Viren

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 16. September 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Viren sind als Krankheitserreger für viele Infektionen verantwortlich. Im Gegensatz zu Bakterien verhalten sich Viren auf Antibiotika jedoch absolut immun. Impfungen gegen einige Virus-Infektionen existieren, jedoch nicht gegen alle Viren.

Inhaltsverzeichnis

Was sind Viren?

Viren sind infektiöse Strukturen, die sich außerhalb von Zellen durch Übertragung verbreiten, aber sich nur innerhalb einer geeigneten Wirtszelle vermehren können. Im Bild rote Blutkörperchen und Viren. Klicken, um zu vergrößern.

Viren sind genetische Parasiten. Sie befallen sowohl Bakterien als auch höhere Zellen und somit auch Organtiere einschließlich des Menschen. Es sind biologische Pakete, die ihr Erbgut (DNA) in die Wirtszelle transportieren. Dort vollbringt der Zellstoffwechsel, was die Viren selbst nicht können:

Die Wirtszelle produziert neue Viren nach deren DNA-Bauplan und stirbt ab. Dadurch werden abertausende dieser kopierten Viren freigesetzt. Da Viren keinen eigenen Stoffwechsel besitzen und sich nicht selbst vermehren können, zählen sie auch nicht zum Reich der Lebewesen.

Dennoch müssen sie sich aus lebenden Zellen entwickelt haben, darauf weist ihre Biochemie deutlich hin. Die Zellen aller Lebensformen können von bestimmten, nur für sie „zuständigen“ Viren befallen werden. Diese strenge Spezialisierung ist ein weiteres Charakteristikum der Viren.

Bedeutung & Funktion

Viren veranlassen Zellen zur Selbstzerstörung. Ihre Bedeutung als Krankheitserreger bei Menschen, Tieren und Pflanzen steht daher in der Betrachtung im Vordergrund.

Bakterien und Pilze stellen zwar ebenfalls ein erhebliches Infektionsrisiko dar. Allerdings sind einige dieser Mikroorganismen für den Menschen lebenswichtig. Hingewiesen sei hier auf die Hautflora, die uns Menschen vor vielen Infektionen schützt. Bekannter ist die Darmflora, ohne die eine optimale Verdauung undenkbar wäre.

Unter den natürlich vorkommenden Viren hingegen gibt es keine Formen, die für den Menschen in irgendeiner Weise nützlich sind. Als bloße DNA-Transporter ohne selbstständigen Stoffwechsel können Viren auch nicht durch Antibiotika ausgemerzt werden. Denn nur für Bakterien sind die Antibiotika tödliche Stoffwechselgifte. Die medizinische Behandlung von Virusinfektionen hat daher enge Grenzen.

Virostatika sind Medikamente, die eine Vermehrung der Viren zwar hemmen können, nicht aber zu ihrer vollständigen Beseitigung führen. Bei allen Risiken, die von Viren als infektiösen Krankheitserregern ausgehen, darf ihre moderne Bedeutung für Forschung und Medizin nicht übersehen werden. Genmanipulierte Viren dienen heute schon zur Behandlung bakterieller Infektionen. Bekämpft werden mit solchen Viren insbesondere die Bakterien, die gegen Antibiotika resistent geworden sind.

Doch gibt es auch Ansätze, speziell veränderte Viren in der Krebstherapie einzusetzen. Diese „onkolytischen Viren“ befallen und zerstören nur Tumorzellen und wirken damit hochspezifisch. Die gravierenden Nebenwirkungen der Chemotherapie bleiben dem Patienten so erspart.

Vielversprechend sind auch die Bestrebungen der somatischen Gentherapie: So soll beispielsweise der erblich bedingte Diabetes in Zukunft heilbar sein. Als Vehikel („Vektoren“), die gesundes Erbmaterial in Organe mit Gendefekten einschleusen, dienen bei diesem Ansatz labortechnisch abgewandelte Viren.


Biologische Eigenschaften

Viren sind infektiöse Partikel, die aus einer Proteinhülle (Kapsid) und einem Genom bestehen, das entweder aus DNA oder RNA bestehen kann. Sie sind keine Lebewesen, da sie keinen eigenen Stoffwechsel haben und sich nur innerhalb einer Wirtszelle vermehren können. Aufgrund dieser Abhängigkeit werden sie als obligate Zellparasiten bezeichnet.

In der Taxonomie werden Viren in verschiedene Familien, Gattungen und Spezies eingeteilt, basierend auf ihren genetischen Eigenschaften, ihrer Morphologie und dem Wirtsorganismus. Die Baltimore-Klassifikation teilt Viren in sieben Gruppen ein, je nach Art ihres Genoms (DNA oder RNA, einzelsträngig oder doppelsträngig) und der Art ihrer Replikation.

Die Morphologie von Viren variiert stark. Sie können ikosaedrisch, helikal oder komplex geformt sein. Einige Viren haben eine zusätzliche Hülle, die von der Wirtszellmembran abgeleitet ist, während andere "nackt" sind.

Das Genom von Viren zeigt große Vielfalt. Es kann sehr klein sein, wie bei einigen RNA-Viren mit wenigen Genen, oder groß, wie bei DNA-Viren mit vielen Hunderten Genen. Viren nutzen verschiedene Mechanismen zur Genomreplikation, wobei RNA-Viren oft eine hohe Mutationsrate aufweisen, da ihre Replikationsenzyme keine Fehlerkorrekturmechanismen haben. Dies führt zu einer schnellen Anpassung und erhöhten Resistenz gegenüber Behandlungen.

Vorkommen & Verbreitung

Viren kommen in nahezu allen Umgebungen der Erde vor, von den Tiefen der Ozeane bis in die Luft. Sie sind ein natürlicher Bestandteil von Ökosystemen und spielen eine wichtige Rolle in der Regulierung von Populationen und der genetischen Vielfalt. In der Umwelt finden sich Viren in Wasser, Böden und sogar in der Luft. Besonders in den Meeren sind Viren extrem zahlreich; dort infizieren sie Bakterien (Bakteriophagen) und regulieren mikrobiologische Gemeinschaften.

In der Darmflora des Menschen und vieler Tiere sind Viren ebenfalls präsent. Sie beeinflussen das Mikrobiom und können eine wichtige Rolle bei der Aufrechterhaltung der mikrobiellen Balance spielen. Bakteriophagen, die Bakterien im Darm infizieren, helfen beispielsweise dabei, schädliche Bakterienpopulationen zu kontrollieren.

Die Übertragung von Viren erfolgt über verschiedene Wege, abhängig von ihrer Art. Aerosole (z. B. bei Atemwegsviren wie Influenza), kontaminierte Oberflächen, Nahrung oder Wasser sind häufige Verbreitungswege. Einige Viren, wie Dengue oder Zika, werden durch Insektenstiche übertragen (Vektoren).

In Ökosystemen haben Viren eine bedeutende Rolle, da sie zur Nährstoffrecycling beitragen, indem sie Mikroorganismen infizieren und lysieren, was organisches Material freisetzt. Viren beeinflussen auch die Evolution, indem sie Gene zwischen Organismen übertragen und so die genetische Vielfalt fördern.

Krankheiten

Viren sind dennoch in erster Linie eine stetig lauernde Gefahr. Bei jeder Infektion geht ihre Vermehrungsrate in die Millionen, wenn nicht Milliarden. Durch das Auftreten so hoher Stückzahlen in kürzester Zeit finden vielfältige Mutationen statt. Neue Virus-Stämme können so jederzeit und unvorhergesehen aufkeimen.

Die alljährlich hereinbrechenden Grippewellen sind daher im Grunde unberechenbar. Die globale Pandemie der Spanischen Grippe der Jahre 1918 und 1919 forderte mindestens 30 Millionen Todesopfer. Besorgniserregend heute stellt sich die Situation der HIV-Infizierten dar. Die rund 50 Millionen Betroffenen leben größtenteils in der dritten Welt. Mit einer Reihe von Virostatika können Ärzte das Virus-Wachstum zwar hemmen und das Leben der Patienten deutlich verlängern. Doch die schweren Nebenwirkungen der medikamentösen Therapie machen HIV-Patienten meist zu Frührentnern.

Für die meisten Patienten in den armen Ländern ist AIDS nach wie vor ein Todesurteil: Sie können sich die teuren Medikamente nicht leisten. Die wirksamste Methode, die Menschheitsseuche in den Griff zu bekommen, wäre ein Impfstoff. Jedoch hat sich die Entwicklung eines solchen Serums als sehr schwierig erwiesen.

Viele Virus-Infektionen konnten im letzten Jahrhundert mit Schutzimpfungen praktisch ausgerottet werden. So spielen Windpocken, Masern und Kinderlähmung zumindest in den westlichen Industrieländern kaum noch eine Rolle.

Eine verbesserte Impfmoral könnte auch andere schwere Infektionen wie die Hirnhautentzündung (Frühsommerenzephalitis oder FSME) oder Hepatitis A und B in den Hintergrund drängen. Gegen den Verursacher des Schnupfens kann wegen dessen Variabilität kein Impfstoff entwickelt werden. Allerdings zählen die Erreger auch nicht zu den gefährlichsten unter den Viren.

Behandlungsmöglichkeiten

Die Behandlung von Virusinfektionen variiert je nach Art des Virus und dem Krankheitsverlauf. Standardtherapien bestehen oft aus antiviralen Medikamenten, die die Vermehrung des Virus hemmen. Beispiele sind Aciclovir bei Herpes-Infektionen oder Oseltamivir (Tamiflu) bei Grippe. Diese Medikamente zielen auf spezifische Mechanismen der Virusreplikation ab, wie etwa die Hemmung der viralen DNA- oder RNA-Polymerase.

Ein großes Problem bei der Behandlung von Viren sind resistente Stämme. Besonders bei HIV und Hepatitis C haben einige Viren im Laufe der Zeit Resistenzen gegen antivirale Therapien entwickelt. Dies erfordert oft Kombinationstherapien, bei denen mehrere Medikamente gleichzeitig eingesetzt werden, um die Resistenzbildung zu verhindern oder zu reduzieren.

Impfungen stellen die wichtigste präventive Maßnahme gegen Virusinfektionen dar, indem sie das Immunsystem gegen bestimmte Viren trainieren, wie etwa bei Masern, Polio oder COVID-19. Sie verhindern die Infektion, indem sie die Immunantwort vorab stärken.

Neue und experimentelle Therapien sind ein aufstrebender Bereich der Forschung. Hierzu gehören RNA-basierte Therapien, die z. B. bei COVID-19 genutzt wurden, sowie monoklonale Antikörper, die direkt gegen virale Proteine wirken. Auch CRISPR-basierte Technologien zur Entfernung viraler DNA aus infizierten Zellen oder phagenbasierte Therapien zur Bekämpfung bakterieller Co-Infektionen werden erforscht. Die Weiterentwicklung dieser Ansätze bietet potenzielle Lösungen für bisher schwer behandelbare Virusinfektionen.

Zoonotische Viren: Ursprung und Gesundheitsrisiken

Zoonotische Viren sind Viren, die von Tieren auf den Menschen übertragen werden und dabei schwere Krankheiten auslösen können. Viele virale Infektionskrankheiten, die Menschen betreffen, haben ihren Ursprung in Tieren, insbesondere Wildtieren. Beispiele für bekannte zoonotische Viren sind das Coronavirus (SARS-CoV, MERS-CoV und SARS-CoV-2), das Ebolavirus, das Zikavirus und das Hantavirus. Diese Viren können durch engen Kontakt mit infizierten Tieren, durch Vektoren wie Mücken oder durch den Verzehr von nicht ausreichend gegartem Fleisch übertragen werden.

Ursprung zoonotischer Viren

Der Ursprung zoonotischer Viren liegt häufig in Reservoir-Wirten, meist Säugetieren wie Fledermäusen, Nagetieren oder Affen. Diese Tiere tragen die Viren oft ohne selbst zu erkranken, da sie über angepasste Immunsysteme verfügen, die die Viruslast kontrollieren. Wenn jedoch ein Mensch in Kontakt mit diesen Reservoiren kommt, etwa durch den Konsum von Wildtieren, das Eindringen in deren Lebensräume oder durch Vektoren wie Stechmücken, kann das Virus auf den Menschen überspringen. Diese Übertragung wird als Spillover bezeichnet. Häufig erlangt das Virus nach dem Übertritt in die menschliche Population die Fähigkeit zur menschlichen Übertragung, was zu Ausbrüchen führen kann.

Gesundheitsrisiken und globale Ausbrüche

Die Gesundheitsrisiken zoonotischer Viren sind erheblich. Viren wie das Ebolavirus oder das Nipah-Virus verursachen hochgradig tödliche Krankheiten mit fatalen Verläufen. Andere, wie das Zikavirus, verursachen zwar oft mildere Symptome, können jedoch in bestimmten Populationen, etwa bei Schwangeren, zu schwerwiegenden Komplikationen führen, wie Mikrozephalie bei Neugeborenen.

Zoonotische Viren haben das Potenzial, globale Pandemien auszulösen. Die jüngsten Ausbrüche von SARS-CoV-2 (COVID-19) sind ein Beispiel dafür, wie ein Virus, das ursprünglich in Fledermäusen vorkam, in der Lage war, eine weltweite Gesundheitskrise auszulösen. Solche Viren können schnell mutieren und sich an den Menschen anpassen, wodurch sie sich leichter verbreiten und schwer kontrollierbare Ausbrüche verursachen.

Prävention und Überwachung

Die Prävention zoonotischer Viren erfordert eine Kombination aus Umweltschutz, Überwachung und Aufklärung. Der Schutz von Wildtieren und deren Lebensräumen kann das Risiko eines Spillovers verringern, während die Überwachung potenzieller zoonotischer Erreger in Wildtieren, Nutztieren und Menschen eine frühzeitige Erkennung und Kontrolle von Ausbrüchen ermöglicht.

Impfstoffe, wie sie bei der Tollwut bereits existieren, sind eine effektive Möglichkeit, das Risiko einer Infektion zu minimieren. Außerdem spielt die internationale Zusammenarbeit in der Forschung eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung von Behandlungs- und Präventionsstrategien, um das Risiko von Pandemien durch zoonotische Viren zu verringern.

Quellen

  • Doerfler, W.: Viren. Fischer Taschenbuch, Berlin 2015
  • Hofmann, F., Tiller, F.,W.: Praktische Infektiologie. ecomed-Storck, Hamburg 2011
  • Neumeister, B., Geiss, H., Braun, R.: Mikrobiologische Diagnostik. Thieme, Stuttgart 2009

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