Aminoglykoside

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 16. Mai 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Unter dem Begriff der Aminoglykoside werden diverse Antibiotika zusammengefasst, welche zur Behandlung bakterieller Infektionskrankheiten genutzt werden. In der Regel werden Aminoglykoside durch eine Injektion entweder intravenös oder intramuskulär verabreicht, Augen- und Ohrentropfen sind jedoch ebenso wie Cremes verbreitet.

Inhaltsverzeichnis

Was sind Aminoglykoside?

Unter dem Begriff der Aminoglykoside werden diverse Antibiotika zusammengefasst, welche durch eine Injektion entweder intravenös oder intramuskulär verabreicht.

Als Aminoglykoside wird eine große Gruppe aus Antibiotika bezeichnet. Zehn von einhundert Ärzten in Deutschland setzen sie zur zur Behandlung bakterieller Infektionen ein. Sie sind in seltenen Fällen als Tablette erhältlich und werden sehr viel häufiger durch Injektionen verabreicht.

Bis auf zwei spezielle Nebenwirkungen gelten Aminoglykoside auch durch ihre sehr kurze Verbleibzeit innerhalb des Körpers als verträglich und werden daher sehr häufig verschrieben. Das Einsatzgebiet reicht von leichten Infektionen der Atemwege bis hin zu Entzündungen der Hirnhaut.

Pharmakologische Wirkung

Da es sich bei den Aminoglykosiden um Antibiotika handelt, wirken diese Präparate nicht direkt auf einzelne Organe. Stattdessen greifen sie die Ribosomen der Bakterien an. Dort versuchen Aminoglykoside, in die Proteinbiosynthese der Bakterien einzugreifen.

Sie wird durch das Präparat gehemmt und es kommt zur Bildung von Proteinen, welche das infizierte Bakterium nicht zum Überleben oder zur Vervielfältigung nutzen kann. Der Stoffwechsel innerhalb der Baktrien wird durch Aminoglykoside also komplett unterbunden, was über einen kurzen Zeitraum zum sogenannten Bakterizid, also dem Absterben der betroffenen Bakterien, führt. Nach der Entfaltung der Wirkung werden Aminoglykoside durch den Urin auf natürliche Weise ausgeschieden.

Mit relativ hoher Häufigkeit kann sich die Verabreichung von Aminoglykoside jedoch negativ auf die Niere und auch das Gehör auswirken. Insbesondere bei einer intravenösen oder intramuskulären Verabreichung kommt es zu diesen unerwünschten Nebeneffekten. Sollte eine Fehlfunktion dieser Organe während der Behandlung eintreten, gilt es, sofort einen Arzt aufzusuchen, da diese Schäden durch Aminoglykoside nicht wieder repariert werden können.

Medizinische Anwendung & Verwendung

Aminoglykoside, wie etwa Amikacin, Gentamicin, Tobramycin und diverse andere Präparate, können gegen eine Vielzahl von Erkrankungen in Verbindung mit infizierten Bakterien eingesetzt werden. Eine Ausnahme dieser Regel besteht normalerweise nur im Fall von Streptokokken, gegen welche ein spezielles Antibiotikum, das Streptomycin, eingesetzt wird.

Zu den typischen Anwendungsfeldern der Aminoglykoside zählt beispielsweise eine Infektion der Atemwege und auch des Bauchraums. Im Falle einer Peritonitis sind Aminoglykoside ein häufig verschriebenes Mittel zur schnellen Bekämpfung von Ursache und Symptomen. Bei Verbrennungen erweisen einige Aminoglykoside ebenfalls hilfreiche Dienste. Leichte bis mittlere Meningitis sowie Endokarditis können durch Aminoglykoside behandelt werden.

Falls es zu septischen Infektionen der Nieren oder anderer Bereiche des Urogenitalsystems gekommen ist, zählen Aminoglykoside zu den zuverlässigen Lösungen. Aufgrund der möglichen Schädigung von Nieren oder Hörorganen werden Aminoglykoside nicht für Off-Label-Anwendungsfälle eingesetzt.

Weiterhin dürfen Aminoglykoside nicht bei der Behandlung von Neugeborenen eingesetzt werden und wenn ohnehin eine Überempfindlichkeit gegen Antibiotika mit Aminoglykosiden als Wirkstoff besteht, da die genaue Wirkung in diesen Fällen nicht absehbar ist. Auch während einer Schwangerschaft werden Aminoglykoside aus Rücksicht auf das Kind nicht verschrieben.


Verabreichung & Dosierung

Aminoglykoside sind eine Klasse von Antibiotika, die zur Behandlung schwerer bakterieller Infektionen eingesetzt werden. Sie wirken, indem sie die Proteinsynthese der Bakterien hemmen. Bei der Verabreichung und Dosierung von Aminoglykosiden sind mehrere wichtige Aspekte zu beachten, um ihre Wirksamkeit zu maximieren und Nebenwirkungen zu minimieren:

Dosierung: Die Dosierung von Aminoglykosiden muss individuell angepasst werden und basiert auf Faktoren wie dem Körpergewicht, der Nierenfunktion und dem Schweregrad der Infektion. Eine übliche Dosierung für Gentamicin, ein häufig verwendetes Aminoglykosid, beträgt 3-5 mg/kg/Tag, aufgeteilt in ein bis drei Dosen. Die Dosis muss bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion angepasst werden.

Therapeutisches Drug Monitoring (TDM): Aufgrund der engen therapeutischen Breite von Aminoglykosiden ist eine regelmäßige Überwachung der Serumspiegel notwendig. Dies hilft, therapeutische Konzentrationen zu erreichen und gleichzeitig das Risiko toxischer Nebenwirkungen wie Nephrotoxizität (Nierenschädigung) und Ototoxizität (Hörverlust) zu minimieren. TDM sollte sowohl Spitzen- als auch Talspiegel umfassen.

Verabreichung: Aminoglykoside werden meist intravenös oder intramuskulär verabreicht, da sie oral schlecht absorbiert werden. Bei intramuskulärer Verabreichung sollte die Injektionsstelle regelmäßig gewechselt werden, um lokale Irritationen zu vermeiden.

Hydratation: Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist wichtig, um die Nierenfunktion zu unterstützen und das Risiko einer Nephrotoxizität zu reduzieren. Patienten sollten ermutigt werden, ausreichend zu trinken, und die Flüssigkeitszufuhr sollte überwacht werden.

Wechselwirkungen: Aminoglykoside können mit anderen nephrotoxischen oder ototoxischen Medikamenten wie Vancomycin, Amphotericin B oder Diuretika interagieren und das Risiko für Nebenwirkungen erhöhen. Diese Kombinationen sollten vermieden oder engmaschig überwacht werden.

Kontraindikationen: Aminoglykoside sollten bei Patienten mit bereits bestehenden Nieren- oder Hörproblemen nur mit äußerster Vorsicht angewendet werden. Eine sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung ist notwendig.

Dauer der Therapie: Die Therapie sollte so kurz wie möglich gehalten werden, um die Entwicklung von Resistenzen und das Risiko von Nebenwirkungen zu minimieren. Typischerweise beträgt die Behandlungsdauer 7-10 Tage, kann aber je nach klinischer Situation variieren.

Die Beachtung dieser Punkte bei der Verabreichung und Dosierung von Aminoglykosiden ist entscheidend, um die Wirksamkeit der Behandlung zu gewährleisten und das Risiko schwerwiegender Nebenwirkungen zu minimieren.

Risiken & Nebenwirkungen

Wie bereits erwähnt, kann es durch Aminoglykoside insbesondere an den Nieren und den Gehörorganen zu Schäden kommen. Es handelt sich dabei um die häufigsten Nebenwirkungen, welche unter den diversen Aminoglykosiden zu beobachten sind.

Weiterhin können Medikamente dieser Art temporäre Störungen des Gastrointestinaltrakts hervorrufen, wozu insbesondere Übelkeit und ein Völlegefühl zählen. Als Folge dieser Beschwerden zählt auch Erbrechen zu den Risiken von Aminoglykosiden. Kopfschmerzen sowie Atemprobleme sind als Begleiterscheinung von Aminoglykosiden in wenigen Fällen ebenfalls zu beklagen.

Krämpfe und Muskelzuckungen treten verhältnismäßig selten auf. Gleichzeitig sind jedoch Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten bekannt, welche die Nebenwirkungen der Aminoglykoside verstärken können. Dazu zählen etwa Muskelrelaxanzien, welche durch Aminoglykoside eine deutlich erhöhte Wirkung zeigen, die über das gewünschte Maß hinausgeht. Auch sind Zytostatika mit Platininhalt bei den meisten Aminoglykosiden für die erwähnte Beeinträchtigung des Hörvermögens verantwortlich.

Kontraindikationen

Aminoglykoside sind wirksame Antibiotika, die jedoch aufgrund ihres potenziellen Nebenwirkungsprofils sorgfältig eingesetzt werden müssen. Es gibt mehrere Kontraindikationen, die bei der Verwendung von Aminoglykosiden beachtet werden sollten:

Niereninsuffizienz: Patienten mit schwerer Niereninsuffizienz oder akutem Nierenversagen sollten Aminoglykoside nur mit großer Vorsicht und unter strenger Überwachung erhalten. Die nephrotoxischen Eigenschaften dieser Medikamente können bestehende Nierenschäden verschlimmern.

Hör- und Gleichgewichtsstörungen: Da Aminoglykoside ototoxisch sein können, sollten sie bei Patienten mit bestehenden Hör- oder Gleichgewichtsstörungen vermieden werden. Ototoxizität kann zu irreversiblem Hörverlust oder Gleichgewichtsstörungen führen.

Neuromuskuläre Erkrankungen: Patienten mit neuromuskulären Erkrankungen wie Myasthenia gravis oder Parkinson-Krankheit sollten Aminoglykoside nur unter strenger Indikationsstellung erhalten, da diese Medikamente die neuromuskuläre Übertragung beeinträchtigen und zu einer Verschlechterung der Symptome führen können.

Allergie oder Überempfindlichkeit: Bei Patienten mit bekannter Überempfindlichkeit oder Allergie gegen Aminoglykoside sollte eine alternative Antibiotikatherapie gewählt werden, um das Risiko schwerwiegender allergischer Reaktionen zu vermeiden.

Schwangerschaft und Stillzeit: Aminoglykoside können potenziell teratogen sein und sollten in der Schwangerschaft nur verwendet werden, wenn der potenzielle Nutzen das Risiko für den Fötus überwiegt. In der Stillzeit können Aminoglykoside in die Muttermilch übergehen und sollten daher mit Vorsicht angewendet werden.

Kombination mit anderen toxischen Medikamenten: Die gleichzeitige Anwendung von Aminoglykosiden mit anderen nephrotoxischen oder ototoxischen Medikamenten wie Vancomycin, Amphotericin B oder bestimmten Diuretika kann das Risiko für Nebenwirkungen erhöhen. Solche Kombinationen sollten vermieden oder sehr sorgfältig überwacht werden.

Säuglinge und ältere Patienten: Diese Patientengruppen sind besonders empfindlich gegenüber den toxischen Wirkungen von Aminoglykosiden. Eine genaue Dosierung und engmaschige Überwachung sind notwendig, um das Risiko von Nebenwirkungen zu minimieren.

Durch die sorgfältige Berücksichtigung dieser Kontraindikationen kann das Risiko von Nebenwirkungen bei der Verwendung von Aminoglykosiden erheblich reduziert werden. Eine enge Überwachung und individuelle Anpassung der Dosierung sind essenziell, um die Sicherheit und Wirksamkeit der Therapie zu gewährleisten.

Interaktionen mit anderen Medikamenten

Bei der Anwendung müssen potenzielle Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten berücksichtigt werden, um die Wirksamkeit zu maximieren und das Risiko von Nebenwirkungen zu minimieren:

Nephrotoxische Medikamente: Die gleichzeitige Anwendung von Aminoglykosiden mit anderen nephrotoxischen Medikamenten wie Vancomycin, Amphotericin B, Ciclosporin und nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) kann das Risiko für Nierenschäden erhöhen. Diese Kombinationen sollten vermieden oder engmaschig überwacht werden.

Ototoxische Medikamente: Aminoglykoside können die ototoxischen Effekte anderer Medikamente wie Schleifendiuretika (z.B. Furosemid, Ethacrynsäure) verstärken. Diese Kombination kann zu Hörverlust oder Gleichgewichtsstörungen führen und sollte daher mit Vorsicht angewendet werden.

Neuromuskuläre Blocker: Aminoglykoside können die Wirkung von neuromuskulären Blockern wie Succinylcholin und Tubocurarin verstärken, was zu einer verlängerten Muskelentspannung und Atemdepression führen kann. Patienten, die solche Medikamente erhalten, sollten sorgfältig überwacht werden.

Anästhetika: Die gleichzeitige Anwendung von Aminoglykosiden mit bestimmten Anästhetika kann die neuromuskuläre Blockade verstärken. Dies kann die Dauer der Muskelentspannung verlängern und die postoperative Erholung beeinflussen.

Penicilline: Penicilline können die antibakterielle Wirkung von Aminoglykosiden in vitro neutralisieren, wenn sie in hohen Konzentrationen direkt gemischt werden. Allerdings wird diese Wechselwirkung im klinischen Kontext selten beobachtet, da die Medikamente normalerweise getrennt verabreicht werden. Dennoch sollten sie nicht in derselben Infusionslösung gemischt werden.

Diuretika: Die gleichzeitige Anwendung von Aminoglykosiden mit Diuretika wie Ethacrynsäure und Furosemid kann das Risiko für nephrotoxische und ototoxische Nebenwirkungen erhöhen. Eine engmaschige Überwachung der Nierenfunktion und des Hörvermögens ist erforderlich.

Cisplatin: Dieses Chemotherapeutikum kann die nephrotoxischen Wirkungen von Aminoglykosiden verstärken. Patienten, die Cisplatin erhalten, sollten eine alternative Antibiotikatherapie in Betracht ziehen oder unter strenger Überwachung stehen.

Antikoagulanzien: Aminoglykoside können die Wirkung von Antikoagulanzien verstärken, was das Risiko für Blutungen erhöht. Die Gerinnungsparameter sollten bei gleichzeitiger Anwendung regelmäßig überwacht werden.

Die Berücksichtigung dieser Wechselwirkungen ist entscheidend, um die sichere und effektive Anwendung von Aminoglykosiden zu gewährleisten. Eine enge Überwachung und gegebenenfalls eine Anpassung der Dosierung sind notwendig, um unerwünschte Effekte zu vermeiden.

Alternative Behandlungsmethoden

Wenn Aminoglykoside nicht vertragen werden oder kontraindiziert sind, gibt es mehrere alternative Antibiotika und Behandlungsmethoden, die je nach Art und Schwere der Infektion eingesetzt werden können:

Beta-Lactam-Antibiotika: Dazu gehören Penicilline, Cephalosporine und Carbapeneme. Diese Antibiotika wirken bakterizid, indem sie die Zellwandsynthese von Bakterien hemmen. Beispiele sind Amoxicillin, Ceftriaxon und Meropenem. Sie sind wirksam gegen eine breite Palette von Bakterien und werden oft bei Infektionen der Atemwege, Harnwege und Haut eingesetzt.

Fluorchinolone: Antibiotika wie Ciprofloxacin und Levofloxacin sind breit wirksam und besonders nützlich bei der Behandlung von Harnwegsinfektionen, Atemwegsinfektionen und bestimmten gastrointestinalen Infektionen. Sie wirken durch Hemmung der bakteriellen DNA-Gyrase.

Glykopeptid-Antibiotika: Vancomycin und Teicoplanin sind wirksam gegen grampositive Bakterien, einschließlich Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus (MRSA). Sie werden häufig bei schweren Infektionen eingesetzt, wenn andere Antibiotika unwirksam sind.

Macrolide: Erythromycin, Azithromycin und Clarithromycin sind gute Alternativen, insbesondere bei Patienten mit Penicillin-Allergie. Sie sind wirksam gegen Atemwegsinfektionen, Hautinfektionen und einige sexuell übertragbare Infektionen.

Tetracycline: Doxycyclin und Tetracyclin sind breit wirksame Antibiotika, die bei der Behandlung von Atemwegsinfektionen, Hautinfektionen und bestimmten sexuell übertragbaren Krankheiten eingesetzt werden können.

Lincosamide: Clindamycin ist besonders wirksam gegen anaerobe Bakterien und wird häufig bei Haut- und Weichteilinfektionen sowie bei intraabdominellen Infektionen verwendet.

Oxazolidinone: Linezolid ist wirksam gegen grampositive Bakterien, einschließlich MRSA und Vancomycin-resistenter Enterokokken (VRE). Es wird bei schweren Infektionen eingesetzt, wenn andere Antibiotika versagen.

Alternativmethoden: Neben antibiotischen Therapien können chirurgische Eingriffe zur Drainage von Abszessen oder zur Entfernung von infiziertem Gewebe erforderlich sein. Eine gute Wundpflege und die Anwendung antiseptischer Lösungen können ebenfalls hilfreich sein.

Die Wahl des geeigneten Antibiotikums oder der Behandlungsmethode sollte individuell auf den Patienten und die spezifische Infektion abgestimmt werden. Eine enge Zusammenarbeit mit einem Infektionsspezialisten kann hilfreich sein, um die beste Behandlungsstrategie zu bestimmen.

Quellen

  • "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
  • "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
  • "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor

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