Narkose
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 31. Juli 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Die Narkose ist eine Form der Anästhesie. Als Narkose oder Vollnarkose wird üblicherweise die Allgemeinanästhesie bezeichnet, ein durch Medikation eingeleitetes medizinisches Koma zur Reduktion der Wahrnehmung während Operationen. Schmerzempfinden und Reflexe werden ausgesetzt, das Leiden des Patienten und störende Muskelkontraktionen dadurch gemildert. Ausgeführt wird die Narkose von einem Facharzt für Anästhesiologie und eine dafür ausgebildeten Pflegekraft.
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Was ist eine Narkose?
Die Narkose blockt Signale, die über das Nervensystem des gesamten Körpers zum Gehirn gelangen. Eine Narkose verhindert die vollständige Wahrnehmung des Gehirns. Die elektrischen und chemischen Signale werden nicht von diesem verarbeitet. Der Anästhesist wird durch eine Prüfung der individuellen Krankengeschichte (eventuelle Allergien) das erfolgreichste Verfahren für die Narkose auswählen.
Die Art der medikamentösen Verabreichung kann unterschiedlicher Natur sein, auch eine Kombination mehrerer Methoden ist üblich. Zirka 45 Minuten vor der eigentlichen Narkose wird eine vorbereitende Medikation verabreicht. Diese verbessert die Umstände des späteren Verfahrens. Durch Inhalation, Injektion, oraler oder rektaler Verabreichung gelangt das Medikament in die Blutbahn und kann dort seine Wirkung entfalten.
Üblicherweise wird die Narkose über Injektion oder Inhalation eingeleitet. Wobei die Injektion zu schnellerem Erfolg führt (20-30 Sekunden) und weniger Komplikationen entstehen können. Manchmal erfordern die Umstände jedoch eine Inhalation.
Geschichte & Entwicklung
Die Geschichte der Narkose beginnt in der Antike, als rudimentäre Methoden zur Schmerzlinderung bei chirurgischen Eingriffen angewendet wurden. Die Verwendung von natürlichen Betäubungsmitteln wie Opium und Alkohol ist seit Jahrtausenden bekannt. Ein entscheidender Fortschritt erfolgte jedoch erst im 19. Jahrhundert.
Am 16. Oktober 1846 demonstrierte der Zahnarzt William T.G. Morton erfolgreich die erste öffentlich anerkannte Narkose mit Äther in Boston, USA, bei einer Tumorentfernung. Diese Demonstration markiert den Beginn der modernen Anästhesie. Kurz darauf wurde Lachgas, das bereits seit den 1790er Jahren als Partyspaß bekannt war, ebenfalls als Anästhetikum eingeführt, maßgeblich vorangetrieben durch den Zahnarzt Horace Wells.
Ein weiterer Meilenstein war die Entdeckung von Chloroform durch James Young Simpson im Jahr 1847. Chloroform wurde rasch populär und weit verbreitet, obwohl es auch Risiken und Nebenwirkungen aufwies. Im Laufe der Zeit wurden sicherere und effizientere Anästhetika entwickelt.
Im 20. Jahrhundert führte die Entwicklung von intravenösen Anästhetika wie Thiopental zu einer Revolution in der Anästhesie, die eine kontrollierte und schnelle Einleitung der Narkose ermöglichte. Die Entdeckung der Muskelrelaxantien, beginnend mit Curare, erweiterte die Möglichkeiten der Chirurgie erheblich.
Heute verwendet die Anästhesie eine Kombination aus inhalativen und intravenösen Anästhetika, Muskelrelaxantien und Analgetika, unterstützt durch fortschrittliche Überwachungsmethoden. Die Narkose hat sich zu einem sicheren und präzisen medizinischen Verfahren entwickelt, das eine Vielzahl von chirurgischen Eingriffen ermöglicht.
Einsatz & Indikation
Eine Narkose wird durchgeführt, um Patienten während medizinischer Eingriffe, die schmerzhaft oder unangenehm sind, schmerzfrei und bewusstlos zu machen. Sie ist notwendig bei größeren chirurgischen Operationen wie Bauch-, Herz- oder Gehirnoperationen, wo die Kontrolle des Bewusstseins und die Schmerzausschaltung entscheidend sind. Narkose wird auch bei diagnostischen Verfahren eingesetzt, die Unannehmlichkeiten oder Schmerzen verursachen können, wie z.B. Endoskopien oder Biopsien.
Neben der Schmerzlinderung dient die Narkose auch dazu, den Patienten bewegungslos zu halten, um eine präzise Durchführung der Operation zu gewährleisten. Bei bestimmten Eingriffen, wie der Herzchirurgie, ist es wichtig, dass der Patient vollkommen ruhig bleibt, um die Sicherheit und den Erfolg der Operation zu gewährleisten.
Es gibt verschiedene Arten der Narkose, darunter die Vollnarkose, bei der der Patient vollständig bewusstlos ist, und die Regionalanästhesie, die nur bestimmte Körperregionen betäubt, während der Patient bei Bewusstsein bleibt. Die Wahl der Narkoseart hängt von der Art des Eingriffs, der Dauer, dem Gesundheitszustand des Patienten und anderen individuellen Faktoren ab. Narkosen werden auch in der Schmerztherapie eingesetzt, etwa bei schweren Verletzungen oder chronischen Schmerzzuständen, wenn andere Schmerzmanagement-Methoden nicht ausreichend wirken.
Vorteile & Nutzen
Eine Narkose bietet mehrere wesentliche Vorteile gegenüber anderen Behandlungs- und Untersuchungsmethoden, insbesondere im Bereich der Schmerzfreiheit und des Patientenkomforts. Der Hauptvorteil ist die vollständige Schmerzausschaltung während chirurgischer Eingriffe, was es ermöglicht, selbst komplexe und invasive Operationen durchzuführen, ohne dass der Patient Schmerzen empfindet. Dies ist besonders wichtig bei größeren Eingriffen wie Herzoperationen, orthopädischen Eingriffen oder neurochirurgischen Verfahren.
Darüber hinaus sorgt eine Narkose dafür, dass der Patient während des Eingriffs ruhig und unbeweglich bleibt, was den Chirurgen eine präzise und sichere Durchführung der Operation ermöglicht. Dies minimiert das Risiko von Komplikationen und verbessert die Genauigkeit des Eingriffs.
Eine Narkose kann auch den Stress und die Angst des Patienten reduzieren, die mit bestimmten medizinischen Verfahren verbunden sind. Dies ist besonders vorteilhaft für Patienten, die starke Angst vor medizinischen Eingriffen haben, da die Narkose ihnen erlaubt, die Prozedur bewusstlos zu erleben und sich nicht an eventuelle unangenehme Details zu erinnern.
Im Vergleich zu lokaler Betäubung oder sedierenden Maßnahmen bietet eine Narkose den Vorteil, dass sie in der Lage ist, sowohl Schmerzen als auch Bewusstsein vollständig zu kontrollieren. Dies ist entscheidend bei Eingriffen, die eine vollständige Muskelentspannung oder die Sicherstellung einer stabilen Position des Patienten erfordern.
Funktion, Wirkung & Ziele
Die komplette Narkose wird vom ausführenden Anästhesisten begleitet. Er stellt sicher, dass über die Operation hinweg eine ausreichende Versorgung mit Medikamenten besteht und der Patient in einem Zustand der Bewusstlosigkeit bleibt.
Währenddessen kontrolliert er die Herzfrequenz, die Sauerstoffsättigung im Blut, den Blutdruck, die Temperatur und den CO2-Ausstoß. Über den gesamten Vorgang sind die normalen Reflexe und Funktionen der Atmung reduziert. Daher wird nach dem Eintreten der Bewusstlosigkeit ein Beatmungsschlauch in den Hals des Patienten eingeführt, um die ausreichende Sauerstoffzufuhr sicherzustellen.
Durch Medikation von Muskelblockern bei bestimmten Operationen, kann erreicht werden, dass die Narkose weniger tief ausgeführt wird. Die Blocker beeinflussen die Muskelreaktionen und fördern einen ungestörten Eingriff durch die Ärzte.
Nach der ersten Injektion der Narkose muss die Medikation aufrecht gehalten werden, da der Patient ansonsten selbstständig wieder aus dem Koma erwacht. Dies geschieht mittels der konstanten Versorgung durch ein Gasgemisch über die Lungen, oder durch zusätzliche Injektionen über eine Kanüle. Nachdem diese Versorgung aussetzt, fällt der Pegel der Nervenblocker im Gehirn langsam ab und der Patient erwacht aus der Narkose.
Dieser Vorgang dauert üblicherweise bis zu einer halben Stunde. Anschließend hat der Patient eine partielle Amnesie und wird sich nicht an den Verlauf der Operation erinnern. In der ersten Phase setzt häufig ein geringes körperliches Zittern ein. Ein medikamentöser Plan zur Regulierung der postoperativen Schmerzen sollte durchgeführt werden.
Durchführung & Ablauf
Der Ablauf einer Narkose beginnt mit der Vorbereitung, bei der der Anästhesist eine gründliche Anamnese des Patienten durchführt. Dabei werden Gesundheitszustand, Allergien, bisherige Narkoseerfahrungen und aktuelle Medikamente berücksichtigt, um das Narkoserisiko zu minimieren. Nach der Aufklärung des Patienten über den Eingriff und die Narkose wird dieser nüchtern gehalten, um das Risiko von Komplikationen wie Aspiration zu reduzieren.
Am Tag des Eingriffs wird der Patient in den Operationssaal gebracht, wo Überwachungsgeräte wie EKG, Blutdruckmessung und Pulsoximeter angeschlossen werden. Diese Geräte überwachen kontinuierlich die Vitalparameter des Patienten. Zur Einleitung der Narkose werden meist intravenöse Medikamente verabreicht, die den Patienten schnell bewusstlos machen. Alternativ kann auch eine inhalative Anästhesie eingeleitet werden, insbesondere bei Kindern.
Nach der Einleitung der Narkose wird ein Atemweg gesichert, oft durch Intubation, um eine kontrollierte Beatmung zu gewährleisten. Während der gesamten Operation überwacht der Anästhesist den Zustand des Patienten und passt die Narkosemittel entsprechend an, um eine stabile Anästhesie zu gewährleisten.
Am Ende des Eingriffs wird die Zufuhr der Narkosemittel gestoppt und der Patient erwacht allmählich. Nach der Operation wird der Patient in den Aufwachraum gebracht, wo er weiter überwacht wird, bis er vollständig wach und stabil ist. Der Anästhesist überprüft den Zustand des Patienten und stellt sicher, dass keine unmittelbaren Nachwirkungen oder Komplikationen auftreten.
Risiken & Gefahren
Eine Narkose hat eine Reihe von häufig auftretenden Nebenwirkungen. Diese werden im Vorhinein vom Anästhesisten angesprochen, setzen meist kurz nach der Operation ein und halten nicht lange an. Bis zu 30 Prozent der Patienten klagen über Übelkeit und Erbrechen. Dies kann einige Stunden bis zu einem Tag anhalten.
Eine gleiche Anzahl der Patienten friert nach dem Erwachen aus der Narkose und leidet an körperlichem Zittern. Diese Effekte sollten nach zirka 30 Minuten vergehen. Verwirrung und Gedächtnisverlust ist verbreiteter bei älteren Patienten, müsste sich aber nach kurzer Zeit einstellen. Eine Brustkorb-Infektion tritt vereinzelt nach Operationen am Oberkörper auf und führt zu Atemproblemen und Fieberanfällen.
Blasenprobleme können eintreten, Frauen haben möglicherweise Schwierigkeiten Urin zu halten. Nur zirka 1 Prozent erleidet leichte Nervenschäden, die zu Taubheit führt und bis zu einigen Wochen anhalten kann. Durch die Inkubation spüren die Patienten nicht selten eine gereizte Lunge oder Verletzungen im Mundinnenraum.
Schwerere Folgen wie permanente Nervenschäden oder ernste allergische Reaktionen gegen die Narkose treten sehr viel seltener auf (ein Mal auf 10.000 Narkosen). Schwere Komplikationen die zum Tod führen, treten zirka ein Mal auf 100.000 Narkosen ein. Diese Komplikationen sind wahrscheinlicher bei verminderter körperlicher Gesundheit des Patienten durch Übergewicht, starkes Rauchen, andere Krankheiten oder Notfalloperationen.
Alternativen
Wenn eine Narkose nicht möglich ist, stehen verschiedene alternative Anästhesie- und Sedierungsverfahren zur Verfügung. Eine gängige Alternative ist die Regionalanästhesie, bei der nur ein bestimmter Körperteil betäubt wird. Dazu gehören die Spinalanästhesie und die Epiduralanästhesie, die oft bei Eingriffen an den unteren Extremitäten oder bei Kaiserschnitten eingesetzt werden. Diese Methoden blockieren die Schmerzempfindung in bestimmten Nervenbereichen, während der Patient bei Bewusstsein bleibt.
Eine weitere Option ist die Lokalanästhesie, bei der ein kleiner Bereich des Körpers betäubt wird. Dies ist ideal für kleinere chirurgische Eingriffe oder Zahnbehandlungen. Lokalanästhetika werden direkt in das zu behandelnde Gewebe injiziert, um die Nervenleitfähigkeit zu blockieren und so Schmerzen zu verhindern.
Sedierung, insbesondere die sogenannte „bewusste Sedierung“, ist eine weitere Möglichkeit. Hierbei werden Beruhigungsmittel verabreicht, um den Patienten zu entspannen und Angst zu reduzieren, während er bei Bewusstsein bleibt und auf Anweisungen reagieren kann. Diese Methode wird häufig in der Zahnmedizin und bei endoskopischen Untersuchungen verwendet.
Hypnose ist eine weniger verbreitete, aber dennoch effektive Methode zur Schmerzbewältigung und Angstkontrolle, die besonders bei Patienten mit Angststörungen oder bei Eingriffen ohne tiefere Schmerzebenen eingesetzt werden kann. Ebenso können Akupunktur und andere komplementäre Therapien in bestimmten Kontexten eingesetzt werden, um Schmerz und Stress zu lindern.
Diese alternativen Verfahren bieten eine Bandbreite an Optionen, die an die individuellen medizinischen Bedürfnisse und die spezifische Situation des Patienten angepasst werden können, insbesondere wenn eine Vollnarkose nicht in Frage kommt.
Quellen
- Roewer, N., Thiel, H.: Taschenatlas der Anästhesie. Thieme, Stuttgart 2013
- Schulte am Esch, J., et al.: Anästhesie und Intensivmedizin. Thieme, Stuttgart 2011
- Schüttler, J., Neglein, J., Bremer, F.: Checkliste Anästhesie. Thieme, Stuttgart 2000