Entzündungsphase
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 14. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Die Entzündungsphase ist eine der fünf Phasen in der sekundären Frakturheilung. Sie säuberte die Bruchstelle von Bakterien und ruft Immunzellen auf den Plan, die den Wiederaufbau des Knochens vermitteln. Eine unzureichende Entzündungsphase verzögert die Frakturheilung und kann so Pseudarthrose hervorrufen.
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Was ist die Entzündungsphase?
Eine Fraktur ist ein Knochenbruch. Die Medizin unterscheidet zwischen indirekten und direkten Frakturen. Bei direkten Frakturen stehen die Bruchstücke miteinander noch in Kontakt oder liegen zumindest nicht weiter als einen Millimeter auseinander. Sie passen voll aufeinander und können so im Rahmen der primären Frakturheilung wieder zusammenwachsen.
Bei indirekten Knochenbrüchen verläuft die Frakturheilung nicht primär, sondern sekundär. Die Knochenbruchstücke passen nicht voll aufeinander. Die Bruchspalte zwischen den Bruchstücken beträgt mehr als einen Millimeter. Diese Spalte wird während der Heilung überbrückt und mineralisiert, sodass der Knochen wieder ein Ganzes bildet. Der Kallus zwischen den Bruchstücken ist nach der Abheilung radiologisch sichtbar.
Die Entzündungsphase ist eine von fünf Phasen der sekundären Frakturheilung. Die anderen vier Phasen sind die Verletzungsphase, die Granulationsphase, die Phase der Kallushärtung und die des Umbaus.
Die Entzündungsphase beginnt unmittelbar nach der eigentlichen Fraktur und wird auch inflammatorische Phase genannt. Verschiedene Immunzellen sind an der Phase beteiligt, so vor allem weiße Blutkörperchen, Mastzellen und Fresszellen, die die Bruchstelle ausräumen.
Funktion & Aufgabe
Bei jeder Fraktur werden Blutgefäße im Knochen und in den angrenzenden Weichteilen zerstört. Auch der Periost (die Knochenhaut) und die umgebende Muskulatur nehmen Schaden und bluten ins Frakturgebiet ein. Dadurch bildet sich ein Hämatom.
Neben den Gefäßen werden die Kanalikuli der Knochenfragmente beschädigt. Die unterbrochene Blutversorgung und die Kanikuliläsionen trennen die Osteozyten von der Versorgung ab und lassen sie so absterben. Die Osteozyten geben beim Sterben lysosomale Enzyme ab, die die organische Matrix degenerieren und die Frakturenden nekrotisieren. Die so entstehenden Gewebstrümmer lösen eine immunologische Entzündung aus.
Akute-Phase-Proteine wandern ins Frakturgebiet ein, so zum Beispiel Interleukin-1 oder -6. Diese Proteine aktivieren die proteolytische Enzymkaskade und verstärken so die inflammatorische Reaktion und die Durchblutung. Die eingewanderten Thrombozyten geben dem Frakturhämatom Stabilität und geben den sogenannten plateled-derived-growth-factor und den transforming-growth-factor-ß ab. Durch diese Abgabe werden reparative Zellen auf den Plan gerufen. Es kommt zu einer Vermittlung von Granulozyten, Makrophagen, Endothelzellen, Lymphozyten, Osteoblasten und Fibroblasten.
Viele Entzündungsmediatoren lassen die Endothelzellen leukozyten-spezifische Adhäsionsmoleküle bilden. Durch diese Moleküle wird die Anheftung der Leukozyten an Gefäßwände vermittelt. Die Leukozyten wandern so ins Wundgewebe ein und bekämpfen eingedrungene Bakterien. Sie geben Zytokine ab, die die Proliferation und Differenzierung von hämatopoetischen Zellen im Frakturbereich initiieren.
Auch Monozyten wandern in das Frakturgebiet ein und werden dort zu Makrophagen, die Zelldetritus und Bakterien entfernen und hypoxische Bedingungen schaffen. Angiogensestimulierende Faktoren werden abgegeben. Das Frakturhämatom der inflammatorischen Phase ist die wichtigste Zytokin-Quelle in der frühen Heilungsphase und verbindet durch Fibrinfäden zugleich die Bruchenden der Fraktur.
Die immunologische Entzündung bereitet den Umbau vor, indem sie alle notwendigen Zellen um die Frakturstelle versammelt und diese von schädlichen und störenden Substanzen reinigt. Die vermehrte Blutversorgung während dieser Phase erreicht nach rund zwei Wochen den sechsfachen Normwert, obwohl die Entzündungsphase dann längst abgeklungen ist.
Krankheiten & Beschwerden
Neben immunologischen Minderfunktionen kann zum Beispiel auch schlechte Durchblutung eine unzureichend inflammatorische Reaktion bedingen. So können Lebererkrankungen, Malignome oder Gefäßerkrankungen, Adipositas und Diabetes mellitus zu einer ineffektiven Entzündungsphase nach Frakturen führen.
Wenn der Bruch aufgrund einer immunologisch verminderten Reaktion nur mit starker Verzögerung abheilt, kann sich eine Pseudarthrose einstellen. Neben chronischen Schwellungen tritt so eine verminderte Belastungsfähigkeit des betroffenen Knochens ein. Funktions- und Bewegungsbeeinträchtigungen ergeben sich. Im Extremfall heilt die Fraktur nach Störungen der inflammatorischen Phase überhaupt nicht mehr ab oder verheilt nur unvollständig.
Wenn eine Infektion der Frakturstelle eintritt, hat das schwerwiegende Folgen. Der Betroffene ist geschwächt und sein Organismus gerät aus dem Gleichgewicht. Eine zu schwache Abwehrreaktion befähigt die Bakterien zur Ausbreitung. Über den Blutkreislauf können sie so lebenswichtige Organe befallen und eine generalisierte Sepsis auslösen, die lebensbedrohlich sein kann. Um dies zu verhindern, kann eine operative Intervention erforderlich sein.
Bei einem gesunden, normalgewichtigen Menschen kommt eine Infektion als Folge einer Fraktur jedoch nur äußerst selten vor. Die Verzögerung der Frakturheilung ist ein weitaus verbreiteteres Phänomen und wird durch eine unzureichende Ruhigstellung des betroffenen Knochens noch verstärkt.
Quellen
- Freyschmidt, J.: Skeletterkrankungen. Springer, Berlin 2008
- Niethard, F., Pfeil, J., Biberthaler, P.: Orthopädie und Unfallchirurgie. Thieme, Stuttgart 2014
- Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch. 266. Auflage. De Gruyter, Berlin 2015