriosis communis?

Falls die Diagnose nicht bereits pränatal erfolgte, liefert die routinemäßige Auskultation der Herzgeräusche erste Hinweise auf Vorliegen einer Anomalie in der Herzanlage.
© SciePro – stock.adobe.com

Das Hauptmerkmal des als Truncus arteriosus communis (TAC) bezeichneten, sehr seltenen Herzfehlers ist der gemeinsame Ursprung der Körperschlagader (Aorta) und der Lungenschlagader (Arteria pulmonalis) aus beiden Herzkammern. Gleichzeitig besteht immer ein Scheidewanddefekt zwischen linker und rechter Kammer (Ventrikelseptumdefekt, VSD), der sich direkt unterhalb der Einmündung des TAC befindet.

De facto vermischt sich das sauerstoffarme arterielle Blut des Lungenkreislaufs mit dem sauerstoffreichen arteriellen Blut des Körperkreislaufs. Je nach Abgang der Arteria pulmonalis aus dem gemeinsamen Stamm mit der Aorta wird zwischen Typ I bis IV eines TAC unterschieden.

Gemeinsam ist allen vier Kategorien, dass nur eine gemeinsame Herzklappe existiert, die zur Truncusklappe umgebaute Aortenklappe. Sie weist allerdings meist Stenosen auf oder ist in ihrer Größe nicht den Verhältnissen angepasst ist, so dass von vornherein eine eingeschränkte Funktionstüchtigkeit besteht.

Ursachen

Während des Embryonal- und Fötalstadiums bis zur Geburt wird der Lungenkreislauf oder kleiner Körperkreislauf über die Einmündung des Ductus arteriosus in die Aorta, die Hauptkörperschlagader kurzgeschlossen. Während und nach der Geburt schließt sich der Ductus arteriosus, so dass die beiden Blutkreisläufe getrennt werden. Die Versorgung mit Sauerstoff und Nährstoffen erfolgen pränatal über den Blutkreislauf der Mutter.

Die Anlage zur möglichen späteren Trennung des großen Kreislaufs vom pulmonalen Kreislauf erfolgt bereits zwischen dem 32sten und 36sten Schwangerschaftstag. Der ursprünglich in der noch früheren Entwicklungsphase einzige und gemeinsame Arterienstamm, der Truncus arteriosus, teilt sich in Aorta und Truncus pulmonalis auf. Zwischen den beiden Arterienstämmen bildet sich das Septum aus, die Trennwand zwischen rechtem und linkem Ventrikel.

In seltenen Fällen bleibt die Trennung der beiden Arterienstämme aus und ebenso reicht das Septum nicht bis zur Mündung der beiden Arterienstämme, so dass die Trennung zwischen den beiden Blutkreisläufen postnatal – auch nach ordnungsgemäßer Schließung des Ductus arteriosus – nicht erfolgen kann.

Bei etwa 40 Prozent der Neugeborenen, die von TAC betroffen sind, zeigen am langen Arm des Chromosomen 22 am Locus 22q11.2 einen Gendefekt, der in ursächlichem Zusammenhang mit der TAC gebracht wird. Für die restlichen Betroffenen sind die Gründe, die zu der Fehlanlage im Herzen führen, noch nicht hinreichend geklärt.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Symptome und Beschwerden, die durch eine TAC ausgelöst werden, zeigen sich erst postnatal, weil die beiden Blutkreisläufe pränatal auch beim gesunden Fötus kurzgeschlossen sind. In einigen Fällen wird die Fehlbildung des Herzens bereits pränatal bei Ultraschalluntersuchungen auffällig, so dass weitere gezielte Untersuchungen Klarheit über Ausmaß und Kategorie des TAC schaffen.

Bei den übrigen betroffenen Neugeborenen stellen sich bald nach der Geburt eine Reihe unspezifischer Symptome ein, die denen einer Sauerstoffunterversorgung mit anderer Verursachung gleichen. Die Neugeborenen zeigen zunehmende Tendenz zur Blauverfärbung (Zyanose), und in der Regel ist eine pulmonale Hypertonie zu beobachten.

Die Neugeborenen leiden meist unter Trinkschwäche, und ihre Atemfrequenz ist deutlich erhöht. Unbehandelt stellt sich bald eine Herzinsuffizienz ein. Es kann auch zur raschen Ausbildung einer Hepatomegalie, einer vergrößerten Leber, kommen. Die gesamte Entwicklung des Neugeborenen ist gestört.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Falls die Diagnose nicht bereits pränatal erfolgte, liefert die routinemäßige Auskultation der Herzgeräusche erste Hinweise auf Vorliegen einer Anomalie in der Herzanlage. Eine gezielte Echokardiografie kann Klarheit darüber schaffen, ob beispielsweise ein Septumdefekt vorliegt und ob nur ein einzelner gemeinsamer arterieller Ausgang aus dem Herzen – meist direkt oberhalb des Septumdefekts – besteht.

Weitergehende diagnostische Maßnahmen bestehen neben der Magnetresonanztomografie (MRT) in der Angiokardiografie, einer röntgenologischen Untersuchung herznaher Gefäße und des Herzens selbst im Rahmen einer Herzkatheteruntersuchung. Auch das EKG liefert Hinweise auf bestimmte Anomalien. Der Verlauf der TAC ist schwerwiegend.

Komplikationen

In der Regel treten die Beschwerden bei Truncus arteriosus communis sofort nach der Geburt der Kinder ein. Es kommt dabei in erster Linie zu einer starken Unterversorgung mit Sauerstoff, sodass die Kinder ohne Behandlung versterben. Es kommt dabei zu einer Blaufärbung der Haut und weiterhin auch zur Beschädigung des Gehirns und der inneren Organe.

Die Kinder sind dabei auf eine schnelle Behandlung angewiesen. Ebenso leiden die Kinder an einer starken Trinkschwäche, sodass es zu einer Dehydration und ebenso zu starken Mangelerscheinungen kommt. Weiterhin führt Truncus arteriosus communis unbehandelt zu einer Niereninsuffizienz. Auch die Leber ist bei der Krankheit deutlich vergrößert und kann dabei zu Schmerzen führen.

Die kindliche Entwicklung wird durch die Krankheit deutlich eingeschränkt. Ebenso kann es zu einer Herzinsuffizienz kommen. Auch die Eltern und die Angehörigen leiden bei Truncus arteriosus communis häufig an psychischen Beschwerden oder an starken Depressionen.

Die Behandlung von Truncus arteriosus communis erfolgt durch verschiedene operative Eingriffe. Ob es dabei zu Komplikationen kommt, kann nicht universell vorhergesagt werden. Die Lebenserwartung der Kinder ist durch die Erkrankung allerdings deutlich reduziert.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Bei Truncus arteriosus communis ist der Patient auf eine medizinische Untersuchung und Behandlung angewiesen. Nur so können weitere Komplikationen oder eine weitere Verschlechterung der Symptome verhindert werden. Sollte die Krankheit nicht behandelt werden, kann es im schlimmsten Fall zum Tod des Betroffenen kommen. Daher muss bei Truncus arteriosus communis in jedem Falle eine frühzeitige Diagnose mit einer anschließenden Behandlung erfolgen. Ein Arzt ist bei dieser Krankheit dann aufzusuchen, wenn die Untersuchung mit dem Ultraschall zeigt, dass die Arterien zum Fötus geschlossen sind.

Meistens wird dies durch den Frauenarzt oder in einem Krankenhaus direkt erkannt. In vielen Fällen weist das Kind auch eine Trinkschwäche auf oder leidet an starken Herzbeschwerden. Treten diese Symptome auf, so muss auf jeden Fall ein Arzt kontaktiert werden. Dabei kann auch eine verzögerte Entwicklung des Kindes auf Truncus arteriosus communis hindeuten und sollte ebenso durch einen Mediziner kontrolliert werden. Bei dieser Krankheit kann ein Allgemeinarzt oder ein Kinderarzt aufgesucht werden. Die weitere Behandlung erfolgt dann durch einen Spezialisten. Eine Voraussage über den weiteren Verlauf ist nicht allgemein möglich.

Behandlung & Therapie

Der Truncus arteriosis communis beinhaltet eine schwerwiegende Fehlanlage im Herzen, die auf einer Fehlentwicklung bereits während des Embryonalstadiums zurückgeht. Eine medikamentöse Behandlung kann keinen nachhaltigen Erfolg bringen, so dass ausschließlich eine „mechanische“ Korrektur der Fehlanlage in einer Operation am offenen Herzen als Mittel der Wahl übrigbleibt.

Die Operation wird baldmöglichst im frühen Säuglingsalter durchgeführt. Aufgrund der individuell unterschiedlich ausgeprägten Fehlanlagen sind auch die während der Operation am „stillgelegten“ Herzen durchgeführten Korrekturmaßnahmen sehr individuell. Das Hauptziel der Operation besteht darin, eine wirksame Trennung zwischen dem pulmonalen und dem großen Körperkreislauf zu erreichen.

Dazu ist es notwendig, zunächst den Ventrikelseptumdefekt zu beheben. Das fehlende Stück Septum oder das Loch innerhalb der Scheidewand werden mit einem speziellen Kunststoffflicken (Patch) verschlossen. Zusätzlich werden die beiden Pulmonalarterien mit einer Gefäßprothese verbunden, die aus tierischem Material oder von einem menschlichen Spender stammen kann.

Das andere Ende der Gefäßprothese wird mit der rechten Kammer verbunden. Hierdurch wird erreicht, dass die beiden Kreisläufe voneinander getrennt werden und der Blutkreislauf mit dem eines gesunden Menschen vergleichbar ist.


Vorbeugung

Direkte vorbeugende Maßnahmen zur Verhinderung eines TAC sind nicht bekannt. Da die Grundlage für die Fehlbildung bereits während des Embryonalstadiums zwischen dem 32sten und 36sten Schwangerschaftstag erfolgt, erscheint es sinnvoll, dass sich Frauen während der frühen Phase der Schwangerschaft bewusst von möglicherweise toxischen Substanzen wie Umweltgiften, Alkohol und Nikotin fernhalten, um die Gefahr von dadurch ausgelösten Fehlbildungen zu minimieren.

Nachsorge

Weil die Sterblichkeitsrate der an dem Truncus arteriosus communis erkrankten Säuglinge im ersten halben Jahr sehr hoch ausfällt, muss eine Operation durchgeführt werden, die wiederum einer konsequenten Nachsorge bedarf. So sollten in regelmäßigen Abständen Nachkontrollen stattfinden, weil auch nach dem chirurgischen Eingriff Probleme wie eine Klappenschwäche sowie das Risiko von Kurzschlussverbindungen, die nicht mitwachsen, bestehen. In manchen Fällen sind auch zusätzliche operative Behandlungen nötig.

Die Sterblichkeitsrate nach einer Operation des Truncus arteriosus communis beträgt etwa zehn Prozent. Bei ungefähr 80 Prozent der operierten Babys besteht eine Überlebensrate von zehn Jahren. Zu den unverzichtbaren Nachsorgemaßnahmen zählen kardiologische Verlaufskontrollen. Sie müssen das ganze Leben lang stattfinden. Im Rahmen dieser Untersuchungen achten die Ärzte insbesondere auf mögliche Verkalkungen, Verengungen (Stenosen) und Insuffizienzen.

Auch eine pulmonale Hypertonie sowie ventrikuläre Rhythmusstörungen sind von Interesse. Manchmal kommt es im weiteren Verlauf zu einer behandlungsbedürftigen Zunahme der Truncusklappeninsuffizienz. Das gesamte Leben lang ist zudem eine Prophylaxe der Endokarditis (Entzündung der Herzinnenhaut) notwendig. Um die Funktionen der Conduits (künstliche Röhrchen) zu überprüfen, werden Echokontrollen sowie regelmäßige Magnetresonanztomographien durchgeführt.

Weiterhin werden die Truncusklappe, die Aorta (Hauptschlagader) sowie der Aortenbogen überprüft. Häufig müssen die Conduits nach einigen Jahren ausgetauscht werden. Bei mehr als 50 Prozent aller Patienten findet der Austausch nach fünf Jahren statt.

Das können Sie selbst tun

Die Truncus arteriosus communis ist eine seltene Erkrankung, die in erster Linie operativ und medikamentös behandelt werden muss. Die regelmäßige Einnahme der verordneten Arzneimittel ist eine wichtige Selbsthilfe-Maßnahme, die von den Patienten streng eingehalten werden muss.

Daneben sind lebenslange Kontrolluntersuchungen durch den Arzt notwendig. Die Eltern und später der Patient selbst müssen sicherstellen, dass die Termine eingehalten werden. Außerdem ist eine umfassende Endokarditisprophylaxe notwendig. Neben der Einnahme von Antibiotika gelingt die Vorbeugung einer Entzündung durch einen schonenden Lebensstil. Infektionen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen müssen unbedingt vermieden werden. Andernfalls kann eine lebensbedrohliche Endokarditis auftreten. Sollte es dennoch einmal zu einer fieberhaften Erkrankung kommen, muss der Arzt konsultiert werden. Fortan ist die Einnahme eines starken Antibiotikums vonnöten, um die Entzündung schnellstmöglich auszukurieren.

Meist findet die Behandlung in einer Fachklinik statt. Der zuständige Kardiologe wird geeignete Selbsthilfe-Maßnahmen vorschlagen, durch die sich die Therapie der Truncus arteriosus communis begleiten lässt. Die unterstützenden Maßnahmen orientieren sich am Krankheitsverlauf und der gewählten Therapie. Sie sollten eng mit dem Arzt besprochen werden, damit bei Zwischenfällen schnell reagiert werden kann.

Quellen

  • Erdmann, E.: Klinische Kardiologie. Springer, Heidelberg 2011
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Roskamm, H., et al.: Herzkrankheiten. Springer, Heidelberg 2004

Das könnte Sie auch interessieren