Zuggurtungsosteosynthese

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 7. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Bei der Zuggurtungsosteosynthese handelt es sich um ein operatives Verfahren zur Reposition und Fixation dislozierter Frakturen die durch Gelenke verlaufen. Diese ist eine häufig angewandte und zuverlässige Methode im Bereich der chirurgischen und orthopädischen Versorgung.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Zuggurtungsosteosynthese?

Bei der Zuggurtungsosteosynthese handelt es sich um ein operatives Verfahren zur Reposition und Fixation dislozierter Frakturen die durch Gelenke verlaufen. Es kommt z.B. bei einer Sprunggelenksfraktur zum Einsatz.

Die Zuggurtungsosteosynthese ist ein Verfahren aus dem Bereich der internen Fixation spezieller Bruchtfragmente durch Fremdmaterial. Die Grundlage der Zuggurtungsosteosynthese stammt von Ingenieuren aus dem Stahlbetonbau. Die Wirkung dieser Technik wurde durch Friedrich Pauwels wissenschaftlich untermauert und das Konzept des Verfahrens anschließend erstmals 1958 vorgestellt und von Orthopäden und Chirurgen durchgeführt.

Die Zuggurtungsosteosynthese wird im Bereich der Chirurgie und Orthopädie angewendet. Versorgt werden Frakturen (Knochenbrüche), die im Bereich eines Gelenks verlaufen und die Frakturfragmente (Bruchstücke) durch die Zugkraft einer Sehne voneinander entfernt werden. Diese Brüche werden mithilfe einer Drahtschlinge unter Zug versorgt. Sinn dabei ist, dass die Bruchstücke aneinander verankert werden, bis diese wieder miteinander verwachsen sind. Solche Frakturen entstehen meistens durch Stürze oder direkter Krafteinwirkung von außen auf den Knochen.

In Kombination mit einer erhöhten Muskelspannung, kann es so zu einem knöchernen Ausriss einer Sehne kommen. Die erhöhte Muskelspannung entsteht reflexartig, z.B. bei einem Sturz, zum Selbstschutz um sich nach Möglichkeit abzufangen.

Funktion, Wirkung & Ziele

Wenn es durch ein Trauma zu einer Fraktur kommt, sind folgende Eigenschaften ausschlaggebend, um diese mittels einer Zuggurtungsosteosynthese zu versorgen. Die Fraktur verläuft im Bereich eines Gelenks und betrifft möglicherweise Teile der Gelenkfläche.

Ein ausgerissenes Teilfragment steht unter dem Zug eines Muskels, der durch eine Sehne mit dem Bruchstück verbunden ist. Die Fragmente sind disloziert und somit durch die Zugkraft der Sehne voneinander distanziert. Sind diese Eigenschaften bei einer Fraktur gegeben, wird der Bruch operativ mit Spickdrähten oder Kirschnerdrähten und Drahtschlingen versorgt. Die Drähte bestehen meistens aus Chrom-Cobalt- Molybdän-Legierungen, chirurgischem Stahl oder Titan-Legierungen.

Typische Frakturen dieser Art sind zum Beispiel die Olekranonfraktur (Ellenbogengelenk) und eine Fraktur der Patella (Kniescheibe). Es werden aber auch Frakturen im Bereich der Malleolen (Innen- und Außenknöchel am Fuß) des oberen Sprunggelenks oder knöcherne Abrisse im Bereich des Mittelfußes mit einer Zuggurtungsosteosynthese versorgt. Diese werden zwar mit Drahtschlingen fixiert, jedoch nicht unter Zug.

Wird eine Fraktur mit dislozierten Bruchfragmenten operativ mit einer Zuggurtungsosteosynthese behandelt, so muss der Operateur zuerst alle Bruchfragment zueinander ausrichten, um die anatomische Form und somit die achsengerechte Funktion des Gelenks wieder herzustellen. Die Spickdrähte oder Kirschnerdrähte müssen anschließend möglichst parallel zueinander eingebracht werden, um eine Sperre der Gelenkfunktion zu vermeiden. Beginnend im Bereich des Sehnenansatzes werden die Spickdrähte eingeführt und durchlaufen senkrecht den Bruchverlauf in unmittelbarer Nähe der Gelenkfläche. Der Operateur muss beachten, dass die Drähte nicht das Gewebe perforieren. Die Drähte werden nicht unter bildgebenden Verfahren eingeführt. Der Operateur orientiert sich durch Palpationen an den Gelenkstrukturen.

Sind die Spickdrähte angebracht, werden sie an ihren Enden umgebogen und fest in der Gegenkortikalis verankert. Eine bildgebende Kontrolle kann anschließend die korrekte Lage bestätigen.

Durch die Anbringung der Drahtcerclage wird nun ein gleichmäßiger Zug auf die Spickdrähte gebracht und sorgt dafür, dass sich die Frakturfragmente auch unter Anspannung der Muskulatur nicht voneinander entfernen. Die Drahtschlinge wird durch verschiedene Drillrichtungen der Wendel fixiert. Die entstandenen Drahtwirbel werden am Ende mit einer Zange auf 7-10mm gekürzt. Die Drahtenden der Spickdrähte werden auf 5-7mm gekürzt und um etwa 90° umgebogen. Zuletzt wird das betroffene Gelenk unter der Narkose in seiner kompletten Funktion bewegt, um Funktionsstörungen auszuschließen. Eine abschließende Kontrolle durch Röntgen zeigt noch einmal Lage und Verlauf der Drähte. Sitzen die Drähte an richtiger Stelle und ist das Gelenk frei beweglich, ist die Operation erfolgreich verlaufen.

Eine Redon-Drainage wird proximal der versorgten Fraktur gelegt, um Flüssigkeit und Blut abzusaugen. Ein steriler und trockener Verband wird unter leichter Kompression angelegt. Am ersten postoperativen Tag kann meist mit leichten physiotherapeutischen Bewegungsübungen schmerzorientiert begonnen werden. Am zweiten postoperativen Tag, wird die Redon-Drainage entfernt.

Klarer Vorteil einer Zuggurtungsosteosynthese ist das zuverlässige Ergebnis und der geringe Kostenaufwand des Materials. Außerdem kann der Patient die betroffene Extremität postoperativ frei bewegen und kann somit Risiken wie Thrombose oder Muskelatrophien vorbeugen.


Risiken, Nebenwirkungen & Gefahren

Nach der stationären Entlassung aus dem Krankenhaus, sollte eine Weiterbehandlung und regelmäßige Kontrolle durch einen Facharzt erfolgen. Wichtig sind hierbei die lückenlose Wundkontrolle, Fadenzug nach ca. 14 Tagen, Röntgenkontrolle nach 4 und 8 Wochen und intensiver physiotherapeutischer Bewegungsübungen.

Folgende Risiken sollten trotz der zuverlässigen und oft angewendeten Methode immer abgewogen werden. Jede Versorgung mit einem Osteosyntheseverfahren dieser Art ist mit einem operativen Eingriff und somit einer Narkose verbunden. Vor allem bei geriatrischen Patienten kann es hier zu Schluckbeschwerden, Herz-Kreislauf Problemen oder Störung der Atmung kommen. Eine Materialentfernung wird daher bei älteren Patienten nicht mehr vorgenommen und bei jüngeren möglichst minimalinvasiv gehalten. Nebenwirkungen wie Wundheilungsstörungen, Schmerzen, Infektionen und Funktionseinschränkungen können postoperativ auftreten.

Des Weiteren kann es durch Überbelastung oder Materialversagen zur Lockerung oder Bruch der Drähte kommen. Dies sollte möglichst schnell bei regelmäßiger Kontrolle durch bildgebende Verfahren erkannt und neu versorgt werden, da es zu einer Verschiebung der Bruchfragmente und somit einer Fehlstellung des Gelenks kommen kann. Wachsen die Bruchfragmente in einer Fehlstellung zusammen, kann es zu dauerhaften Beeinträchtigungen und Beschwerden kommen.

Quellen

  • Breusch, S., Clarius, M., Mau, H., Sabo, D. (Hrsg.): Klinikleitfaden Orthopädie, Unfallchirurgie. Urban & Fischer, München 2013
  • Krämer, J., Grifka, J.: Orthopädie, Unfallchirurgie. Springer, Berlin 2013
  • Wirth, C.J. et al.: Praxis der Orthopädie und Unfallchirurgie. Thieme, Stuttgart 2013

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