Aktiver Stofftransport

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 14. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Der aktive Stofftransport ist eine Transportform von Substraten durch eine Biomembran. Aktiver Transport findet gegen ein Konzentrations- oder Ladungsgefälle statt und erfolgt unter Energieverbrauch. Bei Mitochondriopathien ist dieser Prozess gestört.

Inhaltsverzeichnis

Was ist der aktive Stofftransport?

Der aktive Stofftransport ist eine Transportform von Substraten durch eine Biomembran.

Die phospholipiden und doppelschichtigen Biomembranen trennen im menschlichen Körper einzelne Zellkompartimente voneinander. Die unterschiedlichen Biomembranen übernehmen aufgrund ihrer Membrankomponenten aktive Rollen beim selektiven Stofftransport. Als Trennschicht zwischen mehreren Bereichen ist die Biomembran für einen Großteil aller Moleküle aus sich heraus undurchlässig. Nur lipophile, kleinere und hydrophobe Moleküle diffundieren frei durch die Lipiddoppelschicht. Diese Art der abgestimmten Membrandurchlässigkeit wird auch als selektive Permeabilität bezeichnet.

Zu den diffusionsfähigen Molekülen zählen zum Beispiel Gas-, Alkohol- und Harnstoffmoleküle. Ionen und andere biologisch wirksame Substanzen sind meist hydrophil und werden von der Barriere der Biomembran aufgehalten. Damit Ionen, Wasser und größere Teilchen wie Zucker diffundieren können, verfügt die Biomembran über Transportproteine. Sie sind aktiv am Transport von Stoffen beteiligt. Der Transport durch eine Biomembran heißt auch Membrantransport oder Membranfluss, falls sich die Membran dabei selbst verlagert.

Durch Biomembranen und ihre selektive Permeabilität wird im Zellinneren ein spezifisches Zellmilieu aufrechterhalten, das die inneren Funktionsabläufe fördert. Eine Zelle und deren Kompartimente kommunizieren mit ihrer Umgebung und nehmen selektiven Stoff- und Teilchenaustausch vor. Mechanismen wie der aktive Stofftransport erlauben auf dieser Basis eine selektive Passage der Membranen. Der aktive Stofftransport ist vom passiven Stofftransport und vom membranverlagernden Stofftransport zu unterscheiden.

Funktion & Aufgabe

Der Transport von Stoffen durch eine Biomembran findet aktiv oder passiv statt. Beim passiven Transport passieren die Moleküle die Membran ohne Energieverbrauch in die Richtung eines bestimmten Konzentrations- oder Potentialgefälles. Damit ist der passive Transport eine Sonderform der Diffusion. So gelangen auch größere Moleküle mit der Hilfe von Membrantransportproteinen auf die andere Seite der Membran.

Der aktive Transport ist demgegenüber ein Transportvorgang, der unter dem Verbrauch von Energie gegen das Gefälle eines Biosystems stattfindet. Verschiedene Moleküle können so selektiv gegen das chemische Konzentrationsgefälle oder das elektrische Potentialgefälle durch die Membran transportiert werden. Das spielt vor allem für geladenen Teilchen eine Rolle. Für die Energiebilanz derer sind neben Ladungsaspekten auch Konzentrationsaspekte relevant. Die Reduzierung der Entropie in einem geschlossenen System führt zur Verstärkung des Konzentrationsgradienten. Dieser Zusammenhang spielt für die Energiebilanz eine ebenso große Rolle wie der Ladungstransport gegen das elektrische Feld oder das Ruhemembranpotential.

Obwohl es um eine Ladungs- oder Energiebilanz im System geht, muss die Teilchenkonzentration und ihre Veränderung wegen der selektiv permeablen Biomembran gesondert betrachtet werden. Energie für den aktiven Transport wird zum einen als chemische Bindungsenergie zur Verfügung gestellt, so zum Beispiel in Form der Hydrolyse von ATP. Zum anderen kann der Abbau des Ladungsgradienten als Treibkraft dienen und so elektrische Energie erzeugen. Die dritte Möglichkeit der Energiebereitstellung ergibt sich durch eine Erhöhung der vorliegenden Entropie im jeweils kommunizierenden System und somit durch den Abbau eines anderweitigen Konzentrationsgradienten. Ein Transport entgegen des elektrischen Gradienten heißt elektrogen. Abhängig von der Quelle der Energie und der Art der Arbeit wird zwischen primärem, sekundärem und tertiärem aktiven Transport unterschieden. Die Gruppentranslokation ist eine Sonderform des aktiven Transports.

Der primär aktive Transport liegt bei ATP-Verbrauch vor, mit dessen Hilfe anorganische Ionen und Protonen von Transport-ATPasen durch eine Biomembran aus der Zelle geschafft werden. Ein Ion wird so, mithilfe einer Ionenpumpe, beispielsweise von der niedriger konzentrierten auf die höher konzentrierte Seite gepumpt.

Die Natrium-Kalium-Pumpe ist die wichtigste Anwendung dieses Prozesses im menschlichen Körper. Sie pumpt unter ATP-Verbrauch positiv geladene Natrium-Ionen hinaus und gleichzeitig positiv geladene Kalium-Ionen in eine Zelle hinein. So bleibt das Ruhepotential von Neuronen konstant und Aktionspotentiale können erzeugt und weitergegeben werden.

Beim sekundär aktiven Transport werden Teilchen entlang des elektrochemischen Gradienten befördert. Die potentielle Energie des Gradienten dient als Antrieb, um entgegen des elektrischen Gradienten oder Konzentrationsgradienten ein zweites Substrat in dieselbe Richtung zu transportieren. Dieser aktive Transport spielt speziell für den Natrium-Glukose-Symport im Dünndarm eine Rolle. Wenn das zweite Substrat in die entgegengesetzte Richtung befördert wird, kann ebenso aktiv sekundärer Stofftransport vorliegen, so zum Beispiel beim Natrium-Calcium-Antiport mittels Natrium-Calcium-Austauscher.

Der tertiär aktive Transport nutzt einen Konzentrationsgradienten, der durch einen sekundär aktiven Transport auf der Grundlage von primär aktivem Transport hergestellt wurde. Diese Transportart spielt vor allem für den Di- und Tripeptid-Transport im Dünndarm eine Rolle, der vom Peptidtransporter 1 erledigt wird. Die Gruppentranslokation transportiert als Sonderform des aktiven Stofftransports Monosaccharide oder Zuckeralkohole und verändert die Transportstoffe dabei chemisch durch Phosphorylierung. Das Phosphoenolbrenztraubensäure-Phosphotransferase-System ist das bedeutendste Beispiel dieser Transportart.


Krankheiten & Beschwerden

Für den aktiven Stofftransport spielen sowohl der Energiestoffwechsel, als auch spezielle Transporterenzyme und Transporterproteine eine Rolle. Wenn die betreffenden Transporterproteine oder -enzyme, aufgrund von Mutationen oder Fehlern in der Transkription des genetischen Materials, nicht in ihrer ursprünglich physiologisch geplanten Form vorliegen, dann ist der aktive Stofftransport nur noch erschwert oder im Extremfall überhaupt nicht mehr möglich.

Mit diesem Phänomen stehen zum Beispiel einige Erkrankungen des Dünndarms in Zusammenhang. Auch Krankheiten mit gestörter ATP-Versorgung können verheerende Auswirkungen auf den aktiven Stofftransport zeigen und Funktionsstörungen verschiedener Organe hervorrufen. Nur in wenigen Fällen solcher Erkrankungen ist nur ein einzelnes Organ betroffen. Meist handelt es sich bei Energiestoffwechselstörungen um Multi-Organ-Erkrankungen, die häufig eine genetische Basis haben.

Bei allen Mitochondriopathien ist zum Beispiel das Enzymsystem betroffen, das an der Energiegewinnung durch oxidative Phosphorylierung beteiligt ist. Zu diesen Störungen zählt im Speziellen die Störung der ATP-Synthase. Dieses Enzym ist mit das wichtigste Transmembranprotein und tritt so zum Beispiel in der Protonenpumpe als Transporerenzym in Erscheinung. Die Hauptaufgabe des Enzyms ist die Katalysierung der Synthase von ATP. Um Energie bereitzustellen, vernetzt die ATP-Synthase den energetisch begünstigten Protonentransport mit der ATP-Bildung entlang des Protonengefälles. Damit ist die ATP-Synthase einer der wichtigsten Energiewandler im menschlichen Körper und kann eine Energieform in andere Energieformen umformen. Mitochondriopathien sind Fehlfunktionen der mitochondrialen Stoffwechselvorgänge und führen durch die reduzierte ATP-Synthese zu einer verminderten Leistungsfähigkeit des Körpers.

Quellen

  • Faller, A. et al.: Der Körper des Menschen. Thieme, Stuttgart 2008
  • Klinke, R. & Silbernagl, S.: Lehrbuch der Physiologie. Thieme, Stuttgart 2005
  • Reuter, P.: Springer Lexikon Medizin. Springer, Berlin 2004

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