Verletzungsphase
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. November 2021Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Die Verletzungsphase ist die erste und kürzeste Phase der sekundären Frakturheilung. Sie überschneidet sich mit der zweiten Phase, der Entzündungsphase. Während der Verletzungsphase können Knochenbruchstücke im Extremfall innere Organe verletzen.
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Was ist die Verletzungsphase?
Ein Knochenbruch kann primär und direkt oder sekundär und damit indirekt ausfallen. Bei einer primären Fraktur stehen die Bruchstücke miteinander in Kontakt oder liegen zumindest nicht viel weiter als einen Millimeter entfernt voneinander. Bei einem sekundären Bruch besteht dagegen ein Spalt, der bei der Frakturheilung zusammenwachsen muss.
Während der sekundären Frakturheilung überbrücken Zellen wie die Osteoblasten die Spalte durch einen sogenannten Kallus aus Mesenchymzellen, der in den Spätphasen der Frakturheilung mit Calcium mineralisiert und so stabilisiert wird.
Die Heilung von indirekten Frakturen wird als sekundäre Frakturheilung bezeichnet. Sie besteht aus fünf verschiedenen Phasen. Die Verletzungsphase ist die erste Phase des Heilungsprozesses. Die folgenden Phasen sind die Entzündungsphase, die Granulationsphase, die Phase der Kallushärtung und die Umbauphase, die aus Modelling und Remodelling des Knochens besteht.
Funktion & Aufgabe
Bei primären Frakturen ist der Periost nicht zerstört und die Bruchstücke können durch kapilarreiches Bindegewebe verbunden werden. Bei der sekundären Frakturheilung komplexer. Die Regeneration findet in fünf Phasen statt, die eine Kallusbildung zur Überbrückung der Spalte einleiten.
Die erste Phase der sekundären Frakturheilung ist die Verletzungsphase. Frakturen entstehen durch eine direkte oder indirekte Gewalteinwirkung, die die Elastizität oder die Festigkeit des Knochens überbeansprucht. Der Knochen wird vollständig durchtrennt, da er den einwirkenden Kräften nicht länger standhalten kann. Zwei oder mehrere Bruchstücke bilden sich und der Knochen verliert seine stabilisierende Funktion.
Die Verletzungsphase oder Phase der Fraktur nimmt mit dem Beginn der Gewalteinwirkung ihren Anfang. Sie endet erst dann, wenn keine Kräfte mehr auf den Knochen oder das umliegende Gewebe einwirken. Der betroffene Bereich nimmt die gesamte Energie der Gewalteinwirkung auf.
Die Verletzungsphase ist die kürzeste Phase der sekundären Frakturheilung und dauert in der Regel nicht länger an als wenige Sekunden. Während dieser Phase entscheidet sich das Ausmaß, der Winkel und die genaue Lokalisation der Fraktur. Die Kortikalis, das Knochenmark, die Knochenhaut und das Gewebe der Umgebung werden während der Verletzungsphase durchtrennt oder zumindest verletzt.
Anschließend bildet sich im Frakturspalt ein Hämatom. Es blutet in den Knochenbruch ein, da zahlreiche Blutgefäße der unmittelbaren Umgebung zerstört wurden. Das Hämatom breitet sich entlang der Spalte aus. An dieser Stelle überschneidet sich die Frakturphase mit der Entzündungsphase bzw. geht in sie über.
Krankheiten & Beschwerden
Abgesehen von diesem Extremfall können sich die Bruchenden abhängig vom Winkel der Gewalteinwirkung mehr oder weniger weit aus ihrer physiologischen Lage herausbewegen. Sie müssen dann in eine möglichst exakt anatomiegerechte Position zurückgeführt werden, da sich die Begleitschäden ansonsten rasch verschlimmern oder die Knochenbruchstücke in einer Fehlstellung zusammenwachsen. Die neu positionierten Knochen müssen außerdem daran gehindert werden, während der Heilung die anatomiegerecht Position wieder zu verlassen.
Bei Krankheiten wie der Glasknochenkrankheit oder der Osteoporose kommt es häufiger zu Frakturen. Die Betroffenen der Glasknochenkrankheit leiden an einer Mutation auf Chromosom 7 und 17. Dieses Erbmaterial codiert für das Protein Kollagen Typ I. Das Protein ist ein wesentlicher Bestandteil des Bindegewebes. Da das Bindegewebe für die Knochenbildung eine entscheidende Rolle spielt, leiden die Betroffenen an abnorm strukturierten Knochen mit hoher Brüchigkeit.
Auch Patienten der Osteoporose leiden häufiger an Knochenbrüchen. Diese Erkrankung ist durch eine verringerten Knochendichte gekennzeichnet. Die Betroffenen leiden an einem Missverhältnis an knochenaufbauenden Osteoblasten und knochenabtragenden Osteoklasten. Während der permanenten Demineralisierung und Remineralisierung der Knochensubstanz tritt so ein Ungleichgewicht auf. Knochenmasse wird von den Osteoklasten in größerem Maß abgebaut, als die Osteoblasten Knochenmasse herstellen. Ein geringes Ungleichgewicht ist vor allem im Alter physiologisch. Knochen werden in den späteren Lebensdekaden so altersphysiologisch bedingt brüchiger, als sie es noch zu Beginn des Lebens sind. Bei Patienten der Osteoporose liegt allerdings ein pathologisches Ungleichgewicht in der Tätigkeit der Osteoblasten und Osteoklasten vor.
Quellen
- Classen, M., Diehl, V., Kochsiek, K. (Hrsg.): Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2009
- Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013
- Renz-Polster, H., Krautzig, S. (Hrsg.): Basislehrbuch Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2012