Adefovir
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 30. April 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Adefovir ist ein Arzneimittel zur Behandlung von Hepatitis B. Bei einer langfristigen Einnahme hindert es die Vermehrung der Hepatitis-B-Viren.
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Was ist Adefovir?
Adefovir, auch bekannt als Adefovirum, gehört zur Wirkstoffklasse der Virostatika. Dies sind Arzneimittel, welche die Vermehrung von Viren hemmen.
Adefovirum wurde in der Europäischen Union im Jahr 2003 zugelassen. Es wird erwachsenen Personen zur Therapie der chronischen Hepatitis B verschrieben. Meist kommt das Arzneimittel erst dann zum Einsatz, wenn zusätzlich eine Lebererkrankung vorliegt. Hierbei kann es sich um eine Störung der Serumwerte oder eine Leberentzündung handeln.
Das Arzneimittel wird in Deutschland unter dem Namen Hepsera vertrieben. Die Halbwertszeit des Wirkstoffes beträgt sieben Stunden, woraufhin es über die Niere abgebaut wird. Im Blut wird Adefovir nur geringfügig von Proteinen gebunden.
Pharmakologische Wirkung
In medizinischen Kreisen wird Adefovir als Prodrug klassifiziert. Dies ist ein zunächst inaktiver Wirkstoff, der seine Wirkung erst nach der Einnahme entfaltet. Nach der Aufnahme wird Adefovir in einem Übergangszustand in Adenosinmonophosphat umgewandelt.
Das Phosphat bildet eine verwandte Struktur, allerdings wird es von befallenen Zellen besser aufgenommen. Dort wird es schließlich zu Adefovirdiphosphat umgewandelt und nimmt seine aktive Form an. Innerhalb der Zelle kollidiert das Adefovirdiphosphat mit dem natürlich vorkommenden Substrat Desoxyadenosintriphosphat. Da sich beide Verbindungen stark ähneln, kommt er zu einer Behinderung der Nukleinsäuresynthese. In der Konsequenz wird die befallene Zelle daran gehindert, sich zu teilen.
Insgesamt wird die Vermehrungsgeschwindigkeit der Viren verringert. Umgangssprachlich wird dieses Verfahren auch als Suizid-Inhibition bezeichnet. Da mit dieser Methode auch die humane DNA-Polymerase gestoppt werden kann, dürfen nur geringe Konzentrationen des Wirkstoffes eingenommen werden. Im Übrigen kann während einer Behandlung eine kontinuierliche Resistenzsteigerung beobachtet werden.
Diese entsteht aufgrund einer Mutation eines Polymerase-Gens. Langfristig können die klinisch beobachteten Resistenzen den Behandlungserfolg minimieren. Daher ist eine Verringerung der Viruslast nur kurzfristig möglich. Meist reicht dies aber aus, um einer weiteren Leberschädigung vorzubeugen.
Medizinische Anwendung & Verwendung
Adefovir ist ein rezeptpflichtiges Arzneimittel. Es wird ausschließlich zur Behandlung der chronischen Hepatitis-B-Erkrankung eingesetzt. Das in Deutschland vertretene Medikament Hepsera enthält den Wirkstoff in Form von Tabletten. Diese werden oral nach der Anweisung des Arztes eingenommen. Dabei kann mit einer Bioverfügbarkeit von etwa 60 Prozent gerechnet werden. Dies bedeutet, dass der Anteil des Wirkstoffes 60 Prozent der Gesamtmenge ausmacht.
Allerdings geht das Arzneimittel mit einer geringen Proteinbindung einher. So stehen dem Kreislauf weniger als vier Prozent der eingenommenen Menge zur Verfügung. Nach einigen Stunden wird Adefovir wieder ausgeschieden. Dies erfolgt über die Niere durch Filtration und Sekretion. Hierbei kann mit einer Halbwertszeit von sieben Stunden gerechnet werden. Demnach verlässt die Hälfte der aufgenommenen Wirkstoffmenge nach je sieben Stunden den Körper.
Jedoch gilt es zu beachten, dass die Einnahme des Arzneimittels nur in der Kombination mit einer anstehenden oder laufenden Lebererkrankung verordnet wird. Darüber hinaus muss eine aktive Virusreplikation nachgewiesen werden. Das bedeutet, dass das Fortschreiten einer Hepatitis-B-Erkrankung bei einer Erst- oder Folgebehandlung überprüft werden soll. Abhängig von der Krankheitsgeschichte gelten eventuelle Ausnahmen.
Verabreichung & Dosierung
Adefovir ist ein antivirales Medikament, das hauptsächlich zur Behandlung der chronischen Hepatitis B eingesetzt wird. Es wirkt, indem es die DNA-Polymerase des Hepatitis B-Virus hemmt, was die Virusreplikation stört. Bei der Verabreichung und Dosierung von Adefovir sind spezifische Richtlinien zu beachten, um eine optimale Wirksamkeit zu gewährleisten und das Risiko von Nebenwirkungen zu minimieren.
Dosierung: Die übliche Dosierung von Adefovir für Erwachsene ist 10 mg einmal täglich. Die Tabletten sollten ganz geschluckt und können mit oder ohne Nahrung eingenommen werden.
Nierenfunktion beachten: Adefovir wird über die Nieren ausgeschieden und kann bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion zu weiteren Nierenschäden führen. Bei Patienten mit vorbestehender Nierenerkrankung, oder bei denen, die ein erhöhtes Risiko für Nierenprobleme haben, muss die Dosierung angepasst oder das Medikament unter strenger medizinischer Überwachung verabreicht werden. Regelmäßige Kontrollen der Nierenfunktion sind erforderlich, um frühzeitig auf potenzielle Probleme reagieren zu können.
Langzeitanwendung: Adefovir wird häufig langfristig eingesetzt, da Hepatitis B eine chronische Erkrankung ist. Patienten sollten regelmäßig ärztlich überwacht werden, um die Wirksamkeit der Behandlung und das Auftreten von Nebenwirkungen zu bewerten.
Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten: Adefovir kann Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten eingehen, insbesondere mit solchen, die ebenfalls die Nieren belasten. Es ist wichtig, dass Patienten alle anderen Medikamente, die sie einnehmen, ihrem Arzt melden.
Schwangerschaft und Stillzeit: Die Sicherheit von Adefovir während der Schwangerschaft und Stillzeit ist nicht vollständig geklärt. Schwangere oder stillende Frauen sollten nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung durch einen Arzt mit Adefovir behandelt werden.
Patienten, die mit Adefovir behandelt werden, sollten engmaschig überwacht werden, um sicherzustellen, dass das Medikament sicher und effektiv ist. Es ist auch wichtig, dass Patienten auf die Einhaltung des Behandlungsplans achten und regelmäßige Arztbesuche wahrnehmen.
Risiken & Nebenwirkungen
Adefovir geht in der Behandlung mit einer Reihe an Nebenwirkungen einher. Zu den wichtigsten Nebenwirkungen gehört Nephrotoxin. Es wird umgangssprachlich als Nierengiften bezeichnet. Die Namensgebung geht auf die giftige Wirkung des Arzneimittels, insbesondere gegen Nierenzellen, zurück.
Daher muss die Nierenfunktion in regelmäßigen Abständen überprüft werden. Wird eine Einschränkung festgestellt, kann der Arzt eine Anpassung der empfohlenen Dosis vornehmen. Darüber hinaus können gastrointestinale Beschwerden auftreten. Hierbei handelt es sich um Störungen des Verdauungssystems. Bei einer längerfristigen Einnahme können Kopf- und Nackenschmerzen hinzukommen.
Diese lassen nach dem Behandlungsende wieder nach. Ferner ist Adefovir für minderjährige und schwangere Patienten ungeeignet. Unter Umständen kann eine Nutzen-Risiko-Abwägung vorgenommen werden. Oft überwiegen die Folgen der Therapie den damit einhergehenden Behandlungserfolg. Nach wie vor ist unbekannt, ob das Mittel in der Muttermilch auftritt. Vorsichtshalber sollte vom Stillen während der gesamten Behandlungsdauer abgesehen werden.
Kontraindikationen
Adefovir ist ein antivirales Medikament, das zur Behandlung der chronischen Hepatitis B eingesetzt wird. Wie bei jedem Medikament gibt es bestimmte Situationen und Bedingungen, unter denen die Verwendung von Adefovir kontraindiziert ist, um die Sicherheit der Patienten zu gewährleisten. Hier sind einige der typischen Kontraindikationen:
Schwere Niereninsuffizienz: Da Adefovir hauptsächlich über die Nieren ausgeschieden wird, ist seine Anwendung bei Patienten mit schwerer Niereninsuffizienz kontraindiziert. Adefovir kann die Nierenfunktion weiter verschlechtern, daher sollten Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion das Medikament nur unter strenger ärztlicher Überwachung und möglicherweise in angepasster Dosierung verwenden.
Allergien gegen Adefovir: Patienten, die eine bekannte Überempfindlichkeit oder Allergie gegen Adefovir oder einen der sonstigen Bestandteile des Medikaments haben, sollten Adefovir nicht einnehmen. Eine solche Allergie kann zu schweren allergischen Reaktionen führen, die potenziell lebensbedrohlich sein können.
Schwangerschaft und Stillzeit: Die Anwendung von Adefovir während der Schwangerschaft und Stillzeit sollte vermieden werden, es sei denn, der Nutzen rechtfertigt das potenzielle Risiko für das Kind. Adefovir kann in Tierversuchen fruchtschädigend wirken, und es ist nicht bekannt, ob es in die Muttermilch übergeht.
Kombination mit bestimmten Medikamenten: Adefovir sollte nicht zusammen mit anderen Medikamenten verwendet werden, die ebenfalls die Nieren belasten können, wie bestimmte Schmerzmittel und nichtsteroidale Entzündungshemmer (NSAIDs). Die gleichzeitige Anwendung dieser Medikamente kann das Risiko einer Nierenschädigung erhöhen.
Es ist wichtig, dass alle Patienten vor Beginn einer Behandlung mit Adefovir eine gründliche medizinische Untersuchung durchführen lassen und ihren Arzt über alle vorhandenen Gesundheitszustände, Allergien und aktuell eingenommenen Medikamente informieren. Dies hilft, mögliche Kontraindikationen frühzeitig zu erkennen und die Behandlung sicher und effektiv zu gestalten.
Interaktionen mit anderen Medikamenten
Adefovir, ein antivirales Medikament zur Behandlung der chronischen Hepatitis B, hat einige spezifische Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten, die berücksichtigt werden müssen, um die Sicherheit und Wirksamkeit der Behandlung zu gewährleisten. Hier sind wichtige Interaktionen:
Nephrotoxische Medikamente: Da Adefovir eine potenzielle Nephrotoxizität aufweist, ist besondere Vorsicht geboten, wenn es mit anderen Medikamenten kombiniert wird, die ebenfalls die Nieren belasten können. Dazu gehören nichtsteroidale Antirheumatika (NSAIDs), Aminoglykoside, Vancomycin und hochdosierte oder mehrfache Röntgenkontrastmittel. Die gleichzeitige Verwendung dieser Medikamente kann das Risiko für Nierenschäden erhöhen.
Andere antivirale Medikamente: Die Kombination von Adefovir mit anderen antiviralen Mitteln, die gegen Hepatitis B eingesetzt werden, wie Tenofovir oder Lamivudin, muss sorgfältig überwacht werden. Es besteht das Risiko einer Kreuzresistenz oder verstärkten Nebenwirkungen.
Medikamente, die den Kaliumhaushalt beeinflussen: Adefovir kann den Kaliumspiegel im Blut beeinflussen. Medikamente, die den Kaliumhaushalt stören, wie ACE-Hemmer, Angiotensin-II-Rezeptorblocker oder bestimmte Diuretika, können in Kombination mit Adefovir zu einem erhöhten Risiko für Hyperkaliämie führen.
Antazida und Protonenpumpeninhibitoren: Medikamente, die den pH-Wert im Magen erhöhen, wie Antazida oder Protonenpumpeninhibitoren, könnten theoretisch die Absorption von Adefovir beeinflussen, obwohl spezifische Daten hierzu fehlen. Die zeitgleiche Einnahme sollte vermieden oder zeitlich versetzt erfolgen.
Die Kenntnis dieser Interaktionen ist entscheidend für die sichere Verwendung von Adefovir. Patienten sollten alle Medikamente, einschließlich rezeptfreier Präparate und Nahrungsergänzungsmittel, die sie einnehmen, ihrem behandelnden Arzt mitteilen. Eine regelmäßige Überwachung der Nierenfunktion und relevanter Blutwerte ist bei Patienten, die Adefovir einnehmen, unerlässlich, um potenzielle schädliche Effekte frühzeitig zu erkennen und zu adressieren.
Alternative Behandlungsmethoden
Wenn Adefovir aufgrund von Unverträglichkeiten oder Nebenwirkungen nicht geeignet ist, stehen mehrere alternative Behandlungsmöglichkeiten für die chronische Hepatitis B zur Verfügung. Diese Alternativen bieten verschiedene Wirkmechanismen und können eine bessere Verträglichkeit für bestimmte Patienten bieten:
Tenofovir: Dies ist ein weiteres antivirales Medikament, das ähnlich wie Adefovir wirkt, aber oft eine bessere renale Verträglichkeit aufweist. Tenofovir ist in zwei Formen verfügbar: Tenofovir Disoproxil Fumarat (TDF) und Tenofovir Alafenamid (TAF), wobei TAF eine neuere Formulierung mit geringeren Risiken für Nierenschäden und Knochendichte-Verlust ist.
Entecavir: Entecavir ist ein weiteres hochwirksames Medikament gegen Hepatitis B, das für seine Effektivität und geringe Resistenzrate bekannt ist. Es wird allgemein gut vertragen und ist eine bevorzugte Option für Patienten, die noch keine antivirale Therapie erhalten haben.
Telbivudin: Telbivudin ist eine weitere Alternative, die speziell gegen das Hepatitis B-Virus wirkt. Es ist besonders wirksam bei der Reduktion der viralen Last, kann jedoch in einigen Fällen mit einer höheren Rate an muskuloskelettalen Nebenwirkungen verbunden sein.
Lamivudin: Obwohl es aufgrund der höheren Rate an Resistenzentwicklung weniger häufig als Erstlinientherapie empfohlen wird, bleibt Lamivudin eine Option für Patienten, die andere antivirale Medikamente nicht vertragen.
Interferon-Alpha: Diese Behandlungsoption stimuliert das Immunsystem, um das Virus zu bekämpfen. Interferon-Alpha ist eine injizierbare Medikation, die insbesondere für jüngere Patienten ohne fortgeschrittene Lebererkrankung oder solche, die eine begrenzte Behandlungsdauer bevorzugen, geeignet sein könnte, da es im Gegensatz zu den meisten anderen antiviralen Mitteln keine lebenslange Therapie erfordert.
Es ist wichtig, dass jede alternative Behandlung unter Aufsicht eines Arztes erfolgt, um die Wirksamkeit zu überwachen und mögliche Nebenwirkungen zu managen. Eine regelmäßige Überprüfung und Anpassung der Behandlung kann erforderlich sein, um optimale Ergebnisse zu erzielen.
Quellen
- "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
- "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
- "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor