Ventrikelseptumdefekt

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Der Ventrikelseptumdefekt (VSD) bezeichnet ein Loch in der Scheidewand des Herzens. Rund ein Drittel aller angeborenen Herzfehler sind Ventrikelseptumdefekte. Damit ist der VSD der häufigste angeborene Herzfehler.

Inhaltsverzeichnis

Was ist ein Ventrikelseptumdefekt?

Die Ursachen des Ventrikelseptumdefekts sind nicht bekannt. Es besteht ein Defekt in der Herzscheidewand (Ventrikelseptum).
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Beim Ventrikelseptumdefekt handelt es sich um eine kongenitale (angeborene) Herzfehlbildung. Der VSD gehört somit zu den Herzfehlern. Die Herzscheidewand zwischen den beiden Herzkammern hat ein Loch, sodass rechte und linke Herzkammer miteinander verbunden sind. Die Symptomatik ist abhängig von der Größe des Defekts. Kleinere Defekte verschließen sich oft innerhalb der ersten zwei Lebensjahre von alleine. Bei größeren Defekten kann eine Operation erforderlich sein.

Ursachen

Die Ursachen des Ventrikelseptumdefekts sind nicht bekannt. Es besteht ein Defekt in der Herzscheidewand (Ventrikelseptum). Der Defekt kann sich an unterschiedlichen Stellen befinden. Am häufigsten findet er sich direkt unterhalb der Aortenklappe. Seltener liegen muskuläre oder perimembranöse Defekte vor. Das Blut aus dem linken Herzen wird in den Körperkreislauf gepumpt, das Blut aus dem rechten Herzen gelangt in die Lunge.

Da im Lungenkreislauf ein wesentlich niedrigerer Blutdruck herrscht als in den übrigen Körpergefäßen, muss das linke Herz mit einem größeren Druck pumpen. Somit herrscht auch in der linken Herzkammer ein größerer Druck als in der rechten Herzkammer. Über den Ventrikelseptumdefekt gelangt so sauerstoffreiches Blut von der linken in die rechte Kammer. Es liegt ein sogenannter Links-Rechts-Shunt vor. Deshalb gehört der VSD auch zu den Shuntvitien.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Die Folgen dieses Shunts sind abhängig von der Größe des VSD. Bei einem kleinen Defekt zeigen sich kaum Symptome. Viele dieser Defekte werden nur zufällig entdeckt. Bei mittelgroßen und großen Ventrikelseptumdefekten fließt jedoch ein Großteil des arteriellen Blutes zurück in das rechte Herz. Dieses pumpt das Blut dann erneut in die Lunge.

Durch die zusätzlichen Blutmengen erhöht sich der Blutdruck in den Gefäßen der Lunge. Es entsteht eine pulmonale Hypertonie. Das rechte Herz muss gegen diesen erhöhten Blutdruck anpumpen und vergrößert sich deswegen. Diese Vergrößerung wird als Rechtsherzhypertrophie bezeichnet. Die Gefäße der Lunge sind dem großen Druck nicht gewachsen, sodass sie mit der Zeit verhärten. Diese Verhärtungen verschlimmern die Situation allerdings nur noch.

Der Blutdruck in der Lunge steigt weiter an und das rechte Herz vergrößert sich. Irgendwann pumpt das rechte Herz so kräftig, dass es zu einer Shuntumkehr kommt. Von nun an fließt das Blut durch den Ventrikelseptumdefekt nicht mehr von der linken zur rechten Herzkammer, sondern von der rechten zur linken Herzkammer. Das Blut aus der rechten Herzkammer stammt aus dem Körperkreislauf und ist sauerstoffarm.

Der Körper wird also mit sauerstoffarmem Blut versorgt. Die Haut der Patienten bekommt dadurch eine leichte Blaufärbung. Durch den Blutstau in der Lunge kann es zudem zu einem Lungenödem kommen. Bei einem Lungenödem sammelt sich Flüssigkeit in den Lungenbläschen. Die Folgen sind Atemnot und Husten. Kinder mit einem VSD zeigen oft eine vermehrte Atmung. Sie trinken nicht gut und wachsen nur spärlich. Kinder mit einem VSD sind häufig sehr schlank.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Bei der Auskultation des Herzens kann ein Pressstrahl-Geräusch über dem dritten bis vierten Intercostalraum wahrgenommen werden. Mit zunehmender Größe des Ventrikelseptumdefekts wird dieses Geräusch aber immer leiser. Bei einem großen Defekt kann infolge der Blutdruckerhöhung im Lungenkreislauf ein diastolisches Flowgeräusch auftreten. Der zweite Herzton ist dann gespalten. Das EKG ist bei kleinen Defekten meist unauffällig.

Bei einem größeren Ventrikelseptumdefekt werden Zeichen der Linksherz- oder der Rechtsherzhypertrophie sichtbar. Röntgenaufnahmen des Brustkorbs sind bei kleinen Defekten ohne Befund. Sonst zeigen sich Zeichen eines Lungenödems. Die Diagnosesicherung erfolgt mithilfe der Echokardiographie. Bei älteren Patienten wird zudem eine Herzkatheteruntersuchung durchgeführt, um die Widerstandsverhältnisse innerhalb der Lunge zu klären.

Komplikationen

Da es sich beim Ventrikelseptumdefekt um einen Herzfehler handelt, wirkt sich dieser in erster Linie sehr negativ auf die Lebenserwartung des Betroffenen aus und kann diese verringern. In der Regel tritt dieser Fall allerdings erst dann auf, wenn die Erkrankung nicht behandelt wird. Die Betroffenen leiden dabei in erster Linie an einem sehr hohen Blutdruck, sodass es zu einem Herzinfarkt kommen kann.

Auch dauerhafte Müdigkeit oder Abgeschlagenheit können dabei auftreten und sich sehr negativ auf die Lebensqualität des Betroffenen auswirken. Es kommt beim Ventrikelseptumdefekt nicht zu einer Selbstheilung und die Beschwerden verschlimmern sich mit der Zeit. Da der Körper keine gewöhnliche Sauerstoffzufuhr erhält, können die Betroffenen auch keine Sportarten oder keine anstrengenden Tätigkeiten ausführen.

Vor allem bei Kindern kann dies zu einer verzögerten oder sehr eingeschränkten Entwicklung führen. Viele Patienten leiden ebenso an einer starken Atemnot oder an Husten. Die Behandlung dieser Erkrankung erfolgt mit Hilfe von Medikamenten und durch einen operativen Eingriff. In den meisten Fällen können die Beschwerden dadurch gelindert werden. Die Betroffenen sind in ihrem Leben allerdings auf regelmäßige Untersuchungen beim Arzt angewiesen, damit es nicht zu weiteren Komplikationen kommt.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Bei einem Ventrikelseptumdefekt ist der Patient auf eine Behandlung durch einen Arzt angewiesen. Da es sich dabei um eine ernsthafte Beschwerde des Herzens handelt, sollte auch schon bei den ersten Symptomen und Anzeichen der Krankheit ein Arzt aufgesucht werden, damit es nicht zu weiteren Komplikationen oder im schlimmsten Fall zum Tod des Betroffenen kommt. In der Regel sollte beim Ventrikelseptumdefekt dann ein Arzt aufgesucht werden, wenn das Herz schon bei geringen Anstrengungen sehr stark schlägt. Bei hohen Anstrengungen oder bei sportlichen Aktivitäten bemerken die Betroffenen selbst meist den hohen Puls und damit auch den hohen Herzschlag.

Viele Patienten leiden auch an einer Atemnot oder an einem starken Husten. Sollten diese Symptome über einen längeren Zeitraum auftreten und nicht wieder von alleine verschwinden, so ist auf jeden Fall eine Untersuchung und eine Behandlung durch einen Arzt notwendig. Die Krankheit kann von einem Kardiologen untersucht und behandelt werden. Da es sich dabei um eine erblich bedingte Krankheit handelt, sollte im Falle eines Kinderwunsches eine genetische Beratung durchgeführt werden, um das erneute Auftreten der Krankheit zu verhindern. Ob es dadurch zu einer verringerten Lebenserwartung kommt, kann nicht universell vorhergesagt werden.

Behandlung & Therapie

Bei einem Drittel aller Säuglinge mit einem VSD verschließt sich der Defekt innerhalb der ersten zwei Lebensjahre von ganz allein. Bei 20 Prozent aller Säuglinge verkleinert er sich zumindest. Größere Defekte verlaufen bei einem Zehntel der betroffenen Kinder innerhalb des ersten Lebensjahres tödlich. Die Kinder versterben durch wiederkehrende Infekte der Bronchien und der Lunge oder durch eine akute Insuffizienz des linken Herzens.

Da Patienten mit größeren Ventrikelseptumdefekten häufig unter Gedeihstörungen leiden, müssen sie häufig schon im Säuglingsalter operiert werden. Ansonsten wird eigentlich erst abgewartet, ob der Defekt sich nicht von selbst verschließt. Der VSD kann in drei verschiedenen Verfahren operiert werden:

  • Bei der transatrialen Methode erfolgt der Zugang durch den rechten Vorhof des Herzens.
  • Der transventrikuläre Zugriff erfolgt durch die rechte Herzkammer
  • und bei der transarteriellen Methode wird der Zugangsweg durch die Lungenarterie oder die Hauptschlagader (Aorta) gewählt.

Der Defekt wird dann entweder mit einer Naht oder mit einem Flicken verschlossen. Normalerweise wird eine Naht vermieden, da es durch die entstehende Narbe später zu Herzrhythmusstörungen kommen kann. Während der Operation sind die Patienten an die Herz-Lungen-Maschine angeschlossen. Bei einem unkomplizierten Ventrikelseptumdefekt verstirbt ein Prozent der Kinder.

Die Sterblichkeit liegt bei Säuglingen mit einer Herzinsuffizienz deutlich höher. Zu Komplikationen kommt es in drei bis fünf Prozent der Fälle. Die schwerste Komplikation ist eine Überleitungsstörung. Dabei wird die elektrische Erregung, die für die Kontraktion des Herzmuskels verantwortlich ist, nicht vom Vorhof auf die Kammer übertragen.


Vorbeugung

Ein Ventrikelseptumdefekt kann nur schwer verhindert werden. Alkohol und Rauchen sind jedoch große Risikofaktoren für eine Fehlentwicklung des Ungeborenen und sollten deshalb zwingend gemieden werden.

Nachsorge

Wurde der Ventrikelseptumdefekt operativ verschlossen, ist eine Nachbehandlung erforderlich. Diese findet zunächst auf der Intensivstation des Krankenhauses statt. Dabei wird der Patient sorgfältig beobachtet. Weil sich an einem Bein ein Katheter befindet, darf dieses zunächst nicht eigenständig bewegt werden. Außerdem sind intensive körperliche Anstrengungen in der ersten Woche nach der Operation zu vermeiden.

Während des Aufenthaltes im Krankenhaus sowie vor der Entlassung des Patienten findet eine Lagekontrolle des Verschlusssystems statt, was zumeist im Rahmen einer transösophagealen Echokardiographie (TEE) erfolgt. Durch dieses Verfahren lässt sich feststellen, ob der angebrachte Occluder richtig sitzt und der Defekt auch korrekt verschlossen wurde.

Bei manchen Patienten besteht das Risiko, dass sich auf dem Occluder Blutgerinnsel bilden. Diese lassen sich mithilfe der TEE-Untersuchung erkennen. Liegt ein Gerinnsel vor, wird dieses in der Regel erfolgreich durch die Gabe von entsprechenden Medikamenten aufgelöst.

Damit sich kein weiteres Blutgerinnsel bildet, nimmt der Patient für drei bis sechs Monate Arzneimittel wie Clopidogrel und Aspirin zu sich. Nach drei bis sechs Monaten findet eine weitere Kontrolluntersuchung statt. Normalerweise müssen dann keine weiteren Arzneimittel zum Verhindern eines Blutgerinnsels mehr verabreicht werden.

Als weitere Medikamente erhält der Patient bei der Nachbehandlung des Ventrikelseptumdefekts Antibiotika. Sie haben die Aufgabe, Herz- und Gefäßentzündungen vorzubeugen. Kommt es zu möglichen Auffälligkeiten, ist umgehend ein Arzt davon in Kenntnis zu setzen.

Das können Sie selbst tun

Ein kleiner Ventrikelseptumdefekt kann sich spontan nach der Geburt verschließen. Die wichtigste Selbsthilfe-Maßnahme besteht für die Eltern darin, das Kind sorgfältig zu beobachten und eng mit einem Kardiologen zusammenzuarbeiten.

Größere Defekte müssen operativ verschlossen werden. Nach einem operativen Eingriff benötigt das Kind Bettruhe und Schonung. Die Eltern müssen Rücksprache mit dem Kinderarzt halten und dessen Vorgaben einhalten. Meist ist auch eine Anpassung der Ernährung des Kindes notwendig. Der Gewichtsverlust muss ausgeglichen werden, indem ballaststoffreiche Getränke verabreicht werden. Gegebenenfalls benötigt das Kind spezielle Ergänzungsmittel. Generell sollte das Kind mit ausreichend Flüssigkeit versorgt werden. Kinder mit einem Ventrikelseptumdefekt dürfen sich nicht anstrengen. Schonung ist besonders in den ersten Tagen und Wochen nach dem Eingriff am Herzen wichtig. In Rücksprache mit dem Arzt ist anschließend sanfte Bewegung erlaubt.

Welche Maßnahmen bei einem Ventrikelseptumdefekt zu ergreifen sind, hängt von der Größe des Defekts und der Behandlungsmethode ab. Der Kinderarzt nennt geeignete Maßnahmen und unterstützt die Eltern des Kindes während der Behandlung und Nachsorge. Die Endokarditisprophylaxe muss in der Regel für zwölf bis 16 Monate eingehalten werden.

Quellen

  • Erdmann, E.: Klinische Kardiologie. Springer, Heidelberg 2011
  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Roskamm, H., et al.: Herzkrankheiten. Springer, Heidelberg 2004

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