Unterbrochener Aortenbogen

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Bezeichnung unterbrochener Aortenbogen wird für eine extrem seltene, genetisch bedingte Herz- und Gefäßfehlbildung verwendet, die in ihren Auswirkungen mit einer Aortenisthmusstenose vergleichbar ist. Zwischen dem aufsteigenden und dem absteigenden Ast der Aorta im Bereich des Aortenbogens ist ein Teilstück der Aorta nicht ausgebildet oder fehlt gänzlich, so dass das arterielle Blut, das von der linken Kammer in die Aorta gepumpt wird, die Versorgungsgebiete der absteigenden Aorta und ihrer abzweigenden Arterien nicht erreichen kann.

Inhaltsverzeichnis

Was ist ein unterbrochener Aortenbogen?

Ein unterbrochener Aortenbogen tritt in der Regel nicht als isolierte Fehlbildung in Erscheinung, sondern wird häufig von einem Ventrikelseptumdefekt und einem persistierenden Ductus arteriosus Botalli begleitet.
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Als unterbrochener Aortenbogen wird eine sehr selten auftretende Herz- und Gefäßfehlbildung bezeichnet, bei der ein kurzes Gefäßstück im Bereich des Aortenbogens ungenügend ausgebildet ist oder auch gänzlich fehlt. Hierdurch kommt es zu einer Unterbrechung des arteriellen Blutstroms bereits in dem Bereich des Aortenbogens, in dem sich das fehlgebildete Teilstück der Aorta befindet.

Je nach exakter Lokalisation wird der unterbrochene Aortenbogen mit Typ A, B oder C bezeichnet, wobei der Typ B mit etwa 78 Prozent der Fälle, das weitaus häufigste Erscheinungsbild darstellt. Die Gefäßfehlbildung des Typs B liegt im Bereich des Ductus arteriosus Botalli zwischen dem Abzweig der linken Halsschlagader (Arteria carotis sinistra) und der linken Unterschlüsselbeinarterie (Arteria subclavia sinistra), so dass Anzeichen und Symptome mit denen einer Aortenisthmusstenose vergleichbar sind.

Die Teile des Körpers, vor allem auch Organe wie Leber, Nieren und der Verdauungstrakt, die normalerweise von den hinter der Fehlbildung abzweigenden Arterien versorgt werden, können auf normalem Wege kein arterielles Blut mehr erhalten. Meist wird der unterbrochene Aortenbogen von weiteren Herzfehlbildungen begleitet, die unter Umständen kurzfristig das Überleben sichern können.

Überlebenssichernde Herzfehler können zum Beispiel ein persistierender Ductus arteriosus oder ein Ventrikelseptumdefekt (VSD) sein. Der Ductus arteriosus stellt die Kurzschlussverbindung zwischen Aorta und den beiden Pulmonalarterien her, die vor der Geburt unbedingt vorhanden sein muss, weil der Lungenkreislauf noch funktionslos ist. Eine ähnlich wirksame, ein Überleben ermöglichende Fehlbildung ist ein Ventrikelseptumdefekt, mit dessen Hilfe es zu einer Durchmischung des Lungenkreislaufs mit dem Körperkreislauf kommt.

Ursachen

Die Ursachen eines unterbrochenen Aortenbogens liegen ausschließlich in bestimmten, mutierten Genen. Die Krankheit oder Gefäßanomalie ist daher immer angeboren. Es ist nicht bekannt, welche Faktoren die Mutationen auslösen, die letztlich zu der Fehlbildung innerhalb des Aortenbogens führen.

Es ist ausgeschlossen, dass Umwelteinflüsse oder toxische Substanzen während einer bestimmten Zeitspanne innerhalb der Schwangerschaft direkt die Anomalie am Aortenbogen bewirken. Allerdings ist nicht ausgeschlossen, dass bestimmte toxische Substanzen oder Strahlenbelastungen in der Keimbahn die Genmutationen verursachen.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Ein unterbrochener Aortenbogen tritt in der Regel nicht als isolierte Fehlbildung in Erscheinung, sondern wird häufig von einem Ventrikelseptumdefekt und einem persistierenden Ductus arteriosus Botalli begleitet. Für das Bestehen einer Überlebenschance der Neugeborenen ist mindestens einer der beiden vorgenannten Herzfehler notwendig.

Dies geht darauf zurück, dass der untere Teil des Körpers, einschließlich der Organe des Bauchraums, nur über den Kurzschluss zwischen dem Lungen- und dem großen Körperkreislauf mit Blut versorgt werden kann. Das Herz muss hierfür allerdings eine deutlich größere Arbeit verrichten und die Lungen werden mit Blut überlastet. Die Neugeborenen erschöpfen sich schnell und zeigen typische Symptome wie verstärkt auftretende Neugeborenengelbsucht und ein fahles Aussehen mit blass-grauer Haut.

In der Regel ist auch die Urinausscheidung gestört, und es können sich Symptome eines kardialen Schocks einstellen. Die Beschwerden und Symptome, die die Neugeborenen zeigen, ähneln auch denen einer Neugeboreneninfektion und bergen deshalb die Gefahr einer Fehldiagnose.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Die teilweise unspezifischen Krankheitssymptome des unterbrochenen Aortenbogens lassen Raum für Fehldiagnosen. Unabhängig von der Anfertigung einer Ultraschallkardiografie und einer Röntgenuntersuchung, deutet ein fehlender Puls in der Leistenschlagader auf eine Blockade des oberen Teils der Aorta hin. Es kann sich dabei auch um eine Aorten- oder eine Aortenisthmusstenose handeln, was ähnliche Sofortmaßnahmen erfordert.

Unbehandelt führt der unterbrochene Aortenbogen unter der Bedingung, dass kein VSD besteht und sich der Ductus arteriosus ordnungsgemäß wenige Tage nach der Geburt schließt, meist zum Tode. Falls ein VSD vorhanden ist oder der Kurzschluss der beiden Blutkreisläufe über den persistierenden Ductus arteriosus Botalli bestehen bleibt, ist ein Überleben sehr wahrscheinlich. Es können sich im weiteren Verlauf der Krankheit sogar Ersatzgefäße bilden, die zum Teil eine Überbrückungsfunktion für den fehlenden Teil des Aortenbogens übernehmen können.

Komplikationen

Tritt infolge eines gestörten Harnverhalts ein kardiogener Schock auf, kann dies zu Atemnot, Störungen der Herzfrequenz und schließlich zum Tod durch Herzversagen führen. Im Verlauf der Erkrankung leiden die Neugeborenen außerdem unter einer zunehmenden Erschöpfung, einhergehend mit äußerlichen Veränderungen. Eine Neugeborenengelbsucht kann irreversible Schäden an den Muskeln und im Gehirn verursachen.

Zudem trinken die Betroffenen schlecht, wodurch das Risiko für eine Dehydration besteht. Risiken gehen auch von einer möglichen Fehldiagnose aus. Da die Symptomen denen einer Neugeborenensepsis gleichen, müssen umfassende Untersuchungen angestellt werden, um den unterbrochenen Aortenbogen zu diagnostizieren – etwas, das aufgrund der Dringlichkeit der Behandlung nicht immer geschieht.

Ein operativer Eingriff bei Neugeborenen birgt einige Risiken. Es kann im Rahmen der Operation zu empfindlichen Verletzungen am Herzen und an der Aorta kommen. Selten treten nach einem Eingriff Infektionen auf oder die Wunde verheilt nicht richtig. Meist bleibt auch eine Narbe zurück, die für den Betroffenen im späteren Leben eine Belastung darstellen kann.

Weitere Risiken gehen von den eingesetzten Medikamenten aus. Bei kleinen Kindern besteht ein erhöhtes Risiko für Nebenwirkungen, wenn die Arzneimittelgabe nicht genau abgestimmt ist. Eine Überdosierung von Schmerzmitteln beispielsweise kann zu Gliederschmerzen und Bewusstseinsstörungen führen.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Bei der Störung handelt es sich um eine genetisch bedingte Erkrankung. Daher wird diese unmittelbar nach der Geburt mit ersten Unregelmäßigkeiten von anwesenden Personen wahrgenommen. Im Normalfall findet eine Geburt unter einer ärztlichen Betreuung oder der Hilfe von Hebammen und anderen Geburtshelfern statt. Diese übernehmen ganz automatisch die ersten Untersuchungen zur Abklärung des gesundheitlichen Zustandes des Kindes. Zeigen sich Unregelmäßigkeiten, Auffälligkeiten oder Besonderheiten der Gesundheit werden weitere Tests zur Abklärung der Ursache durchgeführt. Eltern sollten dabei für die behandelnden Ärzte oder Geburtshelfer jederzeit ansprechbar sein.

Zur Klärung von Rückfragen oder für die Erlaubnis zur Anwendung von bestimmten Testverfahren muss eine enge Kommunikation zwischen dem medizinischen Team und den Erziehungsberechtigten des Kindes vorhanden sein. Ist das Hautbild des Neugeborenen verändert, zeigt der Säugling ein ungewöhnliches Verhalten oder kommt es zu Problemen der Atemtätigkeit, besteht akuter Handlungsbedarf. Ein blasses Erscheinungsbild, Kraftlosigkeit oder Störungen der Ausscheidungen sind untersuchen zu lassen.

Findet die Geburt ohne die Anwesenheit von betreuenden Personen aus dem medizinischen Bereich statt, muss unmittelbar nach der Niederkunft ein Arzt konsultiert werden. Der gesundheitliche Zustand von Mutter und Kind ist zu überprüfen. Es empfiehlt sich, ein Rettungsdienst zu alarmieren oder schnellstmöglich das nächste Krankenhaus eigenverantwortlich aufzusuchen.

Behandlung & Therapie

Das oberste Ziel nach der Diagnostizierung eines unterbrochenen Aortenbogens besteht darin, den Ductus arteriosus Botalli an der Schließung zu hindern beziehungsweise ihn wieder zu öffnen. Das kann medikamentös durch Verabreichung von Prostaglandin E 1 erreicht werden. Der nächste Schritt besteht darin, eine genaue Diagnose der Beschaffenheit des Herzens, des Aortenbogens und des absteigende Teils der Aorta mittels bildgebender Verfahren anzufertigen.

Je nach festgestellten anatomischen Verhältnissen am Herzen und an der Aorta, kann entschieden werden, wann welche Eingriffe durchgeführt werden können. Es gilt zu entscheiden, das fehlende Verbindungsstück des Aortenbogens einschließlich der dort abzweigenden Arterien zu ersetzen und einen eventuell vorhandenen VSD mit einem „Flicken“ zu verschließen und dafür zu sorgen, dass sich auch der Ductus arteriosus schließt. Die einzelnen Operationsziele können je nach Verhältnissen in einer einzigen oder in zwei Operationen, also einzeitig oder zweizeitig erledigt werden.


Vorbeugung

Vorbeugende Maßnahmen, die das Risiko für das Auftreten eines unterbrochenen Aortenbogens verringern könnten, sind nicht bekannt. Falls andere Fälle in der Familie bekannt sind, ist aus Sicherheitsgründen die Entbindung in einer Kinderklinik mit angeschlossenem Herzzentrum empfehlenswert. Der Sachverhalt eines möglicherweise erhöhten Risikos, dass das Kind mit Herzfehlern geboren wird, sollte mit den verantwortlichen Ärzten besprochen werden, um erforderlichenfalls die richtigen therapeutischen Schritte einleiten zu können.

Nachsorge

Nach einer erfolgreich verlaufenen operativen Versorgung einer angeborenen Unterbrechung des Aortenbogens sind vor allem laufende Kontrollen indiziert. In der Regel müssen sich die Nachsorgeuntersuchungen auch auf das Herz erstrecken, da die Fehlentwicklung des Aortenbogens fast immer mit Fehlentwicklungen am Herzen des Neugeborenen verbunden ist. Die Nachsorgeuntersuchungen betreffen vor allem Blutdruck- und sonstige Kreislaufkontrollen, um sicherzustellen, dass der Aortenbogen weiterhin normal durchgängig ist.

Dazu gehören auch Ultraschalluntersuchungen des Aortenbogens. Ebenso wichtig ist die Nachsorgeuntersuchung des Herzens, um zu erkennen, ob seine Leistung für eine Aufrechterhaltung des Blutkreislaufs unter Ruhebedingungen, aber auch unter verschiedenen Belastungsstufen, ausreicht. Falls der operative Eingriff darin bestand, den unterbrochenen Aortenbogen durch eine Kunststoffprothese, einen sogenannten Patch, durchgängig zu machen, erstrecken sich die Nachsorgeuntersuchungen auch auf das künstliche Stück Aortenbogen.

Es wächst während der Wachstumsphase nicht mit und kann sich nicht automatisch an die veränderten Verhältnisse anpassen. Es besteht die Gefahr, dass es zu Komplikationen kommt. In diesem Fall muss das Teil durch einen größeren Patch ersetzt werden. In seltenen Fällen sind auch Jugendliche und Erwachsene von einem unterbrochenen Aortenbogen betroffen. Weil sich bei ihnen Umgehungskreisläufe gebildet haben, wurde die Fehlentwicklung nicht bemerkt. Prinzipiell werden auch bei ihnen regelmäßige Nachsorgeuntersuchungen empfohlen, um frühzeitig auf Veränderungen reagieren zu können.

Das können Sie selbst tun

Ein unterbrochener Aortenbogen muss operativ behandelt werden. Die Therapie kann durch Schonung, eine angepasste Ernährung und sportliche Aktivität unterstützt werden. Eine herzgesunde Ernährung setzt sich aus ungesättigten Fetten, Obst und Gemüse zusammen. Zu vermeiden sind gesättigte tierische Fette, wie sie vor alle in rotem Fleisch vorkommen. Zusätzlich müssen ausreichend Omega-3-Fettsäuren aufgenommen werden, die insbesondere in Lachs und Meeresfrüchten enthalten sind. Der Ernährungsplan wird von einem Ernährungsexperten oder dem zuständigen Arzt zusammengestellt und sollte strikt eingehalten werden.

Die sportliche Aktivität muss im Hinblick auf den Krankheitsverlauf gewählt werden. Grundsätzlich sollten bei einem Herzleiden keine anstrengenden Aktivitäten durchgeführt werden. Es bieten sich vor allem kurze Einheiten sowie einfache Wanderungen oder auch sanftes Aqua-Jogging an. Pulsgrenzen, die der Arzt ermittelt hat, dürfen hierbei nicht überschritten werden. Ein Physiotherapeut kann einen geeigneten Trainingsplan erstellen, der die ärztliche Therapie miteinbezieht.

Unmittelbar nach einer Operation ist Schonung wichtig. Nach einem erfolgreichen Eingriff können die Patienten bereits nach wenigen Tagen bis Wochen die Klinik verlassen. Patienten sollten sich weiterhin krankschreiben lassen, bis die frühere Leistungsfähigkeit wiederhergestellt ist.

Quellen

  • Erdmann, E.: Klinische Kardiologie. Springer, Heidelberg 2011
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Roskamm, H., et al.: Herzkrankheiten. Springer, Heidelberg 2004

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