Passiver Stofftransport
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 24. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Der passive Stofftransport ist die Diffusion von Substraten durch eine Biomembran. Diese Diffusion findet entlang des Konzentrationsgradienten statt und erfordert keine Energie. Der Diffusionsprozess kann beispielsweise im Darm von HIV-Patienten gestört sein.
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Was ist der passive Stofftransport?
Zellen oder Zellformationen sind im Körper durch eine Biomembran voneinander getrennt. Diese flexible Trennschicht ermöglicht, durch ihre spezialisierten Strukturen, den Transport von spezifischen Molekülen und Informationen in das Zellinnere hinein und aus dem Zellinneren hinaus.
Es gibt zwei Grundarten des Transports von Stoffen in die Membran hinein und wieder aus ihr hinaus. Membranen verfügen über eine selektive Permeabilität. Sie lassen einige Stoffe diffundieren, während sie für andere eine Barriere darstellen.
Durch den Stofftransportart des aktiven Transports können sich Membranen zielgerichtet für Moleküle öffnen, für die sie aufgrund ihrer Ladung, ihrer Konzentration oder ihrer Größe eigentlich nicht durchlässig sind. Aktiver Transport findet immer unter der Aufwendung von Energie statt. Davon zu unterscheiden ist die Stofftransportart des passiven Transports. Bei dieser Form der Stoffbewegung durch eine Zellmembran wird keine Energie benötigt. Passiver Transport ist mit Diffusionsprozessen gleichzusetzen, die entlang des Konzentrationsgradienten stattfinden und einen Konzentrationsausgleich zwischen den beiden Membranseiten herstellt.
Funktion & Aufgabe
Es gibt zwei verschiedene Arten des passiven Transports. Die einfache Diffusion betrifft lipidlösliche Moleküle und erfolgt mit äußerst langsamer Geschwindigkeit. Sie diffundieren frei durch die Zellmembran. Diese Form des passiven Transports ist die mit dem geringsten Aufwand. Die zweite Art der passiven Diffusion ist die erleichterte Diffusion, die sich wiederum in zwei Unterformen unterscheiden lässt. Eine dieser Unterformen ist die carriervermittelt erleichterte Diffusion. Bei dieser Form des passiven Stofftransports nimmt die Membran das Substrat mithilfe eines sogenannten Carriers auf. Der Carrier ist ein Protein zur Kennzeichnung des Stoffes, an das sich das Substrat bindet. Da einfache Diffusion mit geringer Geschwindigkeit stattfindet, hilft der Carrier beim Transport des Stoffes durch die Biomembran. Die Zahl aller Carriermoleküle ist limitiert.
Aus diesem Grund obliegt der Transport durch ein Carriermolekül einer Sättigungskinetik. Der passive Stofftransport durch Carriermoleküle kann außerdem kompetitiver Hemmung unterliegen. Wenn sich ein Carriermolekül mit seinem Substrat verbindet, verändert es die Konformation und lagert sich dementsprechend um. Dadurch wird das Substratmolekül durch die Biomembran befördert und erst auf der gegenüberliegenden Seite wieder freigesetzt.
Einige Carrier können lediglich ein Molekül auf einmal befördern und besitzen damit einen Uniport. Andere Carrier haben Bindungsstellen für zwei verschiedene Molekülsubstrate und verändern die Konformation erst mit der Besetzung beider Bindungsstellen. So werden die beiden Moleküle entweder symport in dieselbe oder antiport in entgegengesetzte Richtungen befördert. Eine Abhängigkeit vom elektrischen Gradienten besteht so nicht.
Die zweite Art der erleichterten Diffusion ist die durch Poren und Kanäle. Diese Transportform betrifft insbesondere Aminosäuren. So wird das Substrat der Aminosäure beim Ionentransport zum Beispiel durch Poren in die Zellmembran aufgenommen. Die Kanäle werden von Proteinen gebildet. An diesen proteinhaltigen Kanälen liegen spezielle Bindungsstellen vor. Damit ist die erleichterte Diffusion durch Poren und Kanäle ein selektiver Stofftransport, der elektrisch und chemisch beeinflussbar ist.
Fast alle Kanäle werden erst auf bestimmte Signale hin geöffnet. Ein ligandengesteuerter Kanal reagiert so beispielsweise erst auf einen Botenstoff wie ein Hormon. Einige Kanäle sind spannungsgesteuert und öffnen sich für die Diffusion mit einer Änderung des Membranpotentials. Nach dem Konzentrationsausgleich schließen sich die Kanäle wieder.
Krankheiten & Beschwerden
Manchmal sind Störungen der Membranpermeabilität auch erblich bedingt. Verschiedene Proteine bauen die Biomembran auf und geben ihr eine selektiv permeable Doppellipidschicht. Wenn die daran beteiligten Proteine verändert sind, verändert sich auch die Membranpermeabilität. Dieses Phänomen liegt zum Beispiel bei der Myotonia congenita Thomsen vor. Diese genetische Störung der Muskelfunktion lässt ein Gen mutieren, das für die Codierung der einzelnen Chloridkanäle in den Muskelfasermembranen zuständig ist. Aufgrund der Mutation ist die Permeabilität für Chloridionen vermindert und ruft so Muskelsteifigkeit hervor.
Auch Autoimmunerkrankungen können sich gegen die Biomembran richten, so zum Beispiel das Antiphospholipid-Syndrom. Das Immunsystem greift im Rahmen der Erkrankung die phospholipidgebundenen Proteine der Membran an. Die so erhöhte Blutgerinnungsneigung erhöht zugleich das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle.
Auch Mitochondriopathien verändern die Permeabilität der Membranen. Die Mitochondrien sind körpereigene Energiekraftwerke, die bei der Energiegewinnung freie Radikale abwerfen. Beim gesunden Menschen werden diese Substanzen abgefangen. Dieser Prozess versagt bei Patienten der Mitochondiopathie, was die Membranen schädigt und die Energiegewinnungsfähigkeit der Mitochondrien stark reduziert.
Der passive und aktive Stofftransport durch die Membranen des Dünndarms ist speziell bei Erkrankungen wie der HIV-Enteropathie von Störungen betroffen. Dieses Phänomen betrifft vor allem HIV-Patienten mit chronischem Durchfall und kann mit einer verminderten Aktivität der interstinalen Enzyme einhergehen.
Quellen
- Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
- Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
- Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013