Wallenberg-Syndrom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Beim Wallenberg-Syndrom verschließen sich die Arteria vertebralis oder die Arteria cerebelli inferior posterior. Die Erkrankung wird synonym auch als Wallenberg-Foix Syndrom oder Viesseaux-Wallenberg bezeichnet. Infolgedessen tritt ein Infarkt in einem bestimmten Bereich des Hirnstamms auf, der sogenannten dorsolateralen Medulla oblongata. Grundsätzlich handelt es sich um eine seltene Art von Schlaganfall.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Wallenberg-Syndrom?

Beim Wallenberg-Syndrom handelt es sich um eine schwerwiegende Beschwerde, die zu starken Komplikationen und Einschränkungen im Alltag des Betroffenen führen kann.
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Prinzipiell stellt das Wallenberg-Syndrom ein Hirnstammsyndrom dar, wobei es sich speziell um ein sogenanntes Alternans-Syndrom handelt.

Im Rahmen des Wallenberg-Syndroms kommt es zu vielfältigen Symptomen, die von den jeweils beeinträchtigen neurologischen Arealen abhängen.

Seine erste Erwähnung fand das Wallenberg-Syndrom im Jahr 1808 durch Gaspard Vieusseux.

Seinen Namen erhielt es jedoch in Anlehnung an den Arzt Adolf Wallenberg. Er beschrieb das Wallenberg-Syndrom im Jahr 1895 zum ersten Mal. 1901 erfolgte der erste Befund der Erkrankung per Autopsie.

Ursachen

Die primäre Ursache für die Entstehung des Wallenberg-Syndroms liegt in erster Linie in einer Ischämie, die das Stromgebiet der Arteria vertebralis betrifft. In der Folge davon verschließt sich die Arteria cerebelli posterior inferior. Außerdem werden die dorsolaterale Medulla oblongata und bestimmte Bereich des Kleinhirns infarziert.

Dadurch werden spezielle Bahnen im Rückenmark geschädigt. Auch bestimme Kerngebiete, zum Beispiel jene des Nervus statoacusticus und des Nervus vagus, werden beeinträchtigt. Neben einem Verschluss der Arterien kann es sich um eine starke Verengung der Blutgefäße handeln. Dabei sind unter Umständen auch die Äste der jeweiligen Arterien betroffen.

Einige dieser Äste sind für die Versorgung der Medulla oblongata zuständig. Die Folge ist ein Infarkt des seitlichen verlängerten Marks. Dadurch zeigen sich charakteristische Ausfallerscheinungen. Grundsätzlich ist im überwiegenden Teil der Fälle die Arteria vertebralis vom Wallenberg-Syndrom betroffen.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Das Wallenberg-Syndrom umfasst zahlreiche charakteristische Symptome. Häufig kommt es zu ipsilateralen Zeichen, zum Beispiel einem verringerten Cornealreflex, Störungen der Sensibilität im Gesicht oder einer Lähmung der Stimmbänder. Darüber hinaus sind ein Horner-Syndrom, eine Hemiataxie sowie eine Parese des Gaumensegels möglich.

Zudem treten in einigen Fällen dissoziierte Störungen in Bezug auf die Wahrnehmung von Schmerzen und Temperatur auf. Diese Symptome zeigen sich jedoch ausschließlich am Körper und nicht Gesichtsbereich. Manche Patienten leiden an einer Fallneigung in Richtung der betroffenen Seite und klagen über einen ipsilateralen Nystagmus.

Ist der Nucleus spinalis nervi trigemini beeinträchtigt, geht das Schmerzempfinden auf der ipsilateralen Gesichtshälfte verloren. Der Cornealreflex ist stark verringert oder fehlt vollkommen. Bei einer Schädigung des Tractus spinothalamicus bleibt die Wahrnehmung von Temperatur oder Schmerz auf jener Körperhälfte aus, die dem Infarkt gegenübersteht.

Läsionen des Kleinhirns oder der unteren Kleinhirnschenkel resultieren in der Regel in einer Ataxie. Bei geschädigten hypothalamospinalen Fasern ist die sympathische Übertragung von Signalen beeinträchtigt. Infolgedessen kommt es unter Umständen zum sogenannten Horner-Syndrom.

Ist der Nucleus Deiter in Mitleidenschaft gezogen, treten Schwindelanfälle und Augenzittern auf. Weitere mögliche Symptome des Wallenberg-Syndroms sind Heiserkeit, Hemiataxie, Dysarthrie und Hypakusis. Darüber hinaus sind Trigeminusstörungen möglich.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Zur Stellung der Diagnose des Wallenberg-Syndroms erfolgt im ersten Teil der Untersuchung die Anamnese. Dabei bespricht der behandelnde Arzt gemeinsam mit dem erkrankten Patienten dessen Krankengeschichte. Im Zuge dessen werden genetische Belastungen, bestimmte Vorerkrankungen, chronische Krankheiten und der persönliche Lebensstil der Person analysiert.

Die Anamnese gibt dem Arzt erste Hinweise für die Diagnose. Im Anschluss daran werden diverse klinische Untersuchungen durchgeführt. Dabei werden insbesondere die typischen Symptome eines Wallenberg-Syndroms abgeklärt. Leidet der betroffene Patient an mehreren charakteristischen Beschwerden, erhärtet sich der Verdacht auf das Vorliegen eines Wallenberg-Syndroms.

Die Prognose bei einem Wallenberg-Syndrom ist stark abhängig von der Lokalisation und der Größe des Bereichs, der durch den Schlaganfall beschädigt wurde. Mittels Rekanalisation gehen bei einem Teil der Patienten die Symptome des Wallenberg-Syndroms nach einigen Wochen bis Monaten zurück. Beim überwiegenden Teil der erkrankten Personen zeigen sich allerdings auch noch nach mehreren Jahren neurologische Beschwerden und Funktionsstörungen.

Komplikationen

Beim Wallenberg-Syndrom handelt es sich um eine schwerwiegende Beschwerde, die zu starken Komplikationen und Einschränkungen im Alltag des Betroffenen führen kann. Die Patienten leiden dabei an einem Infarkt im Gehirn, sodass es zu Gefühlsstörungen oder zu Lähmungen im Gesicht des Betroffenen kommt. Dadurch können auch Schluckbeschwerden auftreten, sodass die Patienten nicht mehr ohne Weiteres Nahrung und Flüssigkeiten einnehmen können und damit auf die Hilfe anderer Menschen in ihrem Alltag angewiesen sind.

Auch eine falsche Empfindlichkeit gegenüber Temperaturen und Schmerzen kann sich beim Wallenberg-Syndrom einstellen, sodass die Betroffenen Gefahren eventuell nicht richtig erkennen können. Ebenso kann das Sprechen durch das Syndrom negativ beeinflusst werden, was vor allem bei Kindern zu starken Schwierigkeiten führen kann. Die Patienten leiden dabei häufig an einem Augenzittern oder an einer dauerhaften Heiserkeit. Die Lebensqualität des Betroffenen wird durch das Wallenberg-Syndrom deutlich eingeschränkt und verringert.

Die Behandlung des Wallenberg-Syndroms richtet sich immer nach den Symptomen, da keine kausale Behandlung möglich ist. Besondere Komplikationen treten dabei nicht auf, wobei eine vollständige Heilung nicht erreicht werden kann. Häufig wirkt sich das Syndrom sehr negativ auf die Lebensqualität des Betroffenen aus und kann psychische Beschwerden oder gar Depressionen begünstigen.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Da es beim Wallenberg-Syndrom nicht zu einer selbstständigen Heilung kommen kann, ist der Betroffene bei dieser Krankheit auf jeden Fall auf einen Besuch bei einem Arzt angewiesen. Nur durch eine frühzeitige Erkennung und Behandlung dieses Syndroms können weitere Komplikationen und Beschwerden verhindert werden. Dabei wirkt sich eine frühzeitige Erkennung immer sehr positiv auf den weiteren Verlauf der Krankheit aus. In erster Linie weisen Schwindelanfälle auf die Krankheit hin. Die Betroffenen können sich nicht mehr richtig konzentrieren und leiden auch an einer deutlichen Verwirrtheit. Ebenso kann es zu einem Zittern an den Augen oder zu einer starken Heiserkeit kommen, die auf das Wallenberg-Syndrom hindeuten kann.

Die Wahrnehmung der Temperatur verändert sich deutlich und es treten Schmerzen an verschiedenen Stellen des Körpers auf. Sollten diese Symptome ohne einen besonderen Grund auftreten und nicht wieder von alleine verschwinden, so muss auf jeden Fall ein Arzt konsultiert werden. In Notfällen kann ein Notarzt gerufen oder direkt ein Krankenhaus aufgesucht werden. Die erste Diagnose kann von einem Allgemeinarzt gestellt. Ob es durch das Wallenberg-Syndrom zu einer verringerten Lebenserwartung des Betroffenen kommt, kann nicht universell vorhergesagt werden.

Behandlung & Therapie

Prinzipiell erfolgt die Therapie des Wallenberg-Syndroms ausschließlich symptomatisch. Bei Schwierigkeiten beim Schlucken ist in einigen Fällen das Einsetzen einer Magensonde erforderlich. Auch wird unter Umständen eine logopädische Behandlung verordnet, um Beschwerden beim Schlucken und Sprechen zu lindern.

Teilweise kommen auch Arzneimittel zum Einsatz, um Schmerzen zu reduzieren. Zur Therapie von chronischen Schmerzen eignet sich in diesem Fall Gabapentin. Da die betroffenen Arterien in der Regel zu klein sind, ist eine chirurgische Rekanalisation meist nicht möglich.

Langfristig gesehen ist die Prävention weiterer Schlaganfälle notwendig. Die entsprechenden Maßnahmen orientieren sich in erster Linie an den individuellen Risikofaktoren. So kommt zum Beispiel eine Aspirin-Therapie zum Einsatz, sodass die Gefahr eines erneuten Schlaganfalls sinkt.

Bei Vorhofflimmern sind Gerinnungshemmer notwendig. In einigen Fällen werden weitere Arzneistoffe genutzt, beispielsweise Präparate zur Behandlung von hohem Blutdruck. Zudem ist bei einem Teil der Patienten die Änderung des Lebensstils hilfreich.


Vorbeugung

Aussagen bezüglich der Prävention eines Wallenberg-Syndroms sind nur bedingt möglich. Denn nicht in jedem Fall lässt sich der Erkrankung vorbeugen. Jedoch spielen bestimmte Faktoren des persönlichen Lebensstils eine Rolle bei der Entstehung der Krankheit. Zentral ist hierbei insbesondere die Gesundheit der Blutgefäße und des Herz-Kreislauf-Systems.

Nachsorge

In den meisten Fällen sind die Möglichkeiten einer Nachsorge beim Wallenberg-Syndrom deutlich eingeschränkt und stehen dem Betroffenen oftmals gar nicht zur Verfügung. Daher sollte der Betroffene bei dieser Krankheit schon möglichst früh einen Arzt aufsuchen und eine Behandlung einleiten, um das Auftreten von anderen Beschwerden und Komplikationen zu verhindern. Eine Selbstheilung kann in der Regel nicht auftreten.

Da es sich beim Wallenberg-Syndrom auch um eine genetisch bedingte Krankheit handelt, kann diese vererbt werden, sodass bei einem Kinderwunsch in erster Linie eine genetische Untersuchung und Beratung durchgeführt werden sollte, um ein erneutes Auftreten zu verhindern. In der Regel sind die Betroffenen bei dieser Krankheit auf die Maßnahmen einer Krankengymnastik und einer Physiotherapie angewiesen, um die Beschwerden zu lindern.

Ebenso ist die Hilfe und die Unterstützung der eigenen Familie im Alltag sehr wichtig, da dadurch auch Depressionen und andere psychische Verstimmungen verhindert werden können. In vielen Fällen erweist sich auch der Kontakt zu anderen Betroffenen der Krankheit als sehr sinnvoll, um in Erfahrung zu bringen wie sich der Alltag mit der Erkrankung einfacher bewältigen lässr. Ein allgemeiner Verlauf des Wallenberg-Syndroms kann nicht prognostiziert werden.

Das können Sie selbst tun

Das Wallenberg-Syndrom bedarf einer individuellen Therapie, die von den jeweiligen Symptomen des Schlaganfalls abhängt. Gegebenenfalls ist beispielsweise eine Sprech- oder Schlucktherapie notwendig, um verloren gegangene Fähigkeiten wieder zu erlernen. Diese Therapien können zu Hause durch selbstständiges Üben unterstützt werden.

Die Einnahme von Arzneimitteln wie Gabapentin muss aufgrund möglicher Nebenwirkungen genau kontrolliert und festgehalten werden. Zusätzlich müssen allgemeine Maßnahmen ergriffen werden, um das Schlaganfallrisiko zu senken. Personen, die am Wallenberg-Syndrom leiden, müssen ausreichend Sport machen, sich gesund ernähren und Stress vermeiden. Je nach Größe und Lage des geschädigten Gebiets können die Symptome bereits nach Wochen oder Monaten abgeklungen sein.

Normalerweise benötigen die Erkrankten jedoch dauerhaft Unterstützung im Alltag. Es ist die Aufgabe der Angehörigen, den Patienten so gut wie möglich zu unterstützen. Weil ein Schlaganfall meist auch seelische Probleme hervorruft, sollten Betroffene sich therapeutisch unterstützen lassen. Geeignete Maßnahmen sind der Besuch einer Selbsthilfegruppe oder die Teilnahme an einem Internetforum für betroffene Menschen. Durch das Studieren von Fachlektüre werden die Hintergründe des Wallenberg-Syndroms aufgeschlüsselt und die Erkrankung kann besser verstanden und akzeptiert werden.

Quellen

  • Greten, H., Rinninger, F., Greten, T. (Hrsg.): Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2010
  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Steffen, H.-M. et al.: Internistische Differenzialdiagnostik. Schattauer, Stuttgart 2008

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