Antidiabetika

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Antidiabetika sind erforderlich, wenn der Körper nicht zur Selbstregulierung des Blutzuckerspiegels durch körpereigenes Insulin in der Lage ist.

Inhaltsverzeichnis

Was sind Antidiabetika?

Eine Blutzuckermessung und die Einnahme von Antidiabetika bei Diabetes mellitus kann Schädigungen von Blutgefäßen und Nerven durch einen dauerhaft erhöhten Blutzuckerspiegel vermeiden.

Antidiabetika sind Arzneimittel zur Therapie der Stoffwechselkrankheit Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit). Im gesunden Körper erzeugen die in der Bauchspeicheldrüse befindlichen „Beta-Zellen“ ausreichend Insulin. Insulin sorgt für eine Zuckeraufnahme durch den Körper und damit für eine Reduzierung des Blutzuckerspiegels, sobald dieser nach Aufnahme von kohlehydrathaltiger Nahrung ansteigt.

Bei Diabetes Typ 1 handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem irrtümlich die „Beta-Zellen“ in der Bauchspeicheldrüse angreift und zerstört, was zu einer abnehmenden Insulinproduktion führt. Kennzeichen von Diabetes Typ 2 ist hingegen „Insulinresistenz“: Möglicherweise im Körper vorhandenes Insulin wirkt an seinen Zielorten nicht richtig, so dass der Blutzuckerspiegel nicht ausreichend abgebaut werden kann.

Bei Diabetes Typ 2 ist sowohl eine ausreichende, aber auch eine eingeschränkte körpereigene Insulinproduktion möglich. Werden bei Diabetes mellitus keine Antidiabetika eingenommen, so führt ein dauerhaft erhöhter Blutzuckerspiegel zur Schädigung von Blutgefäßen und Nerven sowie zu Durchblutungsstörungen.

Als Folgeerkrankungen können Erblindung, Schlaganfall und Herzinfarkt auftreten. Schwere Durchblutungsstörungen aufgrund Diabetes machen bei nicht rechtzeitiger Behandlung mit Antidiabetika zuweilen Amputationen erforderlich.

Medizinische Anwendung, Wirkung & Gebrauch

Antidiabetika werden nur dann eigesetzt, wenn andere Therapieformen wie eine Ernährungsumstellung oder vermehrte körperliche Bewegung den Blutzuckerspiegel nicht ausreichend senken.

Antidiabetika zählen nach ihrer Wirkungsweise entweder zu den „insulinotropen“ (die Insulinsekretion fördernden) oder zu den nicht-insulinotropen Medikamenten: Entweder sorgen Antidiabetika für einen verbesserten Zuckerabbau nach einer Nahrungsaufnahme oder sie bewirken eine unmittelbare Insulinzufuhr. Insulinotrope Antidiabetika werden vorrangig bei Diabetes Typ 1 eingesetzt, um die zu geringe körpereigene Insulinproduktion auszugleichen oder anzuregen, soweit dies aufgrund noch ausreichend vorhandener Betazellen möglich ist.

Nicht-insulinotrope Antidiabetika werden bei Diabetes Typ 2 eingesetzt, wenn der Körper zwar genügend Insulin herstellt, dieses Insulin jedoch nicht wirksam wird. Erzeugt der Körper bei vorliegender Insulinresistenz (Diabetes Typ 2) außerdem zu wenig Insulin, so erfolgt eine Behandlung auch mit einem insulinotropen Antibiotikum.

Entsprechend ihrer Darreichungsform werden orale (durch den Mund aufgenommene) Antidiabetika von den parenteralen (zumeist durch Injektion unter die Haut oder durch Infusion in den Blutkreislauf verabreichte) Antidiabetika sowie den durch Inhalation aufgenommenen Antibiotika unterschieden. Orale Antidiabetika werden vorrangig bei Diabetes Typ 1, nicht-orale Antidiabetika bei Diabetes Typ 2 eingesetzt.

Pflanzliche, natürliche & pharmazeutische Antidiabetika

Zu den oralen Antidiabetika gehören u. a. die „Alpha-Glukosidasehemmer“. Glukosidase ist ein Enzym, das während der Verdauung von Nahrung im Dünndarm für eine Aufspaltung komplexer Zucker- und Stärkemoleküle und damit für eine schnelle Verteilung des Zuckers im Blut sorgt. (Enzyme sind Eiweißstoffe, die bestimmte biochemische Vorgänge beschleunigen.)

Glukosidasehemmer verhindern einen schnellen Blutzuckeranstieg nach Mahlzeiten. „Biguanide“-Medikamente vermindern hingegen die Zuckerproduktion in der Leber und hemmen darüber hinaus die Zuckerfreisetzung. „Glitazone“ bewirken eine vermehrte Bildung von Eiweißen, die für einen Zuckertransport aus dem Blutkreislauf in die Zellen sorgen. „Glinide“ verfügen über eine kurze Wirkungsdauer und werden daher etwa dreißig Minuten vor einer Mahlzeit eingenommen, um die Insulinproduktion exakt während eines Verdauungsvorganges anzuregen.

Sulfonylharnstoffe blockieren Kalium-Kanäle in den Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse und ermöglichen so eine verstärkte Insulin-Freisetzung. Zu den nicht-oral verabreichten Antidiabetika gehört vor allem Insulin, das unter die Haut oder in eine Vene injiziert wird. Auch hunderte von Heilpflanzen besitzen antidiabetische Wirkung, die teilweise in klinischen Untersuchungen nachgewiesen werden konnte. Zu den wie Antidiabetika wirkenden Pflanzenteilen gehören die Schalen der Gartenbohne, die Blätter der Heidelbeere und die Früchte bzw. Samen der „Javapflaume“.


Risiken & Nebenwirkungen

Die Antidiabetika Alpha-Glukosidasehemmer können Völlegefühl, Bauchschmerzen, Blähungen, Übelkeit und Durchfall verursachen. Alpha-Glukosidasehemmer dürfen nicht bei chronischen Verdauungsstörungen eingenommen werden.

Mögliche Nebenwirkungen von Biguaniden sind Erbrechen, Übelkeit, Durchfall und Milchsäurevergiftung. Bei Einnahme von Glitazonen können Kopfschmerzen, Störungen der Wasserausscheidung und Ansammlung von Wasser im Körpergewebe (Ödembildung) sowie leichte Anämie (Blutarmut) auftreten. Bei Insulin-Verabreichung dürfen nicht gleichzeitig Glitazone eingenommen werden. Glinide lösen teilweise Hypoglykämie (niedriger Blutzuckerspiegel) aus, die zu Heißhunger, verminderter Hirnleistung, Aggressivität, Krampfanfällen oder Schockzuständen führen kann.

Ein noch stärkeres Hypoglykämie-Risiko weisen Sulfonylharnstoffe auf. Zudem vertragen sich Sulfonylharnstoffe nicht mit Alkoholkonsum, bei dem aufgrund einer Ansammlung von giftigem Acetaldehyd (einem Alkohol-Abbaustoff) in der Leber neben Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen, Schwindelgefühlen und Juckreiz auch Schweißausbrüche, eine gesteigerte Herzfrequenz (Tachykardie) und niedriger Blutdruck (Hypotonie) auftreten können.

Die Einnahme von Sulfonylharnstoffen führt durchschnittlich zu einer Zunahme des Körpergewichts von 2 Kilogramm. In einigen Fällen kommt es zu einer verringerten Anzahl roter oder weißer Blutkörperchen (Anämie bzw. Leukopenie) oder zu einer Verringerung der Blutplättchenanzahl (Thrombozytopenie).

Auch Kreuzallergien mit Sulfonamid-Antibiotika oder mit (harntreibenden) Thiaziden sind möglich. Sulfonylharnstoffe dürfen nicht während der Schwangerschaft und bei Niereninsuffizienz eingenommen werden. Die Wirkung von Sulfonylharnstoffen verstärkt sich bei gleichzeitiger Verabreichung von Insulin und Betablockern, während die Wirkung dieser Antidiabetika durch gleichzeitige Einnahme bestimmter anderer Medikamente reduziert wird.

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